Die Begriffe Caritas und Diakonie sind bereits lange vor ihrer institutionellen und organisierten Bedeutung ein wesentlicher Bestandteil der verkündeten, aber vor allem der gelebten christlichen Botschaft gewesen. Seit Bestehen der Kirche gehört die soziale Zuwendung zum bedürftigen Nächsten aus christlicher Verantwortung zum Wesen des Christentums. Das Wort Caritas stammt aus dem Lateinischen (caritas) und bedeutet: Liebe, Hochschätzung. Die Wortbedeutung reicht schon in der römischen Republik vom hohen Preis einer Ware zur hohen Preisung, Verehrung, Liebe einer Person. Im frühen römischen Christentum übersetzte man so die Bezeichnung für Nächstenliebe aus dem Neuen Testament. Caritas gibt damit sinngemäß die Übersetzung des griechischen Wortes agape wieder, und findet sich später abgewandelt in den abendländischen Sprachen (italienisch- carita, spanisch- caridad, französisch- charite und englisch- charity). Bemerkenswert ist, dass seit der Gründung am 9. 11. 1897 in Köln bis 1909 der erste deutsche Caritasverband den aus dem Griechischen entlehnten Begriff Charitas im Verbandsnamen trug. In der Bedeutung: Huld, Gnade impliziert der Begriff Charitas natürlich eine andere Bedeutung. In dieser Verwendung wird das Liebesgebot mit dem Beigeschmack eines Hilfehandelns von oben nach unten tendiert, und könnte bezüglich der Bedürftigen als diskriminierend aufgefasst werden. Den unzeitgemäßen Ausdruck Charitas ersetzte man infolgedessen bereits 1909 durch Caritas.
Die Caritas und die Innere Mission/Diakonie zählen seit Jahren zu den wichtigsten Wohlfahrtsverbänden Deutschlands. Sie sind wesentlicher Bestandteil des dualen sozialen Systems. Selbst in Zeiten, wo die Kirchen im Allgemeinen gesellschaftlich neutralisiert werden sollten, waren die Träger christlicher Wohlfahrt unverzichtbare Autoritäten hinsichtlich der Gehwährleistung sozialer Standards.
Mit der vorliegenden Arbeit möchte ich einige grundlegende Aspekte der organisierten Caritasarbeit der Katholischen Kirche in Deutschland besprechen, ohne dabei auf prinzipielle Verweise bezüglich der evangelischen Inneren Mission bzw. Diakonie verzichten zu wollen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Caritas im 19. Jahrhundert
2.1 Die organisierten Anfänge
3. Caritas und Demokratie: Die Zeit der Weimarer Republik
4. Caritas und Drittes Reich
4.1 Die Haltung der Katholischen Kirche und der Caritas zum NS- Regime
4.2 Aspekte der caritativen Wohlfahrtspflege im Dritten Reich
5. Caritas und SED-Regime
5.1 Die Haltung der Katholischen Kirche und der Caritas zum SED- Regime
5.2 Aspekte der caritativen Wohlfahrtspflege im SED- Regime
6. Abschlussbemerkung
1. Einleitung
