Nach der starken Kritik der Medienberichterstattung über den 11.09.2001, werden in der vorliegenden Arbeit theoretische Hintergründe ausgewählter Kritikpunkte betrachtet und an einem weiteren terroristischen Ereignis, den Anschlägen in Kenia am 28.11.2002, inhaltsanalytisch untersucht. Dabei wird vorab die Rolle der Nachrichtenfaktoren für die Selektion und Intensität der Berichterstattung betrachtet. Von besonderem Interesse für die Hauptuntersuchung ist, inwieweit negative Stereotype und/oder Feindbilder bezüglich der islamischen und arabischen Welt sowie Emotionalisierungstendenzen in den Nachrichten vorliegen. Zudem wird das Zusammenspiel von Formen der Emotionalisierung und Stereotypisierungen diskutiert. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen erwartete Tendenzen, natürlich in geringerem Ausmaß als nach dem 11.09.2001. Der Nachrichtenwert des Ereignisses ist anfänglich sehr hoch, jedoch sinkt ab dem dritten Tag die Beachtung deutlich. Das Vorkommen emotionalisierender Mittel wird empirisch bestätigt. Nicht nur emotionale Sprache und Sprechweise, sondern vor allem Formen der expliziten Emotionalisierung sind vertreten. Damit wird die Vermutung bekräftigt, dass die Medien die, mit den terroristischen Ereignissen verbundene, beängstigende Stimmung aufgreifen. Ein direkter islamischer Feindbildaufbau ist zwar in der Berichterstattung nicht zu verzeichnen. Allerdings liegen latente negative Bewertungstendenzen sowie negative Stereotype bezüglich der arabischen und islamischen Welt vor. Eine meist narrativ inszenierte Fixierung auf Bin Laden und Al Qaida erfolgt oberflächlich und vernachlässigt kontextuelle Einordnungen. Trotz der kritischen Stimmen nach dem 11.09.2001 findet der geforderte Wandel in der Terrorismus-Berichterstattung nicht in gewünschtem Ausmaß statt, denn die damals bemängelten Aspekte, wie starke Emotionalisierung, geringe journalistische Reflexion und mangelnde kontextuelle Einordnungen sind weiterhin vorzufinden. Dies lässt sich auf Veränderungen der Nachrichtengebung aufgrund der Kommerzialisierung zurückführen, denn solche Muster sind nicht auf diskursive Verständigung aus, sondern um Marktanteile bemüht. Zudem zeigen weitere Studien, dass sich auch die Salienz von Terrorismus in den Nachrichten seit dem 11.09. verdoppelt hat und eine erhöhte Bedrohungswahrnehmung in der Bevölkerung nicht im Verhältnis zu den tatsächlich stattfindenden Ereignissen steht, so dass die Berichterstattung nach wie vor kritisch beobachtet werden muss.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
