Eine grundlegende Frage in der Erziehungswissenschaft – und
somit auch in der Sonderpädagogik – ist, was Inhalt und Aufgabe von
Erziehung ist, an welchen gesellschaftlichen Leitbildern sie sich
orientiert und aus welchen Gründen sich für die Vermittlung
bestimmter Werte entschieden wird.
Die Antwort lautet meist, dass man für das Leben erziehe, die Kinder
auf die Gesellschaft vorbereiten wolle bzw. müsse, so dass sie zu
einem verantwortungsbewussten und nützlichem Mitglied selbiger
würden und am gesellschaftlichen Leben mit so wenig
Einschränkungen wie möglich teilnehmen könnten.
Lebenswelten zeichnen sich dadurch aus, dass sie spezifische
Umgangs- und Gesprächsformen beinhalten, sind gekennzeichnet
durch spezifische Wege der Lebensgeschichte und Drehbücher –
schließlich resultieren aus ihnen signifikante Begründungs- bzw.
Rechtfertigungsmuster und Handlungsannahmen.
Wie sehen aber PädagogInnen selber die (ihnen meist fremden)
Lebenswelten ihrer Klientel welche Stellung nehmen sie in ihrer Arbeit ein, woher nehmen sie ihre Informationen und inwiefern ist dieseSichtweise von Bedeutung für ihre pädagogische Arbeit? Anliegen
dieser Arbeit ist es, diese Fragen, unter Zuhilfenahme der
Beschreibung persönlicher Erfahrungen von PädagogInnen, in Form
von leitfadengestützten Interviews, zu klären.
Grundlegend ist diesbezüglich, ob überhaupt oder wenn ja, welche
Unterschiede von PädagogInnen und Schülern wahrgenommen werden
und welche Probleme oder welche Möglichkeiten die eigene Sichtweise
auf divergente Lebenswelten bietet. Schwierigkeiten ergeben sich
dann, wenn gesellschaftliche Werte und Normen, Erwartungen und
Ziele nicht mehr eindeutig sind und Zweifel an der Sinnhaftigkeit der
Übertragung der Vorstellungen von PädagogInnen diesbezüglich auf
alle Individuen bestehen.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Lebenswelten
1.1 Theorien zur Lebenswelt
1.1.1 Der Lebensweltbegriff in der Soziologie von Schütz und Habermas
1.1.1.1 Organisation der Wahrnehmung durch Deutungsmuster
1.1.1.2 Deutungsmusteranalyse - Erfassung des sozialen Sinns
1.1.2 Der Habitusbegriff nach Bourdieu
1.1.3 Die Theorie sozialer Ungleichheit nach Hradil
1.1.4 Der Etikettierungsansatz - Labeling als eine Folge von Ungleichheiten in den Lebenswelten
1.2 Lebenswelten marginalisierter Jugendlicher
1.2.1 Forschungsstand zu den Lebenslagen von Jugendlichen
1.2.2 Strukturierung von Lebensläufen
1.2.2.1 Auswirkungen der postindustriellen Sozialstruktur auf die Lebenswelten marginalisierter Jugendlicher
1.2.3 Armutslagen von Jugendlichen
1.2.4 Lebenslagen von Migrantenjugendlichen
1.2.4.1 Zur sozialen Identit ä t t ü rkischst ä mmiger Jugendliche
1.2.5 Migrationsfamilien und Einkommensarmut
1.3 Die Negierung der Lebenswelt durch pädagogische Institutionen
1.3.1 Vorstellungen Jugendlicher über deren Lebenswelt aus Sicht von PädagogInnen
2. Empirischer Teil Lebenswelten Jugendlicher aus Sicht von PädagogInnen
2.1 Erkenntnisinteresse
2.2 Konzeption der Studie
2.3 Datenerhebung
2.3.1 Problemzentriertes Interview
2.3.2 Zu den interviewten PädagogInnen
2.3.3 Zur Aufbereitung der Daten
2.4 Datenauswertung
2.4.1 Zirkuläres Dekonstruieren
2.4.2 Auswertung der Einzelinterviews
2.4.2.1 Robert „ Man kann den Kindern etwas vorleben “
2.4.1.2 Paul „ Die Sch ü ler leben in Traumwelten “
2.4.1.3 Else „ Ich finde, dass wir nicht sehr unterschiedlich sind “ 66
2.5 Datenauswertung
2.5.1 Der systematische Vergleich der Interviews
2.5.2 Die komparative Paraphrasierung
2.5.2.1 Gespr ä che als subjektive Informationsquellen 71
2.5.2.2 P ä dagogenlebenswelt als Kontrast zu Sch ü lerlebenswelt 74
2.5.2.3 Die Sinnhaftigkeit der „ eigenen Welt “ 77
2.5.2.4 Separation als p ä dagogische Chance 80
3. Interpretation der Ergebnisse
3.1 Die Bedeutung der Sicht von PädagogInnen auf die Lebenswelten der Klientel für pädagogische Arbeit
3.2 Grenzen und Möglichkeiten pädagogischer Einflussnahme im Hinblick auf divergente Lebenswelten
4. Pädagogisch- professionelles Handeln in Form von Verstehen von Lebenswelt
Fazit
Literatur
Anhangbuch
Einleitung
Eine grundlegende Frage in der Erziehungswissenschaft - und somit auch in der Sonderpädagogik - ist, was Inhalt und Aufgabe von Erziehung ist, an welchen gesellschaftlichen Leitbildern sie sich orientiert und aus welchen Gr ü nden sich für die Vermittlung bestimmter Werte entschieden wird.
Die Antwort lautet meist, dass man für das Leben erziehe, die Kinder auf die Gesellschaft vorbereiten wolle bzw. müsse, so dass sie zu einem verantwortungsbewussten und nützlichem Mitglied selbiger würden und am gesellschaftlichen Leben mit so wenig Einschränkungen wie möglich teilnehmen könnten.
BREZINKA versteht unter Erziehung den Versuch des Erziehers, das Gefüge der psychischen Dispositionen zu beeinflussen. (vgl. 1981, 149) Unter Erziehungsziel kann ihm nach eine Norm verstanden werden, die für den Educanden eine bestimmte psychische Disposition beschreibt. (vgl. ebd., 86f./151) „ Eine vern ü nftige Auswahl der zweckm äß igen Mittel und eine Kontrolle des Erfolgs der Erziehung sind nur m ö glich, wenn vorher eindeutig beschrieben worden ist, welches als Ideal gesetzten seelischen Endzustand die Educanden erreichen sollen. “ (ebd., 87) Diese Ideale variieren jedoch von Zeit zu Zeit, da sie unter Anderem abhängig sind von den Ziel- und Zweckvorgaben der Erziehenden, die wiederum durch gesellschaftlichen Wandel beeinflusst werden. (vgl. ebd., 149) „ Alles, was sich Menschen an wertvollen Pers ö nlichkeitseigenschaften ausdenken k ö nnen und jede beliebige Kombination dieser Eigenschaften kann zum Erziehungsziel gemacht werden. “ (ebd., 153)
Aktuell ergibt sich - zum Beispiel hinsichtlich des 1. Artikels des SGB VIII1, der besagt, dass „ [j]eder junge Mensch [ … ] ein Recht auf F ö rderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsf ä higen Pers ö nlichkeit [hat] - das Problem der Offenheit dieser Zielbestimmung.
