Der Begriff Ritual bezeichnete ursprünglich einen religiösen Brauch. Dieser
beinhaltete bestimmte Sprachformeln, Gesten und Handlungen. Das
religiöse Ritual hat eine eigene Ordnung, einen eigenen Auflauf.
In der heutigen Zeit wird mit dem Begriff Ritual eine breitere Handlungsform
bezeichnet, die sich nicht nur auf den religiösen Bereich beschränkt.
Vielleicht ist gerade diese breite Erweiterung des Ritualbegriffs der Grund
dafür, dass in der Literatur bis jetzt keine allgemein anerkannte Definition
festgelegt wurde.
Der Begriff „Ritual“ wird oft sinngleich mit angrenzenden Kategorien wie
etwa Regeln oder Zeremonien verwandt. Susanne Petersen findet diesen
synonymen Gebrauch sehr problematisch. Sie meint, dass viele
Handlungsabläufe zu einem Ritual erklärt werden, weil diese Definition vor
rationaler Kritik zu schützen scheint.1
Obwohl keine feststehende Definition für den Ritualbegriff besteht, ist
dennoch eine Annäherung möglich. Rituale sind eine Form der
Kommunikation. Ohne Kommunikation ist keine Entwicklung einer Kultur
möglich. Die Menschen haben also keine andere Möglichkeit als Rituale zu
schaffen, damit sich ihre Kultur entwickeln kann.2 Annemarie von der
Groeben geht in dieser Formulierung noch weiter. Sie erweitert den
bekannten Watzlawicksche Grundsatz: „Man kann nicht nicht
kommunizieren.“ Mit dem Gedanken, dass Kommunikation durch Rituale
möglich ist, formuliert sie: „Man kann nicht nicht ritualisieren.“3
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1 vgl.: Rituale für kooperatives Lernen in der Grundschule, S.10
2 vgl.: Rituale – Vielfalt in Alltag und Therapie, S.39f.
3 aus.: Was sind und wozu brauchen Schulen gute Rituale?
Inhalt
1 Was ist ein Ritual?
2 Rituale in der Schule
3 Die Wirkung von Ritualen in der Schule
4 Rituale im Religionsunterricht
5 Eigene Erfahrungen
6 Literaturverzeichnis
1 Was ist ein Ritual?
Der Begriff Ritual bezeichnete ursprünglich einen religiösen Brauch. Dieser beinhaltete bestimmte Sprachformeln, Gesten und Handlungen. Das religiöse Ritual hat eine eigene Ordnung, einen eigenen Auflauf.
In der heutigen Zeit wird mit dem Begriff Ritual eine breitere Handlungsform bezeichnet, die sich nicht nur auf den religiösen Bereich beschränkt. Vielleicht ist gerade diese breite Erweiterung des Ritualbegriffs der Grund dafür, dass in der Literatur bis jetzt keine allgemein anerkannte Definition festgelegt wurde.
Der Begriff „Ritual“ wird oft sinngleich mit angrenzenden Kategorien wie etwa Regeln oder Zeremonien verwandt. Susanne Petersen findet diesen synonymen Gebrauch sehr problematisch. Sie meint, dass viele Handlungsabläufe zu einem Ritual erklärt werden, weil diese Definition vor rationaler Kritik zu schützen scheint.[1]
Obwohl keine feststehende Definition für den Ritualbegriff besteht, ist dennoch eine Annäherung möglich. Rituale sind eine Form der Kommunikation. Ohne Kommunikation ist keine Entwicklung einer Kultur möglich. Die Menschen haben also keine andere Möglichkeit als Rituale zu schaffen, damit sich ihre Kultur entwickeln kann.[2] Annemarie von der Groeben geht in dieser Formulierung noch weiter. Sie erweitert den bekannten Watzlawicksche Grundsatz: „Man kann nicht nicht kommunizieren.“ Mit dem Gedanken, dass Kommunikation durch Rituale möglich ist, formuliert sie: „Man kann nicht nicht ritualisieren.“[3]
Eine weitere Facette des Ritualbegriffs erschließt sich bei der Betrachtung der Tatsache, dass Rituale eine Form der Kommunikation beinhalten und einen Sinn ergeben. Daher werden Rituale nicht täglich neu erfunden, was im religiösen Bereich die Folge hat, dass an teilweise unverständlichen Geesten und Handlungen festgehalten wird. Dies ist kein Mangel an Spontaneität oder Fantasie, sondern hat den Grund, dass Neuerungen die Kommunikation zusätzlich sinnlos erschweren.[4] Cornelia Vogelsanger ist zumindest dieser Ansicht.
Auch Daan van Kampenhout hat versucht den Begriff des Rituals zu erklären. Er fasst keine Definition, sondern umschreibt die Handlungsweise, den Inhalt und auch den Sinn von Ritualen. Van Kampenhout nimmt Bezug auf das vorhandene Ritualspektrum, das seiner Meinung nach vom Händeschütteln bis hin zum Fasten über mehrere Wochen reicht.
