Immer häufiger war in den letzten Jahren von dem Phänomen des demographischen Wandels die Rede. Heute ist der Begriff aus den Medien nicht mehr wegzudenken. Während die Weltbevölkerung auf der einen Seite weiter anwächst, sinken auf der anderen Seite in fast allen modernen Industriestaaten die Einwohnerzahlen. Auch in Deutschland werden wir durch niedrige Geburtenraten und einer steigenden Lebenserwartung immer älter und weniger. Der demographische Wandel hat uns also voll im Griff. Das Problem des Wandels liegt dabei vor allem in den regionalen Auswirkungen. Während einerseits vor allem Regionen in Bayern und Baden Württemberg wirtschaftlich von Zuwanderung profitieren, haben andererseits vorwiegend die neuen Bundesländer mit den Auswirkungen des Bevölkerungsrückgangs zu kämpfen.
Diese Arbeit wird sich mit dem vieldiskutiertem Thema des demographischen Wandels auseinandersetzen. Es soll verdeutlicht werden, was genau der demographische Wandel ist, welche Ursachen er hat und auch, welche Folgen Alterung und Schrumpfung nach sich ziehen, wobei hier der Fokus vor allem auf räumliche Entwicklungsperspektiven gerichtet ist. Um in die Thematik einzuführen wird zunächst die Bevölkerungsgeographie im Allgemeinen betrachtet und der demographische Wandel in deren Kontext eingeordnet. Anschließend erfolgt die Erläuterung des Sachverhalts des demographischen Wandels an Sich, um anschließend die Lage in Deutschland zu beschreiben und zu analysieren. Schlussendlich werden noch die Auswirkungen des demographischen Wandels untersucht, wobei explizit auf die räumlichen Konsequenzen der Schrumpfung eingegangen wird.
Gliederung
Darstellungsverzeichnis
Definitionen
1. Einleitung
2. Bevölkerungsgeographie
2.1. Definition und Aufgabenfelder der Bevölkerungsgeographie
2.2. Der demographischer Wandel im Kontext der Bevölkerungsgeographie
3. Der demographische Wandel
3.1. Modell des demographischen Übergangs
3.2. Die Komponenten des demographischen Wandels
3.2.1. Schrumpfung
3.2.2. Alterung
3.2.3. Singularisierung
3.2.4. Heterogenisierung
3.3. Ursachen des demographischen Wandels
3.3.1. Fertilität und Mortalität
3.3.2. Migration
4. Bevölkerungsprognosen für die Bundesrepublik Deutschland
4.1. Annahmen
4.2. Ergebnisse
5. Auswirkungen des demographischen Wandels am Beispiel Deutschland
5.1. Die Reichweite der Folgen
5.2. Räumliche Auswirkungen des demographischen Wandels
6. Fazit
Literaturverzeichnis
Darstellungsverzeichnis
Abb. 1: Modell des demographischen Übergangs
Abb. 2: Grundformen von Bevölkerungspyramiden
Abb. 3: Altersverteilung der Bevölkerung der EU-25-Staaten nach Altersgruppe in Prozent
Abb. 4: Annahmen der Bevölkerungsvorausberechnung
Abb. 5: Altersaufbau der Bevölkerung in Deutschland von 1910 bis
Abb. 6: Die besten Landkreise und kreisfreien Städte
Abb. 7: Die schlechtesten Landkreise und kreisfreien Städte
Definitionen
In den Medien und in der Wissenschaft wird seit langem über den demographischen Wandel diskutiert. Um zu verstehen, was damit gemeint ist, soll zunächst der Begriff Demographie definiert werden. Eine sehr allgemeine Definition geben P. Knox und S. Marston: „Demographie ist eine fächerübergreifende Disziplin, welche die Merkmale menschlicher Populationen untersucht.“[1] Eine ausführlichere Definition (entnommen aus dem Online Lexikon ‚Ilexikon’) beschreibt Demographie wie folgt: „Die Demografie (auch Demographie geschrieben, von griechisch , démos = Volk, graphé = Schrift, Beschreibung) ist eine wissenschaftliche Disziplin, die sich mit dem Leben, Werden und Vergehen menschlicher Bevölkerungen befasst, wie auch mit ihrer Zahl als ebenso mit ihrer Verteilung im Raum und den Faktoren, speziell ebenso sozialen, die für Veränderungen verantwortlich sind. Die Erforschung der Regelmäßigkeiten und Gesetzmäßigkeiten in Zustand und Entwicklung der Bevölkerung wird mit Hilfe der Statistik erfasst und gemessen.“[2]
Bevölkerungsgeographen beschäftigen sich vorwiegend mit räumlichen Mustern demographischer Strukturen und Prozesse. Weiterhin betrachten sie deren Ursachen und Auswirkungen. Im Mittelpunkt steht somit die Bevölkerungsentwicklung, welche vor allem von Geburtenhäufigkeit, Lebenserwartung und Wanderung bestimmt wird.
