Alfred Döblin hat mit Berlin Alexanderplatz einen Roman geschrieben, in dem er sich nicht nur thematisch mit der "fundamentalen Irritation der Wahrnehmung" auseinandersetzt, mit der sich die in den Großstädten des beginnenden. Jahrhunderts lebenden Menschen permanent konfrontiert sahen, sondern er versucht in seinem Werk auch, die neue Erfahrungswirklichkeit des urbanen Menschen in darstellungs-ästhetischer Hinsicht zu verarbeiten.
Die Wahrnehmungsherausforderungen, die durch die Konzentration von Produktion, Handel, sowie Verkehrs- und Informationsfluß an den Menschen des 20. Jahrhunderts gestellt werden, waren und sind für die im großstädtischen Lebensraum lebenden Menschen besonders stark ausgeprägt. Durch das unglaubliche Tempo, mit dem die städtischen Lebensräume expandieren, erlangt das Dilemma des modernen Menschen, mit seinen gewohnten Wahrnehmungsmustern die neuartige Erfahrungswirklichkeit nicht mehr abbilden zu können, zudem für eine immer größere Zahl von Menschen an Aktualität. Im Jahr 1800 war Peking die einzige Millionenstadt, 1850 überschritten London und Paris die Millionengrenze und als Döblin seinen Berlin Alexanderplatz Roman 1929 veröffentlichte, gab es weltweit bereits über 16 Großstädte mit über einer Millionen Einwohnern.
Diese Arbeit soll zunächst zeigen, in welchem Zusammenhang die Entwicklung der modernen Großstadt, Wechsel der Wahrnehmungsparadigmen und die Herausbildung neuer literarischer Formen stehen. Da die Modernität des Berlin Alexanderplatz Romans nicht zuletzt im Wechselspiel zwischen thematischer Behandlung der Großstadtproblematik und literarischer Formgebung begründet ist, soll des weiteren detailliert auf die Wahrnehmung und Thematisierung der Stadt in Döblins Roman sowie auf die ästhetischen Konzepte zur Darstellung Berlins eingegangen werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Verhältnis von großstädtischer Erfahrungswirklichkeit zur Entwicklung neuer darstellungsästhetischer Konzepte in der Literatur der Moderne
- Die Erfahrung der großstädtischen Erfahrungswirklichkeit und die Krise der Wahrnehmung
- Thematischer und darstellungsästhetischer Paradigmenwechsel durch den Verlust des Glaubens an das autonome Individuum
- Die Stadt rückt in den Mittelpunkt des Romangeschehens
- Die Auflösung der totalitätsstiftenden Erzählinstanz
- Neue darstellungsästhetische Impulse durch die Erfahrung der beschleunigten Bewegung (besser. durch die Erfahrung der Moderne oder
- Montage und Reihung disparater, fragmentarischer Momenteindrücke
- Auflösung des festen Erzählerstandpunkts
- Die Stadt in Alfred Döblins Roman Berlin Alexanderplatz
- Die Wahrnehmung der Großstadt in Berlin Alexanderplatz
- Zur Rolle des Erzählers in Berlin Alexanderplatz
- Die Wahrnehmung der Stadt als komplexes Funktionsgefüge
- Die Wahrnehmung der Stadt als feindliches Gegenüber
- Zur Montagetechnik Döblins
- Montage als mimetisches Prinzip
- Der Einfluß der futuristischen Künste auf die Entwicklung der literarischen Montagetechnik
- Zum Begriff der Montage im Medium der Literatur
- Die Montagetechnik in Berlin Alexanderplatz
- Die Wahrnehmung der Großstadt in Berlin Alexanderplatz
- Schlußbemerkung
- Bibliographie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht den Roman „Berlin Alexanderplatz" von Alfred Döblin und analysiert, wie Döblin die Wahrnehmungskrise des modernen Menschen in der Großstadt thematisiert und darstellungsästhetisch verarbeitet. Der Fokus liegt auf dem Verhältnis zwischen der Erfahrung der Großstadt und der Entwicklung neuer literarischer Formen in der Moderne.
- Die Wahrnehmungskrise des modernen Menschen in der Großstadt
- Die Auflösung des autonomen Individuums und der traditionellen Romanformen
- Die Stadt als zentraler Darstellungsgegenstand und Erfahrungsraum
- Die Montagetechnik als mimetisches Prinzip der Großstadtwahrnehmung
- Der Einfluß des Futurismus auf die Entwicklung der literarischen Montagetechnik
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik des Romans „Berlin Alexanderplatz" ein und stellt die Problematik der Wahrnehmungskrise des modernen Menschen in der Großstadt dar. Das zweite Kapitel beleuchtet das Verhältnis zwischen der Entwicklung der Großstadt, dem Wandel der Wahrnehmungsparadigmen und der Herausbildung neuer literarischer Formen in der Moderne. Es werden die Auswirkungen der Verstädterung auf die Wahrnehmung des Menschen, die Auflösung des autonomen Individuums und die damit verbundene Krise des traditionellen Romans sowie die neuen darstellungsästhetischen Impulse durch die Erfahrung der Moderne, insbesondere durch die Montagetechnik, untersucht. Das dritte Kapitel widmet sich der Darstellung der Stadt in Döblins Roman. Es werden die Wahrnehmung der Großstadt aus der Perspektive des Erzählers sowie aus der Perspektive des Protagonisten Franz Biberkopf analysiert. Darüber hinaus wird Döblins Montagetechnik als mimetisches Prinzip der Großstadtwahrnehmung und ihre Verbindung zum Futurismus beleuchtet. Die Schlußbemerkung fasst die wesentlichen Ergebnisse der Arbeit zusammen und stellt die Bedeutung des Romans „Berlin Alexanderplatz" als Trainingsraum für neue Wahrnehmungsparadigmen heraus.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Wahrnehmungskrise, die Großstadt, die Moderne, die Auflösung des autonomen Individuums, die Montagetechnik, der Roman, Alfred Döblin, „Berlin Alexanderplatz", die Stadt als Erfahrungsraum, der Futurismus und die Entwicklung neuer literarischer Formen.
- Arbeit zitieren
- Johannes Klaas (Autor:in), 1998, Die Großstadt als Wahrnehmungsherausforderung in Alfred Döblins Berlin Alexanderplatz (1929), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/719
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