Mit der einleitenden Frage „Was ist ein soziologischer Tatbestand?“ verrät Émile Durkheim bereits worum es in seinem ersten Kapitel aus Die Regeln der soziologischen Methode geht.
Es wird eine Definition entwickelt, mit der man begreifen kann, was ein soziologischer Tatbestand umfasst und was nicht; aber auch, wie man selbigen erkennt, d.h. was die Indikatoren für einen solchen Tatbestand sind. Ziel dieser Definition ist es, der Soziologie als empirischer Tatsachen-Wissenschaft einen Gegenstand zuzuordnen, mit dem sie sich beschäftigen kann, wie jede andere Wissenschaft auch und der sie davon befreit, eine rein ideologische und normative Wissenschaft zu sein.
Inhalt:
1. Biographie Émile Durkheims
2. Historischer Kontext
3. Theorie der „Soziologische Tatbestände“
3.1 Eine erste Definition
3.2 Allgemeinheit/Kollektiv
3.3 Endgültige Definition
4. Kritische Würdigung
5. Literaturverzeichnis:
1. Biographie Émile Durkheims
Émile Durkheim wurde am 15. April 1858 als Sohn eines Rabbiners in Épinal (Lothringen) geboren. Er besuchte das Gymnasium Louis-le-Grand und studierte in Folge, nach zweimaligem Nicht-Bestehen der Aufnahmeprüfung, an der Ecole Normale Supérieure in Paris. Nach seinem Abschluss war Durkheim für einige Zeit an verschiedenen Gymnasien als Philosophie-Lehrer tätig, bevor er 1885 einen einjährigen Studienaufenthalt durch ein Stipendium in Deutschland verbringt. In dieser Zeit gibt er zwei Artikel über seine Stipendienzeit in Berlin und Leipzig heraus, die ihm 1887 einen Lehrauftrag für Sozialwissenschaft in Bordeaux einbringen. Dort wurde er schließlich auch Professor für Pädagogik und Soziologie (die erste Dozentur für Soziologie in Frankreich). Während seiner Zeit in Bordeaux verfasste Émile Durkheim drei seiner großen Werke (Über Soziale Arbeitsteilung / 1893,Die Regeln der soziologischen Methode / 1895 und Der Selbstmord / 1897). 1898 gründete er die Zeitschrift „Année Sociologique“, von der er, mithilfe seiner Schule équipe durkheimienne, 12 Jahrgänge herausgibt. 1902 wird Durkheim an die Université Paris-Sorbonne berufen, wo er 1912 nach Verfeinerung seiner Grundideen Die Elementaren Formen des religiösen Lebens publiziert.
Am 5. November 1917 stirbt Émile Durkheim in Paris.
2. Historischer Kontext
Das Frankreich, in dem Émile Durkheim aufwächst und lebt, befindet sich in den Jahren um 1870 herum in einer tiefen sozialen Krise. Dies lag zum einen daran, dass Frankreich in den Jahrzehnten davor acht verschiedenen politischen Regimes unterworfen war und in dieser Zeit 14 unterschiedliche Verfassungen verabschiedet wurden. Es herrschte also, trotz dass die Revolution 1789 vorbei war, eine politische Instabilität, deren Ausprägung sich in den folgenden Bereichen bemerkbar machte. Auf nationaler Ebene war Frankreich seit 1870 (Kriegsniederlage im Deutsch-Französischen Krieg unter Louis Napoléon Bonaparte) stark verunsichert, was Rationalismus bzw. den Fortschrittsglauben anging. Es folgte ein Volksaufstand in Paris gegen die Kapitulation, aus dem die sogenannte „Pariser Kommune“ entsteht. Im Kampf zwischen der Nationalversammlung und der Kommune kommt insgesamt knapp ein Viertel der Arbeiterbevölkerung ums Leben.
