Austria meets Croatia. Trotz der geografischen Nähe zwischen Österreich und Kroatien, kommt es erst
seit den letzten Jahren zu einer gegenseitigen Annäherung der beiden Länder im gesellschaftlichen und
wirtschaftlichen Sinne. Nun aber dafür mit einer steigenden Tendenz deren Ende noch lange nicht in
Sicht ist.
Seit dem Jahr 2001 ist Österreich bedeutendester Investor in Kroatien und lässt in den Ranglisten
Deutschland, die USA und Italien hinter sich. Österreichische Unternehmer besitzen große Offenheit
gegenüber dem kroatischen Markt und zeigen außerordentliches Interesse daran, sich Marktanteile zu
sichern bevor Kroatien in den Kreis der Europäischen Union aufgenommen wird. Mit dieser progressiven
Zunahme an internationalen Geschäften und Kooperationen, steigt jedoch auch die Zahl der Misserfolge
des länderübergreifenden Wirtschaftens.
Unternehmer führen diese Schwierigkeiten auf Unterschiede in der Mentalität zurück, auf Abweichungen
in Verhalten und Gesellschaft, auf mangelnde Gleichheit in der Bürokratie, etc.; sprich, mit einem Wort
auf die Kultur. Selbst wenn weniger als 200 Kilometer zwischen den Landesgrenzen liegen können
interkulturelle Konflikte bestehen, vor allem dann, wenn Kommunismus und Demokratie beide Länder in
der Vergangenheit trennten.
Diese Arbeit richtet sich in erster Linie an all jene Personen, die beruflich mit der kroatischen Kultur
konfrontiert sind; sei es in Kroatien selbst mit kroatischen Partnern oder evtl. auch im Inland durch
kroatische Mitarbeiter in der Belegschaft. Die Situationen für kulturelle Missverständnisse sind vielfältig,
weshalb der Fokus hier generell auf die Überwindung kultureller Barrieren beim Wirtschaften zwischen
Österreich und Kroatien gerichtet ist. Es wird gezeigt welche Bedeutung dem Begriff Kultur in der
Unternehmensführung bei kommt und die Schlussfolgerungen eines empirischen Kulturvergleiches sollen
österreichischen Führungskräften Ansätze dazu bieten, Konfliktpotentiale zu erkennen und bestehende
Konflikte zu lösen.
INHALTSVERZEICHNIS
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
TABELLENVERZEICHNIS
0 EINFÜHRUNG
0.1 EINLEITUNG
0.2 ZIELSETZUNG UND AUFBAU DER ARBEIT
1 KROATIEN
2 KULTURELLE MANAGEMENTPROBLEME
2.1 INTERNATIONALE GESCHÄFTSTÄTIGKEIT
2.2 KULTUR ALS MANAGEMENTRELEVANTER FAKTOR
3 KULTUR
3.1 KULTUR DEFINIEREN
3.2 KULTUR UND GESELLSCHAFT
3.2.1 GESELLSCHAFT DEFINIEREN
3.2.2 NATION ODER GESELLSCHAFT
3.3 KULTUR IM WANDEL DER ZEIT
3.3.1 DIE VERÄNDERUNG DER KULTUR
3.3.2 VON DER PLANWIRTSCHAFT ZUR MARKTWIRTSCHAFT
4 VERGLEICH VON KULTUREN
4.1 EINE VERGLEICHENDE BETRACHTUNGSWEISE
4.2 DIE METHODE DES KULTURVERGLEICHES
4.3 KULTURELLE DIMENSIONEN
4.3.1 EIN ÜBERBLICK
4.3.2 MACHTDISTANZ
4.3.3 INDIVIDUALISMUS UND KOLLEKTIVISMUS
4.3.4 MASKULINITÄT UND FEMININITÄT
4.3.5 HIGH- UND LOW CONTEXT
4.3.6 ZEITORIENTIERUNG
4.3.7 UNIVERSALISMUS UND PARTIKULARISMUS
5 EMPIRISCHER TEIL
5.1 EMPIRISCHE VORGEHENSWEISE
5.1.1 WAHL DES UNTERSUCHUNGSDESIGNS
5.1.2 DATENERHEBUNG
5.1.3 AUSWAHL DER UNTERSUCHUNGSEINHEITEN
5.1.4 DATENAUFBEREITUNG UND -AUSWERTUNG
5.2 EMPIRISCHE ERMITTLUNG DER ERGEBNISSE
5.2.1 MACHTDISTANZ
5.2.2 INDIVIDUALISMUS UND KOLLEKTIVISMUS
5.2.3 MASKULINITÄT UND FEMININITÄT
5.2.4 HIGH- UND LOW-CONTEXT
5.2.5 ZEITORIENTIERUNG
5.2.6 UNIVERSALISMUS UND PARTIKULARISMUS
6 INTERPRETATION DER ERGEBNISSE
6.1 MACHTDISTANZ
6.2 KOLLEKTIVISMUS UND INDIVIDUALISMUS
6.3 MASKULINITÄT UND FEMININITÄT
6.4 HIGH- UND LOW-CONTEXT
6.5 ZEITORIENTIERUNG
6.6 PARTIKULARISMUS UND UNIVERSALISMUS
7 FAZIT
ANHANG I: INTERVIEWLEITFADEN ÖSTERREICH
ANHANG II: INTERVIEWLEITFADEN KROATIEN
LITERATURVERZEICHNIS
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
ABBILDUNG 1: KULTURELLE DIMENSIONEN IM ÜBERBLICK
ABBILDUNG 2: ZUSAMMENFASSUNG "MACHTDISTANZ"
ABBILDUNG 3: ZUSAMMENFASSUNG "INDIVIDUALISMUS / KOLLEKTIVISMUS"
ABBILDUNG 4: ZUSAMMENFASSUNG "MASKULINITÄT / FEMININITÄT"
ABBILDUNG 5: ZUSAMMENFASSUNG "CONTEXT"
ABBILDUNG 6: ZUSAMMENFASSUNG "ZEITLICHE ORIENTIERUNG"
ABBILDUNG 7: ZUSAMMENFASSUNG "PARTIKULARISMUS /UNIVERSALISMUS"
TABELLENVERZEICHNIS
TABELLE 1: KROATIEN - AUSGEWÄHLTE INDIKATOREN
TABELLE 2: AUSLÄNDISCHE DIREKTINVESTITIONEN 1993-2001
TABELLE 3: AUSWAHL KULTURELLER DIMENSIONEN
TABELLE 4: ÜBERBLICK HAUPTUNTERSCHIEDE MACHTDISTANZ
TABELLE 5: ÜBERBLICK HAUPTUNTERSCHIEDE KOLLEKTIVISMUS/INDIVIDUALISMUS
TABELLE 6: ÜBERBLICK HAUPTUNTERSCHIEDE MASKULINITÄT/FEMININITÄTv
TABELLE 7: ÜBERBLICK HAUPTUNTERSCHIEDE HIGH-CONTEXT- UND LOW-CONTEXT-KULTUREN
TABELLE 8: ÜBERBLICK HAUPTUNTERSCHIEDE ZEITLICHE ORIENTIERUNG
TABELLE 9: ÜBERBLICK HAUPTUNTERSCHIEDE UNIVERSALISMUS/PARTIKULARISMUS
TABELLE 10: ÜBERBLICK BEFRAGTER ÖSTERREICHISCHER FÜHRUNGSKRÄFTE
TABELLE 11: ÜBERBLICK BEFRAGTER KROATISCHER FÜHRUNGSKRÄFTE
TABELLE 12: AUSWERTUNG BEZÜGLICH DER MACHTDISTANZ
TABELLE 13: AUSWERTUNG BEZÜGLICH INDIVIDUALISMUS/KOLLEKTIVISMUS
TABELLE 14: AUSWERTUNG BEZÜGLICH MASKULINITÄT/FEMININITÄT
TABELLE 15: AUSWERTUNG BEZÜGLICH LOW-CONTEXT/HIGH-CONTEXT
TABELLE 16: AUSWERTUNG BEZÜGLICH DER ZEITLICHEN ORIENTIERUNG
TABELLE 17: AUSWERTUNG ZEITLICHER TOLERANZ
TABELLE 18: AUSWERTUNG BEZÜGLICH UNIVERSALISMUS/PARTIKULARISMUS
Einführung 1
„Ob man das Alte Testament oder die germanischen Sagas liest, ob man frühe Geschichtsquellen oder ethnologische Berichte zur Hand nimmt, ob man sonstige historische Zeugnisse betrachtet oder sich an gegenwärtige Vorgänge hält, überall spielen fremde Völker eine wichtige Rolle. Da jedes Volk, jeder Staat, jede Kultur, jede Religion von anderen umgeben ist, haben sie stets auf die nächsten und übernächsten Nachbarn geblickt, die man kennen und beachten muss, weil davon das eigene Schicksal abhängt. So gehörte die Frage nach den Nachbarn seit eh und je zur Konstitution jeder Gesellschaft“.1
FRIEDRICH TENBRUCK
Eidesstattliche Erklärung
Ich erkläre hiermit ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und mich auch sonst keiner unerlaubten Hilfe bedient habe. Die Arbeit wurde bisher weder im In- noch im Ausland in irgendeiner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt und ist noch nicht veröffentlicht.
