Zunehmend kommt es zu Debatten über Integrationsschwierigkeiten ethnischer Minderheiten. Es ist in den Medien vom „Ende der Multikulti -Lüge“ von „Parallelgesellschaften“ und von der „Integrationsunwilligkeit“ ethnischer Minderheiten die Rede. Die Integration vor allem von Zuwandererminderheiten wird als soziales Problem thematisiert, das gesamtgesellschaftliche Folgen hat und Maßnahmen erfordert. Die Debatte geht teilweise von einer mangelnden Integrationsbereitschaft der Minderheitsgesellschaft aus und kritisiert die Bildung ethnischer Kolonien, den Rückzug in die eigene ethnische Gruppe und den Widerstand gegen kulturelle Muster des Aufnahmelandes.
In dieser Arbeit möchte ich nun den Hintergründen dieses sozialen Problems auf den Grund gehen. Schwerpunkte bilden in diesem Zusammenhang die ethnische Schichtung sowie Prozesse der Selbst –und Fremdethnisierung und die Folgen auf die Integration von ethnischen Minderheiten.
Zunächst werde ich versuchen den Begriff „soziales Problem“ zu umreißen um dann die Integration ethnischer Minderheiten in den Kontext sozialer Probleme einzuordnen. Im Folgenden werde ich eine Definition von ethnischen Gruppen, ethnischen Minderheiten und Ethnizität geben. Dann werde ich das Integrationskonzept Hartmut Essers vorstellen. Darauf werde ich den Prozess der ethnischen Schichtung und seine Folgen auf die Integration schildern. Im Anschluss werde ich dann Prozesse der Zuschreibung ethnischer Zugehörigkeit durch die Mehrheitsgesellschaft und durch die Gruppe der ethnischen Minderheit mit ihren Folgen erläutern.
Deutlich werden sollen die Auswirkungen von Ethnischer Schichtung und Ethnisierungsprozessen auf die Integration. Integration soll als soziales Problem bearbeitet werden, welches im gesellschaftlichen Kontext steht und Thema politischer Diskurse und Debatten ist. In diesem Zusammenhang soll auch die strategische Nutzung und mediale Verarbeitung des sozialen Problems klar werden.
Inhalt
1. Einleitung
2. Soziale Probleme
2.1 Ethnische Minderheiten und Integration als soziales Problem
3.Ethnische Gruppen, Ethnische Minderheiten und Ethnizität
4. Integration ethnischer Minderheiten
5.Ethnische Schichtung
5.1 Ethnische Schichtung in der BRD
5.2 Folgen ethnischer Schichtung auf die Integration
5.3 Fremdethnisierung und ethnische Schichtung
6.Selbstethnisierung
6.1 Folgen von Ethnisierung für die Integration
7. Ethnische Schichtung und Ethnisierung als Integrationshemmnisse
8. Rekurs: Integration als soziales Problem
9. Schlussbemerkung und Ausblick
10. Literatur
1.Einleitung
Zunehmende kommt es zu Debatten über Integrationsschwierigkeiten ethnischer Minderheiten. Es ist in den Medien vom „Ende der Multikulti -Lüge“ von „Parallelgesellschaften“ und von der „Integrationsunwilligkeit“ ethnischer Minderheiten die Rede.
Die Integration vor allem von Zuwanderer- Minderheiten wird als soziales Problem thematisiert, das gesamtgesellschaftliche Folgen hat und Maßnahmen erfordert.
Die Debatte geht teilweise von einer mangelnden Integrationsbereitschaft der Minderheitsgesellschaft aus und kritisiert die Bildung ethnischer Kolonien, den Rückzug in die eigene ethnische Gruppe und den Widerstand gegen kulturelle Muster des Aufnahmelandes.
In dieser Arbeit möchte ich nun den Hintergründen dieses sozialen Problems auf den Grund gehen. Schwerpunkte bilden in diesem Zusammenhang die ethnische Schichtung sowie Prozesse der Selbst –und Fremdethnisierung und die Folgen auf die Integration von ethnischen Minderheiten.
