Die vorliegende Arbeit ist eine wissenschaftliche Exegese von Markus 3,1-6 nach der historisch-kritischen Methode. In dieser Perikope des Neuen Testamentes heilt Jesus am Sabbat einen Mann mit einer erstorbenen Hand. Beginnend mit einem Übersetzungsvergleich kommt man über Kontext- und Strukturanalyse zur Literarkritik, Form- und Redaktionsgeschichte.
Inhaltsverzeichnis
1. Übersetzungsvergleich
2. Textabgrenzung und Kontextanalyse
2.1 Textabgrenzung
2.2 Kontextanalyse
3. Strukturanalyse
4. Synoptischer Vergleich
5. Literarkritik
6. Formgeschichte
6.1 Dekomposition
6.2 Gattungszuordnung
6.3 Sitz im Leben
7. Redaktionsgeschichte – Kompositionsanalyse
8. Literaturverzeichnis
Bibelübersetzungen
Sekundärliteratur
Als Grundlage für diese Exegese dient der Text der Zürcher Bibel.
Markus 3, 1-6[1]
1 Und er ging wiederum in eine Synagoge. Und es war dort ein Mensch, der hatte eine erstorbene Hand. 2Und sie gaben acht auf ihn, ob er ihn am Sabbat heilen würde, damit sie ihn anklagen könnten. 3Da sagte er zu dem Menschen, der die erstorbene Hand hatte: Tritt her in die Mitte! 4Und er sprach zu ihnen: Ist es erlaubt, am Sabbat Gutes zu tun oder Böses zu tun, ein Menschenleben zu retten oder zu töten? Sie aber schwiegen. 5Und indem er sie ringsumher mit Zorn ansah, betrübt wegen der Verstocktheit ihres Herzens, sagte er zu dem Menschen: Strecke die Hand aus! Und er streckte sie aus, und seine Hand wurde wiederhergestellt. 6Da gingen die Pharisäer hinaus und hielten alsbald mit den Anhängern des Herodes Rat wider ihn, wie sie ihn ins Verderben bringen könnten.
1. Übersetzungsvergleich
Zu Beginn der Exegese untersuche ich verschiedene Übersetzungen auf mögliche Unterschiede hin. Dazu benutze ich die Zürcher Bibel, die Übersetzung Martin Luthers, das Münchener Neue Testament (MNT), die Gute Nachricht, die Einheitsübersetzung, sowie die Übersetzungen nach Wilckens und Zink.
In Vers 2a wird beschrieben, in welcher Art und Weise die bisher noch nicht näher bestimmten Synagogenbesucher Jesu Auftreten verfolgen.
Mk 3,2a
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In einigen Übersetzungen wird beschrieben, dass die Anwesenden Jesus beobachten (Gute Nachricht, Wilckens, Zink). Dieses Beobachten kann man jeweils für sich betrachtet völlig wertfrei verstehen. In der Einheitsübersetzung und der Zürcher Bibel findet man die Formulierung „Acht geben“. Das kann zwar grundsätzlich auch neutral gemeint sein, betont aber meiner Meinung nach das Beobachten noch sehr viel stärker. Jemand, der acht gibt, hat seine Sinne angespannt und verfolgt alles sehr genau.
Trotzdem findet man bisher in diesen beiden Übersetzungsvarianten noch keinen allzu negativen Ton. Anders sieht das in der Lutherübersetzung und im MNT aus. Luther übersetzt mit „sie lauerten darauf“, das MNT geht noch einen Schritt weiter und übersetzt mit „belauern“. Hier finden wir gleich bei der Beschreibung der Haltung der Anwesenden ihre negative Intention. Sie beobachten Jesus nicht mehr neutral, sondern haben vor, etwas zu finden, was sie zu seinen Ungunsten auslegen können. „Lauern“ und „belauern“ implizieren die Situation einer Falle. Es unterstellt den so Handelnden Falschheit und Hinterlist. Da die Übersetzung Luthers und vor allem die des MNT eher formale sind, wird der Wortlaut des griechischen Textes hier wohl genauer wiedergegeben als bei den anderen Übersetzungen.[2]
Einige weitere Unterschiede in den verschiedenen Übersetzungen finden sich am Ende der Perikope in Vers 6.
Mk 3,6
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In der Zürcher Übersetzung und bei Luther findet sich die Formulierung „Rat halten“. Ebenfalls mit „beraten“ hat Zink die Stelle übersetzt. Es ist also vorher noch kein Beschluss gefasst Jesus zu töten. Obwohl das Ergebnis bzw. Ziel der Beratung im weiteren Verlauf des Verses genannt wird, kann man durch die Wortwahl den Eindruck erhalten, dass eine Beratung noch keinen endgültigen Beschluss darstellt.