KURZBESCHREIBUNG
Austria meets Croatia. Trotz der geografischen Nähe zwischen Österreich und Kroatien, kommt es erst seit den letzten Jahren zu einer gegenseitigen Annäherung der beiden Länder im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Sinne. Nun aber dafür mit einer steigenden Tendenz deren Ende noch lange nicht in Sicht ist.
Seit dem Jahr 2001 ist Österreich bedeutendester Investor in Kroatien und lässt in den Ranglisten Deutschland, die USA und Italien hinter sich. Österreichische Unternehmer besitzen große Offenheit gegenüber dem kroatischen Markt und zeigen außerordentliches Interesse daran, sich Marktanteile zu sichern bevor Kroatien in den Kreis der Europäischen Union aufgenommen wird. Mit dieser progressiven Zunahme an internationalen Geschäften und Kooperationen, steigt jedoch auch die Zahl der Misserfolge des länderübergreifenden Wirtschaftens.
Unternehmer führen diese Schwierigkeiten auf Unterschiede in der Mentalität zurück, auf Abweichungen in Verhalten und Gesellschaft, auf mangelnde Gleichheit in der Bürokratie, etc.; sprich, mit einem Wort auf die Kultur. Selbst wenn weniger als 200 Kilometer zwischen den Landesgrenzen liegen können interkulturelle Konflikte bestehen, vor allem dann, wenn Kommunismus und Demokratie beide Länder in der Vergangenheit trennten.
Diese Arbeit richtet sich in erster Linie an all jene Personen, die beruflich mit der kroatischen Kultur konfrontiert sind; sei es in Kroatien selbst mit kroatischen Partnern oder evtl. auch im Inland durch kroatische Mitarbeiter in der Belegschaft. Die Situationen für kulturelle Missverständnisse sind vielfältig, weshalb der Fokus hier generell auf die Überwindung kultureller Barrieren beim Wirtschaften zwischen Österreich und Kroatien gerichtet ist. Es wird gezeigt welche Bedeutung dem Begriff Kultur in der Unternehmensführung bei kommt und die Schlussfolgerungen eines empirischen Kulturvergleiches sollen österreichischen Führungskräften Ansätze dazu bieten, Konfliktpotentiale zu erkennen und bestehende Konflikte zu lösen.
Schlagwörter: Managementbezogener Kulturvergleich, Kroatien & Österreich, Interkulturelles Management, Überwindung kultureller Barrieren
0 Einführung
0.1 Einleitung
Um mit fremden Kulturen erfolgreich Geschäfte zu machen ist es notwendig, die fremde Kultur zu verstehen. Doch ebenso wichtig ist es auch, die Grenzen der eigenen Kultur zu kennen um zu wissen, wo sie sich gegenüber der anderen unterscheidet. Ein schwieriges Unterfangen, da man seine eigene Kultur erst zu verstehen beginnt, wenn man mit einer fremden konfrontiert wird.
Gerade in der heutigen Zeit, einer Epoche der Erweiterung und Globalisierung, gewinnt der Begriff Kultur an immer mehr Präsenz und Bedeutung. Immerfort streben neue Länder danach, in die Europäische Union aufgenommen zu werden und in regelmäßigen Abständen wird neuen Kulturen der Eintritt in diese Gemeinschaft gewährt. Der eigene Markt wird vielen Firmen mittlerweile zu klein und um die Wettbewerbsfähigkeit zu halten suchen sie nach neuen Absatzmöglichkeiten auch außerhalb der EU. Ost- und südost-europäische Staaten gewinnen immer mehr an Attraktivität. So bildet Österreich schon seit Jahren starke, wirtschaftliche Brücken nach Ungarn, Slowenien, Tschechien, Polen, etc.
In dieser Liste an erster Stelle befindet sich seit wenigen Jahren das kleine Land Kroatien. Nach seiner politischen Wende Ende der 90er wurde Kroatien durch die geografische Nähe und die relative Unberührtheit des dortigen Marktes zum zentralen Brennpunkt österreichischer Auslandsinvestitionen. Seit dem Jahr 2001 gilt Österreich als größter Investor auf dem kroatischen Markt, gefolgt von Deutschland, USA und Italien. Somit demonstrieren österreichische Unternehmen schon über einen Zeitraum von drei Jahren kontinuierliches Interesse und Engagement bei der Expansion in das quasi Nachbarland und der Trend ist weiterhin steigend. Den Indikator dafür liefert die Österreichische Außenhandlesstelle in Zagreb, wo täglich etwa 35 österreichische Firmen Informationen über Expansionsmöglichkeiten nach Kroatien einholen.
Mit dem Anstieg der Zahl an Auslandsgeschäften zwischen Österreich und Kroatien, steigt unwillkürlich auch die Zahl der Misserfolge des länderübergreifenden Wirtschaftens. Es handelt sich um zwei getrennte Länder, deren Märkte und Wirtschaft über Jahre hinweg voneinander isoliert existierten. Andere Bräuche und andere Sitten sind entstanden, die sich in der kurzen Zeit der Zusammenarbeit noch nicht aneinander abstimmen konnten. Noch immer sind es viele Unternehmer, die man über das Wirtschaften mit Kroatien klagen hört. Einige wenige sind sehr zufrieden und erfolgreich; es sind diejenigen die offen sind über das Fremde zu lernen. Jenen exzellenten Führungskräften die es geschafft haben, kulturelle Konflikte zu überwinden und unangebrachte Erwartungshaltungen abzulegen, sind auf dem heutigen kroatischen Markt keine Grenzen gesetzt. Sie wissen was sie nicht wissen und gehen von Unterschieden aus, solange sich keine Gemeinsamkeiten bewahrheitet haben.
0.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Das erklärte Ziel dieser Arbeit ist es, österreichischen Führungskräften Kultur näher zu bringen. Primär natürlich die kroatische, sekundär jedoch genauso die österreichische. Interkulturelle Kompetenz setzt tiefe Selbstkenntnis voraus und ein Mangel an Selbstkenntnis steht im Gegensatz zum Nutzen von interkultureller Kompetenz. Viele Themen, die im Laufe dieser Arbeit behandelt werden, sollen den Leser dazu anregen, über seine eigene Kultur zu reflektieren um zu erkennen, weshalb allzu oft Missverständnisse den gemeinsamen geschäftlichen Alltag beider Völker prägen und es soll gezeigt werden, wie diese Konflikte aus einer Metaposition heraus betrachten werden können.
Zu diesem Zweck befasst sich die erste Hälfte der Arbeit mit dem theoretischen Begriff der Kultur. Es soll ein Verständnis für die unterschiedlichen kulturellen Ausprägungen von Gesellschaften vermittelt werden. Der international tätige Manager soll anhand wissenschaftlicher Ausführungen erkennen, dass die eigenen kulturellen Konditionierungen nicht als idealer Maßstab für das Verhalten anderer Gesellschaften gelten können und es werden kulturelle Ansätze behandelt, die gleichzeitig Instrumente zur Klassifizierung kultureller Charakteristika liefern (siehe Hofstede, Trompenaars, etc.). Dieser erste Teil der Arbeit dient gleichzeitig dazu, ein adäquates, wissenschaftliches Werkzeug zu wählen, anhand dessen in der zweiten und empirischen Hälfte der Arbeit die kroatische und österreichische Kultur miteinander verglichen werden kann.