In der Erziehungswissenschaft wird diese elementare Frage - hinsichtlich der Problematik der Zielbestimmung - diskutiert. BRANDT beschreibt dieses unter dem Aspekt einer offenen und pluralistischen Gesellschaft, in der ein festumrissenes Erziehungsbild nicht mehr möglich ist. (1974, 176) „ Das Gef ü hl f ü r die Absolutheit und unbedingte G ü ltigkeit von Werten und daraus resultierenden Forderungen in bezug auf das Verhalten ist also weitgehend verloren gegangen.“ (BRANDT, 1974, 177)
Konkrete Ziele und verallgemeinerbare Inhalte zu benennen, wird demnach in unserer pluralistischen, ausdifferenzierten Gesellschaft zunehmend schwerer. Individualität ist ein hoher Wert und wird gleichzeitig zum Ziel pädagogischer Arbeit, kann aber auch zum Problem für jeden, und in besonderem Maße zu einer paradoxen Aufgabe für PädagogInnen2, werden.
Die Individualität jedes Kindes zu entdecken und zu fördern ist schon längst selbstverständlicher Anspruch moderner Pädagogik. Diese Prämisse erfordert jedoch ein hohes Maß an Verständnis und Offenheit für die Einzigartigkeit des Kindes und Interesse an den ihr zugrunde liegenden Bedingungen.
Eine wesentliche Bedingung, die zu dieser Einzigartigkeit führt, kann als „Lebenswelt“ bezeichnet werden, die in vielfältiger Weise Einfluss auf die Sozialisation, Entwicklung und das Wesen jedes Menschen ausübt.
Alfred SCHÜTZ setzt sich erstmals in soziologischer Hinsicht mit Lebenswelten auseinander und definiert mit dem Lebensweltbegriff den Gegenstand der Soziologie im Allgemeinen und begründet die Soziologie des Alltags. Jürgen HABERMAS greift auf die Grundlagen von SCHÜTZ zurück und analysiert die Strukturen der Lebenswelt im Hinblick auf Handlung und Sprache als Ausdruck von Lebenswelten (Punkt 1.1.1) Was prägt den Menschen ganz konkret innerhalb seiner Lebenswelt? Welche Einflussgrößen sind hier zu finden und zu analysieren und wie wirken sich diese letztlich auf verschiedene Individuen in ihren Milieus und somit auch auf die pädagogische Arbeit aus? Dies ist insofern relevant, als dass Individualität in modernen Gesellschaften zwar einen hohen Wert darstellt, Ungleichheiten - hinsichtlich unterschiedlicher Werte, Lebensbedingungen etc. - die als störend für das Funktionieren einer Gesellschaft wahrgenommen werden, jedoch durch Erziehung ausgeglichen bzw. vermieden werden sollen.
BOURDIEU und HRADIL beschreiben eben diese Unterschiede und deren zugrunde liegenden Bedingungen aus soziologischer Sicht. (Punkt 1.1.2 und 1.1.3) Inwiefern sich solche Unterschiede auf Individuen auswirken und worin sie begründet bzw. warum sie sozialstrukturell wichtig sind, wird in den Ausführungen zu Deutungsmustern und deren Analyse (1.1.1.1/1.1.1.2) und unter Zuhilfenahme des Etikettierungsansatzes (1.1.4) erläutert.
Ob und inwiefern diese Unterschiede in Deutschland, insbesondere bei Jugendlichen, bestehen und welche Faktoren deren Lebenswelt hinsichtlich von Marginalität - welche den Schwerpunkt der dieser Arbeit, hinsichtlich der Besonderheiten dieser pädagogischen Klientel darstellt - bestimmen, ist Inhalt des Punktes 1.2.
Vielfältige Studien, die die Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen untersuchen, geben Einblicke dahingehend, in welcher Lebenswelt, mit welchen Werten und Sichtweisen, diese leben und zeigen ihre individuellen Lebensbedingungen auf. Diese Untersuchungen werden insofern relevant, als dass Kindheit und Jugend Veränderungen unterliegt und diese Veränderung neue Herausforderungen an Kinder, Jugendliche, Eltern und PädagogInnen stellt. (Punkt 1.2.2.1)
Unzweifelhaft zeigen diese Studien die Divergenz der Lebensbedingungen und Lebenswegen von marginalisierten Jugendlichen und der Lebenswelt von PädagogInnen. Wie sich diese Unterschiede auf pädagogische Arbeit in (Bildungs-) Institutionen auswirken und worin sie begründet sind, zeigen die Ausführungen unter Punkt 1.3.
Lebenswelten zeichnen sich dadurch aus, dass sie spezifische Umgangs- und Gesprächsformen beinhalten, sind gekennzeichnet durch spezifische Wege der Lebensgeschichte und Drehbücher - schließlich resultieren aus ihnen signifikante Begründungs- bzw. Rechtfertigungsmuster und Handlungsannahmen.
Wie sehen aber PädagogInnen selber die (ihnen meist fremden) Lebenswelten ihrer Klientel3 welche Stellung nehmen sie in ihrer Arbeit ein, woher nehmen sie ihre Informationen und inwiefern ist diese Sichtweise von Bedeutung für ihre pädagogische Arbeit? Anliegen dieser Arbeit ist es, diese Fragen, unter Zuhilfenahme der Beschreibung persönlicher Erfahrungen von PädagogInnen, in Form von leitfadengestützten Interviews, zu klären (Punkt 2.4 und 2.5).
Grundlegend ist diesbezüglich, ob überhaupt oder wenn ja, welche Unterschiede von PädagogInnen und Schülern wahrgenommen werden und welche Probleme oder welche Möglichkeiten die eigene Sichtweise auf divergente Lebenswelten bietet. Schwierigkeiten ergeben sich dann, wenn gesellschaftliche Werte und Normen, Erwartungen und Ziele nicht mehr eindeutig sind und Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Übertragung der Vorstellungen von PädagogInnen diesbezüglich auf alle Individuen bestehen.
Ausgehend davon, dass PädagogInnen - vor allem AkademikerInnen - vorwiegend der Mittelschicht angehören, ergeben sich - hinsichtlich einer Klientel, der Marginalität zugeordnet werden kann - folgende Probleme: Wenn eigene Werte und Ziele pädagogischer Arbeit an eine Klientel weitergegeben werden, deren Lebenswelt sich stark von der der PädagogInnen unterscheidet, ist eine Reflexion dieser Werte, hinsichtlich der Sinnhaftigkeit der Übertragbarkeit in andere Lebenswelten, grundlegend.
Die Relevanz der Sichtweise auf die heterogenen Lebenswelten ist in zweierlei Hinsicht zu untersuchen. Zum Einen gilt es aufzeigen, welche möglichen Schwierigkeiten, wie z.B. stratifikatorisches4 Denken, daraus resultieren - zum Anderen ob es ein der Verschiedenartigkeit innewohnendes Potenzial zu erkennen und zu nutzen gilt (Punkt 3). Auch das Aufzeigen und der Umgang mit Widersprüchen, Schwierigkeiten und Paradoxien im pädagogischen Handeln werden unter dem Aspekt des Verstehens - als Grundlage pädagogischer Arbeit - beleuchtet. Eine Einordnung dieses Ansatzes sonderpädagogischer Arbeit mit marginalisierten Jugendlichen, in die Diskussion um pädagogisch- professionelles5 Handeln, ist schließendlich Ziel dieser Arbeit (Punkt 4).
Die nun folgenden Darstellungen der Theorien zur Lebenswelt sind dafür grundlegend. Es wird zu zeigen sein, dass die Kenntnis von Theorien bedeutend ist für ein besseres Verständnis der Klientel und für Probleme, die sich in pädagogischer Arbeit - maßgeblich durch die den gesellschaftlichen, institutionellen und persönlichen Anspruch an pädagogische Arbeit - ergeben.