Die Begriffe Caritas und Diakonie sind bereits lange vor ihrer institutionellen und organisierten Bedeutung ein wesentlicher Bestandteil der verkündeten, aber vor allem der gelebten christlichen Botschaft gewesen. Seit Bestehen der Kirche gehört die soziale Zuwendung zum bedürftigen Nächsten aus christlicher Verantwortung zum Wesen des Christentums. Das Wort Caritas stammt aus dem Lateinischen (caritas) und bedeutet: Liebe, Hochschätzung. Die Wortbedeutung reicht schon in der römischen Republik vom hohen Preis einer Ware zur hohen Preisung, Verehrung, Liebe einer Person. Im frühen römischen Christentum übersetzte man so die Bezeichnung für Nächstenliebe aus dem Neuen Testament. Caritas gibt damit sinngemäß die Übersetzung des griechischen Wortes agape wieder, und findet sich später abgewandelt in den abendländischen Sprachen (italienisch- carita, spanisch- caridad, französisch- charite und englisch- charity). Bemerkenswert ist, dass seit der Gründung am 9. 11. 1897 in Köln bis 1909 der erste deutsche Caritasverband den aus dem Griechischen entlehnten Begriff Charitas im Verbandsnamen trug. In der Bedeutung: Huld, Gnade impliziert der Begriff Charitas natürlich eine andere Bedeutung. In dieser Verwendung wird das Liebesgebot mit dem Beigeschmack eines Hilfehandelns von oben nach unten tendiert, und könnte bezüglich der Bedürftigen als diskriminierend aufgefasst werden. Den unzeitgemäßen Ausdruck Charitas ersetzte man infolgedessen bereits 1909 durch Caritas.[1]
Die Caritas und die Innere Mission/Diakonie zählen seit Jahren zu den wichtigsten Wohlfahrtsverbänden Deutschlands. Sie sind wesentlicher Bestandteil des dualen sozialen Systems. Selbst in Zeiten, wo die Kirchen im Allgemeinen gesellschaftlich neutralisiert werden sollten, waren die Träger christlicher Wohlfahrt unverzichtbare Autoritäten hinsichtlich der Gehwährleistung sozialer Standards.
Mit der vorliegenden Arbeit möchte ich einige grundlegende Aspekte der organisierten Caritasarbeit der Katholischen Kirche in Deutschland besprechen, ohne dabei auf prinzipielle Verweise bezüglich der evangelischen Inneren Mission bzw. Diakonie verzichten zu wollen.
2. Caritas im 19. Jahrhundert
2.1 Die organisierten Anfänge
Wenn die christlich- caritative Nächstenliebe bereits seit dem Urchristentum wesentliche Grundfunktion und entscheidendes Kriterium der Kirche war, so legten vor allem die christlichen Orden das Fundament für die organisierte Caritas, die sich Anfang des 19. Jahrhunderts zu formieren begann. Im selben Maße wie die evangelische Kirche, anfänglich vor allem mittels Einzelinitiativen, die später ab dem Jahre 1848 im Sammelbecken der Inneren Mission zusammengefasst werden sollten, sah der deutsche Katholizismus die Dringlichkeit auf den verheerenden Pauperismus des Vormärzes und der beginnenden Industrialisierung zu reagieren. Unter dem Stichwort der S ozialen Frage ergab sich nicht nur für die öffentliche und kommunale Armenpflege die Notwendigkeit eines grundsätzlichen Handlungsbedarfs. Die öffentlichen Träger schienen sichtbar mit der Situation überfordert zu sein, obwohl sie bis weit in das 19. Jahrhundert hinein maßgebende Arbeit leisteten. Die private Wohltätigkeit blieb angesichts der sozialen Notlage großer Bevölkerungsanteile eine unentbehrliche Ergänzung, und so schickte sich auch das katholische Bewusstsein an, einen konzentrierten Beitrag zur Behebung der katastrophalen Auswirkungen der Industrialisierung und des liberalen Kapitalismus zu leisten. .
