Die Medien verbreiten Bilder, sie wählen die Bilder aus, die die Welt betrachtet und bestimmen damit, was wahrgenommen wird. Wie stark sich das Zeitungslayout bis heute gewandelt hat und ohne das Wissen einer bevorstehenden Kommerzialisierung des Internet, bestätigt eine bereits 1992 gemachte Äusserung des amerikanischen Zeitungsdesigners Mario Garcia in der Zeitschrift Klartext: „Die Zeitung des Jahres 2000 muss meiner Meinung nach auch ein wenig Fernsehen, ein wenig Radio, ein wenig Magazin sein“ (Fuchs 1992: o.S.).
Dem Element „Pressebild“ kommt im täglichen Kampf um die Aufmerksamkeit der Leser sowie in Zeiten der Visualisierung der Rezeptionsgewohnheiten eine entscheidende Rolle zu. In Anlehnung an das „Gründungsmotto“ der Medienwissenschaft „the medium is the message“ von Marshall McLuhan (1994: 23), ist für Marion Müller das Bild „die eigentliche Botschaft“ (Müller 1997: 289). Verschiedene Studien, die in dieser Arbeit vorgestellt werden, belegen die überragende Bedeutung der Bildberichterstattung in den Zeitungen. Zeitungsleserinnen und Zeitungsleser steigen in den Text oft über ein Bild ein. Mit der verkürzenden Formel „am Anfang war das Bild“ bringt Thomas Hartmann diesen Umstand auf den Punkt (Hartmann 1995: 32).
Die vorliegende Arbeit will in diesem Spannungsfeld ihren Beitrag leisten und analysiert, ausgehend vom konkreten materiellen Pressebild, den Visualisierungstrend der Zeitungsinhalte quantitativ sowie qualitativ in der Deutschschweizer Tagespresse von 1969 bis heute anhand des Ressorts Ausland. Die Untersuchung umfasst verschiedene Elemente und Mittel, die beim Einsatz der Bilder angewandt werden, formal und inhaltlich. Mit Hilfe eines quantifizierenden, inhaltsanalytischen Verfahrens werden verschiedene Ebenen, die die Visualisierung umfasst, und die die Bildinformation bietet, untersucht.
I. Inhaltsverzeichnis
II. Abbildungsverzeichnis
III. Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
2. Hintergrund und Kontext
2.1 Mediengeschichte
2.2 Bildjournalismus im technisch-strukturellen Wandel
2.3 Zeitungsdesign und Layout im Wandel
2.4 Dynamisierung des Umbruchs
2.5 Nachrichtenagenturen und Bildagenturen
2.6 Fokus auf Pressebildagenturen
2.7 Bildbegriff und Bildtypen
2.7.1 Merkmale des Pressefotos
2.7.2 Funktionen des Bildes
2.8 Berufsbild Bildjournalist, Aufgaben und Aufträge
2.9 Berufsethik und Presserat
3. Modelle und Systematisierungen
3.1 Ressort Ausland
3.2 Regionalismus
3.3 Emotionalisierung
3.4 Personalisierung
3.5 Negativismus
3.6 Routineprogrammierung
4. Theoretischer Teil
4.1 Eingrenzung des Themas
4.2 Gesellschaftliche Relevanz
4.3 Probleme und kritische Merkmale
4.4 Zentrale Begriffe
4.4.1 Zeitung
4.4.2 Ereignis
4.4.3 Konflikte und Krisensituationen
4.5 Theoretische Perspektiven
4.5.1 Der formal-deskriptive Ansatz
4.5.2 Nachrichtenwert-Theorie
4.5.3 Die ikonografisch-ikonologische Methode
4.5.4 Kritische Bemerkungen zur ikonografischen Bildanalyse
4.6 Abgrenzung von anderen Konzepten
4.7 Desiderata beim heutigen Wissensstand
4.8 Überblick Forschungsstand
5. Fragestellung
5.1 Strukturierung der Fragestellung
5.1.1 Kontext Form
5.1.2 Kontext Quelle
5.1.3 Kontext Inhalt
5.2 Hypothesenbildung
5.2.1 Kontext Form
5.2.2 Kontext Quelle
5.2.3 Kontext Inhalt
6. Empirie und methodisches Vorgehen
6.1 Forschungsmethode
6.2 Untersuchungsanlage
6.2.1 Untersuchungseinheit
6.2.2 Untersuchungsobjekt
6.2.3 Entwicklung des Codebuches
6.2.3.1 Einzelne Dimensionen
6.2.4 Reliabilität und Validität
6.2.5 Definition des Samples
6.2.6 Details zum Messverfahren
6.2.7 Pretest
6.2.8 Datenerhebung und Feldzugang
6.2.9 Datenaufbereitung
6.2.10 Datenauswertung
6.3 Untersuchungsgegenstand
6.3.1 Zeitungstitel im Kurzporträt
6.3.1.1 Blick
6.3.1.2 Der Bund
6.3.1.3 Neue Zürcher Zeitung NZZ
6.3.1.4 St. Galler Tagblatt
6.3.1.5 Südostschweiz (ehemals Bündner Zeitung)
6.3.1.6 Tages-Anzeiger
6.3.1.7 Zürcher Oberländer
7. Ergebnisse und Befunde
7.1 Kontext Form
7.1.1 Fragestellung H1
7.1.2 Fragestellung H2
7.1.3 Fragestellung H3
7.1.4 Fragestellung H4
7.1.5 Fragestellung H5
7.1.6 Fragestellung H6
7.1.7 Fragestellung H7
7.2 Kontext Quelle
7.2.1 Fragestellung H8
7.2.2 Fragestellung H9
7.2.3 Fragestellung H10
7.2.4 Fragestellung H11
7.3 Kontext Inhalt
7.3.1 Fragestellung H12
7.3.2 Fragestellung H13
7.3.3 Fragestellung H15
7.3.4 Fragestellung H16
7.4 Zusammenfassung eigener Befunde
7.4.1 Zusammenfassung Kontext Form (H1 bis H7)
7.4.2 Zusammenfassung Kontext Quelle (H8 bis H11)
7.4.3 Zusammenfassung Kontext Inhalt (H12 bis H16)
8. Resümee
8.1 Untersuchungsanlage und Fragestellung
8.2 Auswertung der Hypothesen und Ergebnisse
8.3 Kritische Reflexion und Dank
9. Quellenverzeichnis
9.1 Literaturverzeichnis
9.2 Ergänzende Quellen
9.2.1 Agenturen
9.2.2 Politische und geografische Informationen, Studien
9.2.3 Journalismus, Zeitungsdesign
10. Anhang
10.1 Methodische Instrumente (Fragebogen, Codebuch)
10.2 Sondergenehmigung der Schweizerischen Landesbibliothek Bern
10.3 Interview mit den Bildverantwortlichen
10.3.1 Quellen der Bilder / Selektion der Bilder
10.3.2 Quantität und Qualität der Bilder
10.3.3 Platzierung der Bilder auf der Seite
10.3.4 Inhalt des Bildes
10.3.5 Herkunft der Bilder (geografisch)
10.3.6 Negativismus und Emotionalisierung
II. Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Bildbegriff von Müller 2003: 22
Abb. 2: Unterzeichnung israelisch-
Abb. 3: Mittelwert Textanteil im Auslandressort pro Jahr
Abb. 4: Bildanteil vs. Textanteil abs
Abb. 5: Verhältnis Bild-, Inserate- und Textanteil %
Abb. 6: Mittelwert Textanteil auf Titel abs
Abb. 7: Blick: Verhältnis Text, Inserat, Bild %
Abb. 8: Bund: Verhältnis Text, Inserat, Bild %
Abb. 9: NZZ: Verhältnis Text, Inserat, Bild %
Abb. 10: St. Galler Tagblatt: Verhältnis Text, Inserat, Bild %
Abb. 11: Südostschweiz: Verhältnis Text, Inserat, Bild %
Abb. 12: Tages-Anzeiger: Verhältnis Text, Inserat, Bild %
Abb. 13: Zürcher Oberländer: Verhältnis Text, Inserat, Bild %
Abb. 14: Anteil Frontanriss %
Abb. 15: Frontanriss vorhanden abs
Abb. 16: Anrissbild auf Front %
Abb. 17: Anteil Farbe pro Jahr %
Abb. 18: Farbe auf einzelne Titel abs
Abb. 19: Ranking Farbe im Auslandressort abs
Abb. 20: Bildpositionierung auf jeweiliger Seite abs
Abb. 21: Positionierung pro Zeitung abs
Abb. 22: Anzahl Spalten abs
Abb. 23: Quellenangabe zu Total abs
Abb. 24: Anzahl Quellen abs
Abb. 25: Quellenangabe über 3 % gruppiert
Abb. 26: Quellenangabe Bund sämtliche Jahrgänge %
Abb. 27: Agenturen gruppiert abs
Abb. 28: Totale ohne Quellenangabe abs
Abb. 29: Herkunftsregionen %
Abb. 30: Ranking Länder abs
Abb. 31: wichtigste Handelspartner für die CH
Abb. 32: Akteur öffentlich vs. privat %
Abb. 33: Akteure öffentlich abs
Abb. 34: Akteure privat abs
Abb. 35: berufl. vs. gesellschaftl. Bereich %
Abb. 36: Anteil "Classe Politique" abs
Abb. 37: Formale Darstellung der Akteure %
Abb. 38: Formale Darstellung der Akteure % pro Jahr
Abb. 39: Verhältnis Akteure Kontext vs. Andere %
Abb. 40: Anteil Gewalt %
Abb. 41: Bezug auf Konfliktsituationen %
Abb. 42: Laufende Konflikte niedrige bis hohe Intensität 1945 – 2003
Abb. 43: Gewalt auf Titel bezogen abs
Abb. 44: Ranking Zeitungstitel nach Gewaltdarstellung %
Abb. 45: Bildinhaltsanalyse %
III. Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Schema zur Problematik der Deutungsarbeit von Panofsky (1980: 95)
Tab. 2: Merkmale zur Definierung des Samples
Tab. 3: Quellenangabe abs. und %
Tab. 4: Aussenhandelsstatistik Eidgenössische Zollverwaltung
Tab. 5: Auslandstatistik Thür
Tab. 6: Supranationale / internationale Organisationen
1. Einleitung
„Das Bild, die ‚optische Aussage‘, die im Film, im Fernsehen, in der Werbung, in der Presse, also in fast allen Formen der Publizistik das geschriebene oder gesprochene Wort ersetzt oder ergänzt, ergreift mit unübersehbaren Anzeichen immer mehr die Tagespresse“ (Martin 1961: 26). Mit dieser Bemerkung leitet Ludwig A. C. Martin seinen Aufsatz „die Illustration der Tageszeitungen in der Bundesrepublik“ ein und bezieht sich auf Leopold Ullsteins Experiment der „reich illustrierten“ Berliner Morgenpost, die am 20. September 1898 startete und sämtliche Auflagen der Konkurrenz überflügelte.
Die Medien verbreiten Bilder, sie wählen die Bilder aus, die die Welt betrachtet und bestimmen damit, was wahrgenommen wird. Wie stark sich das Zeitungslayout bis heute gewandelt hat und ohne das Wissen einer bevorstehenden Kommerzialisierung des Internet, bestätigt eine bereits 1992 gemachte Äusserung des amerikanischen Zeitungsdesigners Mario Garcia in der Zeitschrift Klartext: „Die Zeitung des Jahres 2000 muss meiner Meinung nach auch ein wenig Fernsehen, ein wenig Radio, ein wenig Magazin sein“ (Fuchs 1992: o.S.).
Dem Element „Pressebild“ kommt im täglichen Kampf um die Aufmerksamkeit der Leser sowie in Zeiten der Visualisierung der Rezeptionsgewohnheiten eine entscheidende Rolle zu. Täglich werden Bilder inszeniert und als zentraler Bestandteil der Informationsvermittlung eingesetzt. Die Beachtungschance von Fotos ist fast doppelt so gross, wie von Artikeln in Textform, daher haben bildliche Darstellungen einen deutlich höheren Aufmerksamkeitswert als Artikel (vgl. Donsbach 1991: 135). In Anlehnung an das „Gründungsmotto“ der Medienwissenschaft „the medium is the message“ von Marshall McLuhan (1994: 23), ist für Marion Müller das Bild „die eigentliche Botschaft“ (Müller 1997: 289). Verschiedene Studien, die in dieser Arbeit vorgestellt werden, belegen die überragende Bedeutung der Bildberichterstattung in den Zeitungen. Zeitungsleserinnen und Zeitungsleser steigen in den Text oft über ein Bild ein. Mit der verkürzenden Formel „am Anfang war das Bild“ bringt Thomas Hartmann diesen Umstand auf den Punkt (Hartmann 1995: 32). „Der normale Lesevorgang beginnt mit den Pressefotos und den dazugehörigen Bildunterschriften, erst dann folgen die Artikelüberschriften“ (a.a.O.).
Visuelle Elemente und vor allem Fotografien bilden einen zentralen Bestandteil in der Medienberichterstattung. Diese „Eintrittstore in die Zeitungsseite“ (a.a.O.), die die Aufmerksamkeit lenken, Informationen vermitteln, das Erscheinungsbild des Presseproduktes auflockern, dadurch mehrere Sinne ansprechen und so Authentizität vermitteln, wecken die Neugier der Leserschaft und sprechen die Betrachterinnen und Betrachter unmittelbar an. Die Aussage, dass ein Bild mehr als tausend Worte sagt, wird dadurch hervorhoben. „Bilder bieten pro Zeiteinheit viel mehr Information, als Sprache das je könnte“ (Strassner 2002: 16).
Dieser Dominanz des Pressebildes in den Printmedien steht ein Manko an wissenschaftlicher Literatur gegenüber. Obschon in den letzten Jahren breit abgestützte Studien verfasst worden sind, ist die Bildanalyse vernachlässigt worden. Visuelle Kommunikationsforschung ist für Marion Müller noch keine Expertenwissenschaft (Müller 2003: 9). Anfangs der 1990er Jahre bezeichnete Jungmeister die Pressebildforschung als „Neuland“ (Jungmeister 1991: 54). Zumal Bilder nicht gelesen, sondern gesehen oder geschaut werden und sowohl aus geistes- als auch aus naturwissenschaftlicher Perspektive mannigfaltig sind, bezeichnet Müller visuelle Kommunikation als ein Querschnittfach par excellence. (vgl. Müller 2003: 9). Dadurch stellt sich die Frage der wissenschaftlichen Erschliessung als besondere Herausforderung dar.
