1. Einleitung
„Die Kette bricht! Frei heben die Gedanken
sich aus der vollen Brust! – Entfesselt ist das Wort!
Der Geist wird hell und leuchtet durch die Schranken,
die nun zertrümmert sind, wie Sonnenschein hinfort.
Das freie Wort, o Freunde, zu bewahren,
zu schützen es mit Kraft, ist uns´re heil´ge Pflicht,
Und drohen ihm auch mancherlei Gefahren,
wo ernster Will lebt, da fällt die Freiheit nicht.“1
Mit diesem Gedicht, das den Titel „Die Preßfreiheit“ trägt, eröffnet die Zeitung „Der Odenwälder“ sein erste Ausgabe nach Aufhebung der Zensur. Das freie Wort konnte nicht bewahrt werden, sondern bekam nach nicht ganz 20 Monaten wieder das Korsett der Zensur angelegt. Ziel meiner Arbeit ist es zunächst einen kurzen Überblick über die allgemeine Entwicklung der Kommunikationsrevolution zu geben, um dann im Anschluß den Odenwälder vorzustellen, eine Zeitung, die, im Vormärz 1846 gegründet, sich auf Unterhaltung beschränken mußte, um dann im Zeichen der Revolution aufzublühen, aber schließlich, von der Reaktion ins Korsett der Zensur zurückgedrängt, den Atem aufgibt und 1852 eingestellt wird. In diesen sechs Jahren von 1846 bis 1852 hat sich viel verändert, auch die Einstellung und politische Ausrichtung des Verlegers Leonhard Delp, auf den ich aber nur am Rande eingehen werde. Im Mittelpunkt steht eindeutig der Odenwälder und seine Wandlungen im Zeichen von Vormärz, Revolution und Reaktion.
Inhalt
1. Einleitung
2. Die Kommunikationsrevolution
3. Der Odenwälder – Gründung im Vormärz
3.1. Der Odenwälder und die Revolution
3.2. Reaktion... - auch beim Odenwälder
4. Schlußbemerkung
5. Quellen und Literaturverzeichnis
6. Anhang
1. Einleitung
„Die Kette bricht! Frei heben die Gedanken
sich aus der vollen Brust! – Entfesselt ist das Wort!
Der Geist wird hell und leuchtet durch die Schranken,
die nun zertrümmert sind, wie Sonnenschein hinfort.
Das freie Wort, o Freunde, zu bewahren,
zu schützen es mit Kraft, ist uns´re heil´ge Pflicht,
Und drohen ihm auch mancherlei Gefahren,
wo ernster Will lebt, da fällt die Freiheit nicht.“[1]
Mit diesem Gedicht, das den Titel „Die Preßfreiheit“ trägt, eröffnet die Zeitung „Der Odenwälder“ sein erste Ausgabe nach Aufhebung der Zensur. Das freie Wort konnte nicht bewahrt werden, sondern bekam nach nicht ganz 20 Monaten wieder das Korsett der Zensur angelegt. Ziel meiner Arbeit ist es zunächst einen kurzen Überblick über die allgemeine Entwicklung der Kommunikationsrevolution zu geben, um dann im Anschluß den Odenwälder vorzustellen, eine Zeitung, die, im Vormärz 1846 gegründet, sich auf Unterhaltung beschränken mußte, um dann im Zeichen der Revolution aufzublühen, aber schließlich, von der Reaktion ins Korsett der Zensur zurückgedrängt, den Atem aufgibt und 1852 eingestellt wird. In diesen sechs Jahren von 1846 bis 1852 hat sich viel verändert, auch die Einstellung und politische Ausrichtung des Verlegers Leonhard Delp, auf den ich aber nur am Rande eingehen werde. Im Mittelpunkt steht eindeutig der Odenwälder und seine Wandlungen im Zeichen von Vormärz, Revolution und Reaktion.
2. Die Kommunikationsrevolution
Das lange 19. Jahrhundert ist nicht nur das Jahrhundert der politischen Revolutionen, sondern auch das der Kommunikationsrevolution. Diese Kommunikationsrevolution gliedert sich in verschiedene Elemente; die Infrastruktur verbessert sich ungemein, es entstehen erste Verkehrsnetze und ab 1834 rollt die erste Eisenbahn im deutschsprachigen Raum. Zur Folge hat dies eine ungeheure Beschleunigung der Reisegeschwindigkeit, wodurch die ersten Ansätze für eine mobile Gesellschaft entstehen. Natürlich nehmen die Reisenden nicht schlagartig zu, aber diejenigen die unterwegs sind, kommen bedeutend schneller vorwärts und mit ihnen die Neuigkeiten und Nachrichten. Die Entwicklung beschleunigte sich ab 1848 nochmals durch die Einführung des elektrischen Telegraphen. Zwar konnten Nachrichten theoretisch seit Ende des 18.Jahrhunderts mit Hilfe von Optischen Telegraphen schneller als die schnellste Reisemethode weitergeleitet werden, jedoch kam dies erst mit dem elektrischen Telegraphen zum routinemäßigen Gebrauch und somit zum Durchbruch.