Betrachtet sich man die Anfänge der neuzeitlichen Geschichte der organisierten Caritasbewegung im Deutschland des 19. Jahrhunderts, fallen zunächst einige grundsätzliche Elemente auf. Der Anstoß für caritative Bemühungen erfolgte in der Regel von unten, d. h. von der Pfarr- oder Ortsebene. Die Initiativen wurden mehrheitlich von einzelnen engagierten Christen, mit einem beachtlichen Anteil an Frauen ins Leben gerufen, die sich in einem Caritaskreis bzw. –verein, zur Behebung einer akuten Not zusammenschlossen. Dennoch darf man nicht verschweigen, dass von Beginn an der Klerus auf die notwendige Gründung und Förderung von Vereinen hinwies und sie letztlich zur Pflicht machte.[2] Die ehernamtliche Arbeit wurde vordergründig mittels Spenden finanziert. Das Hauptaufgabenfeld erstreckte sich von Hilfen für Erwerbslose, Obdachlose, verwahrloste Kinder und Jugendliche bis hin zur Speisung von hilfsbedürftigen Kranken, Alten und Minderjährigen.[3]
Zunächst nahm man die Hilfe der in Frankreich entstandenen sogenannten Barmherzigen Schwestern verschiedener Armen- und Krankenpflegegenossenschaften in Anspruch, um aber schon bald eigene geistliche caritative Frauengemeinschaften in kaum zu übersehender Anzahl zu gründen ( vor allem Elisabethvereine, z. B. Elisabethverein in Trier 1840, in Münster 1851[4] ). Diese belebten in kürzester Zeit die Anstalts- und Pfarrcaritas sowohl in den Städten als auch auf dem Land und gaben durch Neugründungen im Ausland caritative Impuls weiter.[5] Eine weitere wichtige caritative Form waren die sogenannten Vinzenzvereine (z. B. München 1845), deren Mitglieder nur aus Laien bestanden und die dennoch in Selbstfinanzierung eng mit dem Klerus zusammenarbeiteten. Die Anregung für diese Form der caritativen Arbeit geht auf die 1833 in Paris unter Frederic Ozanam gegründeten Conference de Charite zurück, die arme Familien besuchte und unterstützte.[6]
Im Oktober des Revolutionsjahres 1848 fanden sich die Vertreter der neu gebildeten Vereine in Mainz zu einer Generalversammlung des Katholischen Vereins Deutschland zusammen. Diese Versammlung gilt als erster Katholikentag, dem fortan jährlich organisierte Katholikentage folgten und die sich regelmäßig mit Fragen der Charitas auseinander setzten. Die Armen, so der Grundtenor, seien durch ihre Armut mit Hass und Ingrimm gegen die Reichen und Wohlhabenden erfüllt, fernab jeglicher christlicher Demut. Der wahre Glaube sei ihnen abhanden gekommen, denn man habe ihnen eingeredet, den Himmel auf Erden zu suchen. Man merkt an dieser Stelle, seitens welcher Kräfte der Kirche und dem Glauben höchste Gefahr drohte: liberales Bürgertum und Bürgertum und proletarisch- sozialistisches Lager. Die christliche Nächstenliebe, so war man sich einig, musste der Schlüssel zur Lösung der Sozialen Frage sein. Die Reichen sollten in der Mitverantwortung für die leidenden Brüder erzogen werden, und den Armen müsste man lehren, dass sie ihr Brot im Schweiße ihres Angesichts verdienen müssten, und dass das Brot das durch Arbeit verdient wird am besten schmeckt.[7]
Auf der Schlusssitzung erklärte Josef Buß: „ Durch...Staatsalmosen wird der Armut nicht abgeholfen; es ist eine Steuer, und die lässt Menschen kalt und heilet und tröstet nicht; nur das Christenthum hat Liebessteuer, und die Liebe die aus warmen Herzen kommt,... sie hilft nicht nur der Not ab, sie bessert auch. Auch die Privatarmenpflege, wie sie vielfach geübt wird, genügt nicht, denn sie bessert nicht, ja sie verderbt den Menschen, der dadurch dem Reichen gegenüber sich erniedrigt fühlt und verbittert wird. Das Rechte ist die körperschaftliche Armenpflege, die jedem dürftigen Genossen gibt und hilft, ohne daß dadurch der Empfänger sich entwürdigt fühlt. Das sei Euch ein Fingerzeig für Euren Vicenzverein, eine Skizze für seine Wirksamkeit “[8].