Wie nun erwähnt, umfasst die zweite Hälfte der Arbeit die empirische Untersuchung beider Kulturen und die anschließende Interpretation der Ergebnisse. Die praktische Datenerhebung bildet den Kern dieser Arbeit, da zum gegenwärtigen Zeitpunkt kaum Literatur existiert, um damit Rückschlüsse auf kulturelle Konfliktpotentiale zwischen Österreich und Kroatien ziehen zu können. Die Interpretation vereint alle diese gewonnen Daten des praktischen Teils und bildet mit den dazugehörigen Schlussfolgerungen eine Art Leitfaden für österreichische Führungskräfte, der ihnen ein kompaktes Verständnis für managementbezogene Kulturunterschiede zwischen Österreich und Kroatien vermitteln soll.
Die Zielgruppe dieser Arbeit sollen aber keineswegs nur internationale Manager sein, auch wenn diese durch alle Kapitel hindurch direkt angesprochen werden. Wer denkt, dass interkulturelles Verständnis nur für jene relevant ist, die im Ausland arbeiten, der irrt. Selbst innerhalb der eigenen Landesgrenzen kann man durch Eigenheiten einer fremden Kultur vor den Kopf gestoßen werden, denn auch einheimische Firmen, die nur in Österreich tätig sind, können heutzutage mit stark multikulturellem Personal besetzt sein.2 Viel wahrscheinlicher wird dieser Gedanke noch wenn man bedenkt, dass etwa jede zwölfte in Österreich lebende Person aus dem Ausland kommt.3
In diesem Sinne hoffe ich mit dieser Arbeit Kroaten und Österreicher kulturell einander näher bringen zu können und wünsche viel Vergnügen beim Lesen ...
1 Kroatien
Kroatien ist ein Land, das durch seine bewegte Vergangenheit und seine geografische Lage zu einer Schnittstelle verschiedener Kulturen geworden ist, wie kaum ein anderes Land in Europa. Man erkennt in den Kroaten ein mitteleuropäisches Volk, dessen Kulturkreis von mediterranen Einflüssen ebenso stark geprägt ist, wie von seinen südslawischen Wurzeln4 und betrachtet man Kroatien heute, so scheint seine Gegenwart nicht minder bewegt zu sein als seine Vergangenheit.
Wirft man nach den tragischen Ereignissen der Kriegsjahre einen Blick auf die jüngste Geschichte dieser neuen Republik, so erkennt man in den letzten Jahren aus politsicher und damit verbunden auch wirtschaftlicher Perspektive einen neuen Kurs, der genau mit der Jahrtausendwende eingesetzt hat und dessen Darstellung hier im ersten Kapitel diese Arbeit einleiten soll.
Anfang 2000 kam es in Kroatien zum entscheidenden Regierungswechsel. Bei den Parlamentswahlen erlitt die bisher allein regierende Kroatische Demokratische Gemeinschaft (HDZ) des Gründerpräsidenten Franjo Tu_man eine verherende Niederlage und bei der Wahl des neuen Staatspräsidenten entschied sich das Volk für Stipe Mesi_. Der Kandidat der HDZ hatte gegenüber dem Konkurrenten der Opposition nicht die geringste Chance und zehn Jahre nach Ausrufung der staatlichen Selbstständigkeit hat es das Land endlich geschafft, eine Wende herbeizuführen und den Weg, weg von der großkroatischen Vorstellung Franjo Tu_mans, in die Normalität und somit nach Europa einzuschlagen.5
Erste Erfolge dieses neuen Kurses waren die Aufnahme Kroatiens in das Programm „Partnerschaft für den Frieden“ der NATO, in die Welthandelsorganisation (WTO) und die mitteleuropäische Freihandelsorganisation (CEFTA). Ende 2002 legte die Regierung dem Parlament ein umfangreiches Gesetzgebungsprogramm vor, um die notwendigen Voraussetzungen für einen Beitritt in die Europäische Union zu schaffen.6
Während der Zeit des alten Regimes ist durch die Verflechtung von Politik und Wirtschaft eine politische und wirtschaftliche Struktur entstanden, die der heutigen marktwirtschaftlichen Ordnung nicht mehr gerecht wird. Daher werden und wurden die Strukturen, die aus Tu_mans autoritärer Führung entstanden sind, noch immer einer Revision unterzogen und die Privatisierungspolitik wird auf eine vollkommen neue Grundlage gestellt.7 Auch 2003, drei Jahre nach dem Regierungswechsel war der Staatsanteil der Wirtschaft relativ hoch und lag bei rund 40% des BIP.
Anfangs wurde die Privatisierung der ineffizienten Großunternehmen mehrmals verschoben, letztendlich kam sie jedoch ins Laufen und seitdem ist Kroatien Ziel zahlreicher ausländischer Investitionen8, wie in Tabelle 1 ersichtlich.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Kroatien - Ausgewählte Indikatoren9
Bis Mitte 2002 fanden die wichtigsten Privatisierungen im Bankensektor mit der Veräußerung bedeutender Banken wie der Splitska Banka, Rije_ka Banka, Slavonska Banka und Privredna Banka statt. Ein weiterer wichtiger Privatisierungsschritt war der Verkauf von 51% der Hrvatska Telekomunikacija (HT) an die Deutsche Telekom.10 Österreich war mit Ende 2001 größter ausländischer Investor in Kroatien. Mit einem Investitionsvolumen von US$ 1.809 Mio. (26,9%) liegt Österreich vor Deutschland (25%) und den USA (18%). Die österreichischen Exporte nach Kroatien nahmen 2001 um 33% auf 887 Mio. zu.11 Eine Entwicklung, die bis heute angehalten hat und die auch zukünftig ihre Fortsetzung finden wird. Österreichische Firmen spielen eine wichtige Rolle in der wirtschaftlichen Entwicklung Kroatiens. Eine Entwicklung die beiden Ländern zugute kommt, denn auch die österreichische Wirtschaft profitiert von den Investitionen in Kroatien.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Ausländische Direktinvestitionen 1993-200112
Betrachtet man die politische Situation heute - Mitte 2004 - so kann man erkennen, dass die Euphorie der Anfangsjahre sich gelegt hat und dem Land und der Bevölkerung nun bewusst wird, dass der Weg nach Europa ein mühsamer und langwieriger ist. Obwohl das Wirtschaftswachstum (BIP-Zuwachs 2002: +5,2%) gegenüber dem Vorjahr erneut zulegte und die Inflationsrate ein niedriges Niveau (2,2%) erreichte, kämpft Kroatien immer noch mit einer hohen Arbeitslosenrate, die sich seit 1999 nicht spürbar verändert hat und Ende 2002 immer noch 20,6 % betrug.13
Damit in Verbindung steht die wachsende Unzufriedenheit der Bevölkerung, der bei den letzten Regierungswahlen - Ende 2003 - ganz besonders Ausdruck verliehen wurde. Ein Sehnen nach den „Guten, alten Zeiten“ in denen den Kroaten vieles vielleicht noch einfacher erschien, führte zu einem erneuten Regierungswechsel und die Kroatische Demokratische Gemeinschaft (HDZ) übernahm wieder die Spitze der Regierung.
Anfangs führte diese wiedererlangte Position der HDZ an der Spitze Kroatiens zu einigen Bedenken seitens des restlichen Europas. Man war sich nicht sicher, ob die Partei tatsächlich von allen Überresten der Tu_man-Ära befreit worden ist. Nun, ein halbes Jahr nach den Wahlen, haben sich diese Bedenken verflüchtigt und die HDZ setzt mit neuer Besetzung den selben Kurs fort, den die vorangehende Regierung eingeschlagen hat - die Aufnahme in die Europäische Union hat weiterhin oberste Priorität. Somit ist der ambitionierte Zeitplan für den Weg in die EU nicht gefährdet. Die kroatische Regierung hofft auf den Beginn der Beitrittsverhandlungen im Herbst 2004, die 2006 bereits abgeschlossen sein sollen, um 2007, vielleicht gemeinsam mit Bulgarien und Rumänien, in die Union eintreten zu können.