Die vorliegende Arbeit will in diesem Spannungsfeld ihren Beitrag leisten und analysiert, ausgehend vom konkreten materiellen Pressebild, den Visualisierungstrend der Zeitungsinhalte quantitativ sowie qualitativ in der Deutschschweizer Tagespresse von 1969 bis heute anhand des Ressorts Ausland. Die Untersuchung umfasst verschiedene Elemente und Mittel, die beim Einsatz der Bilder angewandt werden, formal und inhaltlich. Mit Hilfe eines quantifizierenden, inhaltsanalytischen Verfahrens werden verschiedene Ebenen, die die Visualisierung umfasst, und die die Bildinformation bietet, untersucht.
Die Arbeit gliedert sich in einen theoretischen und einen empirischen Hauptteil. Der theoretische Teil beinhaltet Begriffserläuterungen zu den visuellen Elementen sowie zentralen Definitionen. Anschliessend stellt die Untersuchung Systematisierungsansätze als auch Modelle vor und mündet schliesslich in der Vorstellung der von der Wissenschaft angebotenen Theorien zu Bildinhalt und Bildrezeption.
Im empirischen Teil setzt sich die Arbeit mit den zu Grunde liegenden Forschungsfragen, der Beschreibung des methodischen Vorgehens sowie dem Ablauf und dem Aufbau des Messinstruments auseinander. Die Darstellung sowie eine kritische Diskussion der neu gewonnenen Ergebnisse bilden den letzten Abschnitt dieser Arbeit.
Die benutzten Personenbezeichnungen und geschlechtsspezifischen Begriffe umfassen immer beide Geschlechter.
2. Hintergrund und Kontext
2.1 Mediengeschichte
Mediengeschichte steht in direktem Zusammenhang mit Kulturgeschichte[1], Wirtschaftsgeschichte[2] sowie Technikgeschichte[3]. Ebenfalls eng verbunden ist Mediengeschichte mit Produkte-, Institutionen- und Journalismusgeschichte[4] sowie Sozialgeschichte (vgl. Blum 1995b: 2). Obwohl Mediengeschichte möglichst „die Bedingungen des individuellen und gesellschaftlichen Seins und Bewusstseins“ (Schanne 2001: 51) umfassen soll, konzentriert sich diese Arbeit primär auf die Technikgeschichte.
Das Verhältnis von Text und Bild ist auf einer übergeordneten Ebene vom Medium abhängig. Dabei fasst Erich Strassner (2002: 21) diese Beziehung so zusammen: „Je jünger das Medium, desto höher ist im allgemeinen der Bildanteil. Je jünger das Medium, desto stärker tritt der Text in den Hintergrund. Je jünger das Medium, desto emotionaler ist die Bild- und meist auch die Textgestaltung. Je jünger das Medium, desto eher kann das Bild den Text ersetzen”.
Pressegeschichte ist ein weites Feld und ist zugleich die „Geschichte der Entstehung der Moderne“ (Stöber 2000a: 11). „Nur durch die Rezeption der Flugblätter, Flugschriften, Relationen, Zeitungen und Zeitschriften entfaltete die Presse ihre Wirkung“ (a.a.O.). Die Printmedien haben zwei Möglichkeiten ihre Inhalte zu präsentieren. Ihr Spielraum ist, mittels des Primärmediums „Zeitung“, auf eine visuelle sowie eine textliche Ebene beschränkt. Diese Möglichkeiten werden seit Erfindung des Buchdrucks rege benutzt. So enthielten Flug- und Druckschriften im 16. Jahrhundert visuelle Elemente wie Holzschnitte, Liedernoten und Illustrationen zu biblischen Texten. Beim Betrachten der Zeitungsgeschichte ist das Einfügen von visuellen Darstellungen nichts Neues. Aus der Perspektive der Technologiegeschichte betrachtet, standen anfänglich graphische Techniken wie Kupfer- und Holzschnitt im Zentrum, die dann gegen Ende des 19. Jahrhunderts und dank der Erfindung einer Klischiertechnik, von der Fotografie abgelöst wurden. „Die in der Herstellung […] schnelle und kostengünstige Technik förderte nicht nur den Einsatz von Fotografien als Zeitungsbild, sondern an sich einen verstärkten Einsatz von Bildmaterial“ (Wilking 1990: 29).
Die technische Entwicklung wird anhand von Beispielen aus der journalistischen Praxis gezeigt. Die Arbeit einer Bildredaktion hat sich in den letzten fünfzehn Jahren, also seit Beginn des ersten Golfkrieges im Jahre 1991 sowie der gegenwärtig laufenden „Intervention“ im Irak, massiv gewandelt. Die Bildberichterstattung von den Schauplätzen dieser Welt wird durch Digitalisierung, Satellitenverbindung und Laptop geprägt. „Auch das Übermittlungstempo ist seit 1991 zehnmal schneller, schätzt Remo Lötscher, Leiter der Bildredaktion des ‚Tages-Anzeigers‘. Damals griffen die Zeitungen viel stärker auf Standbilder von CNN zurück, weil die Fotografen langsamer waren als das Fernsehen“ (Basting 2003: 53). Die heutigen Reporter können ihre Bilder in digitalisierter Form per Computer und mobiler Verbindung übermitteln. Parallel zu diesen Möglichkeiten werden die Nachrichtenagenturen sowie die Redaktionsstuben mit einer Fülle von Bildern überschwemmt. „Seit Ausbruch des Krieges treffen in dieser Redaktion pro Tag auf digitalem Weg mehr als 1’000 Bilder nur zum Thema Irak-Krieg ein; sie stammen von den beiden Bildagenturen Keystone und Reuters“ (a.a.O.). „Beim ‚Stern’ wandern jährlich 1,5 Millionen Bilder über den virtuellen oder realen Schreibtisch. Gedruckt werden davon nur 9’000“ und oft wird die hohe Bildauflösung mit Qualität verwechselt (Deller–Leppert 2003: 39).
Im Kontext dieser Bilderflut und der damit verbundenen Visualisierung der Inhalte weist Rolf Sachsse darauf hin, dass die Fotos im Zeitalter von Fernsehen und Multimedia nicht mehr die ersten Überbringer schockierender Bildinformationen sind. Obwohl Bilder innert Sekunden um die Welt geschickt werden können, ist die Schnelligkeit nicht die primäre Stärke der Printmedien. Dieser Umstand betrachtet Sachsse als Chance für den Bildjournalismus, wenn fotografische Bilder zunehmend zu Objekten des Nachdenkens werden, „weil die Schockwirkung und der Schein des Dabeigewesenseins von schnelleren Medien wie dem Fernsehen oder per Internet übermittelt werden“ (Sachsse 2003: 66). So eröffnet sich der Zeitung eine neue qualitative, fast philosophische Komponente, mit der Inhalte vermittelt werden können.
2.2 Bildjournalismus im technisch-strukturellen Wandel
Die technischen Errungenschaften, die die Möglichkeiten des Bildeinsatzes erheblich erweitern, prägen die Art der Nutzung sowie die gestalterischen und ästhetischen Aspekte im Umgang mit dem Bild. Dieser „Trend zur Visualisierung“, dieser „Konfetti oder Designer-Journalismus“ (Bucher 1996: 32) wird durch die Neuen Medien unterstützt. Katharina Burri, die ehemalige Bildredaktorin der NZZ, sprach in einem Telefonat[5] von einer „Inflation der Bilder“ in den Massenmedien. Anne-Marie Bonnet bezeichnete dieses Phänomen aus kunstgeschichtlicher Perspektive als „globale Penetration durch massenmedial vermittelte Bilder“ (Bonnet 1996: 18).
Die rasante technische Entwicklung prägt sowohl strukturelle als auch inhaltlich-journalistische Merkmale wie das Beispiel der Enthauptung des amerikanischen Bürgers Nicholas Berg zeigte. So wird, nebenbei bemerkt und ganz in der Tradition der „Blogs“, eine Art „basisdemokratischer Trivialjournalismus“ möglich, dem vielleicht eine unmittelbare Authentizität eigen ist, die jedoch ohne jede professionelle Wertung und Selektion durch das journalistische System vermittelt wird. Ein Weblog, eine Kombination aus dem englischen Web sowie Log, „ist eine Webseite, die periodisch neue Einträge enthält“[6], wobei es unterschiedliche Formen gibt.
Yesterday's beheading of American civilian Nicholas Berg by Al Qaeda terrorists is just the latest example of how digital cameras, photo phones, and the Internet are revolutionizing news photography, Manjoo points out. The video of Berg's beheading is making the rounds on the Internet now. And of course, the Abu Ghraib images were taken by soldiers, and before that the flag-draped coffins photos by a civilian contractor.
(www.poynter.com)[7]
Dieser Visualisierungstrend wird als „Teil der Modernisierung von Gesellschaft […] ähnlich anderen Teilprozessen (Individualisierung von Lebensformen, Pluralisierung von Wertemustern) […] auch skeptisch betrachtet“ (Meckel 2001: 29). Dieser Bilderflut eigen ist ein Verlust an Qualität und Aussage.
Vielen erscheint diese „Inflation“, die gleichzeitig mit einer Entwertung des Bildes vonstatten geht, „als inhaltsloses Spektakel, dessen eigentliche Motivation nicht die Verbreitung kultureller Werte und die Bildung der Massen ist, sondern vielmehr deren Verdummung und das blanke Streben nach Profit“ (Schneck 1998: 61). Diese Wertung, diese Hierarchie von Schrift- und Bildkultur, „angefangen bei der illustrierten Bibel des Mittelalters bis zum Fernsehprogramm heute“ (Meckel 2001: 29), hat sich in der kulturgeschichtlichen Entwicklung etabliert. Diese kritische Gegenüberstellung der beiden Positionen, „Literalität immer als hochkulturell und Visualität dagegen als trivialkulturell“ (a.a.O.), kann so nicht weiter aufrechtgehalten werden. Als unterstützendes Argument aus dem Praxisalltag muss gemäss Rolf Gillhausen ein Foto „für sich sprechen“. Des Weiteren zitiert Claus Lutterbeck die Äusserungen des Fotografen Gillhausen über das Bild als Solches: „Es muss informativ und emotional zugleich sein. Es muss den verwöhnten, bildsüchtigen Leser, der jeden Tag überschüttet wird mit immer mehr optischem Müll, beim Umblättern anhalten lassen“ (Lutterbeck 1999: 5). Diese Äusserung des früheren Art Directors der Zeitschrift „STERN“ ist gewiss durch den Kampf an der Magazinfront geprägt. Fest steht, dass seine Devise eine Tendenz prägnant auf den Punkt bringt. So schreibt Uwe Pörksen: „Denn wichtiger als die Schlagwörter sind inzwischen die Schlagbilder, faszinierender als die Schlüsselbegriffe (sic!) diese Schlüsselreize des Bewusstseins“ (Pörksen 1997: 28). Die visuellen Elemente, nach Pörksen „Schlüsselreize des Bewusstseins“, waren in den vergangenen vier Jahrhunderten in der Presse zwar immer schon vorhanden, kamen jedoch nie in der heutigen Quantität und Qualität vor. Marion Müller geht soweit, dass sie das Bild als „eigenständigen Nachrichtenfaktor“ bezeichnet. „Längst haben sie ihre rein illustrative Rolle abgestreift. Der Text wird nicht mehr bebildert, sondern die Bilder werden betextet“ (Müller 2003: 91).
2.3 Zeitungsdesign und Layout im Wandel
Nach der Fokussierung auf strukturell-technische Veränderungen des Bildjournalismus wende ich mich den formal-ästhetischen Aspekten zu. Die 1952 von Springer herausgebrachte Bild-Zeitung läutete in Deutschland das „Zeitalter der Bildpublizistik“ (Strassner 2002: 23) ein. Die gegen das aufkommende Fernsehen bewusst bilderreich gestaltete Zeitung, verzichtete auf intellektuell anspruchsvollen Stoff und hielt sich an das Motto, „dass Bilder tausendmal schneller den Weg zum Gehirn des Menschen fänden“ als Texte (Müller 1968: 73). Die Bild-Zeitung löste sich vom Aspekt des Intelligenzzwanges und wendete sich „an den optischen Menschen, den modernen Analphabeten, der hungrig war nach visuellen Eindrücken“ (Strassner 2002: 23). Axel Springer konzipierte dieses „Bildblatt“, weil er sich nach Kriegsende darüber klar geworden war, „dass der deutsche Leser eines auf gar keinen Fall wollte, nämlich nachdenken“ (Springer 1959: o.S. zit. nach Strassner 2002: 23)[8]. Mit dem enormen Erfolg des Fernsehens, der das Medium Zeitung zu verdrängen schien, sowie der damit verbundenen Reaktion der Printmedien auf die vermehrte Visualisierung, stellte sich bald die Frage nach der langfristigen Existenz des Mediums Zeitung.
Die technischen Voraussetzungen [...] haben in letzter Zeit die Frage aufgeworfen, ob die Presse in ihrer traditionellen gedruckten Form noch eine Zukunft haben wird. Nicht zuletzt die dadurch ausgelöste Besorgnis der Verleger hat das Interesse an den elektronischen Massenkommunikationsmitteln verstärkt. Es fällt schwer, im Augenblick dieses Umbruchs eine Prognose für die Zukunft der Presse zu stellen.
(Dovifat 1968: 94)
Wie aktuell diese Ängste um die Verdrängung der Printmedien sind, zeigen nicht nur die Überlegungen Dovifats, sondern auch die Bedenken im Zusammenhang mit den in den Markt drängenden Gratiszeitungen (20 Minuten, Heute, Cash Daily).