1. Lebenswelten
1.1 Theorien zur Lebenswelt
Im Hinblick darauf, dass es in dieser Arbeit um die Beschreibung und Auseinandersetzung von bzw. mit den Lebenswelten marginalisierter 6 Jugendlicher gehen soll, ist eine präzise Betrachtung das Phänomens `Marginalität´ hinsichtlich von Ursachen und Auswirkungen auf die betreffenden Individuen und die Gesellschaft erforderlich. Unterschiedliche Perspektiven auf dieses Phänomen, ermöglichen die folgenden Modelle und Theorien.
Zusätzlich zu grundlegenden Alltags- und Lebenswelttheorien - wie sie bei SCHÜTZ oder HABERMAS zu finden sind - ist hier eine Erläuterung des Habitusbegriffs von BOURDIEU, der Theorie sozialer Ungleichheit nach HRADIL und des Etikettierungsansatzes nützlich.
1.1.1 Der Lebensweltbegriff in der Soziologie von SCHÜTZ und HABERMAS
Als Vertreter der klassischen phänomenologisch orientierten Lebenswelttheorie ist ALFRED SCHÜTZ zu nennen, der das Konzept für die soziologische Analyse einführt. Er wählt den Begriff der Lebenswelt, um den Gegenstand der Sozialwissenschaften im weitesten Sinne zu definieren. Edmund HUSSERLs Phänomenologie liefert SCHÜTZ die Basis und das Vokabular seiner Forschung. Für SCHÜTZ bedarf es für die Analyse der Struktur sozialer Realität einer philosophischen Grundlegung. So entsteht aus der Übertragung von Konzepten Edmund HUSSERLs (unbefragt Vorhandenes, Erfahrung)7 eine moderne Soziologie. Die Analyse der Strukturen der Lebenswelt bei HABERMAS orientiert sich, wie bei SCHÜTZ, an den HUSSERLschen Lebensweltanalysen. (vgl. HABERMAS, 1985, Band II, 182f.)
Der Begriff der Lebenswelt bei SCHÜTZ meint die intersubjektiv sinnhafte Welt, an der Menschen durch ihre alltäglichen Handlungen, durch ihre natürliche (d.h. vorwissenschaftliche) Erfahrung teilhaben.
„ SCH Ü TZ verfolgt konsequent den von Max Weber er ö ffneten Weg einer handlungstheoretischen Begr ü ndung der Soziologie, welches soziales Handeln deutend verstehen und dadurch in seinem Ablauf und seinen Wirkungen urs ä chlich erkl ä ren will. “ (GRATHOFF, 1989, 27) Der Aufbau der Welt des menschlichen Handelns wird zunächst als sinnhafter Aufbau verstanden, als Leistung der in der Welt Handelnden. Er ist weder logisch, systematisch, noch strukturell. Diese Welt ist jedem Erleben und jeder Reflexion zunächst vorausgegeben. Die für den Menschen selbstverständliche Wirklichkeit ist die alltägliche Lebenswelt, welche die Wirklichkeitsregion ist, „ in die der Mensch eingreifen und die er ver ä ndern kann [ … ]. (SCHÜTZ, 1979, 25) SCHÜTZ will darunter jenen Wirklichkeitsbereich verstanden wissen, den der normale Erwachsene in der Einstellung eines gesunden Menschenverstandes als vorgeben, also als fraglos und unproblematisch Gegebenes, findet. „ In der nat ü rlichen Einstellung find ich mich immer in der Welt, die f ü r mich fraglos und
selbstverst ä ndlich „ wirklich “ ist. “ (ebd. 25) Diese Alltagswelt ist also jedem einfach vorgeben und jeder lebt, denkt, handelt und verständigt sich mit anderen in dieser ausgezeichneten Wirklichkeit. (vgl. ebd. 32) SCHÜTZ geht davon aus, dass basierend auf einem so genannten Erfahrungsvorrat jeder so handelt, dass die als typisch aufgefassten Handlungen auch typische Folgen haben werden. (vgl. SCHÜTZ, 2003, 49)
Die Alltagswelt ist von Anfang an eine intersubjektive Kulturwelt, in der alle Tatsachen immer schon interpretierte Tatsachen sind, die auf Sinnzusammenhänge und Deutungsmuster verweisen, die Erfahrung und Handeln in der alltäglichen Welt ermöglichen. Die Erfahrungsweise des alltäglichen Verstehens bezeichnet SCHÜTZ als "common sense".
Alltagswissen ist nach SCHÜTZ ein System typischer Konstruktionen von Handlungsorientierungen und Motiven, die im „ Verst ä ndnis des im Alltag unter seinen Mitmenschen lebenden Menschen gebildet werden. Die Konstruktionen, die der Sozialwissenschaftler benutzt, sind daher sozusagen Konstruktionen zweiten Grades: es sind Konstruktionen jener Konstruktionen, die im Sozialfeld von den Handelnden gebildet werden, deren Verhalten von Wissenschaftlern beobachtet wird [ … ] “ . (SCHÜTZ nach GRATHOFF, 1989, 41f.)
Grundlegend für eine Soziologie des Alltags ist nach SCHÜTZ eine Strukturanalyse der Sozialwelt - einerseits eine Analyse sozialer Strukturen objektiver Sinnzusammenh ä nge, andererseits eine Analyse subjektiver Sinnzusammenh ä nge des Welterlebens des Handelnden. (vgl. GRATHOFF, 1989, 43) Darin wird deutlich, dass er wie Max WEBER eine „Verstehende Soziologie" anstrebt, die nicht ausschließlich nach Logik und Gesetzmäßigkeiten gesellschaftlicher Klassen oder Gruppen fragt, sondern empathisch den Sinn (sozialer) Handlungen von Individuen erfassen will.
„ Die Analyse der Lebenswelt ist vornehmlich der Bereich der Praxis, des Handelns. Die Probleme des Handelns und der Wahl m ü ssen also einen zentralen Bereich in der Analyse der Lebenswelten einnehmen. “
(SCHÜTZ, 2003, 48) Alfred SCHÜTZ macht demnach den Begriff der Lebenswelt für die soziologische Praxis handhabbar. Die Lebenswelt ist hier dem Menschen vorgesetzt und wird genutzt, um Erlebtes zu interpretieren bzw. zu deuten und Strukturen, d.h. Regelmäßigkeiten zu erkennen und mit diesen zu arbeiten.
Wenn man davon ausgeht, dass alle Tatsachen schon interpretierte Tatsachen sind, so verweist diese Grundannahme auf einen dem menschlichen Handeln zu Grunde liegenden Sinn und den je individuellen Sinnstrukturen, die aus einer jeweiligen Lebenswelt resultieren.
Von Interesse für die weitere Arbeit ist die Wahrnehmung sinnhafter Handlungsorientierungen und Motive - hinsichtlich der eigenen Lebenswelt und der der Klientel - durch die PädagogInnen. Diese Wahrnehmung resultiert aus dem Erfahrungsvorrat ihrer eigenen Lebenswelt. Es stellt sich die Frage, ob der daraus resultierende Sinn, auch dem Handeln und somit auch den Strukturen differenter Lebenswelten zugesprochen wird.