Diese Schilderung der politischen und wirtschaftlichen Situation Kroatiens hat den Zweck, Bewusstsein darüber zu verbreiten, wie nahe der Beitritt Kroatiens in die Europäische Union liegt und wie eng Zusammenarbeit und Vereinigung sind, die zwischen Österreich und Kroatien stattfinden.
Um auf diese Arbeit zu sprechen zu kommen, sei Erhard Busek zitiert, von dem folgende Aussage stammt: „Leider gibt es im durchschnittlichen Österreich nur spärliche Kenntnisse über Südosteuropa. Mit Mühe ist es gelungen, entsprechende Sprachstudien zu etablieren, wobei das Interesse an ihnen eher dürftig ausgefallen ist, obwohl es sich um Zukunftsmärkte handelt“.14 Ob Kroatien in diesem Sinne heute noch ein Zukunftsmarkt ist, sei dahin gestellt, die Zukunft von der Busek spricht ist heute bereits Gegenwart; zwischen Österreich und Kroatien besteht bereits ein reger Austausch von Waren.
Clyde Kluckhohn - einer der bedeutendsten Kulturanthropologen des 20. Jahrhunderts - stellte fest, dass sich materielle Objekte schneller verbreiten als Ideen. Er führt dies darauf zurück, dass bei dieser Art der Verbreitung sprachliche und kulturelle Faktoren wegfallen.15 Der Austausch zweier Ländern und Kulturen beginnt stets im materiellen Sinne, durch den Handel mit Waren und Gegenständen. Österreich und Kroatien sind in ihrer gemeinsamen Entwicklung über diese Stufe hinaus und stehen am Beginn der Ebene des geistigen Austausches. Die Idee der Verbindung beider Märkte, treibt den Abschluss von Kooperationsverträgen voran und zahlreiche Unternehmens- zusammenschlüsse bzw. Firmenakquisitionen finden statt. Hier spielen Kultur- unterschiede eine bedeutende Rolle und durch die Unkenntnis darüber und ihr Ignorieren, kommt es häufig zu unerwarteten Missverständnissen. Das Kennen dieser kulturellen Verschiedenheiten leistet einen enormen Beitrag um durch Kooperationen auf beiden Seiten eine Win-Win-Situation zu erreichen und kulturelle Managementprobleme zu überwinden.
2 Kulturelle Managementprobleme
Rade, ein Ingenieur aus dem ehemaligen Jugoslawien, der nach Deutschland emigrierte, arbeitet für ein sehr renommiertes deutsches Ingenieurbüro. Seine Tochter Lana hat erst kürzlich das Studium an der Universität abgeschlossen. Als Pflicht des Vaters betrachtet es Rade, seiner Tochter eine Arbeitsstelle zu suchen und er bittet seinen Chef, Lana im selben Unternehmen anzustellen. Obwohl der Chef den Eindruck hat, Rades Tochter wäre für die offene Stelle bestens qualifiziert, lehnte er es ab, Vater und Tochter im selben Büro arbeiten zu lassen, da ihm dieser Gedanke missfällt. Rade interpretiert das Handeln seines Vorgesetzten als unfair; er sieht kein Problem darin, neben seiner Tochter seine Arbeit zu verrichten.
Das endgültige Ergebnis war, dass Lana weder angestellt, noch für die Stelle in Betracht gezogen wurde. Rade verlor die Achtung und den Respekt zu seinem Vorgesetzten und beantragte, in eine andere Abteilung versetzt zu werden. Weder Rade noch sein Vorgesetzter hatten verstanden, dass der Konflikt aus einer unterschiedlichen kulturellen Wertorientierung heraus entstand.16
Eine weiter Situation schildert Hofstede aus eigener Erfahrung: Als junger Ingenieur bewarb ich mich einmal bei einer amerikanischen Maschinenbaufirma, die sich kurze Zeit zuvor in Flandern, dem niederländisch sprechenden Teil von Belgien, niedergelassen hatte. Ich fühlte mich für die ausgeschriebene Stelle qualifiziert. Ich hatte ein gutes Diplom einer holländischen technischen Schule, war in mehreren Studentenorganisationen aktiv gewesen und hatte während der letzten drei Jahre erste Berufserfahrungen in einer renommierten, wenn auch etwas verschlafenen, holländischen Firma gesammelt. Ich hatte ein kurzes Bewerbungsschreiben abgefasst, in dem ich mein Interesse bekundet und die notwendigen Angaben zu meiner Person gemacht hatte. Ich wurde zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und saß nach einer längeren Bahnfahrt dem Betriebsleiter der Firma, einem Amerikaner gegenüber. Ich trat sehr höflich und bescheiden auf, so wie man es meiner Meinung nach als Bewerber tun sollte und überließ es meinem Gegenüber, die üblichen Fragen zu stellen, so dass er sich ein Bild von meiner Qualifikation machen konnte. Zu meiner Überraschung stellte er mir kaum Fragen zu Dingen, die meiner Ansicht nach hätten besprochen werden müssen. Dagegen interessierte er sich aber sehr eingehend für meine Kenntnisse im Werkzeugbau und gebräuchliche englische Fachbegriffe, die mir fremd waren und deren Bedeutung mir in diesem Zusammenhang nicht relevant erschien. Ich hätte mir diese Kenntnisse in den ersten Wochen der Einarbeitungszeit aneignen können. Nach einer halben Stunde voller peinlicher Missverständnisse beendete er das Gespräch mit der Bemerkung: Es tut mit leid - wir brauchen einen erstklassigen Mann. Schon wenig später war ich bereits wieder draußen auf der Straße.17
Diese beiden Fallstudien sollen gleich zu Beginn ein Gefühl dafür vermitteln, worum es sich bei kulturellen Managementproblemen handelt, eine genauere Erläuterung und Erklärung der darin geschilderten Missverständnisse wird in einem späteren Teil dieser Arbeit unter Kapitel 4.3 gegeben.
2.1 Internationale Geschäftstätigkeit
Die internationale Geschäftstätigkeit hat in den letzten Jahrzehnten eine immer wichtigere Bedeutung im wirtschaftlichen Kontext erlangt. Firmen versuchen aus mehreren Gründen im Ausland Fuß zu fassen. Einige aufgrund des dortigen Know- hows und der damit verbundenen Innovation, andere erwarten sich im Ausland eine kostengünstigere Produktion und hoffen dadurch auf einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten, oder aber es geht den Unternehmen schlicht und einfach darum, sich als Erster in einem externen Markt zu positionieren um so sein Produkt oder seine Dienstleistung einem weiteren Kundenkreis anbieten zu können. Für große Industriebetriebe ist es heutzutage nahezu unmöglich geworden, ihre Entwicklung und ihr Wachstum auf ausschließlich lokalen Märkten fortzuführen. Vielmehr ist es notwendig geworden, auf Akquisitionsstrategien zu setzen oder internationale Joint Ventures zu gründen.18
Globalität ist jedoch kein Phänomen der Moderne sonder vielmehr ein Prozess, der bereits vor 500 Jahren begonnen hat. Schon damals ging man von einer Weltwirtschaft aus und J.C.L. Sismondi (1773-1842) definierte Weltwirtschaft als den gesamten Markt des Erdkreises und jenen Teil der Menschheit, der wechselseitig Handel treibt.19 Handel verbindet also seit jeher die Völker miteinander, heute mehr als jemals zuvor. Betrachtet man den produzierenden Sektor der USA, so stellt man fest, dass einer von sechs Arbeitsplätzen von einem funktionierenden Außenhandel abhängt. Österreich mit seiner kleinen offenen Volkswirtschaft stellt sogar ein krasseres Bild dar; jeder vierte Arbeitsplatz würde ohne internationale Geschäftstätigkeit nicht existieren.20
Internationalität lässt sich jedoch nicht nur mit einem Blick über die eigenen nationalen Grenzen finden. In Österreich beträgt der aktuelle Ausländeranteil über acht Prozent und der Umgang mit Kroaten, Türken, Serben, Rumänen oder Polen, um nur einige wenige zu nennen, gehört in den Städten bereits zum gewöhnlichen Alltag. Betroffen von diesem Zuwanderstrom sind natürlich auch Unternehmen, die diese Gastarbeiter beschäftigen. So ist es keine Seltenheit, dass auch Unternehmen, die nur in lokalen Märkten tätig sind, mit Multikulturalität, und somit auch mit ihren Möglichkeiten und Problemen, konfrontiert werden.