Lange galt in den Redaktionsstuben die Maxime: „in dubio pro oratio“ (Leupin 1994: 14). Noch 1994 waren in den Redaktionen Texte oft wichtiger als Bilder. Bildkonzepte oder ein Zeitungskonzept fehlten häufig (Jungmeister 1994: 53, Leupin 1994: 15, Sachsse 2003: 47). Der ehemalige Bildredaktor der Agentur AP beziehungsweise Keystone und bei der Berner Zeitung BZ tätige Bildchef, Bernd Niebuhr[9], beschrieb die Situation so: „Fotografen und Bildredaktoren sind nichts. Die Journalisten, sprich: Textredaktoren sind alles. Daher ist es im Grunde gleichgültig, welche Bilder in die Zeitung kommen. Die Auswahl ist zufällig, nach dem Motto: ‚Denn sie wissen nicht, was sie tun‘“ (Leupin 1994: 15).
Anfang der 90er Jahre ermöglichte eine Kamera das Leseverhalten, respektive die genauen Augenbewegungen des Lesenden, zu analysieren (Cornea-Reflex-Methode)[10]. Die Zeitungsforscher stellten, anhand der durch diese Blickbewegungskamera gewonnenen Daten fest, dass die Grundlagen des Zeitungsdesigns nicht (mehr) zeitgemäss waren, beziehungsweise dem Leseverhalten vieler Rezipienten nicht entsprechen. Diese Untersuchung[11] des „Poynter Institute for Media Studies“ in St. Petersburg in Florida führte zu Debatten über die Medienrezeption. Mit der Kernaussage, dass kein anderes Element in der Zeitung so viel Aufmerksamkeit findet wie Fotos und Grafiken, rüttelte die Studie an den Grundsätzen der Zeitungsgestaltung. Die Forscher „fanden heraus, dass Zeitungsleser stets über ein Bild in eine Seite einsteigen und nicht über eine Schlagzeile“ (Koschnick 1991: 40). Der Lesevorgang verläuft entlang der visuellen Elemente und hängt stark von der Seitengestaltung ab. Die Studie plädierte für eine Aufwertung des Bildes im künftigen Medienstil. Der Trend, so die Forderung, müsse in die Richtung von kürzeren und lesbareren Artikeln sowie von häufigeren und grösseren Bildern laufen. Bei der Interpretation dieser Daten sowie in der direkten unkritischen Umsetzung der Ergebnisse auf die Gestaltkriterien, liegt, gemäss Wolfgang J. Koschnick, ein Trugschluss vor. An diesen Befunden ist nichts Überraschendes, denn bevor ein Leser „mit der Lektüre beginnt, orientiert er sich erst einmal auf der Seite. Er schaut sich das Angebot an. Und dabei fällt sein Blick [...] zuerst auf alles, was auffällig ist: auf alles, was gross (Bilder, Schlagzeilen) oder grell (Farbe) ist“ (Koschnick 1992: 56). Dabei könne bei einem Orientierungsverhalten von ein bis zwei Sekunden nicht direkt auf inhaltliche Kriterien geschlossen werden. Nur weil die Probanden die visuellen Elemente bei der Rezeption zuerst anschauen, bedeutet dies noch lange nicht, dass dort auch in den Text eingestiegen wird. Dabei wird ein reflexartiger Vorgang, nämlich das kurze (vorbewusste) Überfliegen der Seite mit dem Leseprozess, also einer bewussten Handlung, verwechselt. Bei der Interpretation der Resultate entscheidender ist, dass es nach den ersten ein bis zwei Sekunden in der Zeitungsnutzung keine Regelmässigkeiten mehr gibt. „Jeder liest anders. Auch die Poynter-Studie stellt fest: Beim weiteren Verlauf des Lesevorgangs gibt es kein durchgängiges Verhaltensmuster“ (Koschnick 1992: 65). Zum Umgang mit Bildern in den Medien stellt Miriam Meckel fest, dass 90 Prozent aller Zeitungsnutzer die Bilder betrachten, 40 bis 70 Prozent die Überschriften lesen, 20 bis 60 Prozent die Vorspänne lesen, 15 bis 60 Prozent den Text zu lesen beginnen und höchstens 50 Prozent den Text zu Ende lesen (vgl. Meckel 2001: 10).
Die Rezeptionsgewohnheiten haben sich grundlegend geändert und damit musste sich auch die Angebotsseite den Gegebenheiten anpassen. So lassen sich auf der Angebotsseite in den letzten fünfzehn enorme Veränderungen feststellen. Die Etats in den Bildredaktionen wurden aufgestockt und das Design erfuhr bei vielen Zeitungen, im Interesse des Bildes, eine Überarbeitung. Der Leiter der Bildredaktion des ‚Tages-Anzeigers‘ Remo Lötscher stellt in einem Schreiben fest[12], dass in den letzten zehn Jahren eine Aufwertung der Bildredaktion stattgefunden hat. Auch Müller rät, dass die Redaktionen verstärkt nicht nur auf die Text-, sondern auch auf die Bildkompetenz ihrer Mitarbeiter achten müssen. „Die Textlogik ist argumentativ, die Bildlogik ist assoziativ“ (Müller 2003: 91).
2.4 Dynamisierung des Umbruchs
Nachdem sich das Layout der Tageszeitungen über Jahrzehnte hinweg kaum verändert hatte, konnte sich in den letzten Jahren schwerlich eine deutsche Zeitung der Umgestaltung entziehen. Die Branche wurde vollends vom Trend des Redesigns erfasst; praktisch jede Zeitung erhielt, oft von professionellen Layoutern, ihr „Relaunch“ (vgl. Brielmaier / Wolf 1997: 104). Im Zuge von Internet, Digitalisierung und „Killerapplikationen“ (Stöber 2000: 158) sind der Geschwindigkeit der Übermittlung sowie der Bearbeitungsmöglichkeit der Bilder keine Grenzen mehr gesetzt. Neue Druckverfahren ermöglichten moderne Layouts sowie das Anbringen farbiger Bilder innerhalb des Blattes. Die Zeitungen wurden so dynamischer und attraktiver für Rezipienten und Werbewirtschaft. So wurde versucht, Bilder, Texte und Farbe perfekt aufeinander abzustimmen. „Durch das Layout wird eine Zeitung zum wiedererkennbaren Markenprodukt. Für die Wiedererkennbarkeit sorgen nicht nur der Titel als Markenzeichen, sondern auch einheitliche Schriften, wiederkehrende Elemente an festen Plätzen wie Leitartikel und eine feste Ordnung bei der Abfolge der einzelnen Ressorts im Blatt“ (Brielmaier / Wolf 1997: 13 / Hervorheb. i. O.).
Zum 2002 durchgeführten „Relaunch“ der Zeitungen St. Galler Tagblatt sowie dem Berner Bund, die beide zur Gruppe der Neuen Zürcher Zeitung gehören, beschreibt Hans Stutz das erneuerte Layout wie folgt: „Beide Auftritte wurden von der Appenzeller Zeitungsdesignerin Katja Hösli erarbeitet, die auch bereits das ‚Financial Times Deutschland‘ konzipiert hat. Beide Zeitungen haben nun die gleiche Grundschrift, Utopia, beide haben ähnliche Titelköpfe und ähnlich gestaltete Frontseiten“ (Stutz 2002: 25). Es herrscht ein Trend zur Dynamisierung des Umbruchs oder entsprechend der Aussage von Mario Garcia befindet sich das Zeitungsdesign in einer Retrophase (Haller 1997: 132).
Die Dominanz des Bildes im gegenwärtigen und zukünftigen Medienstil kann nicht nur mit erhöhtem Visualisierungsgrad, mehr Farbe sowie einem grosszügigeren Layout umschrieben werden. Garcia favorisiert ein Gleichgewicht von Farbe und Format. Er sieht die Zukunft der Printmedien in einer Kombination des Charakteristischen eines jeden Blattes mit modernen grafischen Elementen. Sabine Lüthi vom Tages-Anzeiger verrät Garcia einen ersehnten Auftrag: „Es wäre für mich ein Traum, die ‚Neue Zürcher Zeitung‘ oder die ‚Frankfurter Allgemeine Zeitung‘ zu modernisieren. Ein Design zu finden, das ihren klassischen Stil beibehält, aber ihnen trotzdem ein Lifting verpasst“ (Lüthi 2000: 54).
Ein weiteres Beispiel für ein Redesign stellt die 1997 durchgeführte Modernisierung des Tages-Anzeigers dar. Das erstmals am 27. August öffentlich in der Zeitung realisierte Layout wurde von den Zeitungsdesignern Roger Black und Michael Jones erarbeitet und brachte substanzielle Veränderungen mit sich, ohne die grundsätzliche Ästhetik zu stören.
Weg vom rigiden, konstruktivistischen, pädagogischen Look der 70er Jahre, hin zu einer klassischen Zeitung, zu einer zeitgemässen optischen Umsetzung des Inhalts einer seriösen Zeitung im Stil der zusammengesetzten Authentizität der späten 90er Jahre. Gefreut hat uns natürlich das Urteil des Altmeisters im internationalen Zeitungsdesign Mario Garcia: ‚Auf dem ersten Platz steht der ‚Tages-Anzeiger‘, weil hier alles perfekt zu einem klassischen Eindruck zusammenspielt‘.
(Haller 1997: 132)
Peter Brielmaier und Eberhard Wolf stellen fest, dass sich Pressefotos durch ihre rechteckige Art gut in das Grundgerüst einer Zeitungsseite einpassen lassen. „Durch ihr Motiv beleben sie eine Seite […] mit einer Vielzahl von geometrischen Formen und Bildachsen. Bilder sind im Gegensatz zu Texten unverschlüsselte Botschaften, die sich direkt erschliessen“ (Brielmaier / Wolf 1997: 60). Obwohl ich zum Aspekt der „unverschlüsselten Botschaft“ in anderen Kapiteln weiter eingehe (Bildbegriff und Bildtypen sowie Funktionen des Bildes), ist das Bild im Zeitungslayout ein zentrales Element der Dramaturgie.
Der Übergang vom schweizerischen Tages-Anzeiger zur amerikanischen USA Today schlägt gleichzeitig die Brücke von der redaktionellen Realität zur Wissenschaft. Der Siegeszug der Zeitung USA Today ist ein eindrückliches und von der wissenschaftlichen Literatur oft zitiertes Beispiel für das Vordringen der Bildkommunikation. Das Erfolgsgeheimnis von USA Today, die zur meistgelesenen Zeitung in den Staaten avancierte, „ist ein neues Zeitungs-Layout, in dem Bilder (Fotos, Graphiken […]) neben farbiger Gestaltung und übersichtlicher Segmentierung und Typographie die Hauptrolle spielen“ (Kroeber-Riel 1993: 3).
Bei der Analyse des Angebotes der Bildagenturen stellen Anja Fechter und Jürgen Wilke vier Mal mehr farbige Bilder fest (Fechter / Wilke 1998: 99). Zu Beginn der 90er Jahre bezeichnet Jungmeister in seiner umfangreichen Studie des Bildmaterials von Schweizer Tageszeitungen die Verteilung der Bildhäufigkeiten als sehr konstant (Jungmeister 1991: 77). Obwohl es ein starker Trend zur Farbe gibt, stellt Jungmeister bei Farbfotografien lediglich einen Anteil von nur 9 Prozent aller Fotos fest (vgl. Jungmeister 1991: 95). Abschliessend kann diese Tendenz zur Dynamisierung des Zeitungslayouts so beschrieben werden, dass es in den Blättern mehr Ordnung, Übersichtlichkeit und dadurch eine verbesserte Lesbarkeit gibt, dass mehr Farbe, kürzere Texte und vermehrt visuelle Gestaltungselemente angeboten werden (vgl. Brielmaier / Wolf 1997: 104).
2.5 Nachrichtenagenturen und Bildagenturen
Von über 99 Prozent allen Geschehens auf diesem Erdball erfährt der Zeitungsleser nichts, weil es einfach nicht zur Kenntnis der Presse gelangt. Aber damit nicht genug: über 99 Prozent aller Nachrichten, die schliesslich doch der Presse bekannt werden, gelangen nie vor die Augen des Lesers, weil sie als zu unbedeutend, zu fragmentarisch, zu polemisch oder - nach den jeweils herrschenden Vorstellungen - zu unsittlich aussortiert und dem Papierkorb anvertraut werden.
(Schulz 1976: 7)
Den Löwenanteil des Nachrichtenangebotes tragen Agenturen, Eigenrecherchen, freie Mitarbeiter und diverse Quellen wie Kommuniqués und Internet bei. Bei der Recherche zum Thema fiel auf, dass zu den Nachrichtenagenturen oder Bildagenturen wenig wissenschaftliche Literatur existiert. Obwohl die Agenturen ein entscheidender Akteur im Prozess der Nachrichtenselektion sind, ist es erstaunlich, wie wenig ihre Rolle in der Öffentlichkeit thematisiert wird. Auch in den praxisnahen Büchern zum Bildjournalismus (Beifuss / Blume / Rauch 1984: 50, Macias 1990: 119 und Sachsse 2003: 21) werden die Agenturen dürftig behandelt. Für Peter M. Gehrig[13] von der Agentur AP ist es überraschend, wie wenig neben der Öffentlichkeit auch die „Medienfachwelt letztlich über die Funktionsweise von Agenturen weiss“, denn ihr „Einfluss auf die ‚Informationslage der Nation‘ ist nicht zu unterschätzen, wenngleich sie als Dienstleister nicht bestrebt sind, künstlich Themen einzubringen“ (Wilke 1997: 113). In ihrer Untersuchung zu den Nachrichtenagenturen in der Schweiz zeigen sich Roger Blum, Katrin Hemmer und Daniel Perrin erstaunt, dass „sich die Medienwissenschaft in der Schweiz bisher den Nachrichtenagenturen kaum angenommen hat“ und dass sich nur wenige „auf das Feld der Agenturforschung“ (Blum / Hemmer / Perrin 1995: 9) gewagt haben. Ähnlich argumentieren auch Anja Fechter und Jürgen Wilke wenn sie feststellen, dass über die Bildproduktion wenig bekannt ist. Auch in der Literatur über Nachrichtenagenturen sind die Pressebilder nicht systematisch berücksichtigt worden“ (vgl. Fechter / Wilke 1998: 55).