Inwiefern die oben beschriebene Wahrnehmung und Erfahrungsvorräte die Kommunikation handelnder Subjekte beeinflussen, erläutert HABERMAS in seiner Theorie kommunikativen Handelns und beruft sich dabei auf die Grundlagen von HUSSERL und SCHÜTZ. In seiner Theorie erweitert HABERMAS den SCHÜTZschen Lebensweltbegriff um den Aspekt der Sprache, die Lebenswelt - die den normativen Hintergrund von Erkenntnisleistungen darstellt - repräsentiert. Kulturelle Selbstverständlichkeiten und eine umfassende Komplexität von Hintergrundüberzeugungen kommen durch Sprache zum Ausdruck und sind auch erst hier relevant. Lebensweltliche Hintergründe gelten in der jeweiligen Kultur als selbstverständlich und werden hier nicht thematisiert bzw. problematisiert. (vgl. HORSTER, 1999, 47f.)
Bei der Theorie von HABERMAS handelt es sich insgesamt um eine Gesellschaftstheorie - nicht um eine Theorie des Alltags oder der Lebenswelt als solche. Er führt den Begriff der Lebenswelt zunächst als Korrelat zu Verständigungsprozessen ein. Hintergrundüberzeugungen, die aus einer jeweiligen Lebenswelt resultieren und die als Quelle für Situationsdefinitionen dienen, bilden den Hintergrund für die >Verständigung kommunikativ handelnder Subjekte. Die Interpretationsleistung der Angehörigen von Kommunikationsgemeinschaften besteht aus der Abgrenzung der objekten Welt und der eigenen intersubjektiv geteilten sozialen Welt, gegen die subjektiven Welten von Einzelnen und anderen Kollektiven. Das formale Gerüst dieser Prozesse, setzt sich demnach aus den jeweiligen Weltkonzepten und den korrespondierenden Geltungsansprüchen zusammen und dient der Einordnung einigungsbedürftiger Situationen die eigene, als unproblematisch vorausgesetzte, Lebenswelt. (vgl. HABERMAS, 1985, Band I, 107)
Das Zentrum der Lebenswelt bildet die jeweilige aktuelle Handlungssituation. Die Lebenswelt an sich bleibt immer, wenn auch nur als Hintergrund, stets präsent und selbstverständlich vorhanden. (vgl. HABERMAS, Band II, 1985, 188) „ Aus der situationszugewandten Perspektive erscheint die Lebenswelt als ein Reservoir von Selbstverst ä ndlichkeiten oder unersch ü tterten Ü berzeugungen, welche die Kommunikationsteilnehmer f ü r kooperative Deutungsprozesse benutzen. “ (ebd., 189) In dieser Aussage von HABERMAS wird die Parallelität zu SCHÜTZ offensichtlich, der gleichermaßen davon ausgeht, dass die Lebenswelt, in der situationszugewandten Perspektive, als etwas fraglos und unproblematisch Gegebenes erscheint. (SCHÜTZ, 1979, 25)
Die Grundlagen zum Begriff der Lebenswelt nach HUSSERL - mit denen sowohl SCHÜTZ, als auch HABERMAS arbeiten - beschreiben zum einen die Organisation der Wahrnehmung durch Deutungsmuster, zum anderen finden in der Deutungsmusteranalyse ihre Anwendung.
1.1.1.1 Organisation der Wahrnehmung durch Deutungsmuster Da Kommunikation, nach SCHÜTZ und HABERMAS, geprägt ist durch Deutungsprozesse, deren Ursprung der jeweiligen Lebenswelt der Kommunikationsteilnehmer zuzuordnen ist, wird an diese Stelle die Organisation der individuellen Wahrnehmung durch Deutungsmuster beschrieben, um dann deren Anwendung in dem methodischen Verfahren der Deutungsmusteranalyse zu beleuchten. Diese stellt zwar nicht die Vorgehensweise der hier durchgeführten Studie dar, verdeutlich jedoch den Umgang mit Deutungsmustern in seiner praktischen Umsetzung, wie sie auch für pädagogische Arbeit relevant ist.
Als verwandte Begriffe zu Deutungsmuster sind Handlungsmuster, Orientierungsmuster, script, Alltagstheorien u.a. zu nennen.
Deutungsmuster im Allgemeinen meint die „Organisation der Wahrnehmung von sozialer und natürlicher Umwelt in der Lebenswelt des Alltags.“ (LÜDERS/ MEUSER zit. nach HITZLER/ HONER, 1997, 58) Im dem weniger umfassenden Sinn von SCHÜTZ, auf den das Konzept der Deutungsmuster zurückgeht, ist der Begriff der Typisierungen mit eingeschlossen. Er geht davon aus, dass sich der alltägliche Wissensvorrat aus Typisierungen von Erfahrungen und bewährten Problemlösungen zusammensetzt, die in der Erfahrung immer wieder aktualisiert werden. (vgl. SCHÜTZ, 2003, 49)
Deutungsschemata bilden Sinnzusammenhänge und Typen, die die Wahrnehmung strukturieren, wodurch nur diejenigen Deutungsmöglichkeiten aufgerufen werden, die in der jeweiligen Situation relevant sind. Diese Selektivität ist vor allem sozial bedingt, da sie durch soziales Lernen erworben und auf gesellschaftliche Handlungsprobleme bezogen sind. (vgl. SCHÜTZ, 2003, 347f.) Erlebnisse werden so immer im Rahmen bereits vorgeformter Sinnzusammenhänge wahrgenommen und gedeutet.
Sinn ist nach SCHÜTZ „ das Resultat meiner Auslegung vergangener Erlebnisse, die von einem aktuellen Jetzt und von einem aktuell g ü ltigen Bezugsschema reflektiv in den Griff genommen werden. “
(SCHÜTZ, 2003, 44) Das eigene Verhalten wird demnach immer erst in der eigenen Auslegung reflektiv sinnvoll, das Verhalten der anderen nur im Bezug auf meinen Wissensvorrat verständlich, „ [ … ] wobei ich die M ö glichkeit seines sinnvollen Verhaltens schlicht als gegeben hinnehme. “ (ebd., 45)
Als soziale Deutungsmuster bezeichnet man komplexe typisierende Problemlösungen, die handlungsanleitende Alltagstheorien bilden. Sie versetzen Gesellschafsmitglieder in die Lage, Erfahrungen in einen übergreifenden Sinnzusammenhang zu bringen. Des Weiteren besitzen sie eine identitätsstiftende Funktion, die den Einzelnen in der sozialen Gruppe, der er sich zugehörig fühlt, verorten, und seine individuelle Biographie mit den gesellschaftlichen Handlungsanforderungen verbinden. (vgl. ULLRICH, 1999, 1f.) Als
soziale Deutungsmuster werden allgemein „ die mehr oder weniger zeitstabilen und in gewisser Weise stereotypen Sichtweisen und Interpretationen von Mitglieder einer sozialen Gruppe bezeichnet [werden], die diese zu ihren allt ä glichen Handlungs- und Interaktionsbereichen lebensgeschichtlich entwickelt haben. “ (ARNOLD zit. nach ULLRICH, 1999, 1f.)
Da demnach kollektive Interpretations- und Legitimationsangebote von individuellen Einstellungen und Handlungsorientierungen verursacht sind, bezieht sich die Analyse dieser Konstitutionsbedingungen auf soziale Deutungsmuster. „ Das prim ä re Erkenntnisinteresse gilt also weder den individuellen Einstellungen und Handlungsorientierungen, noch deren Zur ü ckf ü hrung auf sozialstrukturelle Merkmale, sondern den jeweils spezifischen Konstitutionsbedingungen von Handlungsorientierungen. Der sich in Deutungsmustern dokumentierende Sinn, nicht der subjektiv gemeinte (aber auch nicht der „ objektive “ ) Sinn ist der zentrale Forschungsgegenstand. “ (ULLRICH, 1999, 2) Zentral ist
demnach der soziale Sinn, der sich in Deutungsmustern offenbart.