Zunächst werde ich versuchen den Begriff „soziales Problem“ zu umreißen um dann die Integration ethnischer Minderheiten in den Kontext sozialer Probleme einzuordnen. Im Folgenden werde ich eine Definition von ethnischen Gruppen, ethnischen Minderheiten und Ethnizität geben. Dann werde ich das Integrationskonzept Hartmut Essers vorstellen. Darauf werde ich den Prozess der ethnischen Schichtung und seine Folgen auf die Integration schildern. Im Anschluss werde ich dann Prozesse der Zuschreibung ethnischer Zugehörigkeit durch die Mehrheitsgesellschaft und durch die Gruppe der ethnischen Minderheit mit ihren Folgen erläutern.
Deutlich werden sollen die Auswirkungen von Ethnischer Schichtung und Ethnisierungsprozessen auf die Integration. Integration soll als soziales Problem bearbeitet werden, welches im gesellschaftlichen Kontext steht und Thema politischer Diskurse und Debatten ist. In diesem Zusammenhang soll auch die strategische Nutzung und mediale Verarbeitung des sozialen Problems klar werden.
2.Soziale Probleme
Der gemeinsame Hauptaspekt im Bezug auf eine Theorie sozialer Probleme ist die kollektive Definition eines sozialen Tatbestandes als Soziales Problem. Strittig ist, ob und in welche Weise diese kollektive Definition auf konkreten gesellschaftlichen Bedingungen aufbaut oder ob soziale Probleme unabhängig davon konstruiert werden. Unabhängig von dieser Diskussion lassen sich drei Elemente von sozialen Problemen festhalten.
Das erste Element eines sozialen Problems ist der Bezug auf bestimmte soziale Bedingungen, Strukturen oder Situationen, die als Störung, Widerspruch oder Funktionsproblem der Gesellschaft analysiert werden können. Das zweite Element ist die Wahrnehmung, Benennung oder kollektive Definition als Soziales Problem. Das dritte Element ist die Wahrnehmung der Notwendigkeiten von Veränderung der Situation und die Entwicklung von Gegenmaßnahmen und Politik (Groenemeyer 18 ff).
Im kollektiven Definitions- Prozess setzen sich verschiedene Akteure mit verschiedenen Definitionspotentialen und Ressourcen (wie z. B Macht) dafür ein um bestimmte Deutungsmuster und Sachverhalte als Soziale Probleme in den öffentlichen und politischen Arenen zu platzieren. Soziale Probleme können demnach auch strategisch genutzt werden .Sie sind häufig das Ergebnis von Interessendurchsetzungen und eingebettet in Ideologien. Soziale Probleme sind damit „ Bestandteil gesellschaftlicher Auseinandersetzung und politischer Konflikte, in denen die Art und das Ausmaß der Thematisierung sozialer Probleme entwickelt wird“ (Groenemeyer 1999: 20).
2.1 Ethnische Minderheiten und Integration als soziales Problem
Die vorliegende Arbeit behandelt einen Teilbereich der sozialen Problematik ethnischer Minderheiten. Das soziale Problem, dass hier analysiert werden soll, wird in der medialen Debatte teilweise als „Integrationsunwilligkeit“ ethnischer Minderheiten und Migranten thematisiert. Wertfreier kann man von der Integrationsproblematik ethnischer Minderheiten sprechen.
Diese Problematik beinhaltet die räumliche Segregation von ethnischen Minderheiten, der Widerstand gegen kulturelle Muster der Mehrheitsgesellschaft, den Rückzug in die eigene ethnische Gruppe und weitere Problembereiche, die in der These münden, dass in Deutschland ein soziales Problem im Bezug auf die Integration von Minderheiten vorliegt. Die öffentliche Diskussion von den Problemen „der Rütli Schule“, „Ehrenmorden“ und mangelnden Sprach- und Bildungskompetenzen ethnischer Minderheiten fällt in diesen Komplex.