Doch was ist eine Agentur, welches sind ihre primären Aufgaben und welche Agenturtypen können im Marktumfeld unterschieden werden? Nach Emil Dovifat sind Nachrichtenagenturen Unternehmen, die mit „schnellsten Beförderungsmitteln Nachrichten zentral sammeln, sichten und festen Beziehern weiterleiten“ (Dovifat 1976: 91). „Die Agenturen beschaffen heute international grossenteils die Auslandnachrichten, und zwar sowohl in Wort als auch in Bild und Film [...]. Sie tun dies teils durch eigene Korrespondenten, teils durch Kooperationen und Austauschverträge“ (Holtz-Bacha 1998: 42). Zu den „klassischen“ Tätigkeiten der Nachrichtenagenturen gehören ohne Zweifel das Sammeln, Selektionieren und Weitervermitteln der Informationen. Auf die Triagekriterien, die den internationalen Nachrichtenfluss und somit das Angebot in den schweizerischen Zeitungen massgeblich beeinflussen, die vom heutigen[14] Redaktor der Schweizerischen Depeschenagentur Peter Kleiner[15] vorgestellt wurden, geht die Arbeit später ein. Obwohl die Nachrichtenagenturen an vier von acht Schritten des Kommunikationsprozesses beteiligt sind, wie der Mediensoziologe Roger Clausse (1962: 150) feststellt, ist das geringe Bewusstsein ihrer Präsenz in der Öffentlichkeit erstaunlich. Konkret sind die Nachrichtenagenturen am Faktum, an der Aufzeichnung des Faktums durch einen Korrespondenten, an der Übermittlung der Aufzeichnung an die Agentur, an der Bearbeitung dieser Nachricht nach Form und Inhalt durch die Agenturredaktion, an der Verbreitung der Nachricht an die Abonnenten der Agentur, an der erneuten Bearbeitung der Nachricht durch die Redaktion des einzelnen Mediums, an der Verbreitung der Nachricht in der Öffentlichkeit und schliesslich an der Rezeption durch das Publikum beteiligt. (vgl. Clausse 1962: 150). Anhand dieser Unterteilung unterstreicht Clausse den Einfluss der Nachrichtenagenturen auf die Nachrichtenvermittlung, die als die wichtigsten Stofflieferanten der Massenmedien gelten, denn praktisch kein tagesaktuelles Medium kommt ohne Agenturmaterial aus. Blum fokussiert die primäre Aufgabe der Nachrichtenagenturen auf die Rationalisierung der der Nachrichtenbeschaffung (vgl. Blum / Hemmer / Perrin 1995: 11). „Sie verfügen über ein Korrespondenz-, Mitarbeiter- und Kooperationsnetz im In- und Ausland und garantieren so den Kunden den aktuellen Informationsteppich“ (Blum 2001: 69). Blum bringt die Abhängigkeit der beiden Akteure wie folgt auf den Punkt: „Je kleiner das Medium, umso wichtiger die Agenturen“ (Blum 2001: 69). Im gleichen Sinn argumentiert Christina Holtz-Bacha: „Und die Abhängigkeit der Medien von ihnen ist umso grösser, je weniger sich diese eigene Korrespondenten leisten können“ (Holtz-Bacha 1998: 42).
Als Bildagentur wird eine professionelle Organisation verstanden mit dem Zweck, Bilder an die Medien sowie an die Werbebranche zu verkaufen und fungiert so oft als „Zwischenhändler“. „Sinn und Zweck der Bildagentur ist es, den Bildproduzenten die Möglichkeit zu geben, ihre Bilder ständig für Kunden verfügbar zu machen und sie professionell zu vermarkten“ (Weise 2000: 54). Der Vorteil einer Agentur ist ihre bessere Marktkenntnis sowie ihre Möglichkeit, sich intensiver um Kunden und Archiv kümmern zu können, als der Bildurheber, der dies zusätzlich zu seinen Produktionsaufträgen machen müsste (vgl. Fechter 1998: 71). Andererseits profitieren die Käufer von den Bildagenturen, da sie so auf einen grossen Bildmaterial-Pool der Bildurheber zugreifen können. „Dabei wird der Bildbestand professionell verwaltet sowie die Lizenzvergabe vereinfacht. Die Agenturen tragen damit zu einer wesentlich komfortableren, schnelleren und effizienteren Bildrecherche bei“ (Barth 2002: 4).
Bei den Bilderdiensten können unterschiedliche Typen definiert werden. Jürgen Wilke unterscheidet, in Anlehnung an eine Studie des Holtzbrinck-Verlages von 1997 im Bereich der Bildarchive sowie der Pressebildagenturen in Deutschland wie folgt: „Bei der Mehrzahl der Anbieter handelt es sich um Universalarchive, nur etwa ein Drittel bieten Spezialdienste an und ein Fünftel bezeichnet sich als Pressebild-Agentur“ (Fechter / Wilke 1998: 71). Obwohl mit der heutigen Dominanz der Digitalisierung nicht vergleichbar, hinterliess die Zeitschrift „Klartext“ schon im Jahre 1994 den Eindruck eines vollends digitalisierten Verarbeitungsprozesses für Pressebilder:
Neu fliegen die Bilder digitalisiert (computerlesbar) und mit vielfach höherer Geschwindigkeit per Satellit zu den Redaktionen, wo sie über Parabolantennen ihren Weg direkt in die Computer und auf die Bildschirme finden. Dort werden sie ausgewählt, bearbeitet, retouchiert und ins computerisierte Ganzseitenlayout integriert. Die gestaltete Seite geht samt Fotos in den Filmbelichter, oft gar direkt auf die bereits in der Rotation eingespannte Druckplatte.
(o.A. 1994: 21)
Die neuen Möglichkeiten der Bildverarbeitung beispielsweise im Zusammenhang mit Internet, Datenbanken und Breitbandanschlüssen, werden in der Literatur wenig berücksichtigt. So etablieren sich mit „ImagePoint“ und „Photofree“ Bildagenturen, die ihr Angebot mit einem neuartigen Lizenzierungssystem vertreiben. Obwohl nicht auf tagesaktuelle Pressebilder mit politischem Bezug spezialisiert, werden bei ImagePoint, die gemäss Eigenbeschrieb die „führende Online-Agentur in der Schweiz“[16] ist, die Bilder ausschliesslich über das Internet vermarktet und verkauft. „Die Online-Bildagentur ImagePoint [...] versteht sich laut Mitteilung als kostengünstige Alternative zu teuren Bildagenturen“ (www.persoenlich.com)[17]. Eine andere Entwicklung neben dem Onlinegeschäft sind Fusionen. So kaufen die internationalen Bildagenturen wie Getty Images oder Corbis verschiedene spezialisierte Agenturen auf und erweitern so ihr Angebot laufend. „The Corbis Collection features world-leading news, editorial, sports, creative, celebrity, fine art, and historical images in a diverse and inspiring array located in one convenient location“ (www.corbis.com).[18] Die Agentur Corbis, von Microsoft-Chef Bill Gates im Jahre 1989 gegründet, will ihre Stellung im Bereich der Stockagenturen (Universalagenturen) zunehmend ausbauen und umreisst ihr Ziel wie folgt: „Corbis licenses images that enable publishers, advertising and design agencies, filmmakers, and other creative professionals to tell their stories with impact that goes beyond words“ (www.corbis.com)[19]. Weiter im Zusammenhang der Fusionen haben sich unter der Bezeichnung Picture-Alliance fünf auf ihrem Gebiet führende Bildagenturen zusammengeschlossen. Unter der Führung der Deutschen Presse-Agentur GmbH[20] wird diese Plattform seit Oktober 2002 betrieben. „Die Gründungsmitglieder der Picture-Alliance sind: akg-images, dpa-Bilderdienste, kpa photo archive, OKAPIA und Picture Press“ (www.presseportal.de)[21]. Die Palette der Bilder von Picture-Alliance umfasst u.a. tagesaktuelle Ereignisse aus Politik und Wirtschaft. Mit dieser Allianz werden fünf thematisch breit gefächerte Bildbestände in einer Datenbank zusammengefasst. „Das Bild-Portal richtet sich an tagesaktuelle Medien ebenso wie an ‚Special Interest’ Magazine, PR- und Werbeagenturen, Buchverlage sowie alle weiteren professionellen Nutzer von Bildmaterial“ (www.newsaktuell.ch)[22].
Auch das relativ neue „Royalty Free-Geschäft“ ist von der Fachliteratur noch wenig in die Untersuchungen einbezogen worden. Die Recherche hat sich deshalb stark auf Branchenzeitschriften, Internetquellen und Studien der Branchenverbände konzentriert. Wie jedoch unschwer zu erahnen ist, nimmt die Digitalisierung der Bilder stets zu, denn die meisten Agenturen stellen ihre Bilder auch online zur Auswahl. Es findet so eine Verlagerung weg von den spezialisierten Programmen für Bildagenturen wie APIS und Phraséa statt, hin zu den internetbasierenden Bilddatenbanken[23].
Das Spektrum des Angebotes reicht von den grossen Agenturen wie Keystone, AP oder Reuters bis zur Spezial-Agentur für Flugfotografie. Frank Lehmann teilt die Agenturen in drei Gruppen ein. Mit Einschränkungen und Unterschieden in den thematischen Schwerpunkten, lassen sich die „klassischen“ Agenturen, die Webagenturen sowie die Spezialagenturen definieren. Die „klassischen“ Agenturen bieten meist einen thematischen Vollservice, die Webagenturen vermarkten ihre Produkte mehrheitlich oder sogar ausschliesslich über internetbasierende Dienste. “Spezial- und Stockagenturen gehen mehr und mehr ins Internet“ (Lehmann 2001: 53) und haben ein spezialisiertes Bilderangebot, das vorwiegend von der Werbebranche konsultiert wird. Eine Kategorisierung der Bildagenturen muss deshalb entlang der Marktausrichtung erfolgen:
Pressebildagenturen versenden über ihre Abonnement-Bilderdienste tagesaktuelle Fotos an die Presse. Das sich ansammelnde aktuelle Bildmaterial wird von diesen Agenturen nachträglich zur Archivierung aufbereitet und ist als Archivbild dann auch für andere potentielle Bildnutzer verfügbar.
Universalagenturen verstehen sich originär als Sammelstellen für Bilder zu allen gängigen Themen. Teilweise werden neben Fotos auch computergenerierte Bilder, Grafiken und Illustrationen angeboten. Die Grösse des Bildbestandes solcher Universalarchive variiert stark. Universalarchive bieten in der Regel jedoch kein tagesaktuelles Bildmaterial.
Spezialarchive bieten ein eng definiertes Themenspektrum, aber innerhalb des Themengebietes ein sehr umfangreiches, detailliertes und vielseitiges Angebot. Der Leistungsumfang reicht von der Sammlung historischer Dokumente (Fotos, Illustrationen) bis eng umrissenen Sujets wie z.B. Maritimes, Medizin, Umweltthemen u.ä.
(vgl. Schuster 2001: 22)
2.6 Fokus auf Pressebildagenturen
Weltweit dominieren die im „entwickelten“ Nordwesten beheimateten Weltagenturen AP und Reuters das Nachrichtengeschäft im Printbereich (Blum / Hemmer / Perrin 1995: 215, Meier / Schanne 1980: 19). Die Vereinigung „CEPIC“, „Coordination of European Picture Agencies Press and Stock“, hat, auf die europäischen Länder bezogen, 2001 eine umfassende Studie durchgeführt, die das Marktumfeld der Bildagenturen analysiert. Die „CEPIC“ mit Sitz in Berlin, in der zehn nationale Bildagenturverbände aus acht europäischen Staaten vertreten sind (Europäische Dachorganisation 2002: 192), versteht sich als Sprachrohr für sämtliche europäische Bildagenturvereinigungen und –verbände. Das Tätigkeitsfeld dieser überwiegend ökonomischen Interessenvereinigung umfasst das Erkennen der unterschiedlichen nationalen Strukturen der Bildermärkte. „Als wichtigste Zielsetzungen gelten der Schutz des Urheberrechts, das Streben nach vergleichbaren Handelskonditionen, ein weltweiter Informationsaustausch zu anderen Verbänden, die Erarbeitung von Richtlinien für faire Wettbewerbsbedingungen sowie die Ausarbeitung und Durchsetzung ethischer Normen zum Schutz der Rechteinhaber“ (BVPA-Forum 1988: o.S. zit. nach Macias 1990: 256)[24]. Die erwähnte Studie gilt als erste Wirtschaftsstudie über den Bildermarkt in Europa und ist für diese Arbeit insofern relevant, weil die Kategorien dadurch substanziell ergänzt werden können und weil sie für die thematische Einarbeitung wertvolle Impulse beisteuern kann. Die Ziele der genannten Untersuchung werden wie folgt umrissen:
- Feststellung des Beitrags der europäischen Bildindustrie zur nationalen und europäischen Wirtschaft.
- Erschliessung nationaler und internationaler Umsatzchancen.
- Beratung und Information verschiedener Stellen in Handel, Regierung, Medienwirtschaft und im Ausbildungsbereich.
(vgl. Barth 2002: 52)
Primär auf den deutschen Markt bezogen sind die in der Tagesaktualität tätigen Bilderdienste heute vorwiegend den grossen Nachrichtenagenturen angeschlossen und arbeiten thematisch, technisch und wirtschaftlich zusammen. Auf Deutschland bezogen sind als Hauptlieferanten besonders „die Bilderdienste von Associated Press (AP), der Deutschen Presse-Agentur (dpa) und Reuters“ (Fechter / Wilke 1998: 72) hervorzuheben.
In der Stichprobengrösse der Untersuchung der Vereinigung „CEPIC“ waren vierzehn Agenturen aus der Schweiz vertreten (Franke / Hutsteiner 2001: 6). Nach unterschiedlichsten Entwicklungen, namentlich Agenturschliessungen, Fusionen und Neugründungen, hat sich der Markt seit 1994 merklich beruhigt. Grundsätzlich kommt in unserem Land kein tagesaktuelles Medium ohne Agenturmaterial aus, selbst grosse Medienhäuser wie die NZZ, die TA-Media oder Ringer verwenden Agenturmaterial. Seit 1994 arbeiten nur noch SDA, AP und Reuters bei den Pressebildagenturen mit vollem Serviceangebot auf nationaler Ebene. „Den Hauptteil der ‚Hot News‘ liefern heute die drei grossen internationalen Bildagenturen Agence-France-Presse, Associated Press und Reuters für eine monatliche Pauschale […], und zwar in vergleichbarer Qualität und zu niedrigeren Preisen als die freie Konkurrenz“ (Roskis 1998: 12).