Diese bieten den Akteuren Interpretationen, Evaluationen und Legitimationen von Handlungen und Situationen und haben eine normative Geltungskraft. „ Deutungsmuster sagen dem Akteur nicht nur was der Fall ist (Situationsdefinition), sondern auch was richtig und w ü nschenswert ist (Handlungsorientierung). “ (ebd., 2) Sie stellen folglich ein vermittelndes Glied zwischen objektiven8 gesellschaftlichen Handlungsproblemen und deren subjektiver Bewältigung dar und beschreiben demnach das Verhältnis zwischen Strukturen und Handlung. (vgl. LÜDERS/ MEUSER zit. nach HITZLER/ HONER, 1997, 59)
Der Geltungsbereich variiert diesbezüglich jedoch zwischen der Gesellschaft und einzelnen sozialen Gruppen. Sie beziehen sich dementsprechend zwar auf objektive Handlungsprobleme - da sie jedoch hinsichtlich der Konstruktionsprinzipien und Gültigkeitskriterien autonom sind, begründen sie eine eigene Dimension sozialer Wirklichkeit. (vgl. MEUSER/ SACKMANN, 1992, 19)
Die Relevanz des Erkennens einer eigenen und individuellen Dimension sozialer Wirklichkeit für pädagogisch- professionelles Handeln wird unter Punkt 4 genauer erläutert.
Die Konstruktion dieser je eigenen Wirklichkeit dient der Reduktion von Komplexit ä t, denen Akteure einer (bzw. vor allem der postmodernen) Gesellschaft ausgesetzt sind. Sie werden konstruiert als konsistent und widerspruchsfrei, da nur die Einigung auf bestimmte Muster, Kommunikation erleichtert bzw. erst ermöglicht. So stehen Deutungsmuster zwar in einem relativ funktionalen Bezug zu objektiven Situationen, aber „ [w]as von den Handelnden als Situation oder Handlungsproblem wahrgenommen wird, h ä ngt zum einen von
den sozial verf ü gbaren Deutungsmustern ab; andererseits ü ben diestrukturellen Gegebenheiten aber auch objektive und insofern interpretationsunabh ä ngige Zw ä nge auf Akteure aus. “ (ULLRICH, 1999, 3)
1.1.1.2 Deutungsmusteranalyse - Erfassung des sozialen Sinns
Die Deutungsmusteranalyse geht von einer Vielschichtigkeit von Handlungsentscheidungen aus, die sowohl kognitive, normative und expressive Komponenten umfasst, die einander bedingen und mal mehr, mal weniger Gewicht für eine Entscheidung haben können. Wenn man die Komplexität von Handlungsorientierungen erfassen will, ist ein solch erweiterter Handlungsbegriff unbedingt erforderlich. Aus wissenssoziologischer Perspektive besteht das Erkenntnisinteresse in der Ergründung der Funktion von Wissen im Prozess der gesellschaftlichen Konstruktion von Wirklichkeit. (LÜDERS/ MEUSER nach HITZLER/ HONER, 1997, 65)
„ Wissenssoziologische Deutungsmusteranalysen verm ö gen [ … ] sowohl den Problemhintergrund, auf dem die Entstehung des Deutungsmuster plausibel wird, als auch dessen interne Logik zu rekonstruieren. “ (ebd., 66) Gegenstand solcher Analysen, die gegenwartsdiagnostische Absichten haben, sind kulturelle Leitbilder, Diskurse öffentlicher Meinung, aber auch alltagsweltliche Wissensbestände.
Für die Deutungsmusteranalyse als methodisches Verfahren wurde kein spezifisches Verfahren der Dateninterpretation entwickelt. Durch das den Deutungsmustern zugeschriebene Spannungsverhältnis von Emergenz und Determination, darf hier ein empirisches Verfahren soziale Verhältnisse einerseits nicht auf Basis individueller Meinungen erforschen, auf der anderen Seite muss sie jedoch die strukturschaffenden Leistungen der Akteure mit einbeziehen. (vgl. ebd., 67f.) Dieses Verfahren erklärt, mittels einer interpretativen
Rekonstruktion der Handlungen, Orientierungen und Deutungen der handelnden Subjekte in ihrem wechselseitigen Verweisungszusammenhang, die Genese und den Zusammenhang des sozialen Sinns - also interaktiv erzeugte kollektive Sinngebilde - und des subjektiven Sinns der einzelnen Akteure .
„ Deutungsmusteranalysen sind so Teil interpretativer Strukturanalyse, deren zentrale Devise lautet, Struktur als Prozessstruktur zu begreifen. “ (ebd., 68)
Wie bereits erwähnt, stellt die Deutungsmusteranalyse nicht das methodische Verfahren der hier vorliegenden Studie dar. Das Verstehen und Anwenden der zugrunde liegenden Annahmen dieses Verfahrens, kann jedoch auch in pädagogischer Arbeit als ein professioneller Zugang zum Verstehen anderer Handlungen, Orientierungen und Deutungen angewandt werden.
Die folgenden Ausführungen zum BOURDIEUschen
Habitusbegriff, der Theorie sozialer Ungleichheit und zum Etikettierungsansatz sind insofern relevant, als dass sie bedeutende Komponenten und Einflussgrößen der Lebenswelten Jugendlicher unter dem besonderen Blickwinkel der oben genannten Verschiedenheit der Lebenswelten und somit auch der Marginalität, in Augenschein nehmen. Dadurch können diese Unterschiede konkreter - in Anbetracht des Themas dieser Arbeit, aber auch hinsichtlich von Deutungsmustern und deren Analyse - unter verschiedenen Perspektiven erklärt werden.
Das Phänomen unterschiedlicher sozialer Dimensionen und gesellschaftlicher Stratifikation, und deren Ursachen, werden in den Theorien von HRADIL und BOURDIEU beleuchtet; der Etikettierungsansatz erklärt die Folgen einer daraus resultierenden individuellen Identitätsbildung und ihre Relevanz im Hinblick auf zwischenmenschliche Interaktionen.
1.1.2 Der Habitusbegriff nach BOURDIEU
Grundlegend für das Verständnis des BOURDIEUschen Blicks auf die Gesellschaft, ist die Annahme des sozialen Raums als ein Konstrukt. Dieser soll als übergeordneter Standpunkt verstanden werden, von dem aus „ [ … ] die Akteure in ihrem Alltagsverhalten ihren Blick auf die soziale Welt richten. “ (BOURDIEU, 1994, 277) Dieser Raum ist gleichzusetzen mit allen gesellschaftlichen Positionen, die in ihrer Gesamtheit und mit ihren vielfältigen Wechselbeziehungen, niemals vollständig von den Akteuren wahrnehmbar sind. Diese Potentiale verschiedener Art, können von den Akteuren eingesetzt und teilweise transformiert werden: ö konomisches Kapital, soziales Kapital, symbolisches Kapital und kulturelles Kapital bzw. Bildungskapital.