Teil I: Theoretischer Teil
2 Annäherung an das Phänomen Terrorismus
2.1 Entwicklung und Bedeutung des Begriffs
2.2 Definition des Begriffs Terrorismus
2.3 Strukturen des islamistischen Terrorismus
3 Stand der Forschung
3.1 Studien und Sichtweisen in der Terrorismusforschung
3.1.1 Diverse Ansätze und Entwicklungen
3.1.2 Aktueller Forschungsstand
3.2 Terrorismus und Kommunikation
3.2.1 Terrorismus als Kommunikationsakt
3.2.2 Typen der Kommunikation im Terrorismus
3.2.3 Medien und Terrorismus – eine Symbiose?
4 Zur Terrorismus-Berichterstattung
4.1 Selektionskriterien der Nachrichtenproduktion
4.1.1 Konzept der Nachrichtenfaktoren
4.1.2 Nachrichtenwertigkeit terroristischer Ereignisse
4.2 Kriterien zur emotionalen Wirkung
4.2.1 Mittel der Emotionalisierung.
4.2.2 Theoretische Ansätze zum „Spiel“ mit Angst und Unsicherheit
4.3 Stereotype, Vorurteile und Feindbilder
4.3.1 Unterscheidung von Stereotypen und Vorurteilen
4.3.2 Theoretische Grundlagen von Feindbildern
4.3.3 Das Feindbild Islam
Teil II: Empirische Ergebnisse
5 Forschungsfragen und Hypothesen
6 Methodisches Design
6.1 Untersuchungsmethode: Inhaltsanalyse
6.2 Auswahl des Untersuchungsmaterials
6.2.1 Untersuchungsgegenstand
6.2.2 Auswahl von Sendungen und Beiträgen
6.2.3 Untersuchungszeitraum
6.2.4 Untersuchungseinheiten
6.3 Operationalisierung
6.3.1 Kategoriensystem und Variablen
6.3.2 Codierung.
7 Ergebnisse der Untersuchung
7.1 Nachrichtenwert und formale Präsentation des Themas
7.1.1 Einfluss der Nachrichtenfaktoren auf die Berichterstattung
7.1.2 Zusammenfassung der Ergebnisse zur ersten Forschungsfrage
7.2 Inhaltliche Präsentation: Einsatz von Emotionalisierung
7.2.1 Explizite und implizite Emotionen
7.2.2 Visualisierung von Emotionen
7.2.3 Emotionalisierung in Sprache und Ton
7.2.4 Darstellung der Unsicherheit und Gefahr
7.2.5 Zusammenfassung der Ergebnisse zur zweiten
Forschungsfrage
7.3 Inhaltliche Präsentation: negative Stereotype und Feindbilder bezüglich der islamischen und arabischen Welt
7.3.1 Genauigkeit der Darstellungen von islamistischen Terrorismus
7.3.2 Feindbildmerkmale
7.3.3 Art der Schuldzuweisung
7.3.4 Auffälligkeiten in Sprache und Bildsprache
7.3.5 Zusammenfassung der Ergebnisse zur dritten Forschungsfrage
8 Resümee und Ausblick
9 Literatur
Anhang
1 Schlüsselpläne Nachrichtenwert und Nachrichtenfaktoren
2 Codierbuch und Kategoriendefinitionen
3 Tabellen
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Terrorismus als Kommunikationsprozess
Abb. 2: Triangel des aufständischen Terrorismus
Abb. 3: Kommunikationsfluss bei der Berichterstattung über terroristische Ereignisse
Abb. 4: Formaler Aufbau der Nachrichtensendung
Abb. 5.1: Überblick über die Hypothesen und Kategorien der ersten Forschungsfrage
Abb. 5.2: Überblick über die Hypothesen und Kategorien der zweiten Forschungsfrage
Abb. 5.3: Überblick über die Hypothesen und Kategorien der dritten Forschungsfrage
Abb. 6: Nachrichtenwert-Index des Themas
Abb. 7: Nachrichtenwert-Index: Beachtung des Themas pro Sender
Abb. 8: Anzahl vorhandener journalistischer Darstellungsformen (pro Sender)
Abb. 9: Absolute Häufigkeit der Erwähnung von al-Qaida und Bin Laden.