In der Schweiz sind primär die Schweizerische Depeschenagentur (SDA) auf internationaler, nationaler und regionaler Ebene und Associated Press (AP) auf internationaler und nationaler Ebene aktiv. Ferner wirkt Reuters in der Schweiz (vor allem im Wirtschaftsbereich). Die SDA […] stützt sich im Auslandsdienst auf DPA (Deutschland), AFP (Frankreich), Reuters (Grossbritannien), ANSA (Italien) sowie auf eigene Korrespondenten (z.B. in Brüssel). AP arbeitet für die Auslandinformation mit dem Material von AP Frankfurt.
(Blum 2001: 69)
„Die wichtigsten Fotoagenturen sind national betrachtet Keystone und Reuters“ (Blum 2001: 70). Obwohl bei den führenden Zeitungen der Schweiz regionale und zeitungsspezifische Unterschiede auszumachen sind, spielt die Konkurrenz auf dem Fotomarkt insofern, dass kleinere, finanzschwächere Blätter sich oft auf eine einzige Agentur und somit auf die Agentur Keystone stützen (Blum 2001: 69). Gemäss einer vom Institut für Medienwissenschaft der Universität Bern im Frühling 1994 durchgeführten Studie, stammen von „allen Texten, die der ‚Tages-Anzeiger‘ und die ‚Basler Zeitung‘ in den überregionalen Ressorts verwendeten“ rund die Hälfte von Agenturen (a.a.O.). In der Untersuchung von Jungmeister waren dagegen 36 Prozent der gebotenen Bilder im Ressort Ausland aus Agenturmaterial (Jungmeister 1991: 121). Dort wird zwar eine zusätzliche Kategorie „Fotograf“[25] verwendet, die jedoch dessen genauen Zugehörigkeit des Fotografen (Agentur, Freelancer) nicht nachging. In einer Analyse von 12 Zeitungen wurden die Illustrationen auf ihre Herkunft hin untersucht. Obwohl diese Studie die Bilder in der ganzen Zeitungsausgabe ausgewertet hatte, lassen die Ergebnisse Rückschlüsse auf die verwendeten „Quellen“ zu. „Bei den insgesamt 3099 erfassten Bildern erschienen die Bildagenturen 991-mal als Quelle. In 1417 Fällen wurden andere Lieferanten genannt, und bei den restlichen 691 Illustrationen fehlten die Angaben betreffend der Herkunft. Dies entspricht einem Anteil der aktuellen Bildagenturen von 41 Prozent an den mit einer Quellenangabe versehenen Illustrationen“ (Brand / Landolf 1995: 86).
Beim Betrachten der Ergebnisse lässt sich feststellen, dass die Fotoagenturen, besonders bei der Bebilderung von tagesaktuellen Themen, eine zentrale Stellung einnehmen. „Beschränkt man die Auswahl auf die aktualitätsbezogenen Ressorts Front, Inland, Ausland, Sport und Letzte / Vermischtes, werden die Fotoagenturen in 64 Prozent als Quelle genannt; 82 Prozent aller gelieferten Agenturbilder erschienen in diesen Ressorts“ (Blum / Hemmer / Perrin 1995: 87). Auf den Anteil der Bildagenturen an der Bebilderung der Schweizer Zeitungen generell bezogen, dominiert Keystone auch hier das Angebot, denn sie „liefert beinahe die Hälfte (46 Prozent) aller Agenturbilder in den Zeitungen. Auf Reuters entfallen 15 Prozent, dies entspricht ihrer Stellung als Komplementäragentur zu Keystone. […] Knapp ein Drittel der Illustrationen entfällt auf die restlichen Agenturen“ (a.a.O.). Bei der Auswertung der Daten, die für diese Arbeit in der Pretestphase gewonnen wurden, stammten etwa 80 Prozent der Pressebilder von Agenturen. In einem Telefonat wies die Bildredaktorin Margareta Sommer von der Zeitung „Der Bund“ darauf hin, dass im „Auslandressort etwa 90 Prozent der in die Zeitung aufgenommenen Bilder von der Agentur Keystone stammen“.[26]
In ihrem Porträt schreibt die Agentur Keystone, dass sie 1953 gegründet wurde und heute die grösste Bildagentur der Schweiz ist.
22 festangestellte Fotografen und zahlreiche Springer am Hauptsitz in Zürich und verteilt auf zehn Aussenbüros […] decken fotografisch die ganze Schweiz ab. KEYSTONE ist zudem Partnerin und Repräsentantin namhafter Fotografen und der wichtigsten internationalen Agenturen. Dazu gehören die weltweit operierende Associated Press AP, die European Pressphoto Agency EPA für den Newsbereich, jedoch auch spezialisierte Agenturen wie Science Photo Library, Camera Press London, oder die junge Agentur Retna New York und London.
(www.keystone.ch)[27]
Das Angebot umfasst neben News- und Themenbildern auch Katalogbilder und historische Bilder. Für die Erstellung der Kategorien wesentlich ist, dass Keystone keine eigenen Fotografen ins Ausland schickt, sondern die Fotos der oben erwähnten Agenturen EPA (European Press Agency) und AP (Associated Press, USA) an ihre Zeitungskunden weitergibt. Seit Anfang 2004 ist Keystone mit der Plattform www.photofree.ch ebenfalls ins Royalty Free-Geschäft eingestiegen (www.newsaktuell.ch).[28]
Die Agentur Reuters konzentriert sich stark auf die professionelle Kundschaft im Finanzbereich und erwirtschaftet dort den Löwenanteil des Umsatzes. Ihre Kernkompetenzen liegen in der Berichterstattung über die börsenkotierten Unternehmen, über die Branchenführer sowie die wichtigsten ausländischen Firmen.
Die Haupteinnahmen bei Reuters stammen nicht aus dem Fotobereich, sondern aus dem Geschäft mit Banken- und Börseninformationen. Der Bilderdienst und der internationale Textdienst verursachen zwar die Hälfte der Kosten des Unternehmens, tragen aber mit lediglich sieben Prozent zu den Einnahmen bei. Sie dienen quasi der Image-Pflege der Firma Reuters.
(Blum / Hemmer / Perrin 1994: 81)
Zielgruppe ist ebenfalls der traditionelle Markt der Massenmedien. Das Hauptbüro von Reuters Schweiz befindet sich in Zürich und ist gleichzeitig ein Teil von Reuters Deutschland, welches wiederum Bestandteil des internationalen Netzwerks der weltweit tätigen Nachrichtenagentur ist. „A global breaking-news photo service, delivering a high-speed satellite feed of images from Reuters network of photojournalists in 154 countries. For the world's media, Reuters News Picture Service is the preferred source for up-to-the minute quality news photographs“ (www.reuters.com).[29]
2.7 Bildbegriff und Bildtypen
Denn die Fotografie ist ihrem Wesen nach eine ungebundene Form des Sehens und für den Begabten ein zuverlässiges Medium der Schöpfung.
(Sontag 1980: 125)
Einerseits sind eine grobe Kategorisierung im Bereich geschichtlich-sozialer Aspekte und andererseits eine Unterteilung in strukturell-formale Belange zu vollziehen. Eine breite und fundierte Klärung zum Bildbegriff bietet William J.T. Mitchell an, der dabei fünf Merkmalsausprägungen entwickelt. Er weist darauf hin, dass unser Bildverständnis in direkter Verbindung mit sozialen und kulturellen Praktiken aus dem täglichen Leben steht und dort auch verankert ist (vgl. Mitchell 1990: 18). Dieses Verständnis ist somit sowohl in zeitlicher als auch in räumlicher Hinsicht relativ, da es kulturell geprägt ist. „Die Bedeutungs- und Sinngebung visueller Kommunikation ist kontext- und umbildabhängig. Dabei ist die jeweilige Interpretation […] von der konkreten, erlebten Wahrnehmungswirklichkeit bedingt“ (Müller 2001: 18). Verschiedene Faktoren prägen die visuelle Kommunikation. Die Interpretation wird u.a. durch den Kulturkreis, den historischen Kontext, den Präsentationskontext, den Umbildcharakter, das Vorwissen oder auch von der individuellen Wahrnehmungssituation des Rezipienten geprägt (vgl. Knieper 2003: 195). Die Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren und einer potenziell unterschiedlichen Interpretation zeigt das Beispiel, wenn mehrere Personen das gleiche Foto analysieren. Die Interpretation wird durch einen enormen historischen Kontext, dem Vorwissen sowie der individuellen Wahrnehmungssituation beeinflusst. Im erwähnten Werk zur Ikonologie systematisiert Mitchell in der Familie der Bilder fünf Merkmalsausprägungen, wovon für die vorliegende Fragestellung die Kategorie der grafischen Bilder relevant ist. So differenziert er sprachliche, optische, grafische, perzeptuelle und mentale Bilder (vgl. Mitchell 1990: 20).
Sprachliche Bilder wie etwa Metaphern, Beschreibungen etc. werden von der Linguistik untersucht. Optische Bilder sind Forschungsgegenstand der Physik und bezeichnen Spiegelbilder und andere Projektionen. Zu den graphischen Bildern zählt Mitchell Gemälde, Zeichnungen oder Fotografien, aber auch Architektur, Skulpturen oder Statuen. Sie sind damit zumindest Forschungsgegenstand der Kunstgeschichte. Als perzeptuelle Bilder etikettiert Mitchell Sinnesdaten und Erscheinungen. Von diesen materiell fassbaren Bildern grenzt er die mentalen Bilder - etwa Träume, Erinnerungen oder Ideen - ab. Mentale Bilder sind primärer Forschungsgegenstand der Psychologie und der Epistemologie.
(Knieper 2003: 195)
Obwohl oder gerade weil hier das „Bild die Botschaft ist“ (Müller 1997: 289), macht ein breit gefasster Bildbegriff aus kommunikationswissenschaftlicher Perspektive wenig Sinn, denn eine bereits dem Begriff immanente Uneindeutigkeit erschwert den Analyseprozess. Im Deutschen wird das Wort „Bild“ mit vielen Bedeutungen und für die unterschiedlichsten Phänomene verwendet. Der Terminus findet u.a. im Kontext von Kunstwerken (Skulpturen), Familienfotos, Werbung (Plakat), Computergrafiken (inklusive Inhalte in Neuen Medien), „Infografiken“, Piktogrammen, Satellitenbildern, medizinischen Bildern (Röntgenbild usw.), Visiotypien (Pörksen 1997: 28), Traumbildern, Musik, sprachlichen Metaphern sowie zur Beschreibung von Ideen Verwendung (vgl. Müller 2001: 18). Die Problematik einer umfassenden und gleichzeitig für die Kommunikationswissenschaft tauglichen Definition ist komplex. Erich Strassner umreisst die Facetten, die einem Bild eigen sein können. Bilder vermitteln Vorstellungen und gelten gleichzeitig als authentisch. Sie sind archivierbare Dokumente sowie trotzdem manipuliert und sie bieten schnell konsumierbares Wissen, enthalten bequeme Informationen, sind Momentaufnahmen, sind attraktiv und besitzen einen hohen Reizwert (vgl. Strassner 2002: 13).
Christian Doelker entwickelt in seinem Buch „Ein Bild ist mehr als ein Bild“, zur Beschreibung der Bildlichkeit und sich vorerst auf die fünf erwähnten Kategorien von Mitchell berufend, ein eigenes Modell. Er unterscheidet verschiedene Bedeutungsebenen des Bildes wie die funktionale, die spontane, die latente, die deklarierende oder die artikulierte. In seiner Beschreibung des Bildes an sich unterscheidet er die drei Ebenen „Unikat, Kommunikat und Format“ (Doelker 1997: 178), die in enger Verbindung mit drei unterschiedlichen Bildgestalten.
Der Wahrnehmungsinhalt wird von Doelker als ‚Perzept‘, als inneres Bild oder Idee bezeichnet, das Kommunikat ist eine ‚Reproduktion‘, das heisst eine technische Wiedergabe oder Vervielfältigung eines Originals. Am komplexesten verhält sich Bildlichkeit auf der Ebene ‚Original / Unikat‘, denn hier unterscheidet Doelker drei Ausprägungen: das ‚Abbild‘ als ‚Nachbildung einer Wirklichkeit‘, die ‚eigene Wirklichkeit‘ sowie die ‚Übernahme eines authentischen Ausschnitts aus der bestehenden Wirklichkeit‘.