Zu beobachten ist, dass weniger die objektiven Problemlagen des Problems der Integration öffentlich debattiert werden, als die Auswirkungen ebendieser. In dieser Arbeit möchte ich mich nun den Hintergründen dieser Integrationsproblematik zuwenden, die ich in ethnischer Schichtung und Ungleichheit, sowie in Ethnisierungsprozessen sehe.
3.Ethnische Gruppen, ethnische Minderheiten und Ethnizität
Ethnische Gruppen sind Teilbevölkerungen von staatlich verfassten Gesamtgesellschaften. Diese Teilbevölkerungen sind wiederum Angehörige eines Volkes oder Teile von Völkern. Ethnische Gruppen haben eine Vorstellung einer gemeinsamen Herkunft, sowie ein Zusammengehörigkeitsbewusstsein und sind durch Gemeinsamkeiten von Geschichte und Kultur gekennzeichnet. Ein kollektives Bewusstsein entsteht aus der Gruppe selbst und durch Zuschreibungen von außen, genauer seitens anderer Gruppen (Heckmann 1992: 55).
Die klassische Definition einer ethnischen Gruppe formulierte Max Weber:
„Wir wollen solche Menschengruppen, welche auf Grund von Ähnlichkeiten des äußeren Habitus oder Sitten oder beider Erinnerung an Kolonisationen und Wanderung einen subjektiven Glauben an eine Abstammungsgemeinschaft hegen, derart, dass dieser für die Propagierung von Vergemeinschaftung wichtig wird, dann, wenn sie nicht Sippen darstellen, ethnische Gruppen nennen, ganz einerlei, ob eine Blutsverwandtschaft objektiv vorliegt oder nicht“(Weber 1972:237). Ethnische Gruppen existieren also nicht von sich aus, sondern sie entstehen durch bestimmte Definitions- und Zuschreibungsprozesse.
Ethnische Minderheiten sind nun ethnische Gruppen mit spezifischen Merkmalen. Der Begriff der Minderheit meint zum einen die ethnische Andersartigkeit gegenüber der ethnischen Gruppe der Mehrheits-Gesellschaft.
Hier spielt die Ethnizität eine wichtige Rolle im Bezug auf Zuordnung zur ethnischen Minderheiten Gruppe, die durch die Mitglieder der ethnischen Gruppe selbst und durch die Mitglieder der Gruppe der ethnischen Mehrheit erfolgt. “ Ethnizität bezeichnet handlungsrelevante Tatsache, dass eine relativ große Gruppe von Menschen durch den Glauben an eine gemeinsame Herkunft, durch Gemeinsamkeiten von Kultur, Geschichte und aktuellen Erfahrungen verbunden sind und ein bestimmtes Identitäts- und Solidarbewusstsein besitzen“ (Heckmann 1992: 56).
Ethnizität ist ein auch Mittel zur Aufrechterhaltung sozialer Grenzen im Kontakt zu anderen Gruppen. Diese Grenzen konstruieren sich im Wechselspiel zwischen Fremd- und Selbstzuschreibung. Die Kategorie Ethnizität ermöglicht die Bildung ethnischer Kollektive. Dies eröffnet ethnischen Minderheiten neue Möglichkeiten der Allianzenbildung. Menschen, die sich einer bestimmten ethnischen Gruppe zugehörig fühlen, können sich zusammenschließen um gemeinsame Ziele zu verfolgen, wobei dieser Zusammenschluss relativ unabhängig davon ist, wie sehr sie privat in der jeweiligen Sprache, Religion und Kultur der ethnischen Gruppe verankert sind (Heinemann2001: 113).
Weiterhin meint der Minderheitenbegriff eine mit der ethnischen Zugehörigkeit verbundene Benachteiligung, Diskriminierung und Stigmatisierung. Ethnische Minderheiten sind also „innerhalb eines Systems ethnischer Schichtung benachteiligte, unterdrückte, diskriminierte und stigmatisierte ethnische Gruppen“ (Heckmann 1992:56).
Es lassen sich verschiedene Typen ethnischer Minderheiten unterscheiden: nationale und regionale Minderheiten, Einwandererminderheiten, kolonisierte Minderheiten und neue soziale Minderheiten (Heckmann 1992: 58). Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die Einwanderminderheiten und ihre Nachkommen. Hier vor allem auf die Nachkommen der Arbeitsmigranten[1].
