Diese Ausarbeitung setzt sich mit der Frage auseinander ob es PETER HANDKE in seiner modernen Auslegungen des Don Juan-Stoffes gelungen ist selbigen in das Gewand des 21. Jahrhunderts zu kleiden.
In diesem Sinne wird HANDKES Buch “Don Juan (erzählt von ihm selbst)“ kritisch betrachtet: Wird seine Don Juan-Interpretation überhaupt seiner Rolle gerecht? Ist dies, in unsere moderne Zeit gestellt, überhaupt möglich?
Bevor jedoch diese Frage beantwortet werden kann, beleucht der Text zunächst in historischer und inhaltlicher Hinsicht was einen “wirklichen“ Don Juan überhaupt ausmachen könnte. Letztendlich wird sich herausstellen das es nicht nur einen großen Unterschied zwischen der tradierten Don Juan-Figur und dem handkeschen Don Juan gibt. Vielmehr versucht der Text die Notwendigkeit der Weiterentwicklung literarischer Stoffe im Laufe der Zeit aufzuzeigen.
Nicht zuletzt wird dadurch auch versucht nachzuweisen woher diese Variation des Don Juan-Mythos ihre Daseinsberechtigung gegenüber der überwältigenden Anzahl der vor ihr erschienen Stoff-Adaptionen bezieht.
Schlagwörter: Don Juan, Handke, Mythos, Liebe, Emanzipation, Moderne, Gesellschaft
Inhalt
1. Einleitung
2. Was macht den Don Juan-Mythos aus?
2.1. Wann ist eine literarische Figur als Don Juan zu betiteln?
2.2. Das Verführermotiv
3. Ist Peter Handkes Don Juan der Moderne noch ein Don Juan? – ein Vergleich
4. Ein Mythos wird neu aufgelegt
5. Abschluss
Literaturverzeichnis
1.Einleitung
„Ist in unserer emanzipierten Gesellschaft noch Platz für einen Don Juan?“, als ich diese Frage, zu Feldforschungszwecken, Passantinnen in den Potsdamer Platz Arkaden stellte, fing ich mir schneller Ohrenfeigen ein, als ich mich versehen konnte. Wie die meisten Menschen hatten diese Damen, beim Namen “Don Juan“, das Bild des frauenfressenden Unholdes im Kopf und projizierten dessen Absichten auf den dreisten Interviewer. Indirekt scheint damit eine Antwort auf die Frage gegeben. Jedoch nur im Bezug auf die althergebrachte Interpretation des Don Juan-Stoffes.
Die Folgende Arbeit versucht Handkes Unterfangen zu reflektieren, den Don Juan-Mythos[1] in das Gewand des 21. Jahrhunderts zu kleiden. Dieser “Mythos“ beschäftigt unsere literarische Welt seit fast vier Jahrhunderten, wie kaum ein anderer. Über dreitausend Versionen[2] zählt mittlerweile die umfassende Don Juan-Bibliografie Singers. Im Folgenden möchte ich mich auf Peter Handkes Buchversion: “Don Juan (erzählt von ihm selbst)“ beziehen, welche eine der modernsten Auslegungen des Themas darstellt. Darin liegt auch schon der Hauptgrund für die Wahl des Themas meiner Hausarbeit. Als Philosophiestudent liegt es mir im Blut, nicht nur Wissen wiederzukäuen, sondern auch selbst in unbekannten Gefilden zu forschen. Dieses Buch verkörpert ein solches Terrain, da, erst 2004 verfasst, sich bis heute lediglich eine Anzahl von Rezensenten dazu äußerten.
Warum Peter Handke überhaupt den Don Juan-Stoff aufgriff, soll uns hier weniger beschäftigen. Denn wie wir im Seminar lernten, hat die Germanistik keinen Kniefall mehr vor der Autorenintension nötig und so betrachte ich das Werk unabhängig von selbiger.
Bevor jedoch die Frage beantwortet werden kann, ob Handkes Don Juan ein wirklicher Don Juan ist, wird ein anderer – diesbezüglich entscheidender – Aspekt zu beleuchten sein. Es ist zu klären, was überhaupt einen “wirklichen“ Don Juan ausmacht.
2.Was macht den Don Juan-Mythos aus?
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Juans starker Abgang: von den Frauen gedeckt[3]
2.1.Wann ist eine literarische Figur als Don Juan zu betiteln?
Nach Frenzel[4] findet sich die erste literarische Prägung des Don Juan-Themas in Tirso de Molinas Drama El Burlador de Sevilla y convidado de piedra (Der Spötter von Sevilla und der steinerne Gast; Uraufführung 1613 in Madrid). Wurde der junge Draufgänger hier noch am Ende für seine Frevel mit dem Tode bestraft, rückte dieses Element in späteren Adaptionen mehr und mehr in den Hintergrund. Zunächst überwogen klar die burlesken Züge der Figur. Erst in Molières Version wurde diese zum skrupellosen Herzensbrecher. Seine Interpretation Dom Juan ou Le Festin de pierre (Don Juan oder Das steinerne Gastmahl; 1665 im Théâtre du Palais-Royal in Paris uraufgeführt) stellt die zweite klassische Fassung des Themas dar. Intelligenter, weniger leidenschaftlich, aber auch böser (weil Reue vortäuschend um in die Betten der Frauen zu gelangen), war dieser Don Juan. Leicht abgewandelt, wurde er so von der dritten, klassischen Version Mozarts und Da Pontes Il dissoluto punito o sia Il Don Giovanni (Der bestrafte Verführer oder Don Juan; Uraufführung 1787 in Prag) aufgegriffen. Ein Groß der späteren Bearbeitungen orientierte sich an diesem Dreiergespann der großen, frühen Fassungen.
[...]
[1] Ich verwende diesen Begriff nur insoweit, als der Verständnisprozess zwischen den Geschlechter bis heute nicht abgeschlossen ist und damit eine gewisse Rätselhaftigkeit einhergeht.
[2] Vgl.: Armand E. Singer: The Don Juan Theme: An Annotated Bibliography of Versions, Analogues, Uses, and Adaptions. Morgantown 1993.
[3] Aus: Jürgen Wertheimer: Don Juan und Blaubart. Erotische Serientäter in der Literatur. München 1999, S. 72.
[4] Vgl.: Elisabeth Frenzel: Stoffe der Weltliteratur. Ein Lexikon dichtungsgeschichtlicher Längsschnitte, 6., verb. u. um e. Reg. erw. Aufl., Stuttgart 1983, S. 156-161.
- Citation du texte
- Marcel Nakoinz (Auteur), 2007, Ist Peter Handkes "Don Juan" des 21. Jahrhunderts noch ein Don Juan?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72961
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