Ökonomischem Kapital kommt nach BOURDIEU ein hoher Stellenwert zu, da durch diese Kapitalart anderes Kapital, mittels Transformationsarbeit, erworben werden kann. Eine solche Kapitalumwandlung stellt zum Beispiel ein Titel, als Produkt einer Transformation von ökonomischem in kulturelles Kapital, dar. Unter kulturellem Kapital werden sowohl verinnerlichte (kulturelle Fähigkeiten), objektivierte (kulturelle Güter), als auch institutionalisierte (schulischer Titel etc.) Kapitale verstanden. Soziales Kapital meint Ressourcen, die auf der Zugehörigkeit zu einer Gruppe beruhen (z.B. auch Benehmen, Sprechweise, etc.). (vgl. Palentien, 2004, 51ff.) Symbolisches Kapital (Prestige etc.) bildet die wahrgenommene und als legitim anerkannte Form der drei vorgenannten Kapitalien. (vgl. BOURDIEU, 1985, 11) Als Zeichen gesellschaftlicher Anerkennung und sozialer Macht bzw. sozialer Gewalt verleiht das symbolische Kapital Prestige, Reputation, Ehrenzeichen, Privilegien und Positionen. Dies geschieht vor dem Hintergrund der Verfügung über die anderen Kapitalsorten, den Akteuren und den verschiedenen Klassen - z.B. durch eine bestimmte distinktive Sprache und anderer körperlicher Ausdrucksformen wie Kleidung, Stil und Verhalten.
Bestimmte Positionen sind hierbei mit bestimmten „Denk Wahrnehmungs- und Handlungsschemata“, dem Habitus verknüpft, über den Individuen wiederum auf soziale Felder - als mehrdimensionaler Raum von Positionen - zurückwirken. (vgl.
SCHWINGEL, 1995, 56) Der Begriff des Habitus ist zentral für das Konzept von BOURDIEU. Ziel dieses Konzeptes ist es, die Konstitution, Handlungsbedingungen, aber auch Handlungsmöglichkeiten des Menschen als vergesellschaftetes Subjekt zu analysieren. Ebenso wie SCHÜTZ orientiert sich auch BOURDIEU an einigen Punkten, wie dem Ungleichheitsdiskurs, an Max WEBER, welcher, wie z.B. auch Emile DURKHEIM, schon vor BOURDIEU den Begriff des Habitus nutzte. (vgl. KRAIS / GEBAUER, 2002, 5)
BOURDIEU will den Begriff des Habitus so verstanden wissen, dass dieser das „[…] Erzeugungsprinzip objektiv klassifizierbarer Formen von Praxis und Klassifikationssystem dieser Formen darstellt. “
(BOURDIEU, 1994, 277) Die soziale Welt - also der Raum der Lebensstile - wie BOURDIEU es nennt, bildet sich einerseits aus eben diesen Praxisformen und andererseits aus der Unterscheidung und Bewertung (Geschmack) dieser Formen und Produkte. (vgl. ebd., 278)
In Habitus gehen Begriffe wie Anlage, Haltung, Erscheinungsbild, Gewohnheit und Lebensweise auf, die dem gesellschaftlich geprägten Akteur zugeschrieben werden. Dieser steht im Mittelpunkt des BOURDIEUschen Menschenbildes. (vgl. SCHWINGEL, 1995, 54f.) Man kann in der Habitustheorie vergeblich nach „freien“ Entscheidungen dieser Akteureure suchen. Er kehrt sich von den üblichen soziologischen Theorien vom sozialen Handeln, welches hier als Resultat bewusster Entscheidungen bzw. das Befolgen von Regeln begriffen wird, ab. (vgl. KRAIS/ GEBAUER, 2002, 5)
Diese gesellschaftliche Prädetermination fließt bei BOURDIEU als ein Faktor in alle Handlungen der Akteure mit ein. Diese Bestimmtheit bezieht sich jedoch nicht auf die Akteure selbst, sondern auf deren Habitus, welcher nicht angeboren ist, sondern auf individuellen und kollektiven Erfahrungen beruht, die wiederum (Denk-, Wahrnehmungs- und Handlungs-) Schemata bilden. Diese sind
unauflöslich miteinander verflochten und wirken in der Weise, dass ihre Genese nicht erinnert werden kann. (vgl. SCHWINGEL, 2002, 54ff.) „ Indem das habituelle Dispositionssystem [diese Schemata] bereith ä lt, welche zur Orientierung innerhalb der sozialen Welt und zur Hervorbringung angemessener Praktiken dienen, stellt es die Grundlage dessen dar, was Bourdieu als den sozialen Sinn (le sens pratique) bezeichnet. “ (ebd., 57) Dieses System dauerhafter Dispositionen kann im Sinne einer „Spontaneität ohne Wissen und Bewusstsein“ verstanden werden. (vgl. KRAIS/ GEBAUER, 2002, 5) Der soziale Sinn des Habitus vereint in sich alle Sinne, die in irgendeiner Art relevant für die Praxis sind. Dazu gehören unter anderem: Orientierungs- und Wirklichkeitssinn, der moralische Sinn für Verantwortung, der religiöse, der politische, und der ästhetische Sinn, der Sinn für Humor und für das Geschäft. (vgl. SCHWINGEL, 1995, 58)
Inwiefern bedingt nun die Gesellschaft den Habitus?
„ Ein bedeutendes Merkmal des habituellen Dispositionssystems [ … ] liegt in seiner Determiniertheit durch die spezifische Position, die der betreffende Akteur [ … ] innerhalb der Sozialstruktur einnimmt. “ (ebd., 59) Nach BOURDIEU begründet genau dieser Einfluss, den die sozialstrukturelle Position auf das Dispositionssystem hat, die soziologisch relevanten Unterschiede, die zwischen den Habitusformen der Akteure, also den unterschiedlichen Gruppen oder Klassen, bestehen. Demnach ist jede Habitusform immer auch durch klassenspezifische Faktoren bedingt. Der Habitus strukturiert demnach nicht nur Praxis und Wahrnehmung, sondern er ist zudem selbst strukturierte Struktur. So ist das Prinzip der Teilung, sowohl für die Wahrnehmung, als auch für die Praxis strukturierende Instanz, zugleich ist dieses wiederum determiniert durch die Verinnerlichung der Teilung in soziale Klassen. (vgl. BOURDIEU, 1994, 279)
Nach BOURDIEU ist der Habitus sozialstrukturell bedingt und er formt sich im Zuge der Verinnerlichung der äußeren gesellschaftlichen Bedingungen des Lebens. Diese Bedingungen sind in ausdifferenzierten Gesellschaften ungleich, das heißt klassenspezifisch, verteilt. (vgl. ebd., 60) Zusammenhalt und Differenzierung sozialer Klassen kommen mit Hilfe geschmacklicher Zustimmung und Ablehnung zu Stande. BOURDIEU geht davon aus, dass Gesellschaft in hohem Maße über eben diese Geschmacksurteile funktioniert, zum Beispiel insofern, als dass das Vermögen des Geschmacks für den Gewinn von symbolischen Profiten eingesetzt werden kann. (vgl. KRAIS/ GEBAUER, 2002, 10)
Er sieht den sozialen Raum als Raum von Unterschieden - als ein System von Differenzen. „ Eine jede soziale Lage ist mithin bestimmt durch die Gesamtheit dessen, was sie nicht ist, insbesondere jedoch durch das ihr Gegens ä tzliche: soziale Identit ä t gewinnt Kontur und best ä tigt sich in ihrer Differenz. “ (BOURDIEU, 1994, 279) Unterschiede entstehen durch die Verfügung über ökonomisches und kulturelles Kapital. Individuen unterscheiden sich demnach durch Art und Menge von Kapital bzw. Kombinationen der Kapitalarten. Der Lebensstil z.B. ist Bestandteil des kulturellen Kapitals. Bedingt durch eine bestimmte Soziallage erzeugt der Habitus einen spezifischen Lebensstil, der sich in bestimmten kulturellen Praktiken äußert. (vgl. KRAIS/ GEBAUER, 2002,36) Der Habitus erfasst diese lagespezifischen Differenzen in Form von Unterschieden zwischen klassifizierten und klassifizierenden Praxisformen, die dann Produkte des selbigen darstellen. (vgl. BOURDIEU, 1994, 297)
