Jährlich werden in Deutschland tausende Jungen und Mädchen durch sexuelle Gewalt körperlich und seelisch traumatisiert. Umso erschreckender ist die Tatsache, dass die von der Gesellschaft geschützte und Geborgenheit vermittelnde Familie als ein Ort sexuellen Missbrauchs zu sehen ist. Hier sind es eben nicht die fremden Männer, vor denen jedes Kind gewarnt wird Täter sondern vielmehr Väter, Stief-, Adoptiv- und Pflegeväter, Freunde der Mutter, aber auch Großväter, Brüder und Onkel. Sexuelle Gewalt erfahren Kinder innerhalb der eigenen Familie durch Vaterfiguren oder andere männliche Vertraute.
Aber sexueller Missbrauch findet auch in näheren Umfeld von Familien statt: in Schulen, Freizeiteinrichtungen, Kindertagesstätten, am Arbeitsplatz, durch Erzieher, Lehrer, Pfarrer eben diesen unauffälligen Mitmenschen vor denen kein Kind gewarnt ist.
Für mich stellen sich in dieser Arbeit grundsätzlich zwei Fragen. Zum einen muss überlegt werden ob es bestimmte Faktoren oder spezielle Strukturen innerhalb der Familie gibt die das Risiko eines sexuellen Missbrauchs erhöhen. Wie entsteht der Missbrauch innerhalb der Familie? Welche Verantwortung ist der Gesellschaft zu geben?
Da sexueller Missbrauch über Jahre hinweg passiert, interessiert mich außerdem die Frage warum die Personen, insbesondere die Mutter, im sozialen Nahraum den Missbrauch nicht „entdecken“. Welche Rolle hat die Mutter innerhalb der Familie inne und welche Verantwortung ist ihr beim sexuellen Missbrauch zuzuschreiben?
Diese Arbeit kann jedoch nur einen kleinen Teil der Ursachen beleuchten. Näher zu betrachten gilt es auch wie die geschlechtsspezifische Sozialisation, die Persönlichkeit des Täters und das Machtverhältnis zwischen Kindern und Erwachsenen zum sexuellen Missbrauch beitragen. Für diese Erläuterungen ist in dieser Arbeit jedoch nicht ausreichend Platz.
Im ersten Abschnitt werde ich mich mit den verschiedensten Definitionen von sexuellem Missbrauch auseinandersetzen. Darauf folgend wird das Familiensystem und die Struktur innerhalb der Familie beschrieben in der sexueller Missbrauch stattfindet.
Der dritte größere Abschnitt wird sich mit den verschiedenen Erklärungsansätzen auseinandersetzen, angefangen vom familiendynamischen Ansatz über die feministische Sichtweise bis hin zu komplexeren Erklärungsversuchen.
Der letzte Teil der Arbeit befasst sich speziell noch einmal mit der Rolle der Mutter beim innerfamiliären Missbrauch.
Gliederung
1. Einleitung
2. Definition des Begriffes „sexueller Missbrauch“
3. Familienstruktur und sexueller Missbrauch
4. Erklärungsansätze zur Entstehung sexuellen Missbrauchs innerhalb des Familiensystems
4.1.1. Der familiendynamische Ansatz
4.1.2. Bewertung de familiendynamischen Ansicht
4.2. Die feministische Sichtweise
4.2.1. Bewertung des feministischen Ansatzes
4.3. Modell der vier Vorbedingungen sexueller Ausbeutung
4.4. Das Drei – Perspektiven – Modell sexueller Gewalt gegen Kinder
4.5. Zusammenfassung
5. Die Rolle der Mutter beim innerfamiliären sexuellen Missbrauch
5.1. Zur Situation der Mutter innerhalb der Familie
5.2. Reaktionen der Mütter, die vom Missbrauch erfahren
5.3. Zusammenfassung
6. Schluss
Literatur- und Quellennachweis
1. Einleitung
Jährlich werden in Deutschland tausende Jungen und Mädchen durch sexuelle Gewalt körperlich und seelisch traumatisiert. Umso erschreckender ist die Tatsache, dass die von der Gesellschaft geschützte und Geborgenheit vermittelnde Familie als ein Ort sexuellen Missbrauchs zu sehen ist. Hier sind es eben nicht die fremden Männer, vor denen jedes Kind gewarnt wird Täter sondern vielmehr Väter, Stief-, Adoptiv- und Pflegeväter, Freunde der Mutter, aber auch Großväter, Brüder und Onkel. Sexuelle Gewalt erfahren Kinder innerhalb der eigenen Familie durch Vaterfiguren oder andere männliche Vertraute.