MNT und Einheitsübersetzung sprechen dagegen vom „Beschluss fassen“. Hier lässt die Übersetzung keinen Zweifel mehr zu, dass dieser Beschluss nicht auch durchgeführt wird.
Die Übersetzung der Guten Nachricht beschreibt eine Einigung der Pharisäer und der Herodianer darüber, dass Jesus sterben müsse. Diese Formulierung halte ich für vage. Es gibt anscheinend noch keine konkreten Pläne zur Durchführung.
Am anschaulichsten, meiner Meinung nach aber etwas theatralisch, übersetzt Wilckens. „Einen Anschlag aushecken“ ist sehr negativ, hat einen Beigeschmack von Verschwörung und macht schon an dieser Stelle deutlich, dass die Pharisäer im Grunde nichts gegen Jesus in der Hand haben und daher nur mit Hinterlist und Falschheit gegen ihn vorgehen können.
Am Ende des Verses gibt es noch einen weiteren Unterschied. Die Übersetzungen sprechen von „ins Verderben bringen“ (Zürcher), „sterben“ (Gute Nachricht), „umbringen“ (Luther, Einheits-übersetzung, Zink) sowie „vernichten“ (MNT, Wilckens). Deutlich erkennt man dabei verschiedene Betonungen. Ist in der Zürcher Übersetzung der Tod Jesu noch nicht einmal explizit erwähnt, kann man im MNT und bei Wilckens den Eindruck gewinnen, es ginge den Gegnern Jesu nicht allein um seinen Tod, sondern um die völlige Auslöschung seiner Person und seiner Lehre.
2. Textabgrenzung und Kontextanalyse
2.1 Textabgrenzung
Die Perikope Mk 3,1-6 bildet den Abschluss von fünf Streitgesprächen Jesu mit den Pharisäern und Schriftgelehrten, die in Mk 2,1 beginnen und hier mit dem Todesbeschluss der Pharisäer ihren Höhepunkt erreichen.
Wie schon in der ersten Perikope Mk 2,1-12 ist auch hier das Streitgespräch mit einer Wundererzählung verknüpft.
Eine größere Zäsur vor Mk 3,1-6 ist nicht auszumachen. Jesus geht zwar in eine Synagoge, doch da man davon ausgehen kann, dass er sich noch immer in Kapernaum befindet, handelt es sich um keinen größeren Ortswechsel. Auch ist es nicht eindeutig zu klären, ob ein wirklicher Zeitwechsel vorliegt, da die vorangehende Perikope Mk 2,23-28 ebenfalls von einem Sabbatereignis handelt. Dies führt zur Frage nach dem Thema der Perikope. Es geht um eine Heilung am Sabbat, also um die Frage nach der Sabbatruhe. Die gleiche Frage wird auch im vorangehenden Abschnitt behandelt. Demnach liegt kein Wechsel des Themas vor. Dass ein Personenwechsel nicht vorliegen kann, erkennt man daran, dass die Anwesenden gar nicht näher benannt werden. Es ist also deutlich, dass auch weiterhin von den Personen der vorangehenden Perikopen (Jesus, Pharisäer) die Rede ist. Lediglich ein Mensch mit einer erstorbenen Hand wird als weitere Person aufgeführt. Die Jünger, die in der vorangehenden Perikope eine Hauptrolle spielen, werden nun zwar nicht genannt, aber man kann davon ausgehen, dass sie gemeinsam mit Jesus in die Synagoge gehen.
Die Zäsur zwischen Mk 3,1-6 und 3,7-12 ist dagegen bedeutender. Jesus zieht sich mit seinen Jüngern an den See zurück, begleitet von vielen Menschen aus den verschiedensten Gegenden des Landes. Der folgende Abschnitt Mk 3,7-12 klingt nach einer Zusammenfassung des Wirkens Jesu in Galiläa. Jesus heilt viele Menschen und treibt böse Geister aus. Da in der Darstellung besonders auf die unreinen Geister und ihre Erkenntnis „Du bist der Sohn Gottes“ (Vers 11) hingewiesen wird, kann man neben dem Ortswechsel auch einen Themenwechsel erkennen.[3]
[...]
[1] „Diese Perikope stellt den Ausleger vor ein besonders verwickeltes literarisches Problem…“, Haenchen, Weg Jesu, S. 123.
[2] Die Luther-Übersetzung ist ein Mittelweg zwischen formaler und dynamisch-gleichwertiger Übersetzung. In diesem Beispiel eher formal anzusehen.
[3] Schweigebefehl in V. 12 → Messiasgeheimnis, auf das hier aber nicht weiter eingegangen werden kann.
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- Andreas Fuhrmanski (Autor), 2006, Exegese zu Mk 3,1-6, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72589
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