Neben dieser ungeheuren Beschleunigung der Nachrichtenübermittlung, verändert sich auch das Medium für Nachrichten, die Zeitung. Da sind zum einen die verschiedenen Regelungen die hinsichtlich der Presse in den unterschiedlichen deutschsprachigen Ländern galten, zum anderen vor allem die grundlegende Veränderung des Leseverhaltens, was wir heute als erste Leserevolution bezeichnen. Demzufolge werden die Deutschen im Laufe des 19. Jahrhunderts von einem Volk von Nichtlesern zu einem Volk von Lesern.[2] So steigt die Alphabetisierung im deutschsprachigen Raum von ungefähr 25% um 1800 auf fast 50% bis 1850 und um 1900 liegt sie sogar schon bei etwa 90%.[3] Das Revolutionäre lag aber nicht in der steigenden Alphabetisierung, sondern vor allem in einem veränderten Leseverhalten. Die Bibel bekam Gesellschaft von anderen Büchern und mehr und mehr von Zeitungen und Zeitschriften. Begleitet wurde diese Entwicklung durch die neu entstehenden Lesegesellschaften und Leihbibliotheken, deren Entstehung und Entwicklung direkt mit der Leserevolution zusammenhängen. Ebenfalls direkt mit der Leserevolution verknüpft ist die Erfindung der Schnellpresse, wodurch der Druckvorgang automatisiert werden konnte und somit erheblich beschleunigt wurde. Dadurch ermöglichte die Schnellpresse, daß Massenauflagen schnell und kostengünstig hergestellt werden konnten, was zur Folge hatte, daß erstmals auch spekulativ große Auflagen von Büchern und Zeitschriften gedruckt wurden. Überall entstanden neue Druckereien, die dann auch unter Umständen eine Zeitung herausgaben, so wie im Odenwald, wo die Druckerei Stockh in Erbach ab April 1824 das „ Gräflich Erbachische Wochenblatt“ und die von Karl May[4] 1844 in Michelstadt gegründete Druckerei ab 1846 unter ihrem neuen Besitzer Leonhard Delp die Zeitung „Der Odenwälder“ herausgab. Durch diese allerorts neu entstehenden Zeitungen gerieten im Laufe der Zeit nicht nur die Leihbibliotheken in die Enge, sondern auch die Zahl der jährlichen Buchneuerscheinungen stagnierte nach 1843 und sollte erst 1873 wieder den Höchststand des Jahres 1843 erreichen. Der Grund lag aber nicht nur im reinen Erscheinen neuer Zeitungen und Zeitschriften, sondern vor allem darin, daß diese einen regelmäßigen Feuilletonteil aufnahmen. In diesem Feuilletonteil wurden oft Fortsetzungsromane abgedruckt, so daß man, wenn man ein Vierteljahr lang eine tägliche Zeitung und ein belletristisches Journal abonnierte, man für das gleiche Geld was ein gebundener Roman kosten würde, neben dem Nachrichtenmaterial drei Romane, ein halbes Dutzend Novellen und drei Schock [ je 60 Stück ] Feuilletons hatte.[5]
[...]
[1] Stadt Michelstadt (Hg.): Der Odenwälder. Jahrgänge 1846 bis 1852. Michelstadt 1998. Reprint. Bd.2, S.77.
[2] Nipperdey, Thomas: Deutsche Geschichte 1800-1866. Bürgerwelt und starker Staat. München 1983, S. 587.
[3] Hierbei ist zu beachten, daß es regional starke Unterschiede gibt. Näheres hierzu bei: Siemann, Wolfram: Vom Staatenbund zum Nationalstaat. Deutschland 1806-1871. München 1995, S. 214.
[4] Nicht zu verwechseln mit dem Schriftsteller.
[5] Wolfram Siemann zitiert Johannes Trojan, der 1866 als Redakteur des Kladderadatsch die von mir zitierte Rechnung aufmachte in: Siemann, Wolfram: Vom Staatenbund zum Nationalstaat. Deutschland 1806-1871.München 1995, S.217.
- Citation du texte
- Matthias Trumpfheller (Auteur), 1999, Der Odenwälder – Eine Zeitung im Zeichen von Vormärz, Revolution und Reaktion, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72768
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