Dort wo Nationen und Kulturen aufeinander treffen, entstehen auch oftmals Konflikte. Von vielen Übernahmen, Joint Ventures und strategischen Allianzen werden Fehlschläge dokumentiert, die es gelegentlich notwendig machen, die unter hohen finanziellen Aufwänden entstandenen Verbindungen wieder aufzulösen. Verschiedene Studien bestätigen, dass bis zu 80% derartiger internationaler Unternehmenskooperationen ihr Ziel verfehlen.21 Doch worauf kann dieses Scheitern zurückgeführt werden?
Das Leben und die Effizienz in Organisationen werden hauptsächlich von qualitativen Faktoren bestimmt. Gemeint sind dabei der Managementstil, geteilte Werte, Kompromissbereitschaft, Arbeitsgewohnheiten, Delegieren, Kontrolle, Methoden der Informationsverteilung und die Art und Weise, wie mit Fehlern und Missgeschicken umgegangen wird.22 All diese Aspekte sind kultureller Natur und Differenzen darin, können möglicherweise zu Konfliktpotentialen in internationalen Geschäftstätigkeiten führen. Wird Kultur dadurch womöglich so zu einem managementrelevanten Faktor?
2.2 Kultur als managementrelevanter Faktor
Eine Blindheit gegenüber kulturellen Unterschieden, bedeutet zwangsläufig eine Ignoranz gegenüber Stärken und Schwächen im kulturellen Kontext, was es für Manager unmöglich macht, kulturelle Kontraste für den Geschäftserfolg zu nutzen.23
INGRID ROSE-NEIGER und MARTIN THIELE
Eine wichtige Frage die im Zusammenhang mit der internationalen Geschäftstätigkeit auftritt ist, ob die Globalisierung zu Managementmethoden führt, die eher „universell“ oder eher „kulturell“ sind?
Damit ist die Diskussion über eine global einheitliche Wirtschaftskultur gemeint, die zwei unterschiedliche Strömungen hervorgebracht hat. Auf der einen Seite gibt es die Universalisten, die davon ausgehen es gäbe Managementprinzipien, die unabhängig von kulturellen Unterschieden überall gültig sind (Culture-Free-These) und andererseits die Kulturalisten, die die Ansicht vertreten, dass kulturelle Unterschiede unterschiedliche Managementstile, Strukturen und Prozesse erfordern (Culture-Bound-These).24 Die Zitate zu Beginn dieses Kapitels basieren auf einem kulturellen Standpunkt, d.h. sie vertreten die Ansicht, dass im Rahmen des interkulturellen Managements, kulturelle Konfliktpotentiale auftauchen, die von Führungskräften berücksichtigt werden müssen. Eine „abgeschwächt“ universalistische Position nehmen McGrath/MacMillan/ Scheinberg in ihrer vergleichenden Untersuchung der Wertehaltungen von Entrepreneuren in neun Ländern ein. Sie verwenden dabei das Modell Hofstedes als Bezugsrahmen der Analyse und kommen zu dem Ergebnis, dass sich Entrepreneure im Vergleich zu Nicht-Entrepreneuren durch charakteristische, kulturübergreifende Merkmale auszeichnen: Sie weisen eine größere Machtdistanz, einen ausgeprägteren Individualismus, maskulinere Werte und geringere Unsicherheitsvermeidung auf.25 „Abgeschwächt“ aus dem Grunde, da sie lediglich eine Tendenz feststellen und eine unterschiedliche Ausprägung der Dimensionen in den untersuchten Ländern nicht ausschließen.
Hauptsächlich kommen die Vertreter des Universalismus26 aus dem amerikanischen Raum. Sie finden ihre These in zahlreichen Studien bestätigt, wobei Keller, der sich in seinem Buch Management in fremden Kulturen detailliert dieser Fragestellung widmet, feststellt, dass diese Studien „allesamt an einigen grundsätzlichen und konzeptionellen Mängeln leiden“.27 Die Schlussfolgerungen der Untersuchungen hängen eng mit der vom jeweiligen Autor verwendeten Forschungsmethode zusammen. Die Autoren quantitativ-empirischer Untersuchungen neigen eher zu universalistischen Behauptungen, während die Einzelfallstudie und Untersuchungen mittels nicht- quantitativer Methoden eher zu Schlussfolgerungen gelangen, die kultureller Natur sind. Weiters meint Keller, dass Autoren mit landesspezifischer Berufserfahrung sich nahezu immer unter den Kulturalisten befinden, während hauptberufliche Forscher eher die universalistische Ansicht vertreten.28
Grundsätzlich muss vor der Annahme gewarnt werden, dass es universell-gültige Managementtheorien gibt. Teilweise kann davon ausgegangen werden, dass von Land zu Land Gemeinsamkeiten existieren, abseits aller begrifflichen Diskussionen ist es jedoch eine Tatsache, dass es häufig zu kulturellen Konflikten im internationalen Geschäftsleben kommt und, dass wirtschaftliches Handeln möglicherweise doch nicht identisch interpretiert werden kann. Dabei ist es nicht die kulturelle Differenz die zu diesen Konflikten führt, sondern die Tatsache, dass generell zu häufig die Annahme getroffen wird, dass keine signifikanten Unterschiede bestehen.29 Aus diesem Grund untersucht diese Arbeit Konfliktpotentiale in Kooperationen zwischen kroatischen und österreichischen Führungskräften, auf Basis der Kultur.
3 Kultur
„Wir sagen […] von einem Menschen, er sei uns durchsichtig. Aber es ist für diese Behauptung wichtig, dass ein Mensch für einen anderen ein völliges Rätsel sein kann. Das erfährt man, wenn man in ein fremdes Land mit gänzlich fremden Traditionen kommt; und zwar auch dann, wenn man die Sprache des Landes beherrscht. Man versteht die Menschen nicht. Und nicht darum, weil man nicht weiß, was sie zu sich selber sprechen. Wir können uns nicht in sie finden.“30
LUDWIG WITTGENSTEIN
Es ist die Kultur, die Wittgenstein in diesen wenigen Sätzen so treffend umschreibt und als Rätsel schildert. Spricht man heute jedoch von Kultur, ist es keineswegs eindeutig was man damit meint. Kultur ist zu einem Begriff geworden, der in vielen Variationen auftritt und daher ist es notwenig zu erklären, was genau man damit meint, wenn man Kultur sagt. Das folgende Kapitel wird den Bereich der Kultur festlegen, in dem wir uns im Rahmen dieser Arbeit bewegen werden.
3.1 Kultur definieren
Schon seit vielen Jahrzehnten beschäftigen sich AnthropologInnen damit, Kultur zu definieren und einzugrenzen, doch der vielleicht zentralste Begriff der Kulturanthropologie hat sich einer strengen Definition widersetzt. Anstatt dem Begriff eine konkrete Form zu verleihen, ist vielmehr ein begriffliches Durcheinander der verschiedensten Definitionen entstanden. Verdeutlicht wird dies von Clyde Kluckhohn in seinem Werk Mirror for Men, wo er auf 27 Seiten die unterschiedlichsten begrifflichen Definitionen zusammenträgt und beschreibt: (1) als „Gesamtlebensstil eines Volkes“, (2) als „das soziale Erbe, das das Individuum von seiner Gruppe übernimmt“, (3) als „eine Weise des Denkens, Fühlens und Glaubens“, (4) als „eine abstrakte Form des Denkens“, (5) als eine „Theorie, die der Ethnologe über das tatsächliche Verhalten einer Gruppe von Menschen aufstellt“, (6) als „ein Speicher gemeinsamer Erfahrungen“, (7) als „ein System standardisierter Orientierungen angesichts wiederkehrender Probleme“, (8) als „erlerntes Verhalten“, (9) als ein Mechanismus zur normativen Verhaltensregelung, (10) als „System von Techniken zur Anpassung an die Umwelt sowie an andere Menschen“, (11) als „Ablagerung von Geschichte“.31
Auch wenn diese Fülle an Definitionen eine eindeutige Festlegung des Begriffes unmöglich macht, lässt sie uns erahnen, dass wir, in allem was wir tun, von Kultur umgeben sind und, dass die Kultur es ist, die unseren Handlungen einen Sinn verleiht. Clifford Geertz sagte in diesem Zusammenhang: „Ich meine […], dass der Mensch ein Wesen ist, das in selbstgesponnene Bedeutungsgewebe verstrickt ist, wobei ich Kultur als dieses Gewebe ansehe.“32 Mit anderen Worten könnte man sagen, dass die Kultur der Kontext ist, in welchem die Dinge sich ereignen. Außerhalb dieses Kontextes verlieren sie an Bedeutung.
