Diese Arbeit befasst sich im Rahmen des Seminars „Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung (ADHS) – Symptomatik, Verlauf und Intervention“ mit der Fragestellung „ADHS – Eine Störung oder ein Genotypus?“.
Das Ziel der Arbeit ist die Auseinandersetzung mit den Theorien von Thom Hartmann und Russel A. Barkley sowie die Beleuchtung des aktuellen Forschungsstandes der genetisch und neurobiologischen Befunde.
Bis heute existieren zahlreiche Diskussionen nach den Ursachen der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung. Kapitel 2 bildet die Grundlage dieser Arbeit, indem die Begriffe Genotypus und Störung definiert werden. Das Kapitel 3 beschäftigt sich mit der Theorie von Thom Hartmann, welche er in seinem Buch „Eine andere Art die Welt zu sehen“ darstellt. Sein Ansatz bezieht sich auf den Aspekt, dass ADS früher in der Evolution eine sinnvolle Anpassung gewesen sein könnte. Anschließend wird die gegenteilige Sichtweise von Russel A. Barkley beleuchtet, welche ADHS als Störung der Selbstkontrolle sieht. Die Internationale Konsenserklärung zur ADHS von Barkley et al. sowie die darauf folgende Kritik von S. Timimi et al. sind Betrachtungsgegenstand des 4. Kapitel. Eine Zusammenfassung des aktuellen Wissensstands in Bezug auf die genetische und neurobiologische Forschung wird in den folgenden Ausführungen (Kapitel 5) gegeben. Abschließend erfolgt eine persönliche Schlussbetrachtung in Kapitel 6.
I Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung:
2. Allgemeine Definition von Genotypus und Störung
3. Vergleich der Ansätze von Hartmann und Barkley
3.1 Thom Hartmann
3.2 Russel A. Barkley
3.3 Russel A. Barkley über Thom Hartmann
3.4 Thom Hartmann über Russel A. Barkley
4. Internationale Konsenserklärung zur ADHS
5. Zusammenfassung des aktuellen Wissenstandes zur ADHS
5.1 Erkenntnisse aus genetischen Befunden
5.2 Erkenntnisse aus neurobiologischer Forschung
6. Persönliche Schlussbetrachtung
7. Literaturverzeichnis
II Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung:
Diese Arbeit befasst sich im Rahmen des Seminars „Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) –Symptomatik, Verlauf und Intervention“ mit der Fragestellung „ADHS – Eine Störung oder ein Genotypus?“.
Das Ziel der Arbeit ist die Auseinandersetzung mit den Theorien von Thom Hartmann und Russel A. Barkley sowie die Beleuchtung des aktuellen Forschungsstandes der genetisch und neurobiologischen Befunde.
Bis heute existieren zahlreiche Diskussionen nach den Ursachen der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung. Kapitel 2 bildet die Grundlage dieser Arbeit, indem die Begriffe Genotypus und Störung definiert werden. Das Kapitel 3 beschäftigt sich mit der Theorie von Thom Hartmann, welche er in seinem Buch „Eine andere Art die Welt zu sehen“ darstellt. Sein Ansatz bezieht sich auf den Aspekt, dass ADS früher in der Evolution eine sinnvolle Anpassung gewesen sein könnte. Anschließend wird die gegenteilige Sichtweise von Russel A. Barkley beleuchtet, welche ADHS als Störung der Selbstkontrolle sieht. Die Internationale Konsenserklärung zur ADHS von Barkley et al. sowie die darauf folgende Kritik von S. Timimi et al. sind Betrachtungsgegenstand des 4. Kapitel. Eine Zusammenfassung des aktuellen Wissensstands in Bezug auf die genetische und neurobiologische Forschung wird in den folgenden Ausführungen (Kapitel 5) gegeben. Abschließend erfolgt eine persönliche Schlussbetrachtung in Kapitel 6.
2. Allgemeine Definition von Genotypus und Störung
Bevor sich diese Arbeit mit der Fragestellung „ADHS – Ein Genotypus oder eine Störung“ beschäftigt, soll zunächst ein grundlegendes Begriffsverständnis beider Bezeichnungen gegeben werden.
Der Begriff Genotyp umfasst einerseits die Gesamtheit aller Erbanlagen (Gene) eines Organismus oder einer Zelle und andererseits die genetische Ursache, also die Allele eines bestimmten Genorts. Ein Allel ist die Zustandsform einer Erbanlage, bezogen auf homologe Chromosomen. (vgl. www.amazon.de)
Zimbardo und Gerrig definieren den Störungsbegriff folgendermaßen: „Psychische Störungen liegen dann vor, wenn die normale Funktionsweise der kognitiven und emotionalen Prozesse und des Verhaltens ernsthaft beeinträchtigt ist, so dass die betroffene Person darunter leidet und bei der Erreichung wichtiger Ziele behindert wird. Psychische Störungen führen, mit anderen Worten, zu einer subjektiven und objektiven Einschränkung der Lebensqualität.“ (Zimbardo, Gerrig 1996, S. 602)
Um die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung zu beschreiben, benutzt die medizinische und psychologische Praxis derzeit zwei unterschiedliche internationale Klassifikationssysteme. Dabei handelt es sich zum einen um das ICD-10 (International Classification of Diseases), welches von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgegeben wurde und zum anderen um das DSM-IV (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) von der American Psychiatric Association.
