Der japanische Luftangriff auf den amerikanischen Marinestützpunkt Pearl Harbour am 7.12.1941 veränderte die Stimmung in der amerikanischen Bevölkerung hinsichtlich der Kriegsbeteiligung des eigenen Landes. War die Mehrheit der Amerikaner bis zu diesem Zeitpunkt eher isolationistisch eingestellt, schien nun eine einmütige Kriegsbereitschaft in der Bevölkerung vorzuherrschen, in der man willens war, das Land und seine Werte, mit denen man sich identifizierte, aktiv zu verteidigen. Diese generelle Sichtweise vernachlässigt jedoch im allgemeinen den afroamerikanischen Teil der US-Bevölkerung, der zu dieser Zeit immerhin etwa 10% der Gesamtbevölkerung ausmachte. Für ihn bot die amerikanische Gesellschaft der Zwischenkriegszeit mit ihrer Praxis der Rassentrennung und –diskriminierung wenig Anlass zur nationalen Identifizierung.
Die vorliegende Arbeit widmet sich daher der Frage, inwieweit die afroamerikanische Bevölkerung die nationalen Kriegsanstrengungen unterstützte. Dazu soll zunächst das Ausmaß der gesellschaftlichen Diskriminierung am Vorabend des Zweiten Weltkrieges untersucht werden. Danach soll beleuchtet werden, ob die Afroamerikaner aus ihrer gesellschaftlichen Position heraus bereit waren, im Angesicht des bevorstehenden Krieges die nationalen Interessen zu vertreten. Aus welchen Erfahrungen oder Überlegungen heraus sprachen sie sich für oder gegen die Unterstützung der Kriegsanstrengungen aus? Welche gesellschaftlichen Veränderungen erwarteten sie durch den Krieg und ihre Mitwirkung in diesem?
Inhalt
1.Einleitung
2. Die amerikanische Praxis der Rassentrennung in Zivilgesellschaft und Militär
3. Mobilisierung in Wirtschaft und Militär und die Forderung nach gleichberechtigter Beteiligung
4. Die Diskussion um die politische Loyalität im Krieg
5. Zusammenfassung
Bibliographie
1.Einleitung
Der japanische Luftangriff auf den amerikanischen Marinestützpunkt Pearl Harbour am 7.12.1941 veränderte die Stimmung in der amerikanischen Bevölkerung hinsichtlich der Kriegsbeteiligung des eigenen Landes. War die Mehrheit der Amerikaner bis zu diesem Zeitpunkt eher isolationistisch eingestellt, schien nun eine einmütige Kriegsbereitschaft in der Bevölkerung vorzuherrschen, in der man willens war, das Land und seine Werte, mit denen man sich identifizierte, aktiv zu verteidigen. Diese generelle Sichtweise vernachlässigt jedoch im allgemeinen den afroamerikanischen Teil der US-Bevölkerung, der zu dieser Zeit immerhin etwa 10% der Gesamtbevölkerung ausmachte. Für ihn bot die amerikanische Gesellschaft der Zwischenkriegszeit mit ihrer Praxis der Rassentrennung und –diskriminierung wenig Anlass zur nationalen Identifizierung.
Die vorliegende Arbeit widmet sich daher der Frage, inwieweit die afroamerikanische Bevölkerung die nationalen Kriegsanstrengungen unterstützte. Dazu soll zunächst das Ausmaß der gesellschaftlichen Diskriminierung am Vorabend des Zweiten Weltkrieges untersucht werden. Danach soll beleuchtet werden, ob die Afroamerikaner aus ihrer gesellschaftlichen Position heraus bereit waren, im Angesicht des bevorstehenden Krieges die nationalen Interessen zu vertreten. Aus welchen Erfahrungen oder Überlegungen heraus sprachen sie sich für oder gegen die Unterstützung der Kriegsanstrengungen aus? Welche gesellschaftlichen Veränderungen erwarteten sie durch den Krieg und ihre Mitwirkung in diesem?
Als Quellen zu dieser Untersuchung dienen größtenteils Zeitungs- und Zeitschriftenartikel der afroamerikanischen Presse sowohl aus der Zeit der unmittelbaren Kriegsvorbereitung als auch aus den ersten Kriegsjahren. Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die beiden auflagenstärksten afroamerikanischen Wochenzeitungen dieser Zeit, der Chicago Defender und der Pittsburgh Courier. In beiden Zeitungen, die ansonsten eher politisch gemäßigt sind, stellt die gesellschaftliche Position der Afroamerikaner den journalistischen Schwerpunkt dar. Diese und andere amerikanische Zeitungen sind im John-F.-Kennedy-Institut der Freien Universität Berlin als Mikrofilm oder Druckexemplar einzusehen.