(Müller 2001: 19)
Doelker definiert als Bild „eine zum Zweck der Betrachtung oder Verständigung hergestellte visuelle Konfiguration“ (Doelker 1997: 187), wobei die Kriterien der Begrenztheit, der Transferierbarkeit und der Reproduzierbarkeit mit eingeschlossen sind. Diese optisch anregende Konstellation ist noch kein Bild, denn erst die fotografische Aufnahme, die gewisse Herstellungsbedingungen erfüllt, macht die Konfiguration zum Bild (vgl. Doelker 1997: 187). Müller betrachtet das von Doelker angebotene Modell zwar als vielschichtig, jedoch für die Visuelle Kommunikationswissenschaft nur als begrenzt tauglich. In der Anwendung gestaltet sich dieser Ansatz schwierig, denn Doelker macht eine Trennung von Bildlichkeit - Materialität (Herstellung) sowie dem Publikum (Darbietung vor Betrachtern), also zwischen materiellen und immateriellen Bildern und klammert die materiellen und immateriellen Bestandteile aus der Bilddefinition aus (vgl. Müller 2003: 19). Einen Ausweg aus diesem Dilemma sieht Müller beim Vater der ikonografisch-ikonologischen Methode Aby Warburg. In diesem von Warburg entwickelten und von Panofsky ergänzten Ansatz sieht Müller eine umfassende und somit geeignete Möglichkeit für die Kommunikationswissenschaft, dem Spannungsfeld „Abbildcharakter“ und „Denkbildcharakter“ gerecht zu werden. Weil der Gegenstand der visuellen Kommunikationsforschung materielle und immaterielle Bilder umfasst, geht die Forschung zunächst von den konkreten Abbildern aus, denn rein „immaterielle Bilder, die keine Vergegenständlichung erfahren, sind nicht Teil visueller Kommunikationsforschung“ (Müller 2003: 20). Relevant sind die Bilder für die Kommunikationswissenschaft erst in ihrer materialisierten Form, so dass das Quellenmaterial als Abbilder untersucht wird. „Grundsätzlich kann der in der visuellen Kommunikationsforschung angewandte Bildbegriff in zwei Aspekte unterteilt werden: in immaterielle, geistige Bilder (mental images) und in materielle Bilder (material images)“ (Müller 2003: 20). Obwohl der Schwerpunkt bei der wissenschaftlichen Untersuchung auf die „mental images“ gelegt wird, sind beide Aspekte miteinander verbunden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Bildbegriff von Müller 2003: 22
2.7.1 Merkmale des Pressefotos
Das Merkmal, dass „bildliche Darstellungen einen deutlich höheren Aufmerksamkeitswert haben“ (Donsbach 1991: 136) und somit die Beachtungschance von Fotos fast doppelt so gross wie von Artikeln in Textform ist (Donsbach 1991: 135), bestätigt eine neuere Studie. Erich Strassner stellt fest, dass Bilder in Bild-Wort-Experimenten besser erinnert werden, als die verbalen Stimuli“ (Strassner 2002: 19). Die Fotografie richtet sich an das Gefühl, sie besitzt eine enorme Überzeugungskraft und steht in unmittelbarer Verbindung mit sozialen Umwälzungen in der Gesellschaft (vgl. Freund 1976: 229). Weil sich Bilder zur Vermittlung von Emotionen besser eignen als Sprache (vgl. Kroeber-Riel 1993: 14), können sie ebenfalls als Signale eingesetzt werden, Aufmerksamkeit zu erregen (vgl. Strassner 2002: 15). Neben der schnelleren und auch nachhaltigeren Vermittlung von Emotionen durch Bilder, weist Roger Blum[30] auf ein beschleunigteres Rezeptionstempo hin, das die Bilder ermöglichen. Blum nennt als Beispiel die Revolution in der Ukraine, die dank der Farbe „Orange“ sehr schnell und authentisch transportiert werden konnte. Obwohl die Farbe „orange“ politisch nichts mit der Revolution als Solche zu tun hatte, ist sie weder die Farbe der Partei noch sonst wie ein Symbol für Widerstand. Über die medial vermittelten Inhalte wurde diese Signalfarbe zum Sinnbild der Revolution.
Es ist ein Abbild der Wirklichkeit, eine authentische Wiedergabe der Realität. Auch deshalb übt es auf Betrachter eine grosse Faszination aus. Fotos besitzen Beweischarakter. […] Aufgrund seiner Bildlichkeit und Authentizität erscheint das Foto geradezu prädestiniert für die Berichterstattung der Massenmedien. Das Foto ist glaubwürdiger, es suggeriert, dass sich der Betrachter ‚ein eigenes Bild‘ machen kann.
(Hartmann 1995: 23 – 24)
Mit dem Leitgedanke von Blum, dass Bilder die Geschichte und somit die Welt verändern können, leite ich zur Fragestellung über, wie ein gutes, bzw. ein schlechtes Pressebild zu charakterisieren ist. Luc Boltanski richtet in den 60er Jahren den Fokus für ein „gutes“ Bild auf Sensation und Überraschung.
‚Ein sehr gutes Zeitungsphoto ist z.B. das, was man als Sensationsphoto bezeichnet. Es geht tatsächlich darum, im richtigen Augenblick dabeizusein, z.B. zu zeigen, wie de Gaulle eine Treppe auf dem Rücken hinunterrutscht. Das Photo eines Selbstmörders, der sich vom Eiffelturm stürzt, wenn man den gerade in der Luft erwischt, das ist eine echte Sensation. Im allgemeinen muss es was Dramatisches sein‘.
(Boltanski 1965: 138 – 139)[31]
Am Forum diskutierte Röbi Koller mit Jann Jenatsch, COO der Bildagentur Keystone sowie Urs Bernhard, Regisseur und Fotograf über die „Bewältigung der Bilderflut“. Entsprechend den oben angefügten Zitaten seitens der Wissenschaft, bestätigt Jenatsch die Relevanz der Authentizität des Pressebildes. Ein gutes Bild muss aus dem Leben kommen. Schlechte Bilder sind sichtlich gestellt. Als Beispiel projizierte er am Polit-Forum ein Pressebild, das nach der Tsunami-Katastrophe einen Strand voller Leichen zeigt (die Diagonale des Bildes wurde von Leichen gesäumt und wirkte dadurch sehr dynamisch). Unten im Bild lag eine zerknitterte Kinderpuppe im Sand, die für Jenatsch „sichtlich gestellt und somit nicht authentisch“ war. Jann Jenatsch bezeichnet dieses Bild als „pseudosymbolträchtig“. „Gute“ Pressebilder enthalten für ihn immer einen Menschen, so dass die Verbindung vom Rezipienten zum Bild durch „echte“ Authentizität sowie Elementen „aus dem Leben“ und somit durch ein hohes kollektives Identifikationspotenzial hergestellt werden kann.
Für Karl Pawek arbeitet der Fotograf nach „dem Prinzip Hoffnung“ indem er stets auf den Zufall wartet, der ihm das „perfekte“ Bild liefern soll. Ein erfolgreiches Pressefoto entsteht für Pawek in der Kombination von Intelligenz und Zufall (vgl. Pawek 1965: 9). Für Sachsse muss ein Bild, bezugnehmend auf John R. Whiting, neben den sieben professionellen Elementen der Bildkontrolle (Sachsse 2003: 89), primär „wahrhaftig“ sein. „Im Vordergrund muss die Wahrhaftigkeit des Dargestellten sein“ (Sachsse 2003: 95). Wenn Boltanski den Schwerpunkt auf Sensation legt, dann sind in der neueren Literatur Authentizität, Echtheit oder Ästhetik relevant. Hartmann fügt in der Fussnote zu den ästhetischen Anforderungen an, dass ein gutes Nachrichtenfoto über ein einfaches, klares Design verfügt. „Die Lehrbücher verweisen hier auf Regeln, wie die im Mittelpunkt der Nachricht stehende Person im Bild optimal positioniert werden kann“ (Hartmann 1995: 35). Neben dem richtigen Moment und dem passenden Objektiv ist für ihn ausserdem die richtige Blickrichtung für eine gute Aufnahme entscheidend.
2.7.2 Funktionen des Bildes
Ausgehend von Diagnosen aus der Praxis, geht die Arbeit auf die wissenschaftlichen Befunde ein. Zur Bestimmung des Pressefotos meinen Beifuss, Blume und Rauch, dass ein Pressebild nie ohne Zusammenhang präsentiert wird und grundsätzlich zu einer Nachricht, einem Bericht oder einer Reportage gehört. Auch wird es „ohne Text veröffentlicht, zu dem es ergänzende Funktion hat“ (Beifuss / Blume / Rauch 1984: 93). Rund zwanzig Jahre später legt Rolf Sachsse das Augenmerk auf die Fähigkeit des Pressefotos zur Übermittlung der Nachricht, also auf seinen primären Informationsauftrag. Es unterscheidet sich damit vom „handwerklichen“ oder künstlerischen Foto durch einen zeitlichen Bezug. Entweder „stellt es ein Ereignis dar, oder es formt eine Nachricht durch seine Publikation“ (Sachsse 2003: 66).
Das primäre Ziel des Bildes eine Nachricht zu verbreiten, hat sich seit der Einführung des Fernsehens gewandelt. Durch dieses schnellere Medium mit seiner Fähigkeit zur Live-Übertragung sowie den immensen Möglichkeiten der Neuen Medien, verlor die Fotografie ihre Vorreiterrolle. „Heute belegt das Pressebild eine Nachricht, die die meisten Menschen schon vom Fernsehen her kennen. Nur eine kleine Anzahl von Nachrichtenbildern aus der Fotokamera ist in der Tageszeitung oder als Standbild in Fernsehen und Internet noch als eigentliche Vermittler des Geschehens zu sehen“ (Sachsse 2003: 65). So bemerkt Sachsse, dass die Pressebilder im „optischen Zeitalter“ (Pawek 1963), also in durch Fernsehen und Multimedia dominierten Zeiten, „nicht mehr die ersten und schnellsten Überbringer schockierender Bild-Informationen“ sind, denn zunehmend „werden Bilder zu Objekten des Nachdenkens“ (Sachsse 2003: 66).
In der Untersuchung zum Wandel des Bildjournalismus in der schweizerischen Tagespresse im Zeitraum von 1978 bis 1993 erkennt Jürg Rathgeb keine markanten Veränderungen in Bezug auf die Funktion des Bildes. Die Illustrationsfunktion des Pressebildes, also dass das Bild keine wichtigen Zusatzinformationen zum Text liefert, ist nach wie vor dominierend. „Die Hauptfunktion des Pressebildes ist somit nach wie vor eine dienende, dem Text nachgeordnete. Selbst die zahlreichen Zeitungsrenovationen der letzten Jahre vermochten das Bild nicht aus dieser Sekundärrolle zu befreien“ (Rathgeb 1994a: 23, Hervorheb. i. O.). Aus der Perspektive der Transfer-Effekte, also wieweit ein Pressebild die anschliessende Bewertung des Textes beeinflussen kann[32], ermittelt Hartmann bei der Bildfunktion einen Verzicht zu Ungunsten einer sachlichen und ausgewogenen
Berichterstattung. Wenn beispielsweise der dramaturgische Moment oder die Konzentration auf ein Detail mit hoher emotionaler Wirkung im Zentrum der Darstellung stehen, betrachtet Hartmann, in Bezug auf die Vermittlung der Inhalte, die dramaturgische Funktion beim Pressefoto als besonders bedeutsam (Hartmann 1995: 36). Einen Lösungsansatz bietet Sabine Holicki an, indem sie drei Funktionsbereiche des Pressebildes definiert. Bei der dramaturgischen Funktion lockern die Pressefotos das Layout auf und strukturieren die Seite. Sie wecken Neugier, erzeugen Spannung und können als bildliche Schlagzeilen bezeichnet werden. Die illustrative Funktion übernimmt dann ein Pressebild, wenn es die Textberichterstattung in ihrer Aussage unterstützt, untermauert oder ergänzt (vgl. Holicki 1993: 35). Diese Funktion dient primär der Verdeutlichung einer Aussage. Wenn Pressebilder eine eigenständige Botschaft vermitteln, übernehmen sie eine journalistische Funktion. Das Bild kann der Textaussage entsprechen, ihr widersprechen, etwas hinzufügen oder sie kommentieren (vgl. a.a.O.: 35). Ein optimales Foto übernimmt sämtliche Funktionen, welche vom Kommunikationsziel abhängen, in unterschiedlichem Ausmass. Einen ergänzenden Katalog von Funktionen, der zur „Gewinnung oder Generierung von Aufmerksamkeit“ beiträgt, listet Miriam Meckel auf:
Informationsfunktion: Bilder liefern ergänzende Informationen.
Unterhaltungsfunktion: Bilder sorgen für Abwechslung.
Erlebnisfunktion: Bilder vermitteln das Gefühl, ein Ereignis ‚wirklichkeitsgetreu’ miterleben zu können.
Emotionalisierungsfunktion: Bilder können Gefühle und Stimmungen deutlicher ausdrücken, als dies ein informationsorientierter Text vermag.
Interpretationsfunktion: Bilder ermöglichen es, die Rezeption von Sachverhalten in einer Art und Weise zu beeinflussen und gelten daher als zentrales Medium des Wahrnehmungsmanagements.
(vgl. Meckel 2001: 26)
2.8 Berufsbild Bildjournalist, Aufgaben und Aufträge
Today, readers have little time and zero patience. They come home, check email, order a book on Amazon, flip on CNN and rifle through mail, catalogs, and your newspaper. This is your competition.
(www.mariogarcia.com)[33]
Im Zentrum steht hier der Fokus auf Bildproduktion und – vermittlung. Lange gab es im deutschsprachigen Raum keine befriedigende Definition für die Berufsbezeichnung des Bildjournalisten (vgl. Macias 1990: 43). Erst das 1978 vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV) beschlossene „Berufsbild des Journalisten“ schloss den Bildjournalisten ein und umreisst dessen Tätigkeit folgendermassen:
1. Bildjournalisten arbeiten in und für Redaktionen (Presse, Fernsehen, Agenturen, Korrespondenzen, Pressestellen).
2. Sie vermitteln Informationen über Vorgänge, Ereignisse und Sachverhalte mit visuellen Mitteln (z.B. Foto, Film, elektronische Aufnahme- und Wiedergabegeräte).
3. Bildjournalisten sind Wortjournalisten gleichgestellt. Ihre Spezialisierung richtet sich nach den technischen Gegebenheiten des Mediums.