Das ICD-10 differenziert „Hyperkinetische Störungen“ zum einen in „Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung“, welche als Hauptstörungsform angesehen wird (F90.0) und zum anderen in „Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens“ (F90.1), wenn zusätzlich eine Störung des Sozialverhaltens diagnostiziert werden kann (vgl. www.legasthenietherapie-info.de/adhs-ritalin.html).
Im DSM-IV wird der Symptomkomplex als Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung bezeichnet. Die beide Hauptmerkmale Unaufmerksamkeit und/ oder Hyperaktivität – Impulsivität werden als getrennte Verhaltensindikatoren behandelt. Demzufolge kann nach den Kriterien des DSM-IV auch eine Aufmerksamkeitsstörung ohne hyperaktive Symptomatik diagnostiziert werden. In diesem Sinne ist das DSM-IV zutreffender formuliert (vgl. ebd.).
Für die folgende Arbeit wird daher der Begriff Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) verwendet. Eine Ausnahme gilt jedoch für den Ansatz von Thom Hartmann, welcher im Englischen von ADD (Attention Deficit Disorder) spricht. Für diese Ausführungen wird die deutsche Übersetzung ADS (Aufmerksamkeitsdefizit- Syndrom) gewählt.
3. Vergleich der Ansätze von Hartmann und Barkley
3.1 Thom Hartmann
„In den Vereinigten Staaten leiden zwischen sechs und zwanzig Millionen Männer, Frauen und Kinder an der Aufmerksamkeits-Defizit-Störung ADD. Weitere Millionen von Menschen weisen viele ADD-typische Merkmale auf, obwohl sie vielleicht gelernt haben, so gut damit zurechtzukommen, dass sie überhaupt nicht daran denken, dass sie konzentrationsbedingte Probleme haben könnten“ (T.Hartmann 1997, S. 19).
In seinem Buch „Eine andere Art, die Welt zu sehen“ beleuchtet Thom Hartmann längst bekanntes Wissen von einer anderen Seite und wirkt somit der Vermutung, dass ADS ausschließlich eine Funktionsstörung ist entgegen.
Die Hintergründe seiner Idee vertreten die Aspekte, dass ADS als eine Besonderheit der Persönlichkeit und des Stoffwechsels zu betrachten sei; dass die Wurzeln aus einer speziellen Anforderung in der Entwicklung der Menschheit resultieren; dass ADS in verschiedenen Lebensbereichen den Menschen auch ein Vorteil sein kann und dass die Allgemeinheit, sobald sie die Mechanismen verstanden hat, die Umwelt (Schulen und Arbeitsplätze) wieder so umgestalten kann, damit Menschen mit dem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom wieder die treibenden Kräfte im kulturellen, politischen und wissenschaftlichen Leben werden können (vgl. T.Hartmann 1997, S. 19).
Frühere theoretische Erklärungsversuche definierten ADS als Krankheitsbild, dessen Ursache mit einer Schädigung oder Fehlfunktion des Gehirns in Zusammenhang gebracht wurde. Spätere Ansätze vermuteten, dass andere Indikatoren wie alkoholbedingte frühkindliche Schäden bereits im Mutterleib, geistige Reifeverzögerungen oder psychische Funktionsstörungen aufgrund frühkindlicher Traumata oder Misshandlungen die Gründe für die Störung darstellen könnten. Anderen Studien vertreten die Meinung, dass ADS auch eine Erbkrankheit wie zum Beispiel das Down Syndrom sein könnte und somit möglicherweise eine genetische Ursache vorliegt (vgl. T.Hartmann 1997, S.31f).
Laut dem Erkenntnisstand, dass ADS in unsere Bevölkerung sehr weit verbreitet ist, kann man daraus resultierend annehmen, dass es einfach eine Laune des Schicksals ist? Dass es eine Art Absonderlichkeit darstellt, die durch schadhafte Gene oder Kindesmisshandlung verursacht wurde?
Hier setzt die Theorie von Hartmann nach der Frage, woher kommt das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom und warum weisen viele Menschen diese Andersartigkeit auf, an. In Bezug auf Charles Darwin`s Selektionstheorie, die die Durchsetzung von mutierten Organismen durch bessere Anpassung an die (veränderte) Umwelt erklärt und somit besagt, dass der am besten Angepasste überlebt, spricht Hartmann von dem Aspekt, Menschen mit ADS sind die genetischen Erben der Jäger und Sammler. Sein Blickwinkel richtet sich dabei auf die Verhaltensmuster, die Jäger und Bauern entwickelten und sich somit für sie ein Überlebensvorteil für die damaligen Umweltbedingungen ergab. Diese Verhaltensmuster wurden von Generation zu Generation an die Nachkommen weitervererbt und sind somit auch heute noch zu finden. Hartmann spricht hier von „Hunter“ (Nachkommen der Jäger) und „Farmer“ (Nachkommen der Bauern). Seine Sichtweise steht somit dem Störungsbegriff gegenüber, denn für ihn ist ADS ein durch natürliche Anpassung entstandener Wesenszug. In der folgenden Abbildung sind die verschiedenen Eigenschaften der „Hunter“, „Farmer“ und ADS`ler als Vergleich zusammengefasst und dargestellt (vgl. T. Hartmann 1997, S. 32ff).
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- Tina Mauersberger (Author), 2005, ADHS - Eine Störung oder ein Genotypus?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72683
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