4.Integration ethnischer Minderheiten
Es gibt zahllose Modelle zur Eingliederung von Einwanderern und ethnischen Minderheiten. Ich werde meine folgenden Ausführungen auf das Modell von Hartmut Esser stützen, da es im Sinne der handlungstheoretischen Konzeption Barrieren und Opportunitäten der Eingliederung aufzeigt und auch Ethnizität ein wichtiger Teil des Konzeptes ist.
Die soziale Integration von „Wanderern, ethnischen Gruppen und Minderheiten“[2] lässt sich mit Essers Konzept der Unterscheidung von vier Formen der Integration beschreiben: Kulturation, Platzierung, Interaktion und Identifikation. Mit Kulturation (kultureller Assimilation) ist der Erwerb kognitiver Fähigkeiten gemeint, die Individuen zur gesellschaftlichen Teilhabe benötigen. Unter Platzierung (strukturelle Assimilation) wird die Einnahme sozialer Positionen verstanden, die sich vor allem aus der Stellung in der Hierarchie des Arbeitsmarktes ergibt. Mit Interaktionen (soziale Assimilation) werden soziale Kontakte, die Einbindung in soziale Netzwerke sowie die Partizipation in der Öffentlichkeit charakterisiert, und bei der Identifikation (identifikative Assimilation) geht es um die subjektive Verortung von Individuen innerhalb der Mehrheitsgesellschaft. Dabei entstehen Wechselwirkungen zwischen den Integrationsdimensionen.
Ein gewisser Grad an kultureller Assimilation muss zum Beispiel vorhanden sein, damit sich die Person auf dem Arbeitsmarkt und hinsichtlich sozialer Beziehungen integrieren kann; zugleich sind Beziehungen zur Aufnahmegesellschaft – wie zum Beispiel zum Arbeitsmarkt - zum Erwerb von kognitiven Fähigkeiten (z. B Sprachkenntnisse) notwendig (Janssen, Polat 2005: 4).
Der Fall einer „vollständigen“ Assimilation liegt für Esser dann vor, wenn alle vier Assimilationsstufen manifestiert sind. Das heißt, wenn die Sprache des Aufnahmelandes und seine sozialen Normen beherrscht werden, eine gesellschaftliche Teilhabe am Statussystem besteht, interethnische Kontakte vorliegen und die Selbstidentifikation mit der Mehrheitsgesellschaft erfolgt ist. In Essers Konzept ist allerdings auch eine partielle Assimilation auf einzelnen Dimensionen vorgesehen (Pott 2002:45).
Auch sieht Esser die erwähnten Formen der Assimilation nicht einzige mögliche Ausgänge eines Integrationsprozesses.
Er entwirft drei Alternativen zur Assimilation. Zum einen gibt es die Mehrfachintegration –als die Gleichzeitigkeit von Beziehungen zur Herkunftsgesellschaft oder ethnischen Gemeinde und zur Aufnahmegesellschaft, also eine doppelte Sozialintegration. Der zweite Typ, die ethnische Segmentation bedeutet die ethnische Binnenintegration bei gleichzeitiger Exklusion aus den verschiedenen Bereichen der Aufnahmegesellschaft.
In der Segmetation sieht Esser eine Gefahr. Der ausschließliche Bezug des Migranten auf die ethnische Gemeinde bedeute eben nicht nur die Nichtintegration in das Aufnahmeland, sondern eine „ dauerhafte Alternative der Lebensgestaltung“. Die Ethnische Gemeinde können daher der Ausgangspunkt auch zu einer dauerhaften Segmentation der ethnischen Gruppen werden (Esser 2001: 19).
[...]
[1] Zur Geschichte der Arbeitsmigration siehe zum Beispiel Tuna (1990)
[2] Siehe hiezu Esser (1980)
- Citation du texte
- Rieke Leemhuis (Auteur), 2006, Die Integration ethnischer Minderheiten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72721
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