Aber sexueller Missbrauch findet auch in näheren Umfeld von Familien statt: in Schulen, Freizeiteinrichtungen, Kindertagesstätten, am Arbeitsplatz, durch Erzieher, Lehrer, Pfarrer eben diesen unauffälligen Mitmenschen vor denen kein Kind gewarnt ist.
Dies macht die Not der betroffenen Kinder und Jugendlichen deutlich. Verübt ein Fremder eine sexuelle Gewalthandlung so passt diese schon irgendwie in die Welt von gut und böse, diese Tat lässt sich einordnen, der Täter kann verurteilt werden. Wie aber ist es mit einem Missbrauch in der Familie oder im näheren Umfeld eines Kindes? Da darf so etwas nicht passieren also kann es auch nicht sein. So oder so ähnlich können die Reaktionen von Vertrauenspersonen sein, wenn sie von einem Missbrauch erfahren. Tatsächlich gelten Väter oder Brüder oder Onkel als Beschützer eines Kindes, nicht als Täter. Dies bewirkt zum einen ein Hohes Maß an Vertrauen und Unbefangenheit des Kindes gegenüber dem Mann. Für Kinder gibt es grundsätzlich keine sexuelle Gewalt in Familien. Passiert sie dennoch ist der Schock, die Schuldgefühle und die Ratlosigkeit des Kindes umso größer. Das Kind ist aufgrund der Täter- Opfer Konstellation kaum in der Lage sich gegen seinen „Beschützer“ wehren zu können oder eine andere Vertrauensperson um Hilfe zu bitten. Sexueller Missbrauch ist keine Einzeltat sondern geschieht oft über Jahre hinweg. (vgl. Wipplinger / Amann , 1998, S.32))
Das Schweigen des Kindes erhöht den Handlungsspielraum des Täters ungemein. Tatsache ist auch das die Personen im Nahraum des Kindes die Signale die es aussendet nicht sieht, falsch versteht oder schlicht weg nicht sehen kann oder sehen will. Fasst das Kind den Mut zu reden so muss es sich im Durchschnitt an sechs Erwachsene wenden ehe der siebte ihm glaubt. (vgl. Enders 1990, S.15)
Für mich stellen sich in dieser Arbeit grundsätzlich zwei Fragen. Zum einen muss überlegt werden ob es bestimmte Faktoren oder spezielle Strukturen innerhalb der Familie gibt die das Risiko eines sexuellen Missbrauchs erhöhen. Wie entsteht der Missbrauch innerhalb der Familie? Welche Verantwortung ist der Gesellschaft zu geben?
Da sexueller Missbrauch über Jahre hinweg passiert, interessiert mich außerdem die Frage warum die Personen, insbesondere die Mutter, im sozialen Nahraum den Missbrauch nicht „entdecken“. Welche Rolle hat die Mutter innerhalb der Familie inne und welche Verantwortung ist ihr beim sexuellen Missbrauch zuzuschreiben?
Diese Arbeit kann jedoch nur einen kleinen Teil der Ursachen beleuchten. Näher zu betrachten gilt es auch wie die geschlechtsspezifische Sozialisation, die Persönlichkeit des Täters und das Machtverhältnis zwischen Kindern und Erwachsenen zum sexuellen Missbrauch beitragen. Für diese Erläuterungen ist in dieser Arbeit jedoch nicht ausreichend Platz.
Im ersten Abschnitt werde ich mich mit den verschiedensten Definitionen von sexuellem Missbrauch auseinandersetzen. Darauf folgend wird das Familiensystem und die Struktur innerhalb der Familie beschrieben in der sexueller Missbrauch stattfindet.
Der dritte größere Abschnitt wird sich mit den verschiedenen Erklärungsansätzen auseinandersetzen, angefangen vom familiendynamischen Ansatz über die feministische Sichtweise bis hin zu komplexeren Erklärungsversuchen.