(Beifuss / Blume / Rauch 1984: 9)
In seiner Analyse fügt Rolf Sachsse einen Tätigkeitskatalog an, der „möglichst alle Aspekte des Berufslebens“ vereinen soll (Sachsse 2003: 13). Das Spannungsfeld in dem sich ein Bildjournalist befindet, umfasst Interessen und Sachzwänge seitens der Massenmedien, der Behörden sowie der Agenturen. An einem Kongress des Deutschen Journalisten-Verbandes DJV wurde u.a. über den Überlebenskampf der Bildjournalisten diskutiert. So haben die neuen technischen Möglichkeiten vieles vereinfacht und vermehrt Freischaffende in den Markt „geschwemmt“, die die Preise drücken; so wurde in den letzten fünf Jahren oft Quantität vor Qualität geboten. Hinzu kommt, dass im deutschsprachigen Raum lange eine fundierte Ausbildung vernachlässigt worden war. Schon 1990 bereitete, vor dem Hintergrund der Weiterentwicklung der elektronischen Fotografie, die unbefriedigende Ausbildungssituation der Fotografen Grund zur Sorge. „In den meisten Fällen sind die Fachhochschulen, die heute visuelle Kommunikation lehren, Fotodesigner ausbilden, weder von der Ausstattung, noch von den Lehrenden auf diese Entwicklung vorbereitet. […] Alle Berufsbilder in diesem Bereich sind sehr diffus und die Anforderungsprofile sehr unterschiedlich“ (BVPA-Forum 1988: o.S. zit. nach Macias 1990: 256)[34]. Die Ausbildung im Fotobereich wurde ferner stiefmütterlich behandelt und kaum mit öffentlichen Mitteln gefördert. „Während in Deutschland Textredakteuren eine Kamera um den Hals gehängt wird (‚Mach‘ mal ein paar Bilder, wir haben gerade unseren Fotografen entlassen‘), vergeben dänische Zeitungen die Aufträge an gut ausgebildete Fotojournalisten“ (Deller–Leppert 2003: 39). Dass die Ausbildung lange daniederlag, bestätigen auch Sachsse und Beifuss, Blume sowie Rauch (Beifuss / Blume / Rauch 1984: 17 und Sachsse 2003: 45). Die Bemühungen sind daher in einem verstärkten Ausbildungsangebot und in der Schaffung von klaren Richtlinien fortzusetzen. „Die Qualität der Medien muss wieder besser werden; die Verlage dürfen nicht ausschliesslich von Kaufleuten bestimmt werden“ (Deller–Leppert 2003: 39). Damit verbunden sind Bedenken des Berufsstandes für die Zukunft, die Barbara Deller–Leppert in ihrem Aufsatz mit „Sterbende Zunft?“ betitelt hat. „Menschen werden Bilder brauchen, solange sie sehen können; ob diese Bilder von Fotografen gemacht sein müssen, gar von Bildjournalisten, wie sie heute ausgebildet werden - das ist so unklar wie die Zukunft der Kupferstecher während der Erfindung der Fotografie“ (Sachsse 2003: 64). Mit einer Prognose zum Konsum des Bildes von Barbara Deller–Leppert und somit zu einer möglichen Zukunft des Bildjournalisten schliesst dieser Teil: „Und so kann es in weiterer Ferne aussehen: Es gibt weniger Bild-Agenturen, die Leser konsumieren die Nachrichten mit bewegten Bildern online, der Abonnent in Brasilien bekommt seine aktuelle Zeitung als 1:1-E-Paper“ (Deller–Leppert 2003: 39).
2.9 Berufsethik und Presserat
„Ethik ist ein wichtiger Bestandteil. Wenn du nicht ethisch handelst, kannst Du das Leben von Menschen ruinieren“ (Jens–Kristian Søgaard, leitender Bildredaktor der dänischen Zeitung ‚Morgenavisen Jyllands-Posten‘ In: Deller–Leppert 2003: 38). Das Ziel einer Ethik des „öffentlichen Raumes“ ist medienbezogene Fragen zu thematisieren (vgl. Karmasin 1999: 343). „Eine Diskussion von Medienethik als Steuerungsressource innerhalb der Medienpolitik ist zwar auszumachen, von einer Etablierung entsprechender Ansätze kann jedoch nicht die Rede sein“ (Jarren / Scholten-Reichlin 2001: 251). Der Schweizer Presserat ist das wichtigste Organ zur Selbstkontrolle der Mediensysteme und dessen Aufgabe besteht darin, „dem Publikum und den Medienschaffenden als Beschwerdeinstanz für medienethische Fragen zur Verfügung zu stehen“ (Jarren / Scholten-Reichlin 2001: 252).
Dieser Rat überwacht die Einhaltung der Standesregeln im schweizerischen Mediensystem und bearbeitet Beschwerden. Seit dem Wechsel im Präsidium von Roger Blum zu Peter Studer am 1. März 2001[35] bemüht sich der Rat zunehmend um Transparenz. Er leitet bei „Verstössen“ gegen den Kodex gegebenenfalls ein Verfahren ein, selbst wenn keine Beschwerde vorliegt, wie das Beispiel Borer zeigt. „Zwar hatten Verleger Ringier und Botschafter Borer für viel Geld einen Vergleich geschlossen, in dessen Rahmen Borer die Presseratsbeschwerde zurückzog. Der Presserat bestand darauf, aus grundsätzlichen Überlegungen selber den Schlussstrich zu ziehen“ (vgl. Blum / Studer 2003: o.S.).
Mit den öffentlichen Auftritten stieg die Beachtung des Presserates, dem, als europäische Besonderheit[36], kein Verleger angehört. Die strukturelle Öffnung des Presserates hatte substanziell drei Folgen. Erstens steigerte sie den Bekanntheitsgrad und damit auch die Zahl der Beschwerden, zweitens erhielt der Presserat für die Ernsthaftigkeit seiner Arbeit von den Meinungsführern zunehmend Anerkennung und drittens wurde der berufsethische Kodex in der Branche zum Allgemeingut (vgl. Blum / Studer 2003: o.S.). „Der Presserat wacht als Selbstkontrollorgan über die Einhaltung der ‚Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten‘. Die darin formulierten Standesregeln beinhalten z.B. Postulate zur Wahrheitspflicht, zur Unabhängigkeit, zum Objektivitäts- und Transparenzgebot, zum Verbot unlauterer Beschaffungsmethoden oder etwa die Berichtigungspflicht“ (Wyss 2001: 270).
Empirische Befunde bewerten das effektive Potenzial der standesethischen Kodizes zur Sicherung journalistischer Qualität widersprüchlich. Wyss stellt eine klare Sicherung der Qualität durch Standesregeln in Frage (vgl. Wyss 2000: 29). Demgegenüber zeigt Dona Schwartz in ihrer Analyse, dass die Kodices in hohem Masse übereinstimmend sind. In der Literatur existiert eine Übereinstimmung darüber, was es als professionelle Aufgaben, Normen und Qualitätskriterien von Bildjournalisten zu beachten gilt (Schwartz 1992: 108)[37]. Ohne weiter auf die wissenschaftliche Literatur einzugehen, ist für diese Fragestellung relevant, dass der Pressekodex im täglichen Kampf um das beste Bild ab 2002 Bestandteil des schweizerischen Journalistenausweises ist und dass die Medienschaffenden diese Richtlinien durch ihre Unterschrift anerkennen (vgl. Blum / Studer 2003: o.S.). Im Gegensatz zu Deutschland, hat der schweizerische Pressekodex keinen Hinweis spezifisch zum Bildjournalismus. Im deutschen Kodex ist ein ganzer Katalog dem Thema „Recherche“ gewidmet, worin unter Ziffer 4 klare Richtlinien für Bildjournalisten enthalten sind: „Bei der Beschaffung von personenbezogenen Daten, Nachrichten, Informationen und Bildern dürfen keine unlauteren Methoden angewandt werden“ (www.presserat.de)[38]. Martin Künzi vom Sekretariat des Schweizer Presserates bestätigt in einem Email[39], dass es keinen Kodex speziell für Bildjournalisten gibt. „Die ‚Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten‘ und die zugehörigen Richtlinien richten sich an alle Medienschaffenden einschliesslich der Bildjournalist/innen“.
3. Modelle und Systematisierungen
Dieser Teil will im Vorfeld der von der Wissenschaft empirisch bestätigten Modelle nicht die Theorien angehen, sondern ergänzende Aspekte vorstellen.
3.1 Ressort Ausland
In einem Seminar bei Martin Gollmer im Jahre 1999 an der Universität Bern wurde das Thema „Auslandjournalismus“ angegangen. Eingeladen waren Akteure im Nachrichtenfluss. Das Programm umfasste neben Spezialgebieten[40], die Angebots-[41], die Produzenten-[42] sowie die Nachfrageseite[43]. Die Gäste referierten über ihre Tätigkeiten mit Fokus auf die Auslandberichterstattung. So hat die NZZ in der Auslandberichterstattung eine klare Kernkompetenz und betrachtet das Ressort Ausland als prioritär. Von den durchschnittlich 12‘900 Seiten pro Jahr, sind rund 2‘000, also rund 15 Prozent des gesamten Angebots, dem Ausland gewidmet[44]. Auch wenn Ende der 90er Jahre die Etats reduziert worden sind, verfügen die NZZ, der Tages-Anzeiger, der Bund sowie die Basler Zeitung über ein für die Schweiz vergleichsweise umfassendes Korrespondentennetz. Alexander Grass[45] beschreibt den Auslandjournalismus medienübergreifend nach 1989 als komplexer. Mit dem Ende des Kalten Krieges ist die internationale Berichterstattung vielschichtiger geworden. Ausserdem löste ein multipolares Weltsystem mit zahlreichen Interessengegensätzen das klassische „Ost-West-Schema“ ab. Mit der Globalisierung der Märkte sowie des Kapitals, der Internationalisierung der Produktion oder der Kommunikation müssen neue Bewegungen in der Berichterstattung berücksichtigt und eingeordnet werden. Der damals stellvertretende Auslandchef und heutige[46] Redaktor Peter Kleiner[47] der Schweizerischen Depeschenagentur SDA referierte über diesen Selektionsprozess sowie die damit verbundene Schwerpunktsetzung. Er skizzierte eine Systematik von Triagekriterien, die den internationalen Nachrichtenfluss und somit das Angebot in den schweizerischen Zeitungen massgeblich beeinflussen. Die Richtlinien, die er auch als „aufgeklärte Willkür“ bezeichnete, lassen sich folgendermassen darstellen (nach Relevanz geordnet):
1. Nachbarländer
2. „Grossmächte“
3. Europa – Europäische Union
4. Osteuropa, Schwellenländer, „Emerging Markets“
5. Weltpolitische Prozesse (Terrorakte, Naturkatastrophen)
6. Internationale und supranationale Organisationen, IKRK usw.
7. Lateinamerika, Asien, Afrika
8. Entwicklungszusammenarbeit
Diese Einschätzungen werden durch wissenschaftliche Untersuchungen bestätigt. In Zeiten weltweiter politischer, ökonomischer, sozialer und technologischer Verflechtungen kommt der Auslandsberichterstattung eine entscheidende Bedeutung zu. „Vor dem Hintergrund rasanter Fortschritte der Kommunikationstechnologie und zunehmender Deregulierung wurde die Berichterstattung expandiert, diversifiziert, internationalisiert und kommerzialisiert“ (Berens et al. 1998: 60). Die Massenmedien übernehmen auf internationaler Ebene die Wahrnehmung für den Rezipienten. Im Gegensatz zum Fernsehen, das primär unterhaltende Funktion hat, bietet die Presse als Informationsmedium mehr Raum für Auslandnachrichten (vgl. Fechter / Wilke 1998: 44). Bei einer Bildanalyse der Nachrichtenagenturen DPA, AP und Reuters stellen Fechter und Wilke fest, dass bei allen drei Anbietern Bilder aus der Politik zwar dominieren (vgl. Fechter / Wilke 1998: 99), jedoch kann anhand der Studien von Rathgeb festgestellt werden, dass das Ressort Ausland von 1978 bis 1993 in jeder Phase einer Zeitungsrenovation Anteile an andere Ressorts eingebüsst hat (Rathgeb 1993: 141).
3.2 Regionalismus
In direktem Zusammenhang mit der Auswahl des Ressorts befindet sich der Regionalismus, also die Frage, welche Variablen die Auslandberichterstattung sowie den internationalen Nachrichtenfluss bestimmen. Die Beachtung von Ländern in Auslandnachrichten ist in hohem Masse durch die Struktur internationaler Verknüpfungen sowie von den Merkmalen der Ereignisse bestimmt. Neben den von Galtung und Ruge (vgl. 1965a: 67) relevanten Nachrichtenfaktoren wie die politische oder kulturelle Nähe des „Berichtslandes“ zum „eigenen Land“ betrachtet Staab ausserdem die geografische oder wirtschaftliche Nähe als zentral und definiert somit einen (Elite-)Status (Machtstatus) eines Landes als bedeutsame Eigenschaft (Staab 1990: 120). Zur Frage, welche Merkmale eines Landes für eine Berichterstattung in der schweizerischen Presse entscheidend sind, werden in der wissenschaftlichen Literatur diverse Punkte angeführt. Schulz bezeichnet den Faktorenkomplex „wirtschaftliche, wissenschaftliche und militärische Macht“ des Ereignislandes zusammenfassend als Status oder „nationale Zentralität“ eines Landes (Schulz 1976: 33). Im selben Kontext spricht Staab von der „Bedeutung der Nationen“ (Staab 1990: 120). Marie-Therese Guggisberg untersuchte, welchen Ländern die Berichterstattung in der Schweiz das grösste Interesse entgegengebracht wurde. Ausserdem stellt sie, sich u.a. auf die Distanz-Theorie (Gantzel 1972) berufend, eine Rangfolge der für die Schweiz relevantesten Länder auf (Guggisberg 1974: 5)[48]. Bei den Merkmalen zur Beurteilung des Nachrichtenwertes von Ländern werden oft Beziehungen im politischen, militärischen, wirtschaftlichen sowie kulturellen Bereich festgehalten. In Anlehnung an Galtung und Ruge (vgl. 1965a: 67) systematisiert Wyss die fünf Nachrichtenfaktoren in die Komplexe Ablauf, Anlass, Modalität, Folgen und Akteure, die die Auslandberichterstattung sowie den internationalen Nachrichtenfluss beeinflussen (vgl. Wyss 2001: 273).
Die Vereinigten Staaten sowie Westeuropa erhalten in den Nachrichten grössere Beachtung als die Entwicklungsländer (Mohammadi 1990: 267). Mit der globalen Verschiebung geopolitischer Strukturen bildete sich eine neue internationale Nachrichtengeographie und nachrichtenpolitische Lage heraus. Auf diesen zusätzlichen Aspekt der internationalen Berichterstattung im Zusammenhang einer neuen Weltinformationsordnung, dem „kulturellen Imperialismus“ (Schenk 1987: 38, Meier / Schanne 1980: 19), einer so genannten Verzerrung der Nachrichten aus den Entwicklungsländern durch multinationale Agenturen, kann nicht akkurat eingegangen werden.