Abb. 10: Umfang der Beiträge über den Untersuchungszeitraum (in Minuten)
Abb. 11: Verteilung expliziter und impliziter Emotionen
Abb. 12: Verteilung der Emotionen in der Berichterstattung
Abb. 13: Relative Häufigkeit der expliziten Emotionen
Abb. 14: Relative Häufigkeit der Emotionen in Statements von a.) Politikern und Wissenschaftlern sowie b.) Privatpersonen und Wirtschaftlern
Abb. 15: Anteil der Darstellungsformen mit Gefühlsäußerungen
Abb. 16: Verteilung der dargestellten Gefühlsäußerungen
Abb. 17: Art der Präsentation von Kindern in Korrespondentenberichten
Abb. 18: Häufigkeit von Authentizität in den journalistischen Darstellungsformen, außer Sprechermeldung
Abb. 19: Verteilung von unmittelbarer und mittelbarer Authentizität
Abb. 20: Anteile der Merkmale unmittelbarer Authentizität
Abb. 21 Vorhandene Darstellungen von Toten/Verletzungen in Korrespondentenberichten
Abb. 22: Relative Häufigkeit der Art der Darstellungen von Toten/Verletzungen in Korrespondentenberichten
Abb. 23: Genauigkeit der Darstellung von Trümmern/Zerstörung
Abb. 24: Absolute Häufigkeit emotionalisierender Effekte der Sprache und Sprechweise in Korrespondentenberichten
Abb. 25: Absolute Häufigkeit rhetorischer Mittel in Korrespondentenberichten
Abb. 26: Absolute Häufigkeiten argumentierter Gefahren für Deutsche
Abb. 27: Absolute Häufigkeiten von Bewertungstendenzen
Abb. 28: Absolute Häufigkeit der Genauigkeit bei Darstellungen des islamistischen Terrorismus – Hintergrundinformationen
Abb. 29: Absolute Häufigkeit der Kennzeichnung spekulativer Schuldzuweisungen
Abb. 30: Nennung der Täter anteilig an Gesamthäufigkeit
Abb. 31: Nennung der Täter anteilig an Gesamthäufigkeit pro Sendern
Abb. 32: Absolute Häufigkeiten von Bildsprache und Formulierungen
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Zusammenfassung der wiederkehrenden Merkmale der Definitionen von Terrorismus
Tab. 2: Feindbildmerkmale nach Spillmann (1989)
Tab. 3: Überblick über Untersuchungszeitraum und Untersuchungsobjekte
Tab. 4: Durchschnittliche Erwähnung von al-Qaida und Osama bin Laden
Tab. 5: Platzierung des Themas über den Untersuchungszeitraum
Tab. 6: Relative und Absolute Häufigkeit der Gefühlsäußerungen (in Prozent und absolute Zahlen)
Tab. 7: Häufigkeiten der Darstellungsformen mit/ohne Feindbildmerkmale (in Prozent und absolute Zahlen) Tabellen im Anhang
Tab. 8: Stärke der Nachrichtenfaktoren des Untersuchungsereignisses
Tab. 9: Überblick über die Codes der Variable: Stärke und Intensität des Gefühlsakt nicht journalistischer Personen
Tab. 10: Verteilung der vorliegenden journalistischen Darstellungsformen
Tab. 11: Relative Häufigkeit der vorhandenen Emotionen (in Prozent und absolute Zahlen)
Tab. 12: Absolute Häufigkeit der Erwähnung von al-Qaida und Osama bin Laden
Tab. 13: Absolute Häufigkeit vorliegende Authentizität in der Berichterstattung (außer Sprechermeldungen)
Tab. 14: Darstellung von Toten und Verletzungen (in Prozent und absolute Zahlen)
Tab. 15: Absolute Häufigkeit sprachlicher und akustischer Auffälligkeiten in Korrespondentenberichten (in Prozent und absolute Zahlen)
Tab. 16: Absolute Häufigkeiten von Bewertungstendenzen in den untersuchten Stilformen (in Prozent und absolute Zahlen)
Tab. 17: Absolute Häufigkeit der Genauigkeit der Darstellungen des islamistischen Terrorismus (in Prozent und absolute Zahlen)
Tab. 18: Absolute Häufigkeit der vorliegenden Feindbildmerkmale (in Prozent und absolute Zahlen)
Tab. 19: Absolute Häufigkeit der vorliegenden Bildsprache und Formulierungen (in Prozent und absolute Zahlen)
1 Einleitung
„Terror-Inferno! Die Welt in neuer Angst […]. Es war Bin Laden“
(BILD 21.11.2003: 1)
So titelte kürzlich zu den Anschlägen in Istanbul die BILD-Zeitung[1]. Daneben ein 13x18cm großes Foto einer blutüberströmten anscheinend toten Frau. Eine Schlagzeile, ein Bild, die gleichsam auch für die Terroranschläge auf das New Yorker World Trade Center[2] am 11. September 2001 oder der folgenden Anschlagserie auf die Touristengebiete in Djerba, Bali und Kenia[3] charakteristisch sein könnten.