Der demographische Wandel stellt folglich eine Veränderung der Geburten- und Sterberate und deren Konsequenzen dar, welche vor allem die modernen Industriestaaten, jedoch in unterschiedlichem Maße, betrifft.
1. Einleitung
Konrad Adenauer meinte 1957: „Kinder kriegen die Leute immer.“[3] Diese Aussage scheint allerdings nicht mehr zeitgemäß zu sein. Aus diesem Grund änderte Eckhard John von Freyend Adenauers Zitat 2004 kurzer Hand um in „Kinder kriegen die Leute immer weniger.“[4] Damit bringt er die Situation in Deutschland in einem Satz auf den Punkt. Während die Weltbevölkerung auf der einen Seite weiter anwächst, schrumpft auf der anderen Seite die Einwohnerzahl Deutschlands. Durch niedrige Geburtenraten und einer steigenden Lebenserwartung werden wir immer älter und weniger. Laut Statistischem Bundesamt wird die Bevölkerung Deutschlands bis 2050 bei einer Netto-Zuwanderung von 100 000 Personen auf 69 Millionen sinken und der Anteil der über 64 Jährigen an der Gesamtbevölkerung von derzeit 19 Prozent auf 30 Prozent steigen.[5] Der demographische Wandel hat uns also voll im Griff. Allerdings ist dies nicht nur ein deutsches Phänomen, sondern in fast allen modernen Industriestaaten zu beobachten. Wo liegt nun aber das Problem wenn wir ein paar Leute weniger werden? Laut Kröhnert, Medicus und Klingholz liegt es tatsächlich nicht unbedingt an der Gesamtzahl der Einwohner eines Staates, sondern vielmehr in den regionalen Auswirkungen des Wandels. Während einerseits vor allem Regionen in Bayern und Baden Württemberg wirtschaftlich von Zuwanderung profitieren, haben andererseits vorwiegend die neuen Bundesländer mit den Auswirkungen des Bevölkerungsrückgangs zu kämpfen.[6]
Diese Hausarbeit wird sich mit dem vieldiskutierten Thema des demographischen Wandels auseinandersetzen. Es soll verdeutlicht werden, was genau der demographische Wandel ist, welche Ursachen er hat und auch, welche Folgen Alterung und Schrumpfung nach sich ziehen, wobei hier der Fokus vor allem auf räumliche Entwicklungen gerichtet ist. Um in die Thematik einzuführen wird zunächst die Bevölkerungsgeographie im Allgemeinen betrachtet und der demographische Wandel in deren Kontext eingeordnet. Anschließend erfolgt die Erläuterung des Sachverhalts des demographischen Wandels an sich, um anschließend die Lage in Deutschland zu betrachten. Schlussendlich werden noch die Auswirkungen des demographischen Wandels untersucht, wobei explizit auf die räumlichen Konsequenzen der Schrumpfung eingegangen wird.