Der letzte Teil der Arbeit befasst sich speziell noch einmal mit der Rolle der Mutter beim innerfamiliären Missbrauch.
2. Definition des Begriffs „sexueller Missbrauch“
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Um sich dem Thema des sexuellen Missbrauchs nähern zu können bedarf es in jedem Fall der Definition der Begrifflichkeiten. Man unterscheidet zwischen engen, weiten, feministischen, gesellschaftlichen, entwicklungspsychologischen und klinischen Definitionen. Schon jetzt wird deutlich dass es für den Begriff des sexuellen Missbrauchs keine allgemeingültige Begriffsbestimmung gibt.
Enge Definitionen versuchen einen sexuellen Missbrauch gegenüber anderen Handlungen präzise abzugrenzen und stimmen darin überein, dass sexueller Missbrauch immer ausschließlich mit einem direkten Körperkontakt zwischen Täter und Opfer einhergeht. Eine Definition stammt von Bagley: „Sexueller Kindesmißbrauch,…, ist zumindest ein körperlicher Kontakt mit dem unbekleideten Genital- oder Brustbereich des Kindes (eingeschlossen ist ein Kontakt unter der Kleidung), der vom Kind oder dem Jugendlichen nicht gewollt ist. Ein Kind oder Jugendlicher wird definiert als jemand, der den 17. Geburtstag noch nicht erreicht hat.“ (Bagley 1995; zit. n. Wipplinger/Amann , 1998, S.21)
Weite Definitionen versuchen sexuellen Missbrauch in seinem gesamten Umfang zu beschreiben, eben auch Nicht-Kontakthandlungen des Täters. Carlson definiert sexuellen Missbrauch als „sexuellen Kontakt zwischen einem Kind (gewöhnlich definiert als unter 18 Jahren) und einem Erwachsenen oder einer Person, die zumindest fünf Jahre älter ist als das Opfer, zum Zweck der sexuellen Befriedigung des Täters. Der Kontakt schließt ein: Vergewaltigung, Geschlechtsverkehr oder Geschlechtskontakt, Oral- oder Oral- Analkontakt, Streicheln, erzwungene Berührungen des erwachsenen Körpers, Konfrontation mit oder erzwungene Betrachtung von sexuellen Handlungen ob in der Realität, auf Fotos oder im Film oder die Verwendung von zur Herstellung von pornographischen Material“ (Carlson 1994, S.561; zit.n. Wipplinger / Amann , 1998, S.24)
Feministische Definitionen sehen sexuellen Missbrauch als Folge der Ausnutzung des männlichen Macht- und Autoritätsverhältnisses die ihre Wurzeln in der patriarchalischen Gesellschaftsstruktur haben. Sexuelle Gewalt wird überwiegend von männlichen Tätern an weiblichen Opfern ausgeführt.
Kavemann und Lohstöter (1986) definieren sexuellen Missbrauch als: „ all das, was einem Mädchen vermittelt, dass es nicht als Mensch interessant und wichtig ist, sondern dass Männer frei über es verfügen dürfen; daß es durch seine Reduzierung zum Sexualobjekt Bedeutung erlangt; daß es mit körperlicher Attraktivität und Einrichtungen ausgestattet ist, um Männern ´Lust` zu beschaffen. Hierzu gehört jeder Übergriff auf das Mädchen. Egal, ob es heimlich, vorsichtige Berührungen sind, die es über sich ergehen oder selbst ´vornehmen` muß, erzwungener Oralverkehr oder eine regelrechte Vergewaltigung. Dazu gehört aber auch das Befühlen und die `fachmännische` Begutachtung der sich entwickelnden körperlichen Rundungen, das Betasten der Brust oder des Brustansatzes, verbunden mit abschätzigen oder auch wohlwollenden Qualitätsurteilen, daß das Mädchen jetzt zur Frau und damit als Sexualobjekt attraktiv wird.“ (Kavemann & Lohstöter 1986, S.9; zit. n. Wipplinger/ Amann , 1998, S.26)
Gesellschaftliche Definitionen sehen sexuellen Missbrauch als Folge von Autoritäts- und Gewaltstrukturen die Erwachsene im Umgang mit Kindern haben. „Unter sexuellem Mißbrauch verstehe ich jede sexuell gefärbte Handlung, die dem Kind in irgendeiner Form von einer älteren Person aufgedrängt wird. Dabei ist der Täter überlegen, er ist in der Regel älter, er ist stärker und mächtiger“ (Geier 1990, S. 37; zit. n. Wipplinger Amann, 1998, S.25)
Entwicklungspsychologische Definitionen betonen die entwicklungsbedingte Unreife des Kindes, sexuelle Handlungen gänzlich verstehen zu können und sind somit nicht in der Lage dem zuzustimmen. Die Unreife des Kindes oder des Jugendlichen kann sich auf die emotionale, psychische oder kognitive Ebene beziehen.