Daraufhin wurde Frankreich wieder zu einer Republik, was aber keineswegs die drückende soziale Ungleichheit zu verhindern vermochte. 1905 wurde die vollkommene Trennung von Staat und Kirche (Laizismus) in der Verfassung festgeschrieben. Im Erziehungssystem bestand allerdings weiter ein Konflikt zwischen dem traditionell-konservativen Einfluss der katholischen Kirche und der modernen Gesellschaft mit einem demokratischen Bewusstsein.
3. Theorie der „Soziologische Tatbestände“
3.1 Eine erste Definition
Mit der einleitenden Frage „Was ist ein soziologischer Tatbestand?“ verrät Émile Durkheim bereits worum es in seinem ersten Kapitel aus Die Regeln der soziologischen Methode geht.
Es wird eine Definition entwickelt, mit der man begreifen kann, was ein soziologischer Tatbestand umfasst und was nicht; aber auch, wie man selbigen erkennt, d.h. was die Indikatoren für einen solchen Tatbestand sind. Ziel dieser Definition ist es, der Soziologie als empirischer Tatsachen-Wissenschaft einen Gegenstand zuzuordnen, mit dem sie sich beschäftigen kann, wie jede andere Wissenschaft auch und der sie davon befreit, eine rein ideologische und normative Wissenschaft zu sein.
Durkheim weist anfangs auf das allgemein bekannte Problem hin, nämlich die Verwendung des Begriffs „[…] ohne besondere Präzision […]“ (Durkheim 1991, S. 105). Er sagt, der Begriff würde für sämtliche Erscheinungen, die innerhalb einer Gesellschaft auftreten, verwendet, wenn sie „[…] nur ein Mindestmaß an sozialem Interesse mit einer gewissen Allgemeinheit vereinigen“ (Durkheim 1991, S. 105). Um dieses Problem zu lösen, sagt Durkheim, müsse man die Tatbestände herausfiltern, die in kein anders naturwissenschaftliches Gebiet fielen, wie z.B. in das der Biologie oder der Psychologie. Dies seien Formen des Denkens, Handelns und Fühlens, die außerhalb des individuellen Bewusstseins existieren. Sie sind, so Durkheim, objektiv, unabhängig davon, ob man mit Ihnen im Einklang handele oder nicht. Als Beispiel hierfür nennt er die Übernahme von Rechten und Pflichten in dem jeweiligen Umfeld einer Person, die im Recht und in der Sitte begründet seien und nicht im Willen.
Auch die Religion beinhaltet solche Formen, da der gläubige Mensch „[…] die Bräuche und Glaubenssätze seiner Religion bei seiner Geburt fertig vorgefunden“ (Durkheim 1991, S. 105) hat und durch Erziehung übernimmt. Durkheim charakterisiert die genannten Formen weiterhin durch Macht, mittels deren sie sich jedem Individuum aufdrängen, unabhängig von dessen Willen. Ist der Wille einer Person im Einklang mit genannten Formen, wird sie den „[…] zwingenden Charakter wenig oder gar nicht empfinden“ (Durkheim 1991, S. 106). Widerstrebt sie allerdings einem solchen Zwang wird sie ihn unweigerlich in Form von Sanktionen (verschiedener Arten) spüren. Émile Durkheim benennt hier als einfachste Form das Gesetz, bei dessen Übertretung, bzw. Nichtbeachtung eine Strafe folgt. Aber auch moralische Gesetze werden von der Gesellschaft bei nicht-konformem Verhalten auf bestimmte Weise sanktioniert (z.B. durch Ausgrenzung oder Spott). Schließlich gibt Durkheim noch ein Beispiel aus der Wirtschaft, anhand eines Industriellen, der mit veralteten Methoden arbeitet. Die Folge der Nicht-Anpassung an moderne Produktionsmethoden wäre sein sicherer Ruin.
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- Citation du texte
- Felix Heinemann (Auteur), 2007, Émile Durkheim - Was ist ein soziologischer Tatbestand?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/73235
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