Im Zentrum von BOURDIEUs Soziologie stehen soziale Ungleichheit und Herrschaft - wobei es ihm vor allem um die Formen der Herrschaft geht, die er symbolische Herrschaft bzw. Gewalt nennt. Er meint damit diejenigen Formen von Herrschaft, die über jene Institutionen vermittelt sind, die Kultur reproduzieren und über sie wachen. So zum Beispiel Bildungsinstitutionen, Kirchen, Parlamente, Institutionen der Gesetzgebung und Rechtsprechung, aber auch Medien, Wissenschaften etc. (vgl. KRAIS/ GEBAUER, 2002, 10) Relevant wird der Aspekt dieser symbolischen Herrschaft, wenn man bedenkt, dass z.B. Bildungsinstitutionen - und somit auch
PädagogInnen - Kultur vermitteln. Demnach stellt sich für BOURDIEU die Frage, inwiefern „ [ … ] das Unterrichtssystem bzw. Schule zu Reproduktion der Struktur der Kr ä fteverh ä ltnisse und der symbolischen Verh ä ltnisse zwischen den Klassen leistet, indem es an der Reproduktion der Struktur der Verteilung des kulturellen Kapitals unter diesen Klassen mitwirkt. “ (BOURDIEU, 1973, 91)
Man kann davon ausgehen, dass in Bildungsinstitutionen für alle Gesellschaftsmitglieder gleichermaßen festgelegt wird, welche Haltungen, Gewohnheiten, aber auch Denk- und Handlungsschemata dieser Vermittlung zu Grunde liegen - ungeachtet ihres individuellen Habitus. Die dieser These innewohnende Problematik, wird unter Punkt 3.2 ausführlicher aufgegriffen. Vorab soll jedoch ein detailliertes Augenmerk auf die unterschiedlichen Positionen, unter Zuhilfenahme der Ausführungen HRADILs diesbezüglich, gerichtet werden.
1.1.3 Die Theorie sozialer Ungleichheit nach HRADIL
HRADILS Theorie der sozialen Ungleichheit9 greift das Konzept BOURDIEUS des Habitus auf und erweitert es. Die Beeinflussung der einzelnen Positionen bzw. Kapitalarten findet sich ursprünglich bei BOURDIEU - HRADIL jedoch beschreibt und konkretisiert diese als Ursache für soziale Ungleichheit und passt diese durch seine Erweiterung der Positionsbegriffe, an die neuen gesellschaftlichen Bedingungen an. Er beschreibt die verschiedenen Positionen, die Gesellschaftsmitglieder besetzen, als „ Kriterien und Dimensionen sozialer Schichtung “. (vgl. HRADIL, 1981, 10) Diese sozialen
Positionen werden in BOURDIEUS Werk, in Anlehnung an MARX, als (kulturelles, soziales, ökonomisches) Kapital bezeichnet. HRADIL nutzt hier Begriffe wie Macht, Einkommen, Bildung und Prestige. Alle drei gehen von einem Ungleichgewicht dieses Kapitals aus. Was meinen jedoch die Begriffe soziale Ungleichheit und Chancengleichheit bei HRADIL?
Soziale Ungleichheit wird bei ihm als „ die mehr oder minder vorteilhaften Lebens- und Handlungschancen, die Menschen durch gesellschaftlich hervorgebrachte Lebensbedingungen dauerhaft vorgegeben sind. “ beschrieben. (HRADIL nach GEIßLER, 1987, 2) Der Begriff bezieht sich einerseits auf bestimmte Güter, die im Rahmen einer Gesellschaft als „wertvoll“ gelten. Lebensbedingungen - vom Denken und Verhalten des Einzelnen kurzfristig nicht beeinflussbare Rahmenbedingungen des Lebens - verbessern sich unter der zunehmenden oder vorhandenen Anhäufung dieser Güter. Andererseits beinhaltet der Begriff der sozialen Ungleichheit eine bestimmte Vorstellung darüber, wie diese Güter verteilt sein müssen, um als ungleich zu gelten. (vgl. HRADIL, 2004, 28) Als wertvolle Güter werden nur diejenigen bezeichnet, die „[…] aufgrund der Stellung von Menschen in gesellschaftlichen Beziehungsgef ü gen auf regelm äß ige Weise (absolut) ungleich verteilt werden. “ (HRADIL, 2004, 29) Wenn man davon ausgeht, dass sich die Menschen aus biologischen Gründen, aufgrund von sozialen Ursachen oder durch individuelle Konstellationen, wie Lebensläufe, Erfahrungen etc. unterscheiden, stellt sich die Frage, wie Bedingungen beschaffen sein müssen, dass allen gleiche Chancen ermöglicht werden können. Nach HRADIL kann man von Chancengleichheit sprechen, „ [w]enn alle ungleichen Positionen f ü r alle Mitglieder einer Gesellschaft - im Ma ß e der Erf ü llung gewisser, f ü r alle gleiche Anforderungen - offen stehen [ … ]. “ (HRADIL zit. nach GEIßLER, 1987, 10) Chancen(un)gleichheit bezieht sich demnach auf den Zugang sozialer Positionen und grenzt sich von dem Begriff „Soziale Ungleichheit“ insofern ab, als dass letzterer auf diese ungleichen Positionen selbst zielt. (vgl. ebd., 10)
Auch zwischen den Begriffen sozialer Ungleichheit und soziale Ungerechtigkeit muss differenziert werden, da ersterer deskriptiv und letzterer normativ verwendet wird. Es hängt demnach von den Wertvorstellungen der jeweiligen Gesellschaft bzw. von den verschiedenen Gesellschaftstheorien ab, was als ungerecht empfunden wird. In Deutschland z.B. wird die Sicherung eines Existenzminimums als gerecht empfunden und Gerechtigkeitsvorstellungen sehen hier ein leistungsgerechtes Gefüge sozialer Ungleichheit vor - also gilt auch der Zustand sozialer Ungleichheit als gerecht. (vgl. ebd., 10)
In ausdifferenzierten Gesellschaften gibt es viele, im Rahmen unseres komplexen gesellschaftlichen Gefüges, zusammenhängende Merkmale sozialer Ungleichheit. HRADIL sieht folgende Kriterien bzw. Dimensionen sozialer Schichtungen, in denen sich Ungleichheiten niederschlagen können: Materieller Wohlstand, Macht und Prestige - als drei dieser Dimensionen - fanden und finden sich bis heute in allen Gesellschaften. Ein weiteres Merkmal, spätestens in postindustriellen Gesellschaften, ist die Erweiterung dieser bisherigen Dimensionen um die der Bildung. Diese vier Dimensionen reichen nach HRADIL für die Beschreibung von sozialen Ungleichheiten in modernen Gesellschaften nicht mehr aus. Aufgrund vermehrter Ressourcen und Handlungsmöglichkeiten, erweitert er die bisherigen Dimensionen um die der Wohn-, Arbeits-, Umwelt- und Freizeitbedingungen. (vgl. HRADIL, 2004, 31)
Das Konzept der „neuen“ sozialen Ungleichheit auf fünf Ebenen nach HRADIL wird von PALENTIEN folgendermaßen dargestellt. (2004, 41ff.)10 Die bekannten „alten“ Strukturen sozialer Ungleichheit müssen nach HRADIL, um neue Dimensionen ergänzt werden, da er der Annahme der „Notwendigkeit der Ausdifferenzierung von Lebenslagen unter machtsoziologischen Vorzeichen“ (Dietz zit. nach PALENTIEN, 2004, 41) folgt.