Klinische Definitionen stellen die Symptome und Störungen, die ein sexueller Missbrauch hervorruft in den Vordergrund um ihn als solchen erkennen zu können. „Sexueller Mißbrauch ist ein traumatisches Erlebnis (eine Noxe), das auch mit konkreten körperlichen Traumata verbunden sein kann und psychische Sofort-, Früh-, oder Spätfolgen zeitigen kann. Zu diesen psychischen Folgen können eine große Zahl von Symptomen gehören, wobei eine lineare Kausalität (sexueller Missbrauch… Krankheitsbild)- bei aller Evidenz-wissenschaftlich oft nicht aufzuzeigen sein wird.“ (Fegert 1992, S. 69; zit.n. Wipplinger/Amann 1998, S.30)
Deutlich wird anhand der Vielzahl der Definitionen, dass jeweils unterschiedliche Aspekte in den Mittelpunkt der Betrachtungen rücken. Diese prüfen jeweils die Art der sexuellen Handlung, die Alterskonstellation von Täter und Opfer, den Entwicklungsstand des Kindes oder Jugendlichen, die Macht- und Autoritätsverhältnisse, die Gewalt und auch die Folgen sexuellen Missbrauchs.
Für mich ergeben sich aus der Vielzahl von Definitionen folgende Faktoren:
- Sexueller Missbrauch ist immer eine körperliche und /oder seelische Gewalthandlung.
- Aufgrund der entwicklungsabhängigen Unreife ist das Kind bzw. der Jugendliche nicht in der Lage die Situation richtig einzuschätzen und somit außerstande der Handlung zuzustimmen oder sie abzulehnen.
- Der Täter stammt häufig aus dem sozialen Nahbereich und ist kein Fremder.
- Der sexuelle Missbrauch ist für Körper und Seele eine traumatische Erfahrung und hat oft körperliche aber immer seelische Folgen.
- Sexueller Missbrauch dient immer nur der Bedürfnisbefriedigung des Erwachsenen und ist unter anderem auf Macht- und Autoritätsverhältnisse zwischen Kindern und Erwachsenen zurückzuführen. Er nutzt die Abhängigkeit des Kindes aus.
3. Familienstruktur und sexueller Missbrauch
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Sexueller Missbrauch innerhalb der Familie wird meist mit dem Vater – Tochter Inzest gleichgesetzt. Dabei stellt diese Form des Missbrauchs nur 2 – 3% der Fälle. Wesentlich häufiger kommt es zu einem Missbrauch durch Stief- oder Pflegeväter, bzw. dem Freund der Mutter. (vgl. Engfer, 2005, S.15) Wenn in dieser Arbeit vom Vater gesprochen wird, so ist nicht ausschließlich der biologische Vater gemeint sondern eben alle Männer, die im Familiensystem anwesen sind und die Rolle des Vaters und Mann übernehmen.
Die Familienstruktur und die Familiendynamik werden heute als wesentliche Teile zum Verständnis des Zustandekommens von sexuellem Missbrauch innerhalb der Familie angesehen.
Die Familie ist eine entscheidende soziale Gruppe in der das Kind über einen langen Zeitraum hinweg lebt und aufwächst. Sie stellt das Lernfeld für Beziehungsgestaltung dar und über sie erfolgt der Kontakt zur Außenwelt. In Familien wird es dem Kind ermöglicht sein Verhalten in verschiedenen sozialen Rollen zu erproben und den Umgang mit unterschiedlichen Lebenssituationen zu erlernen.