2. Bevölkerungsgeographie
2.1. Definition und Aufgabenfelder der Bevölkerungsgeographie
Die Bevölkerungsgeographie stellt eine Teildisziplin der Humangeographie dar. Nach Jürgen Bähr wird die Bevölkerungsgeographie folgendermaßen definiert: „Die Bevölkerungsgeographie analysiert auf verschiedenen Maßstabsebenen die räumliche Differenzierung und raumzeitlichen Veränderungen der Bevölkerung nach ihrer Zahl, ihrer Zusammensetzung und ihrer Bewegung; sie versucht, die beobachteten Strukturen und Prozesse zu erklären und zu bewerten sowie ihre Auswirkungen und räumlichen Konsequenzen in Gegenwart und Zukunft zu erfassen.“[7]
Wolfgang Kuls und Franz-Josef Kemper berücksichtigen in einer aktuelleren Darstellung des betrachteten Teilgebietes vier Forschungsaufgaben. Dazu gehören Untersuchungen über die Bevölkerungsverteilung und Bevölkerungsdichte sowie auch über die Bevölkerungsstruktur in verschiedenen Räumen. Bezüglich der Bevölkerungsstruktur wird nach Merkmalen des Alters und des Geschlechts unterschieden, aber auch in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht. Des Weiteren erfolgen die Betrachtung und Analyse der natürlichen Bevölkerungsbewegung und die dafür bedeutsamen Faktoren. Weiterhin werden Mobilitätsvorgänge und in diesem Bereich vor allem Wanderungen untersucht.[8]
2.2. Der demographische Wandel im Kontext der Bevölkerungsgeographie
Bevölkerungsgeographen betrachten Geburtenraten, Sterberaten und Wanderungssalden, analysieren parallel dazu, wo und warum Änderungen stattfinden und welche Folgen Änderungsprozesse haben.[9]
Der demographische Wandel stellt einen solchen Änderungsprozess dar. Während, laut Birg, die Weltbevölkerung weiter wächst und nach 5 von 8 Prognosevarianten in den nächsten 50 Jahren noch wachsen wird, möglicherweise auf über 10 Milliarden, schrumpft die Bevölkerungszahl der Industrieländer vor allem in Europa.[10] Die Schrumpfung und die dazu parallel verlaufende demographische Alterung, welche allerdings auch ein global existierendes Phänomen ist, stellen die zwei Hauptkomponenten des demographischen Wandels dar. Die Bevölkerungsgeographie untersucht, warum es in den modernen Staaten zu diesem Wandel gekommen ist, welche Faktoren ihn bestimmen, welche Entwicklung er nehmen wird und welche Auswirkungen er auf den Raum hat.
3. Der demographische Wandel
3.1. Modell des demographischen Übergangs
Bei dem Modell des demographischen Übergangs handelt es sich um eine theoretische Beschreibung des Übergangs von hohen zu niedrigen Sterbe-, Geburten- und somit auch natürlichen Bevölkerungswachstumsraten. Das Modell ist ein idealtypisches Ablaufschema der Bevölkerungsentwicklung, welches in den 1920er Jahren erstmals Anwendung fand.[11] Es bezieht sich auf die in Europa und später auch in Nordamerika und Australien beobachteten Entwicklungen. Es dient vor allem zur Beschreibung und Klassifikation einzelner Phasen der historischen demographischen Prozesse, weniger zur Prognostizierung von Bevölkerungs- vorgängen.[12] In Abbildung 1 ist das Modell des demographischen Übergangs dargestellt.
Abb. 1: Modell des demographischen Übergangs
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Bähr, Jürgen: Bevölkerungsgeographie, 2. Aufl., Stuttgart: Ulmer, 2001, S. 249
Das Modell gliedert sich in fünf Phasen. Die erste, auch prätransformative Phase genannt, weist hohe, nah beieinander liegende Geburten- und Sterberaten sowie eine hohe Umsatzziffer auf. Daraus ergibt sich eine geringe, teilweise negative Wachstumsrate. Die frühtransformative Phase zeichnet sich durch eine stark fallende Sterberate sowie eine konstante oder leicht steigende Geburtenrate aus. Dies führt zu ansteigenden Wachstumsraten. In der anschließenden mitteltransformativen Phase sinkt die Sterberate weiter und die Geburtenrate geht langsam zurück, was zu höchsten Wachstumsraten führt. Die vierte, auch als spättransformative Phase bezeichnet, ist geprägt durch einen raschen Abfall des Geburtenniveaus sowie leicht abnehmende Sterblichkeit, woraus sich stark zurückgehende Wachstumsraten ergeben. Die letzte posttransformative Phase zeichnet sich durch niedrige Geburten- und Sterberaten sowie eine niedrige Umsatzziffer aus. Dem zu Folge ergeben sich geringe und konstante Wachstumsraten.