2. Die amerikanische Praxis der Rassentrennung in Zivilgesellschaft und Militär
Die Rassentrennung in den USA stammt aus der Zeit nach dem Bürgerkrieg und ist als eine Art „Ersatzabschottung“ für die Praxis der Sklaverei zu sehen. Die Rassentrennung betraf zumeist öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Kirchen, Verkehrsmittel und Restaurants. Ihr Ausmaß war von Staat zu Staat sehr unterschiedlich. In den Südstaaten der USA, wo die Mehrzahl der Afroamerikaner lebte, war sie im allgemeinen weit strenger als im Norden. So waren in den meisten Südstaaten „gemischtrassige“ Ehen verboten und eine strickte Trennung der Rassen im öffentlichen Leben gesetzlich vorgeschrieben. Dagegen war in den meisten Nordstaaten in der Zwischenkriegszeit beispielsweise die Rassentrennung an Schulen verboten. In der Praxis bedeutete dies allerdings auch im Norden keineswegs eine Integration „schwarzer“ Schüler. Das Gesetz besagte lediglich, dass es einer Schule verboten war, ein Kind allein aufgrund seiner Hautfarbe abzulehnen. Tatsächlich gab es auch im Norden fast ausschließlich „reinrassige“ Schulen. Dieses zeigt, dass das Problem der Rassentrennung nicht nur eine Frage der gesetzlichen Regelung war. Die Rassentrennung hatte ihre Ursache hauptsächlich in den irrationalen Vorstellungen der „weißen“ Amerikaner vom „Schwarzen“. Der Historiker und Soziologe Arnold Rose beschreibt in seinem Kapitel „The Theory of the Vicious Circle“ [1] die sich gegenseitig beeinflussenden Faktoren von sozialer Unterdrückung des „Schwarzen“ und der Wahrnehmung seiner Minderwertigkeit im Bewusstsein des „Weißen“. Demnach habe die Unterdrückung des „Schwarzen“, anfänglich durch die Versklavung und später durch die Rassendiskriminierung, seine geistige und soziale Entwicklung behindert und in der Folge die Ansicht des „Weißen“ von der geistigen und sozialen Minderwertigkeit verstärkt.
Rose sieht in dieser Sichtweise des „Weißen“ eine teilweise unterbewusste, aber gerade dadurch sehr tief sitzende, Rechtfertigungstheorie für das eigene Handeln. Die Rechtfertigung der Rassentrennung lag also letztendlich darin, dass der „Schwarze“ nicht durch seine Unterdrückung bzw. Separierung geistig, sozial und kulturell zurückgeblieben war, sondern dieses von Natur aus war und seine Separierung also nur die logische Konsequenz darstellte. Dieses „von Natur aus“ wurde im öffentlichen Bewusstsein biologisch verstanden und war die direkte Rechtfertigung für das Verbot von „Mischehen“ in den meisten Südstaaten.
Diese rassistischen Vorstellungen, die tief im Bewusstsein des „weißen“ Amerika verankert waren, standen in recht krassem Gegensatz zur Verfassung der USA. Im 14. Zusatzartikel zur Verfassung ist die Rechtsgleichheit aller US-Bürger, unabhängig von Rasse oder nationaler Abstammung festgeschrieben. In einem demokratischen Staat muss die Rechtspraxis jedoch versuchen, diesen Widerspruch auszugleichen.
Dem Text der Verfassung muss sie dabei nur im Wortlaut genügen, der Stimmung in der Mehrheitsbevölkerung jedoch im Geiste. Diesen Kompromiss stellte die sogenannte Separate but Equal -Entscheidung des Obersten Gerichtshofes aus dem Jahr 1896 dar. Demnach konnte Rechtsgleichheit auch in getrennten Einrichtungen verwirklicht werden. Diese Entscheidung bildete die Rechtsgrundlage für die, in den meisten Einzelstaaten des Südens, vorgeschriebene strikte Rassentrennung in allen öffentlichen Einrichtungen. In der Praxis spielte separate jedoch im Allgemeinen eine größere Rolle als equal, so dass Einrichtungen, wie etwa Schulen, für Afroamerikaner meist weit schlechter ausgestattet waren als für „Weiße“, was den von Rose beschriebenen Teufelskreislauf weiterführte.
[...]
[1] Rose, 27-29.
- Citar trabajo
- Stefan Zeuge (Autor), 2006, Sichtweisen der Afroamerikaner zu ihrer eigenen Beteiligung an den Kriegsanstrengungen im Zweiten Weltkrieg, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/73520
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