Trotz dieser Vielfalt an begrifflichen Festlegungen, die teils deutlich voneinander abweichen, lassen sich rund um den Begriff der Kultur gemeinsame Charakteristika der unterschiedlichen Ansätze erkennen. Folgende Basisannahmen können über die Kultur getroffen werden33:
Kultur wird erlernt. Von Geburt an lernen Menschen, sich an ihre kulturelle Umwelt anzupassen. Leiris stellt diesbezüglich fest, dass „wenn es außer den individuellen Verschiedenheiten auch noch Unterschiede gibt, die man als mehr oder weniger spezifisch für die Menschen einer Gesellschaft, verglichen mit denen anderer Gesellschaften, ansehen kann, so wird man solche Unterschiede im Bereich des erlernten Verhaltens suchen müssen“.34
Kultur ist adaptiv. „Culture is based on the human capacity to change or adapt, as opposed to the more genetically driven adaptive process of animals”.35 Luthans verdeutlicht mit seiner Aussage, welche Bedeutung der menschlichen Kultur als Teil der Evolution zukommt. Zu beachten ist jedoch, dass die Kultur nur einer langfristigen Wandlungsfähigkeit unterliegt.36
Kultur ist überindividuell. D.h. Kultur ist ein soziales Phänomen, das von Menschen als Mitgliedern einer Gruppe, Organisation oder Gesellschaft geteilt wird. Der Fortbestand der Kultur ist nicht auf die andauernde Existenz eines einzelnen Individuums angewiesen.37
Kultur ist symbolisch. Menschen schaffen Symbole oder verwenden eine Sache, um eine andere darzustellen. Die Kultur basiert auf dieser Fähigkeit des Menschen zu symbolisieren.38
Diese vier beschriebenen Punkte sind zwar universell gültig, jedoch treffen sie noch keine Kategorisierung, die notwendig ist, um den Bereich festzulegen, in den sich diese Arbeit auf der kulturellen Landkarte bewegen wird. Als hilfreich erscheint die Unterscheidung von Frank Vivelo in seinem Handbuch zur Kulturanthropologie. Vivelo differenziert dort zwischen einer totalistischen und mentalistischen Betrachtungsweise der Kultur.39
Totalistische Betrachtungsweise
Die Kultur lässt sich nach der totalistischen Betrachtungsweise als „jenes komplexe Ganze, welches Wissen, Glauben, Kunst, Moral, Recht, Sitte und Brauch und alle anderen Fähigkeiten und Gewohnheiten einschließt, welche der Mensch als Mitglied der Gesellschaft erworben hat“40 definieren. Diese Art der Betrachtung umschließt Kultur in all ihren Ausprägungsformen und versucht, die gesamte Lebensweise eines Volkes zu erfassen. Eine weitere Definition liefert Kuckhohn und spricht von „einer Art und Weise des Denkens, Fühlens und Glaubens. Es ist das aufgespeicherte Wissen der Gruppe (im Gedächtnis der Menschen, in Büchern und Gegenständen) für den zukünftigen Gebrauch. Untersucht man Kultur also auf einer totalistischen Ebene, dann erforscht man die Produkte dieser „geistigen“ Tätigkeit; das offenkundige Verhalten, die Sprache, die Gesten und Tätigkeiten des Volkes und die greifbaren Ergebnisse dieser Tätigkeiten, wie Werkzeuge, Häuser, Getreidefelder usw.“41
Mentalistische Betrachtungsweise
In der mentalistischen Betrachtungsweise gehören Werkzeuge und Geräte, Handlungen und Institutionen nicht zur Kultur, sondern nur die Gedanken. Es geht dabei um Kultur als ideenbildendes oder gedankliches System. Kultur besteht nicht im tatsächlichen Verhalten der Menschen, sondern in den Standards, an denen sich das Verhalten orientiert. Sie sind der Inbegriff des richtigen Verhaltens. Die zweite Betrachtungsweise setzt somit etwas tiefer im Geiste des Menschen an und erforscht „ein System von gemeinsamen Wissensinhalten und Glaubensvorstellungen, mit Hilfe dessen Menschen ihre Wahrnehmungen und Erfahrungen ordnen und Entscheidungen treffen und in dessen Sinne sie handeln.“42 Unter diesen gemeinsamen Wissensinhalten und Glaubenvorstellungen versteht Vivelo Werte und Normen einer Gesellschaft, mit denen sie die Welt wahrnimmt und interpretiert.43
Die zweite Betrachtungsweise widmet sich so zu sagen nur einem Teilausschnitt der totalistischen Betrachtungsweise. Im Rahmen der mentalistischen Betrachtungsweise bewegen wir uns auf der Ebene der Werte, Normen und Ansichten, wohingegen die totalistische Betrachtungsweise auch das Verhalten und die Symbole innerhalb einer Kultur mit einschließt.
Werte, Normen und Ansichten manifestieren sich in Symbolen und im Verhalten, und bilden somit deren Grundlage. Sie stellen die Standards für das Verhalten in einer Kultur dar, sind aber nicht Verhalten selbst. Es lässt sich eine Analogie zur Sprache herstellen, denn ebenso wie die Grammatik einer Sprache ein System von Regeln oder Prinzipien für richtiges Sprechen ist, ist die Kultur ein System von Regeln oder Prinzipien für richtiges Verhalten.44 In diesem Sinne sprechen wird von den gemeinsamen Ideen eines Volkes bzw. einer Gesellschaft, als dem gedanklichen Code oder der mentalen Programmierung für sein Verhalten. Folglich handelt es sich hierbei keinesfalls um offensichtliche Merkmale. Solche ließen sich mit Hilfe der totalistischen Betrachtungsweise sehr viel transparenter schildern und greifbarer machen. Dennoch wollen wir dieser Arbeit die mentalistische Betrachtungsweise zugrunde legen, da es notwendig ist, um dem Verhalten von verschiedenen Kulturen auf den Grund zu gehen, sich mit der Arbeitsweise des menschlichen Geistes auseinanderzusetzen.
3.2 Kultur und Gesellschaft
3.2.1 Gesellschaft definieren
Aus den Ausführungen in Kapitel 3.1 geht hervor, dass Kultur die Werte und damit verbunden das Verhalten der Menschen prägt. Für dieses Verhalten der Menschen und ihre Interaktion untereinander, bedarf es jedoch einer Basis, d.h. eines gesellschaftlichen Umfelds. „In ihrer umfassenden Bedeutung kann man Gesellschaft als die Gesamtheit der zwischenmenschlichen Beziehungen, ihrer Prozesse und Gebilde sehen“.45
Kluckhohn meint, „da Kultur eine Abstraktion ist, ist es wichtig, Kultur nicht mit Gesellschaft zu verwechseln. Eine Gesellschaft ist eine Gruppe von Menschen, die miteinander mehr Berührung haben als mit anderen Individuen - die zur Erreichung gewisser Zwecke zusammenarbeiten. […] Eine Kultur umfasst die bestimmte Lebensart einer solchen Gruppe von Menschen.“46
Wenn Gesellschaften also Gruppen von Menschen sind, dann könnte man sagen, dass diese Gruppen durch ihre Kultur, getrennt von anderen ähnlichen Gruppen leben. Es stellt sich jedoch nun die Frage, wo genau diese Trennung entsteht. Wo kann die Grenzlinie zwischen Gesellschaften gezogen werden. Es entstehen somit Schwierigkeiten irgendeine bestimmte Gruppe als eine Gesellschaft zu identifizieren.47 Häufig ist es der Fall, dass die nationale Grenzlinie ebenfalls als kulturelle Grenzlinie interpretiert wird, wobei zu berücksichtigen ist, dass sich Nation und Gesellschaft nicht immer decken.