Allerdings führte der Geburtenrückgang seit den 1970er Jahren zu einem längerfristigen Unterschreiten des Bestanderhaltungsniveaus und somit schließlich zu einem negativen Bevölkerungswachstum. In der Literatur wird dies als zweiter demographischer Übergang bezeichnet, welcher, so Gans und Leibert, den demographischen Wandel darstellt.[13]
3.2. Die Komponenten des demographischen Wandels
3.2.1. Schrumpfung
Die erste wichtige Komponente des demographischen Wandels ist die Schrumpfung, welche auch als Bevölkerungsrückgang oder, optimistisch ausgedrückt, als negatives Bevölkerungswachstum, bezeichnet werden kann. Der Bevölkerungsrückgang wird folgendermaßen definiert: „Bevölkerungsrückgang ist die Form des Bevölkerungswachstums, bei der die Geburtenrate niedriger liegt als die Sterberate. Allgemeiner kann ebenso die Zu- und Abwanderungsrate von Zuwanderern eingerechnet werden.“[14] Schrumpfung heißt also, dass die Einwohnerzahl in einer bestimmten Gebietseinheit sinkt. Damit geht folglich eine geringere Bevölkerungsdichte einher.
Die quantitative Bevölkerungsentwicklung kann mit der demographischen Grundgleichung Pt+n = Pt + Bt,t+n - Dt,t+n + It,t+n - Et,t+n berechnet werden. Die Einflussgrößen sind Geburten und Sterbefälle sowie Zu- und Abwanderungen über die Gebietsgrenzen. Der Bevölkerungsstand zu einem bestimmten Zeitpunkt (Pt) ist gegeben. Um die Bevölkerungszahl für einen anderen Zeitpunkt t + n zu errechnen, werden zum gegeben Bevölkerungsstand (Pt) die Zahl der Geburten zwischen t und t + n sowie die Zuwanderungen in diesem Zeitraum addiert. Die Zahl der Sterbefälle zwischen t und t +n, wie auch die Abwanderungen werden subtrahiert.
Auch an Hand von Bevölkerungspyramiden kann man erkennen ob eine Bevölkerung schrumpft oder wächst. Weiterhin besitzen Bevölkerungspyramiden einen hohen Aussagewert zur Bevölkerungsstruktur. Nach Mackenroth gibt es drei Grundformen von Bevölkerungen: die wachsende-, die stationäre- und die schrumpfende Bevölkerung.[15] Die Bevölkerungspyramiden in Abbildung 1 stellen diese Formen dar.
[...]
[1] Knox, P./ Marston, S., 2001, S. 120
[2] Ilexikon, Stichwort: Demografie
[3] Vgl. Freyend, E. J. v., 2004, S. 7 ( mit einem Zitat von Adenauer, K., 1957)
[4] Freyend, E. J. v., 2004, S. 7
[5] Vgl. Statistisches Bundesamt, 2006, S. 5
[6] Vgl. Kröhnert, S./ Medicus, F./ Klingholz, R., 2006, S. 6
[7] Bähr, J., 1992, S. 18
[8] Vgl. Kuls, W./ Kemper, F.-J., 2000, S. 20
[9] Vgl. Knox, P./ Marston, S., 2001, S. 119
[10] Vgl. Birg, H., 2004a, S. 8
[11] Vgl. Bähr,J., 1992, S. 248
[12] Vgl. Leib, J./ Mertins, G., 1983, S. 77
[13] Vgl. Gans, P./ Leibert, T., 2007, S. 8
[14] Ilexikon, Stichwort: Bevölkerungsrückgang
[15] Vgl. Leib, J./ Mertins, G., 1986, S. 17
- Arbeit zitieren
- Judith Varga (Autor:in), 2007, Bevölkerungsgeographie in Deutschland. Der demographische Wandel und seine Auswirkungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72738
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