Ähnlich wie auf den evangelischen Kirchentag von 1848 zu Wittenberg und insbesondere in der Rede Wicherns, wenn auch nicht mit dem Endergebnisse eines Beschlusses im Sinne des Central Ausschusses für Innere Mission, betont Buß die Liebestätigkeit als Herzensangelegenheit bezüglich caritativer katholischer Armenpflege. Dabei steht nicht nur die Hilfe in akuten Notsituationen im Vordergrund, sondern auch die innere Wandlung des Einzelnen durch die christliche Botschaft. Somit ist sowohl die evangelische als auch die katholisch- caritative Wohltätigkeit nicht als Selbstzweck anzusehen, sondern vielmehr, in Rückbesinnung auf die von Jesu gebotenen Pflicht der Nächstenliebe, als eine Zurückgewinnung des Bedürftigen für das Christentum, d. h., im Sinne des Doppelgebots der Liebe, auch die Gottesliebe in den Menschen zu erwecken. Zugegebenermaßen kommt diese Motivation mit dem Begriff der Inneren Mission anschaulicher zum Ausdruck als mit dem Wort Caritas. Obwohl die Intentionen beidseitig die gleichen gewesen sein dürften, zählten Volksmission und Verkündung per definitionem nicht zu den Aufgaben der Caritas. Die Volksmission überließ man vordergründig der Kirche und Sondergruppierungen wie dem Volksverein.[9] Dennoch denke ich, dass man caritative Arbeit und tendenziell missionarische Auswirkungen nicht allzu konsequent trennen sollte, denn ärztliche Hilfe und soziale Bemühungen gelten seit je her als förderliches Mittel von Mission. Die Innere Mission verstand hingegen ihre Arbeit stets in doppelter Perspektive von sozialer und volksmissionarischer Initiative. Dennoch darf an dieser Stelle der Hinweis auf eine grundlegende Besonderheit des Katholizismus nicht fehlen, die sich in komprimierter Form übersichtlich aus dem katholischen Katechismus erschließen lässt. Dort heißt es zu den leiblichen Werken der Barmherzigkeit: die Hungrigen zu speisen, die Durstigen zu tränken, die Nackten zu bekleiden, die Fremden zu beherbergen, die Gefangenen zu erlösen, die Kranken zu besuchen, die Toten zu begraben. Als geistige Werke definiert der katholische Katechismus: die Sünder zurechtzuweisen, die Unwissenden zu lehren, den Zweifelnden recht zu raten, die Betrübten zu trösten, das Unrecht geduldig zu leiden, denen, die uns beleidigen gern zu verzeihen, für die Lebendigen und Toten zu beten. [10] Und wenn an dieser Stelle von Werken die Rede ist, dann in dem Sinne, dass gute Werke die Gnade mehren (vgl. Benedict Kreutz im Juli 1945).[11] Ein Grundsatz, dem auf evangelischer Seite die Rechtfertigung allein aus Gnade gegenübersteht. Damit werden tendenziell zwei Leitlinien bezüglich konfessioneller Motivation christlicher Nächstenliebe ausgegeben, die aber letztendlich beide auf dem Gottesgebot, und somit der Pflicht, der Nächsten- und Gottesliebe (vgl.: Mt 22,34-40) fußen.