Als erste nennt er die Ebene der bisherigen Dimension sozialer Ungleichheit (1). HRADIL geht davon aus, dass die bisher berufsbezogene Dimensionen (Einkommen, Prestige, Bildung) nicht mehr hinreichend sind, um die Gesellschaft abzubilden. Hinzu zu ziehen sind zusätzliche Charakteristika wie Arbeitsbedingungen, Freizeitbedingungen, Wohn- und Umweltbedingungen, soziale Sicherheit und soziale Diskriminierung.
Die klassischen Kriterien Einkommen und Bildung auf der Ebene der gesellschaftlichen „ Statuszuweisungsmechanismen “ (2), ergänzt er durch neue, „nicht- berufsbezogene“ Kriterien wie Geschlecht, Region (Stadt- Land- Gefälle), Familienverhältnisse (kinderreich vs. kinderlos), Alter (mit zunehmendem Alter steigt die Gefahr der Arbeitslosigkeit), Geburtenzeitraum (Einfluss auf Bildungs- und Berufschancen) und die Herkunft. (vgl. ebd., 41f)
Auf der Ebene der Ursachen f ü r gesellschaftliche Ungleichheit (3) fügt er den erwerbsbedingten Ursachen noch zwei weitere Faktoren
- die staatlichen Eingriffe und das Verhältnis von Gesellschaft zu ihrem Staat - hinzu. Hiernach prägen staatliche Eingriffe zunehmend ungleiche Lebensbedingungen. Des Weiteren ist die Relevanz des Verhältnisses von Gesellschaft zum Staat hinsichtlich der Entscheidung unterschiedlicher Einflussnahmen gesellschaftlicher Gruppen und Organisationen. (vgl. ebd., 42)
Daraus ergibt sich die Ebene des Gesamtgef ü ges der Gesellschaft (4). Das Gefüge sozialer Ungleichheit kann nicht mehr vertikal und deterministisch beschrieben werden, sondern „vielmehr führen „neue“ Ungleichheitsdimensionen zu einem Nebeneinander von sozialer Privilegierung und Benachteiligung.“ (ebd., 42)
Die Ebene der individuellen Lebensstile des Einzelnen (5), ist insofern relevant, als dass durch die zunehmende Pluralisierung und Ausdifferenzierung, die individuelle Gestaltungsfreiheit des Lebens steigt. Demnach ist soziale Ungleichheit nur unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebensstile von Individuen bzw. Gruppen erklärbar, die beeinflusst sind von sich verändernden Werten und
[...]
1 Abrufbar unter: [http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Abteilung5/Pdf-Anlagen/sgb- vlll,property=pdf,bereich=,rwb=true.pdf,] S.6
2 Im Folgenden werden Pädagogen und Pädagoginnen als „PädagogInnen“ beschrieben, da dieser Begriff das relativ ausgewogene Geschlechterverhältnis dieser Profession beschreibt. Bezüglich der Klientel der befragten PädagogInnen - die zu einem überwiegenden Teil aus männlichen Schülern besteht - wird jedoch lediglich die männliche Form „Schüler“ genutzt.
3 Der Begriff Klientel/ Klienten soll darauf hindeuten, dass diese Arbeit nicht bloß Schüler und Schülerinnen als Zielgruppe (institutionalisierter) pädagogischer Arbeit in Augenschein nimmt, sondern, dass alle Ausführungen diesbezüglich die gesamte Klientel pädagogischer Arbeit mit einbeziehen.
4 Stratifikatorisch meint hier eine normative Hierarchisierung unterschiedlicher Lebenswelten, in der deren zugrunde liegende Werte, Haltungen, Rituale, Sprachcodes etc. miteinander verglichen werden. Aufgrund eines fehlenden bzw. fehlinterpretierten Verständnisses für andere Lebenswelten und ihre je eigenen Sinnstrukturen, übertragen PädagogInnen - als Vertreter der symbolischen Macht - ihre Werte etc. in die Lebenswelt ihrer Klientel. Diesem Denken kann die grundlegende Annahme einer Beurteilung von z.B. Handlungsorientierungen in besser/ schlechter - nicht aber in sinnvoll/ nicht sinnvoll - zugeschrieben werden.
5 Pädagogische Professionalität soll in dieser Arbeit als der Einbezug von wissenschaftlichen Theorien - und die Anwendung der daraus resultierenden Begrifflichkeiten und Deutungsmöglichkeiten - in pädagogischer Arbeit verstanden werden. Das daraus resultierende, reflektierte Wissen stellt demzufolge die Grundlage eines gelungenen Theorie-Praxis-Verhältnis dar.
6 Marginalisierung ist hinsichtlich der folgenden Ausführungen als ein Prozess gemeint, bei dem Bevölkerungsschichten an den Rand (margin) der Gesellschaft gedrängt werden und dadurch deutlich weniger am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Die Existenz am Rande einer sozialen Gruppe, Klasse oder Schicht wird auch als Marginalität bezeichnet. Marginalisierte Jugendliche stellen demnach eine Klientel dar, die insofern als Randgruppe bezeichnet werden kann, als dass ihr - durch mangelnde Ressourcen und soziale Kontakte - die Teilnahme am üblichen gesellschaftlichen Leben nur eingeschränkt möglich ist. Das Phänomen dieser sozialen Ungleichheit und die Bedingungen die dazu führen, werden im Folgenden (unter1.1.2/
1.1.3) anhand der Theorien sozialer Ungleichheit nach BOURDIEU und HRADIL erläutert.
7 Vertiefend dazu: Husserl, Edmund: Phänomenologie der Lebenswelt. Ausgewählte Texte II. Nr. 8085, Reclam, Stuttgart, 1985 und Husserl, Edmund: Die phänomenologische Methode. Ausgewählte Texte I. Nr. 8084. Reclam, Stuttgart, 1986
8 Zur Unterscheidung der drei Sinnebenen subjektiver Sinn, objektiver Sinn und sozialer
Sinn vgl. http://www.sowi.uni-mannheim.de/lssoz3/CU/Hollstein_Ullrich_4-2003.pdf. (S. 36f.) Ullrich Hollstein beschreibt hier diese Ebenen als grundlegende Sinnkonzepte qualitativer Sozialforschung.
9 HRADIL nennt folgende Differenzierung als Erscheinungen sozialer Ungleichheit: Die Aufmerksamkeit soll bei ihm den sozialen Unterschieden gelten, „[…] die Menschen im Vergleich miteinander nicht einfach als in bestimmter Hinsicht verschiedenartig charakterisieren, sondern sie gleichzeitig als besser - oder schlechter -, höher- oder tiefergestellt erscheinen lassen.“ (HRADIL, 2001, 27)
10 Eine - dieses Konzept veranschaulichende - Grafik findet sich auf S. 23/ Abb.2
- Citar trabajo
- Nina Ellers (Autor), 2007, Die Bedeutung der Lebenswelten marginalisierter Jugendlicher aus Sicht von PädagogInnen und ihre Relevanz für pädagogisch-professionelles Handeln, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72688
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