3.2.2 Nation oder Gesellschaft
„A strong reason for collecting data at the level of nations is that one of the purposes of the research is to promote cooperation among nations”.48 GEERT HOFSTEDE Ziel dieser Arbeit ist es, kulturelle Unterschiede und Gemeinsamkeiten zweier Länder, bezogen auf ihre internationalen Geschäftstätigkeiten, zu vergleichen. Vorher muss diesbezüglich noch die Frage geklärt werden, inwieweit ein kultureller Vergleich auf nationaler Ebene als sinnvoll erscheint, da das Konzept der Kulturen generell eher den Gesellschaften entspricht und Kultur keine Rücksicht auf geografische Grenzen nimmt. Die Kultur folgt ihren eigenen Regeln und ihre Grenzen liegen dort, wo Geschichte und verschiedenste Charakteristika gemeinsame Verhaltensmuster hervorgebracht haben.49
Für die Menschen der heutigen Generationen ist es selbstverständlich, innerhalb von Nationen aufzuwachsen, dennoch sind diese ein relativ junges Phänomen der Menschheitsgeschichte, denn das System der Nationalstaaten wurde erst zur Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts weltweit eingeführt. Somit ist der Begriff der Nation als Basis für kulturelle Vergleiche nicht unproblematisch, da Kulturgemeinschaft, Nation und Staat voneinander abweichen können. Es ist nicht immer der Fall, dass Landesgrenzen den Kulturgrenzen entsprechen.
Ebenfalls kann es vorkommen, dass auf Grund einer gemeinsamen Vergangenheit mehrere Kulturen innerhalb eines Landes aufeinander treffen,50 wie es im ehemaligen Jugoslawien als Vielvölkerstaat der Fall war. Es handelte sich um verschiedene ethnische Kulturen, die in einem Staat vereint waren, über die jedoch keine wirklich homogenen Aussagen gemacht werden konnten51. Es kam zu ethnischen Spannungen und aufgrund dessen zu einer Spaltung des Staates in mehrere Teilrepubliken. Die kartografischen Grenzen des ehemaligen Vielvölkerstaates haben nicht mit den kulturellen Grenzen korreliert. Betrachten wir alleine Kroatien, erkennen wir auch dort große regionale Unterschiede. In Slawonien/Kontinentalkroatien ist vorwiegend der ungarisch-südosteuropäische Einfluss bestimmend, während vor allem der Raum Zagreb (historisch „Agram“) kulturelle Nähe zu Österreich aufweist. Sogar der Zagreber Dialekt verwendet eine Vielzahl von Ausdrücken, die direkt der deutschen Sprache entlehnt sind. Istrien und vor allem Dalmatien lassen hingegen italienische Einflüsse erkennen. Nach dem ersten Weltkrieg ging Dalmatien an Italien über, wodurch Lebensstil, Lebensgefühl und nicht zuletzt regionale Dialekte die Nähe zum italienisch-romanischen Kulturkreis widerspiegeln.52 Unter diesem Gesichtspunkt entsteht jedoch die Frage, welchen Einfluss diese regionalen Kulturunterschiede auf die Untersuchung der kroatischen Kultur in dieser Arbeit nehmen. Ihren Fokus richtet diese Arbeit auf das Verhalten von Führungskräften. Führungsverhalten ist dort relevant, wo wirtschaftliche Aktivitäten stattfinden. Eng gekoppelt an die regionalen Unterschiede in der Kultur, sind auch die regionalen Unterschiede in der Ökonomie. Während Istrien und Dalmatien sich wegen ihrer Küste stark am Tourismus orientieren, ist der Großraum Zagreb das Zentrum der wirtschaftlichen und industriellen Tätigkeit und folglich auch das Zentrum der Interaktionen zwischen österreichischen und kroatischen Führungskräften. Aus diesem Grund erfolgt die Eingrenzung des kroatischen Untersuchungsraumes auf Zagreb und dessen Umgebung. Die vorhin angesprochenen regionalen Kulturunterschiede lassen sich in allen Ländern finden, in manchen jedoch stärker ausgeprägt als in anderen. Trotzdem kann hier von einem nationalen Kulturvergleich ausgegangen werden, vor allem da der Hauptstadt Kroatiens bei der hier vorliegenden Untersuchung die meiste Bedeutung zugesprochen wird.
Spricht man von kulturellen Grenzen, so muss erwähnt werden, dass sich Kulturen und somit auch ihre Grenzräume in Laufe der Zeit verändern. In Kapitel 2.2 wurde bereits der kulturelle Universalismus bezogen auf den Managementstil erwähnt; auch bezogen auf die Gesellschaft gehen Wissenschafter davon aus, dass sich durch die Globalisierung verschiedene Kulturen an einen gemeinsamen, einheitlichen Kulturdurchschnitt angleichen. Busche schildert diese Beobachtung mit folgenden Worten: „Wo die Suren des Korans über Lautsprecher verbreitet werden, wo Millionen von Hindus direkt nach den religiösen Zeremonien in die Großstadtkirche strömen oder im Internet surfen und wo selbst australische Ureinwohner per Handy kommunizieren, dort kann man nicht mehr von separaten Kulturen ausgehen, […].“53 Es sei dahingestellt, ob alle Gesellschaften sich zu einer homogenen Weltkultur hinbewegen. Tatsache ist jedoch, dass Kulturen nicht statisch sondern dynamisch sind.
3.3 Kultur im Wandel der Zeit
„Fast überall hört man die Alten die Lebensart der Jungen kritisieren und mit der guten alten Zeit vergleichen: Es wird also explizit oder implizit zugegeben, dass sich in den Gebräuchen etwas geändert hat und, dass die Kultur der Gesellschaft, zu der sie gehören, sich entwickelt hat.“54
MICHEL LEIRIS
3.3.1 Die Veränderung der Kultur
In der Regel geschieht eine solche Veränderung nur sehr langsam und für Zeitgenossen kaum merklich im Rahmen eines sozialen Wandels, da Wertorientierungen einer Kultur im Allgemeinen sehr stabil sind.55 Häufig wird bei einer Veränderung der Kultur angenommen, dass es sich dabei um eine Veränderung der Werte handelt. Florence Kluckhohn und Fred Strodtbeck stellen in diesem Zusammenhang jedoch fest, dass sich bei einem sozialen und kulturellen Wandel nicht die Werte als solche ändern, sondern deren Rangfolge. Genau genommen handelt es sich nicht um einen Wertewandel, sondern um einen Orientierungswandel bzw. eine Neuorientierung der Werte.56 Inglehart spricht in Anlehnung an die Theorie der Bedürfnispyramide von Maslow ebenfalls von einer tiefgreifenden Veränderung der Wertepriorität, hervorgerufen durch einen Wandel der materiell-wirtschaftlichen Lebensverhältnisse, vom „Mangel“ zum „Wohlstand“.57
Was ist nun der Motor für einen solchen Wandel? Leiris führt in seinem Buch Die eigene und die fremde Kultur an, dass solche Veränderungen auf zweierlei Arten stattfinden können. Als von innen kommende Innovation in der Form einer Erfindung oder Entdeckung, oder als von außen kommende Erneuerung.58
Der Fall Kroatiens lässt auf eine dominierend von außen beeinflusste Veränderung schließen. Nach der Öffnung der kroatischen Wirtschaft und der damit verbunden Privatisierung zahlreicher nationaler Unternehmen und Organisationen, kommt es zu einer Anpassung der Technologien, der Konsummöglichkeiten und des Lebensstils an mitteleuropäische Standards. Busche spricht von einer „hegemonialen Ausbreitung unserer euro-amerikanischen Denk-, Lebens- und Wirtschaftsformen nach dem Zusammenbruch des Ostblocks, durch Beschleunigungseffekte so weit fortgeschritten, dass es keine undurchdrungenen Kulturräume mehr gibt“.59 Ob die Situation tatsächlich so dramatisch ist, wie Busche sie schildert, entscheidet jeder für sich selbt, in der Tat kann jedoch ein deutlicher Wandel verzeichnet werden; der Wandel von einer ehemaligen Planwirtschaft zur heutigen Marktwirtschaft.