3.3 Emotionalisierung
Ein Bild sagt immer etwas aus. Eine Redensart, die in der Reportagefotografie verwendet wird, dass nur dargestellte Emotionen den Betrachter bei einem Bild verweilen lassen. Uwe Pörksen meint zu diesen Bildern, die in Verbindung zu Schlüsselreizen stehen: „Sie sind umgeben von einem starken Assioziationshof von Gefühlen und Wertungen […]. Es geht eine beträchtliche Bannkraft von ihnen aus“ (Pörksen 1997: 28). Für Christian Rentsch vom Tages-Anzeiger sprechen Bilder Emotionen an. „Sie heizen sie an oder bringen sie wieder hoch“[49]. Zur Bildkommunikation in der Werbung stellt Werner Kroeber-Riel fest, dass Bilder besser als Sprache dazu geeignet sind, emotionale Erlebnisse auszulösen (vgl. Kroeber-Riel 1993: 14). Sie können dadurch Schlüsselreize auslösen und somit die Werbewirkung verstärken (vgl. Strassner 2002: 16). Aus der Perspektive des praktizierenden Bildjournalisten bezeichnet Rolf Sachsse die „emotionale Wirkung von Fotografien stärker denn je“. Seiner Meinung nach „verfliegt“ der Eindruck mittels Fernsehen oder Videosequenz allzu schnell, „um sich im Gedächtnis festzuschreiben. Fotografien hingegen können das noch immer erreichen“ (Sachsse 2003: 66). „Sick Sentimentalls nennen amerikanische Journalisten jene Bilder, auf denen leidende und sterbende Menschen zu sehen sind“. Diese Bilder seien zwar oft schockierend, aber hauptsächlich auf kurzfristige Effekthascherei aus. „Die moralische Entrüstung über diese Bilder ist oft selbst Heuchelei“ (Sachsse 2003: 79). „Kriege, Hungersnöte, Erdbeben, Vulkanausbrüche: Das sind die ‚tough jobs‘ der Bildjournalisten […]. Hier muss man mitten im Geschehen sein, nah herangehen, im besten Sinn des Wortes teilhaben und mitleiden“ (Sachsse 2003: 80). Im Vergleich zum Golfkrieg 1991 meint Barbara Basting vom Tages-Anzeiger, dass der gegenwärtige Krieg im Irak auch ein „Krieg der Bilder“ sei (Basting 2003: 53). Die Bildredaktorin Béatrice Geistlich des Tages-Anzeigers bezeichnet das Bildangebot gegenüber 1991 zudem quantitativ als massiv vergrössert und somit auch als vielfältiger. Es dominiere jedoch „die Optik der Angreifer“ (a.a.O.). Beim systematischeren Betrachten der enormen und sich fortwährend erneuernden Bildmenge stellt der Chefredaktor der „Bildredaktion“ des Tages-Anzeigers Remo Lötscher eine damit verbundene Erschwerung der Selektion fest. Ausserdem werden heute auf dem gelieferten Bildmaterial mehr zivile Opfer gezeigt als 1991. „Heute seien - auf Grund einer gesunkenen Schwelle gegenüber brutalen Bildern - viel mehr grausame Bilder im Angebot der Agenturen als noch vor zehn Jahren. Der von Barbara Basting zitierte Lötscher bringt diesen Umstand mit der folgenden Formel auf den Punkt: „Alle gehen näher ran, die Drastik nimmt zu“ (vgl. Basting 2003: 53). Im Gegensatz dazu zitiert 1965 Luc Boltanski einen Fotografen der Zeitung „France Soir“: „Leichen darf man zeigen, aber wohlgemerkt wenn ein Mann oder eine Frau aus dem dritten Stock springen, die kann man aufnehmen, solange sie noch nicht unten sind, aber Tote auf der Erde, unmöglich“ (Boltanski 1965: 138).
Vom wissenschaftlichen Blickwinkel aus betrachtet, eignen sich zur Emotionalisierung der Betrachter als Blickfang „reisserische“ Attrappen, seien sie nun negativ oder positiv konnotiert, sehr gut. „Bestimmte Bilder, etwa solche von ölverklebten Wasservögeln nach einem Tankerunfall, werden bei der Rezeption mit Emotionen gekoppelt“ (Strassner 2002: 5). Mit Bezug auf Werbeplakate im Stil von Benetton, jedoch ohne Angaben empirischer Evidenzen, erschüttern solche Bilder gemäss Strassner stärker als die Schilderung des Vorfalls (a.a.O.). Im Gegensatz zur sachlichen und ausgewogenen Berichterstattung in einem Text, verfügt das Pressefoto, das einen dramaturgischen Moment zeigt oder sich auf ein Detail mit hoher emotionaler Wirkung konzentriert, über besondere Funktionen (vgl. Hartmann 1995: 36). Bei einem Vergleich des Bildangebotes der Nachrichtenagenturen DPA, AP und Reuters stellen Fechter und Wilke dagegen primär die Vermittlung von sachlichen Inhalten fest. Stimmungsgeladene Bildinhalte sind selten (Wilke / Fechter 1998: 110). Für Strassner steht fest, dass eine Bildnachricht eine stärkere Beeinflussung ausüben kann als eine Textnachricht. „Sie kann mehr emotionalisieren und meinungsbildend wirken“ (Strassner 2002: 24).
3.4 Personalisierung
Die Emotionalisierung steht in direkter Beziehung zur Personalisierung. Weil Personenfotos im Bilderangebot eine wesentliche Rolle spielen, widmet ein Pressefotograf rund 90 Prozent seiner Arbeit dem Fotografieren von Menschen (vgl. Beifuss / Blume / Rauch 1984: 108). Gerade im Bereich der politischen Berichterstattung sind Personenfotos ein entscheidendes Instrument zur Identifikation. Auf den sich vollziehenden Strukturwandel in der Öffentlichkeit stellen Donges und Imhof eine massive „Personalisierung der politischen Kommunikation“ (Donges / Imhof 2001: 126) fest. Politische Ideen und Entwicklungen werden vielfach mit den entsprechenden Personen verknüpft, die sie vertreten oder initiieren. Die Berichterstattung konzentriert sich auf die Darstellung der Handlungsträger. Damit ist der Personalisierungsgrad politischer Nachrichtenbilder deutlich höher als bei Bildern anderer Ressorts. „Visuelle Politikdarstellung durch Nachrichtenbilder ist fast ausschliesslich Personendarstellung bzw. durch ein hohes Mass an Personalisierung geprägt. Politik wird somit nur im Handeln von Personen anschaubar, ja dadurch ‚materialisiert‘“ (Hofmann 1999: 165).
[...]
[1] Kulturgeschichte definiert sich aus: Sprache, Schrift und Alphabetisierung als Voraussetzung der Mediennutzung und Medien als Instanzen der Kulturvermittlung.
[2] Wirtschaftsgeschichte definiert sich aus: Medientechnik und -organisationen als Antwort auf die Bedürfnisse der Wirtschaft.
[3] Technikgeschichte definiert sich aus: Innovationen wie Post, Buchdruck, Eisenbahnen, Telegrafie, Radio, Kino, Fernsehen, Video, Internet, Datenautobahnen als Beschleuniger der Medienentwicklung und Vereinfacher der Kommunikation.
[4] Produkte-, Institutionen- und Journalismusgeschichte definieren sich aus: Pionierleistungen einzelner Medien, Verleger oder „Opinion Leaders“.
[5] Telefonat mit Katharina Burri, der ehemaligen Bildredaktorin der NZZ im September 1999.
[6] http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Weblog&oldid=20221343 (12.04.2006).
[7] Steve Outing In: http://poynter.org/column.asp?id=31&aid=65588 (12.04.2006).
[8] Originaltext vergriffen oder nicht beschaffbar.
[9] Bernd Niebuhr ist gemäss Email vom 12.10.2005 der stellvertretenden Bildredaktorin Daniela Bacchi der Berner Zeitung BZ im Jahre 2002 verstorben.
[10] Die Cornea-Reflex-Methode wird ausführlich in Knieper / Müller 2001: 26 beschrieben.
[11] Der Titel der Studie hiess: „Eyes on the News“ (Koschnick 1991: 39).
[12] Email vom 22. September 2004.
[13] Peter M. Gehrig war 2003 in Frankfurt Chefredaktor des deutschen Dienstes von
Associated Press.
[14] Telefonat vom 06.05.2005.
[15] Peter Kleiner in einem Referat am 08.04.1999 im Sitz der SDA AG in Bern.
[16] http://www.imagepoint.biz/info_about.php (21.08.2006).
[17] http://www.persoenlich.com/news/show_news.cfm?newsid=21045&criteria=bild- agentur (30.08.2002).
[18] http://www.corbis.com/corporate/overview/ (12.10.2004).
[19] http://www.corbis.com/corporate/overview/ (12.10.2004).
[20] dpa.
[21] http://www.presseportal.de/story.htx?nr=386748&firmaid=8218 (12.04.2006).
[22] http://www.newsaktuell.ch/d/story.htx?nr=100020974&search=bildagentur (12.07.2004).
[23] Das populäre System APIS wurde in Deutschland in der Vergangenheit zu einer „Standardsoftware für die Bildrecherche“ (Lehmann 2001: 52) und das weniger verbreitete Phraséa waren die ersten Bildatenbanken, in denen sich online recherchieren liess.
[24] Originaltext vergriffen oder nicht beschaffbar.
[25] 56 Prozent.
[26] Telefonat vom 8. Oktober 2004 mit der Bildredaktorin Margareta Sommer.
[27] http://www.keystone.ch/public/showPage.do?name=portrait (03.05.2006).
[28] http://www.newsaktuell.ch/d/story.htx?nr=100471437&search=bildagentur (30.01.2004).
[29] http://about.reuters.com/pictures/pictures/products.htm (16.08.2005).
[30] Museumsnacht Bern, 18.03.2005, 2200 Uhr, Röbi Koller mit Gästen im Käfigturm Bern, Ein Polit-Forum des Bundes zum Thema: „Die Wirkung des Pressebildes“, Eingeladene Gäste waren: Prof. Roger Blum, Direktor Institut für Medienwissenschaft Universität Bern und Urs Moser, Bundeshausredaktor „Blick“.
[31] Boltanski gibt seine Quellen höchst unwissenschaftlich an: Beim Verweisen auf Aussagen von Berufsleuten aus der Praxis heisst es jeweils „Photograph, France-Soir“ oder „Zeichner, Paris-Soir“. So wird kein Verweis auf die namentliche Quelle erbracht.
[32] Thomas Hartmann, Transfer-Effekte: Der Einfluss von Fotos auf die Wirksamkeit nach folgender Texte, 1995.
[33] http://www.mariogarcia.com/NeArticl.asp?PageId=222 (09.09.2004).
[34] Originaltext vergriffen oder nicht beschaffbar.
[35] http://www.pressetext.ch/pte.mc?pte=010208024 (02.05.2006).
[36] Nur noch Malta hat ebenfalls keinen Interessenvertreter der Verlegerseite im
Presserat.
[37] http://sjmc.cla.umn.edu/faculty/schwartz/contents/contents.html (15.04.2006).
[38] http://www.presserat.de/site/pressekod/kodex/index.shtml (07.07.2004).
[39] Email vom 14. Dezember 2004.
[40] - Welt-Nachrichtensender BBC und CNN Eingeladen: Heiner Hug, Auslandchef
beim SF DRS.
- „Diplomatic and International Reporting“.
Eingeladen: Markus Mugglin, EU-Korrespondent von Radio DRS und Andreas
Zumach, UNO-Korrespondent der Berli ner taz.
- Berichterstattung über Entwicklungsländer.
Eingeladen: Roman Berger, Russland-Korrespondent des Tages-Anzeigers
- Kriegsberichterstattung.
Eingeladen: Cyrill Stieger, ehemaliger Jugoslawien-Korrespondent der NZZ
- Das Bild in der Auslandberichterstattung.
Eingeladen: Michael von Graffenried, Fotograf.
[41] - Reinhard Meier, stellvertretender Auslandchef der NZZ und Christoph.
Vollenweider, Auslandredaktor beim Zürcher Oberländer.
[42] - Peter Kleiner, stellvertretender Auslandchef bei der SDA und Bernadette.
Calonego, Schweizer Korrespondentin der Süddeutschen Zeitung.
[43] - Alexander Grass, Auslandchef beim Radio DRS und Michaela Kozelka,
Redaktionsleiterin beim Radio BE1 (ehemals Radio Förderband).
[44] - Reinhard Meier in einem Referat am 25.03.1999 an der Universität Bern zum Thema
„Formale und inhaltliche Strukturen der Auslandberichterstattung mit Fokus auf die
Neue Zürcher Zeitung“.
[45] Alexander Grass in einem Referat am 06.05.1999 an der Universität Bern zum Thema
„Nachfragesituation generell: Wie wird die Auslandberichterstattung genutzt?“
[46] Telefonat vom 06.05.2005.
[47] Peter Kleiner in einem Referat am 08.04.1999 im Hauptsitz der Schweizerischen
Depeschenagentur SDA AG.
[48] Dabei wird das Konzept der Distanz-Theorie verwendet, das ein Set von Distanzen als
Indikatoren für die Intensität von Beziehungen der Akteure des internationalen
Systems untereinander entwickelt hat (Gantzel 1972).
Als relevante Indikatoren gelten folgende:
- die geographische Distanz (Entfernung der Akteure voneinander);
- die Verkehrsdistanz (Kosten und Dauer zur Überwindung der Distanz);
- die kulturelle Distanz (rassische, sprachliche, ethnische Unterschiede);
- die wissenschaftlich-technische Distanz;
- die politische Distanz (unterschiedliche Regierungssysteme);
- die wirtschaftliche Distanz (Höhe von Import / Export);
- die Status-Distanz (Gefälle im diplomatischen Status, Machtstatus)
(vgl. Guggisberg 1974: 5).
[49] Rentsch, Christian (2001): Off the Record. Über die heimliche Macht der Bilder
In: Tages-Anzeiger, 20.09.2001; S. 77.
- Citar trabajo
- Ralf Thür (Autor), 2006, Das Bild ist die Botschaft. Fotos in der Auslandberichterstattung der Deutschschweizer Tagespresse, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72997
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