Trotzdem gibt es eine Gemeinsamkeit: Bei allen Ritualen steht die Zeit gewissermaßen still. Es geht darum diesen Moment des Rituals intensiv zu erleben und die Konzentration nur darauf zu fokussieren. Um ein Ritual richtig erleben zu können, muss man sich für einen Moment aus dem Alltag lösen. Durch diesen neuen „Standpunkt“ kann ein Überblick über die derzeitige Situation erlangt werden. Rituale ermöglichen eine intensive Wahrnehmung und eröffnen intensive Erfahrungen.[5]
Rituale können noch mehr als solche Erfahrungen zu erschließen. Mit ihnen kann man beispielsweise Projekte und Prozesse initiieren oder auch zum Abschluss bringen. Auch hier ist es wichtig sich für einen Moment aus dem Alltagsleben zu lösen, um neue Impulse aufnehmen zu können. Mit solchen Ritualen kann eine Atmosphäre geschaffen werden, in der es sich gut arbeiten lässt. Es können klare Ziele formuliert und gesetzt werden.
Bei allen Ritualen geht es darum eine Verbindung herzustellen, eine angemessene Form der Kommunikation zu finden. Zweck eines Rituals ist nach Meinung von van Kampenhout die Verbesserung der Lebensqualität.[6]
2 Rituale in der Schule
Rituale haben die Möglichkeit einen Schultag zu rhythmisieren. Sie werden an markante Punkte wie zum Beispiel die Anfang und Ende einer Schulstunde oder eines Schultages gestellt. Durch Rituale werden Akzente gesetzt, die wiederkehrend sind. Dabei bleibt der Rahmen gleich, der Inhalt oder die Ausrichtung verändert sich. Anfang und Ende können bewusster und differenziert erlebt werden. Die Wiederkehr der Handlungen vermittelt eine Form der Sicherheit durch etwas bekanntes. Dies kann sowohl für den Einzelnen als auch für eine ganze Gruppe gelten. Gerade in der Etablierungsphase, in der sich beispielsweise eine Lerngruppe neu findet, ist dies wichtig. Rituale können durch entsprechende Inszenierungen gemeinschaftsbildend wirken.
Rituale können den Schulalltag entlasten. Vorstellbar ist ein Ritual, das in Krisensituationen eingesetzt wird. Eingeübte Abläufe können Konflikte entemotionalisieren, wodurch eine erleichterte Klärung und Lösungsfindung möglich wird. Gleichzeitig können auch solche Rituale Schutz, vor beispielsweise verletzender Kritik, bieten.[7]
Rituale haben in der Schule nicht nur den gerade positiv geschilderten Charakter, auch negative Eigenschaften schwingen mit. Durch Rituale werden meist Gruppeninteressen durchgesetzt, die Individualität der Einzelnen kann verloren gehen.
Es stellt sich also die Frage, was ein Ritual zu einem guten Ritual macht. Mit Ritualen lässt sich alles steuern, meint Annemarie von der Groeben.[8] Sie schaffen Ordnung, sie geben Sicherheit und Orientierung. Dabei darf die Fragestellung nicht außer Acht gelassen werden zu welchem Preis und zu welchem Zweck sie dies tun. Aus diesem Grund lassen sich Rituale nicht als gut oder schlecht bewerten, eher als der Situation angemessen oder unpassend. Eine Form der Bewertung von Ritualen könnte bei der Entscheidung für oder gegen ein Ritual helfen. Hier kann es keine allgemeingültigen Antworten geben. Die Rituale in den verschiedenartigen Schulformen und an den mannigfachen Orten können sehr unterschiedlich, vielleicht sogar auch entgegengesetzt sein. Trotzdem sind sie an ihrem Ort, in ihrem Umfeld sehr gut. Das gilt auch für unterschiedliche Gruppierungen innerhalb einer Schule. Was für einen Elfjährigen gut ist, kann für Sechzehnjährige unangemessen und lachhaft sein.[9]
[...]
[1] vgl.: Rituale für kooperatives Lernen in der Grundschule, S.10
[2] vgl.: Rituale – Vielfalt in Alltag und Therapie, S.39f.
[3] aus.: Was sind und wozu brauchen Schulen gute Rituale?
[4] vgl.: Rituale – Vielfalt in Alltag und Therapie, S.40
[5] vgl.: Heilende Rituale, S. 16f.
[6] vgl.: Heilende Rituale, S. 18
[7] vgl.: Rituale für kooperatives Lernen in der Grundschule, S.11f.
[8] aus: Was sind und wozu brauchen Schulen gute Rituale?
[9] vgl.: Was sind und wozu brauchen Schulen gute Rituale?
- Citation du texte
- Arne Marquardt (Auteur), 2003, Rituale im Religionsunterricht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71968
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