3.3.2 Von der Planwirtschaft zur Marktwirtschaft
Ausgangspunkt einer kulturellen Veränderung, für Kroatien wie für den gesamten ehemaligen Ostblock, war der Zusammenbruch des Kommunismus und der damit verbundene Wandel zum Kapitalismus. Die lange Dominanz des Kommunismus in den Ländern Osteuropas hat Kulturstandards geprägt, die auch die heutige Gesellschaft noch beeinflussen. Erst allmählich werden die Menschen mit neuen, vorwiegend westlich geprägten Werten konfrontiert. Daraus ergibt sich ein Spannungsverhältnis von unterschiedlichen Wertemustern.60 D.h. es kommt zu einem kulturellen Nachlauf, da sich die Gesellschaft „durch neue Technologien, Wirtschaftsweisen, Lebensstile und Konsummöglichkeiten, die von akkulturativen Außeneinflüssen anderer Gesellschaften herrühren, plötzlichen Veränderungen konfrontiert sieht, an die sich das kulturelle System nicht so schnell anpassen kann“61.
Hinsichtlich des Transformationsprozesses in Ost- und Südosteuropa, verändern sich bestimmte Verhaltenweisen der Menschen in sozialen Institutionen nur langsam, obwohl die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und damit das Sozialsystem bereits einem Wandel unterzogen wurden.62 Die Kultur passt sich langfristig an die neuen gesellschaftlichen Faktoren an. Manche Verhaltesweisen und Werte werden über eine gewisse Zeitspanne hinweg widerstehen, andere wiederum werden sich schneller verändern.
Unternehmen zählen zu den Institutionen einer Gesellschaft und werden gleichermaßen von Kultur durchdrungen. Das Verhalten der Mitglieder innerhalb dieser Unternehmen ist somit kulturell geprägt, wie jenes derer außerhalb. Findet in der Gesellschaft nun eine kulturelle Neuorientierung statt, so muss sich das organisatorische Verhalten der Führungskräfte und Mitarbeiter an die jeweiligen gesellschaftlichen Faktoren und Normen anpassen.63 Mit andern Worten, orientiert sich das Verhalten ost- und südosteuropäischer Führungskräfte teilweise noch an den Werten und Normen einer zentralen Planwirtschaft, und die Anpassung an die marktwirtschaftlich ausgerichtete Gesellschaft ist noch nicht zur Gänze abgeschlossen. Ein Vergleich zwischen dem Führungsverhalten der österreichischen und kroatischen Führungskräfte wird diese Unterschiede zwischen kapitalistischer und postkommunistischer Kultur sichtbar machen.
[...]
1 Tenbruck (1989), S. 22
2 Vgl. Gibson (2000), S. 12
3 Quelle: Fischer Weltalmanach (2003), S. 633
4 Vgl. Winkler (2002), S. 145
5 Vgl. Libal/Kohl (2000), S. 71
6 Vgl. FH-Pforzheim (2001), http://www.fh-pforzheim.de
7 Vgl. Libal/Kohl (2000), S. 75f.
8 Unter ausländischen Direktinvestitionen ist jener Kapitaltransfer ins Ausland zu verstehen, der mit der Absicht verbunden ist, einen unmittelbaren Einfluss auf die Geschäftstätigkeit des kapitalempfangenden Unternehmens auszuüben. Zu den Direktinvestitionen ist der Transfer von Anlagegütern, von Management- und Organisationswissen und von unternehmerischem Know-how zu zählen / Fuchs/Apfelthaler (2002), S. 20f.
9 Quelle: Bank Austria Creditanstalt Konzernvolkswirtschaft, CEE-Report 3/2003, S. 6, Tab.: Kroatien – Ausgewählte Indikatoren
10 Vgl. Raiffeisen Zentralbank (2002), S. 11
11 Vgl. Österreich Journal (2002), http://www.oe-journal.at
12 Quelle: Raiffeisen Zentralbank (2003), S. 4, Tab.: Ausländische Direktinvestitionen 1993-2001
13 Vgl. Fischer Weltalmanach (2003), S. 517ff.
14 Busek (1999), S. 97
15 Vgl. Kluckhohn (1951), S. 52
16 Quelle: Adler (2002), S. 29
17 Quelle: Hofstede (2001), S. 108f.
18 Vgl. Urban (1997), S. 96
19 Sismondi nach: Fuchs/Apfelthaler (2002), S. 6
20 Vgl. Apfelthaler (2002), S. 12
21 Vgl. Morosini (1998), S. 12ff.
22 Vgl. Urban (1997), S. 97
23 Rose-Neiger/Thiele (2001), S. 53
24 Vgl. Keller (1982), S. 539ff.
25 Pfohl/Buse (1997), S. 270
26 wie etwa Koontz (1969), Likert (1963), Mouton/Blake (1970) oder Neghandi/Prasad (1971)
27 Keller (1982), S. 540
28 Vgl. Keller (1982), S. 540f.
29 Vgl. Rose-Neiger und Thiele (2001), S. 51
30 Quelle: Geertz (1983), S. 20
31 Vgl. Kluckhohn/Koeber (1951), Quelle: Geetrz (1983), S. 8f.
32 Geertz (1983), S. 9
33 Vgl. Hodgetts/Luthans (2000), S. 108
34 Leiris (1977), S. 94
35 Luthans (1997), S. 96
36 Vgl. Keller (1982), S. 118
37 Vgl. Keller (1982), S. 115
38 Vgl. Hodgetts/Luthans (2000), S. 108
39 Vgl. Vivelo (1995), S.50ff.
40 Tylor (1871), S. 1
41 Kluckhohn (1951), S. 37
42 Vivelo (1995), S. 51
43 Vgl. Vivelo (1995), S. 51f.
44 Vgl. Vivelo (1995), S. 55
45 Steinbacher (1976), S. 77
46 Kluckhohn (1951), S. 38
47 Vgl. Vivelo (1995), S. 53
48 Hofstede (1997), S. 12f.
49 Vgl. Rothlauf (1999), S. 14
50 Vgl. Hofstede (2001), S. 14
51 Deutlich wird dieser Unterschied beim Studieren der kulturanthropologischen Werke über die Jugoslawen. Bereits in den wenigen Werken, die die Kultur während der Zeit des Kommunismus beschreiben, wird explizit zwischen Kroaten, Slowenen und Serben unterschieden.
52 Winkler (2002), S. 145
53 Busche (2002), S. 47
54 Leiris (1977), S. 40
55 Vgl. Maletzke (1996), S. 89
56 Vgl. Kluckhohn/Strodtbeck (1961), Quelle: Maletzke (1996), S. 80f
57 Vgl. Inglehart (1977), S. 297
58 Vgl. Leiris (1977), S. 97 oder Hillmann (1989), S. 137ff.
59 Vgl. Busche (2002), S. 47
60 Vgl. Rothlauf (1999), S. 324 / der von Rothlauf verfasste Text bezieht sich in seiner Ausführung auf interkulturelles Management in Russland. Der Übergangsprozess vom Kommunismus zum Kapitalismus lässt sich jedoch ebenso auf Kroatien bzw. Ex-Jugoslawien beziehen.
61 Hillmann (1989), S. 137
62 Vgl. Holtbrügge (1995), S. 132ff.
63 Vgl. Hagemann (2000), S. 16 und Vgl. Keller (1982), S. 539ff.
- Arbeit zitieren
- Robert Negovec (Autor:in), 2004, Kulturelle Konfliktpotentiale zwischen österreichischen und kroatischen Führungskräften - ein kultureller Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/73647
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