Das von Josef Buß ausgegebene Stichwort der Besserung lässt darauf schließen, dass auch in der katholischen Sicht der Dinge der Notleidende teils durch eigene Schuld, teils durch eine nicht zu beeinflussende soziale Gesamtsituation, in eine Misslage versetzt wurde, die durch eine grundsätzliche Wandlung hin zu Gott verändert werden könne. Erst seit 1863 wandten sich die deutschen Katholiken unter der Führung Wilhelm Emmanuel Freiherr von Kettelers von der Überzeugung ab, dass die Soziale Frage durch eine Gesinnungsreform zu lösen sei. Wobei diese Ansicht in keiner Weise die Überzeugung und Notwendigkeit kirchlicher Armenpflege für obsolet erklärte.[12]
Seit 1848 kam es jedenfalls in Deutschland zur Gründung zahlreicher caritativer Vereine mit sozialer Zielsetzung. Durch einen bisher in dieser Form nicht vorhandenen Organisationsgrad: Vereinsbildung mit fester Satzung und einem Vorstand, Sammlung von Geld über Mitgliedsbeiträgen der zumeist den oberen Bürgerschichten angehörigen Mitglieder, etablierten sich einzelne lokale Zusammenschlüsse katholischer Wohltätigkeit. Die Helfenden stammten zumeist aus den oberen Bürgerschichten, und waren, wie bereits erwähnt, vornehmlich Frauen. Dabei gab es unterschiedliche Grade der Zusammenarbeit und Vernetzung einzelner caritativer Einrichtungen untereinander, aber auch bezüglich der Kooperation mit der kommunalen Wohlfahrt. Mit der zunehmenden Komplexität der Bevölkerungsbedürfnisse und dem Bevölkerungswachstum differenzierte sich auch das Sozialnetzwerk mehr und mehr aus. Im Laufe des 19. Jahrhunderts ist eine allgemein zunehmende Spezialisierung und Ausdifferenzierung caritativer Aufgabenfelder und Organisationsstrukturen zu konstatieren. Im Bistum Münster beispielsweise begann der Aufbau des Sozialnetzes durch die organisierte Wohltätigkeit eines Frauenvereins (1851), um erst später durch spezielle Häuser (ein Hospital unter Leitung der Barmherzigen Schwestern 1866, eine Mädchen- und Bewahrschule unter Leitung der Vorsehungsschwestern 1895) mit professionellen Pflegerinnen erweitert zu werden. Dies ist ein typisches Muster, das sich in ähnlicher Weise auch in anderen Regionen wiederholte.[13]
Es wäre jedoch zu einseitig, beleuchtete man die katholischen wie auch die evangelischen Wohltätigkeitbemühungen, ohne den sozial- politischen Kontext zu erwägen. Im Zuge der Revolution von 1848 traten erstmals die neuen gesellschaftlichen Kräfte, liberales Bürgertum und Arbeiterschaft, als geschichtsmächtige politische Akteure ins Rampenlicht. Für das katholisch- konservative Lager wurde vor allem der ländliche Raum zum Wurzelboden. Kirche, Aristokratie und Bauernschaft klammerten sich mehr den je an die Monarchie, denn die antikirchlichen Tendenzen im liberalen Bürgertum und im proletarisch- sozialistischen Lager führten zu einer tiefen Verunsicherung. Andererseits betrachtete Kaiser Franz Josef die Kirche als idealen Partner seiner Restaurationspolitik. Dennoch wurde die Entfaltung und Vernetzung katholischer Führsorge durch den Kulturkampf gehemmt, der in den 1870er Jahren seinen Höhepunkt fand. Nicht nur auf Seiten des Katholizismus bewirkte dies eine politische Mobilisierung und eine vereinsmäßig organisierte Subkultur.[14]
Diese Aspekte einer veränderten gesellschaftlichen Stellung der Kirche führte letztendlich zu einer theologischen und praktischen Neupositionierung bezüglich ihrer sozialen Arbeit. In der Auseinandersetzung mit den neuen gesellschaftlichen Kräften begann man die Caritas des Christentums als Wesensvollzug der Kirche zu begreifen, und nicht mehr nur als das soziale Engagement einzelnerer Amtsträger und Christen.[15]