Eine stabile Familiensituation ist die beste Vorraussetzung zur Entwicklung eines stabilen Selbstwertgefühls. Kinder mit geringem Selbstwertgefühl wachsen häufig in einem familiären Klima auf, welches durch „…Zurückweisung, Isolation, mangelnde Berücksichtigung ihrer emotionalen Bedürfnisse, Unsicherheit, fehlende Unterstützung und Mangel an Ermutigung gekennzeichnet…“ ist. (Kinzl, 1998, S.141)
Eine dysfunktionale Familienstruktur ist gekennzeichnet durch Zurückweisung, Rollenumkehr, Parentifizierung und durch ungelöste Traumata eines oder beider Elternteile. Ein unsicheres Bindungsverhalten der Eltern geht dem sexuellen Missbrauch voran und ist mit der Unfähigkeit verknüpft sich auf die Bedürfnisse und Gefühle anderer Personen einzustellen. Sexuell Missbrauchte Kinder und Jugendliche erlebten ihre wichtigsten Bezugspersonen als wenig einfühlend, wenig verständnisvoll und wenig haltgebend. (vgl. Kinzl, 1998, S.141)
Nach Erfahrungsberichten in ihrer Kindheit sexuell missbrauchter Frauen sind die Familien zur Außenwelt isoliert, bis auf oberflächliche verfügen sie über keine sozialen Kontakte. Innerhalb der Familien herrscht Grenzenlosigkeit, sowohl zwischen den einzelnen Generationen als auch zwischen den einzelnen Familienmitgliedern. Die Rollenverteilung ist unklar und die Angst vor dem Alleinsein und dem danach eingebildeten „Nicht mehr existieren können“ ist allgegenwärtig. (vgl. Woltereck, 1994, S.59) Das Kind wird zum idealisierten Wunschobjekt, das der Partnerschaft der Eltern untereinander vorgezogen wird.
Eine dysfunktionale Familienstruktur erhöht nicht nur das Risiko eines sexuellen Missbrauchs im engsten Familienkreis sondern birgt auch die Gefahr für das Kind außerhalb der Familie Opfer eines sexuellen Übergriffes zu werden. Werden emotionale Bedürfnisse des Kindes in der Familie unzureichend wahrgenommen und befriedigt entwickelt sich eine Bedürfnishaltung die das Kind für jede Art von Zuwendung und Zärtlichkeiten empfänglich macht. Opfer mit dieser emotionalen Bedürfnislage werden von Tätern gezielt ausgewählt und ausgenutzt. (vgl. Kinzl, 1998, S.142)
Charakteristisch für Missbrauchsfamilien ist die geringe offene Kommunikation, die Unfähigkeit zur verbalen Regelung von Konflikten. Es dominieren Vertrauensverlust und Konfusion. (vgl. Joraschky, 2005, S.131)
Betrachtet man die persönlichen Eigenschaften des Vaters oder der Vaterfigur, ist das Bild des passiven, emotional und sozial abhängigen Täters vorherrschend. Dieser ist bemüht sein soziales Ansehen positiv aufrecht zu erhalten, problematisch aber ist für ihn sich innerhalb der Familie als Mann und Vater zu positionieren. Er gilt als zurückhaltend und introvertiert, hat in dem Verhältnis zu seiner Tochter eine Beziehung gefunden derer er sich gewachsen fühlt. Gleichzeitig werden ihm neben narzisstischen Defiziten auch ein besonders zerbrechliches Selbstbewusstsein und fehlende Empathie für sein Opfer zugesprochen. (vgl. Joraschky, 2005, S. 134)
Familien, in denen sexueller Missbrauch stattfindet, lassen sich in „vier Klassen von Inzestfamilien“ einteilen.
Dabei sind die meisten Familien in die Klasse „Der grenzgestörte bedürftige Missbrauch“ einzuordnen. Hier handelt es sich um eine liebevolle und hilfsbereite Familie, bei der es selten zu körperlichen Misshandlungen kommt und der Vater als Täter mit einer schweren Störung der Bedürfnissteuerung behaftet ist. (vgl. Joraschky, 2005, S.136)
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- Citation du texte
- Juliane Riemann (Auteur), 2006, Sexueller Missbrauch im Familiensystem, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/73696
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