Obwohl es in den Reihen des deutschen Katholizismus durchaus Ansätze einer Neugestaltung der Gesellschaft im Sinne einer ständisch gegliederten Gesellschaft, in der die Arbeiter ihren Platz erhalten sollten, gegeben hat, und ich verweise an dieser Stelle exemplarisch auf den Philosophen Baader († 1841), konnte sich im Laufe des 19. Jahrhunderts die Idee einer Gesellschaftsreform gegen die Akzeptanz des bestehenden Wirtschafts- und Gesellschaftssystem letztlich nicht durchsetzten
Ähnlich wie mit Hinblick auf die Gründung der Inneren Mission, verlangte die Vielfalt einzelner caritativer Organisationen eine Vereinheitlichung, um katholische Interessen auch im Sozialebereich effektivere wahrnehmen zu können Der organisatorische Zusammenschluss der verschiedensten katholisch- caritativen Bestrebungen über die Bistumsgrenzen hinweg erfolgte am 9. 1. 1897 in Köln mit der Gründung des Charitasverband für das katholische Deutschland, der seinen Sitz in Freiburg (im Breisgau) einnahm. Hauptvertretungen erhielten Berlin und München. Die Gründung des Charitasverbandes verdankte sich vor allem eines kleinen Kreises von Personen- Klerikern und Laien- die einen unter professionellen Methoden arbeitenden Dachverband katholischer Liebestätigkeit in Deutschland für notwendig erachteten. Zu diesem Kreis gehörten u.a. der Wohlfahrtsdezernent der Rheinprovinz Max Brandts, der Fabrikant Brandts und der Priester Franz Hitze, die bereits den Verein Arbeiterwohl von 1881 mitbegründet hatten. Dazu gesellten sich der Münchener Kapuzinerpater Cyprian Fröhlich und der Hofkaplan des Erzbischofs von Freiburg, Lorenz Wertmann, der zum maßgeblichen Organisator des Caritasgedanken avancieren sollte und entscheidend an der Gründung des Verbandes beteiligt war.[16] Die notwendige, und im Vergleich zur evangelische Kirche relativ späte Initiierung eines katholischen Dachverbandes, ergab sich vordergründig aus der wachsenden protestantischen Dominanz auf politischer Ebene und einer generellen Gefährdung der katholischen Identität durch verschiedene Tendenzen: z. B. Säkularisation, materialistisch- kommunistische Weltanschauung. Trotz der Bekräftigung, einen eigenen Weg zugehen, entlehnte sich der katholische Dachverband die Idee der Bündelung der caritativen Kräfte von der Innere Mission[17]
[...]
[1] Vgl.: RGG, S. 66 f.
[2] Lehner Markus, Caritas: Die Soziale Arbeit der Kirche- eine Theoriegeschichte, S. 197.
[3] Vgl.: Hammerschmidt Peter, Die Wohlfahrtsverbände im NS- Staat, S. 69.
[4] Vgl.: Manderscheid Michael, Wollasch Hans- Josef (Hrsg.), Die ersten hundert Jahre, S. 20.
[5] Vgl.: Nordhues Paul, Becker Josef, Bormann Paul, Handbuch der Caritasarbeit, S. 155.
[6] Vgl.: Gatz Erwin (Hrsg.), Geschichte des Kirchlichen Lebens in den deutschsprachigen Ländern seit dem Ende des 18. Jahrhunderts, S. 62.
[7] Vgl.: Ebenda, S. 69.
[8] Gatz Erwin (Hrsg.), Geschichte des Kirchlichen Lebens in den deutschsprachigen Ländern seit dem Ende des 18. Jahrhunderts, S. 63.
[9] Vgl.: RGG, S. 68.
[10] Vgl.: Kösters Christoph, Staatssicherheit und Caritas 1950- 1989, S. 19.
[11] Vgl.: Ebenda, S. 19.
[12] Vgl.: Gatz Erwin (Hrsg.), Geschichte des Kirchlichen Lebens in den deutschsprachigen Ländern seit dem Ende des 18. Jahrhunderts, S. 63.
[13] Vgl.: Manderscheid Michael, Wollasch Hans- Josef (Hrsg.), Die ersten hundert Jahre, S. 25.
[14] Vgl.: Lehner Markus, Caritas: Die Soziale Arbeit der Kirche- eine Theoriegeschichte, S. 144 ff.
[15] Vgl.: Ebenda, S. 192.
[16] Vgl.: RGG S. 66 f.
[17] Vgl.: RGG, S. 67.
- Quote paper
- Stephan Haas (Author), 2006, Die Caritas - Das Wesen der Katholischen Kirche: Aspekte organisierter caritativer Wohlfahrtspflege seit Beginn des 19. Jahrhunderts, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/73610
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