„Noch nie in der Geschichte der modernen Medien […] gab es so viel Medienkritik.“ (Baum/Fischer 2001: 4), wie bezüglich der Berichterstattung über den 11.09.2001. Als nur einige ausgewählte Kritikpunkte seien hier die starke Emotionalisierung bezüglich der Sachverhalte sowie geringe journalistische Reflexionen genannt. Es mangelte an einer distanzierten Berichterstattung mit Hintergrundanalysen, die für kontextuelle Einordnungen unerlässlich sind (vgl. Debatin 2002). Des Weiteren wurde die Fixierung auf „den Täter“Osama Bin Laden und der damit verbundene Feindbildaufbau in Bezug auf den Islam kritisiert (vgl. Becker 2002).
Es ist deshalb zu hinterfragen, ob Terrorismus-Berichterstattung seit dem genannten Ereignis einen Wandel erfahren hat. Auch wenn der 11.09.2001 als Grenzfall[4] zu betrachten ist, stellt sich die Frage, ob angeführte Kritikpunkte bei der Berichterstattung über nachfolgende terroristische Ereignisse weiterhin aufzufinden sind. Dass solcherlei Tendenzen vermutlich noch immer bestehen, verdeutlicht das zu Beginn angeführte Zitat. So findet eine in Wortwahl und Visualisierung deutlich zu erkennende Emotionalisierung statt. Dazu wird ein diffuses Bedrohungsgefühl suggeriert, um den Empfänger zu involvieren. Der „Täter“ wird benannt und damit die viel zitierte Personifizierung des Terrors in der Person Osama Bin Ladens bekräftigt (vgl. Palm 2002). Ob solche Merkmale nur in dem speziellen Einzelfall oder in einem weiteren Teil der Berichterstattung, wie z.B. den Fernsehnachrichten, vorzufinden sind, bleibt zu untersuchen.
In der vorliegenden Arbeit wird der theoretische Hintergrund ausgewählter Kritikpunkte detaillierter betrachtet und diese schließlich an einem weiteren terroristischen Ereignis, den Anschlägen in Kenia am 28.11.2002,[5] analysiert. Ziel der Untersuchung ist es, Aussagen bezüglich inhaltlicher und formaler Merkmale der Berichterstattung über terroristische Ereignisse in den Fernsehnachrichten zu treffen. Dabei liegt ein besonderes Augenmerk auf der Emotionalisierung in der Berichterstattung, denn sowohl Terrorismus als auch dessen mediale Darstellung zielen auf erlebte Gefühle bei der Rezeption ab. Ohnehin wird in der wissenschaftlichen Literatur zunehmend davon gesprochen, Themen in informationsorientierten Sendungen emotional zu akzentuieren. (vgl. z.B. Bruns/Marcinkowski 1997; Wegener 2001: 132; Maier 2003: 83). So findet häufig eine Verdichtung des Nachrichtenmaterials auf emotionale Bilder und eine Reduzierung von bedeutsamen Hintergrundinformationen statt (vgl. Biernatzki 2001: 6). Diese ereignisorientierte Berichterstattung (vgl. Picard 1993, Schicha 2002) beinhaltet weiterhin Vorverurteilungen, Polarisierungen und unbewiesene Behauptungen. Besonders nach dem 11.09.2001 wurde in essayistischen Betrachtungen festgestellt, dass eine öffentliche Verarbeitung der Terroranschläge durch die Verwendung islamischer Feindbilder stattfindet (vgl. Becker 2002). Deshalb liegt ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit auf negativen Stereotypen und Feindbildern bezüglich der islamischen und arabischen Welt.
Zu diesem Zweck gliedert sich die vorliegende Magisterarbeit in einen theoretischen und einen empirischen Teil. In Kapitel 2 wird das Phänomen Terrorismus für die vorliegende Arbeit eingegrenzt. Nach der Präsentation zentraler Entwicklungen und Bedeutungen des Begriffs werden die wichtigsten Merkmale dieses Phänomens zusammengefasst und eine Arbeitsdefinition geliefert. Von besonderer Relevanz für die nachfolgende Untersuchung ist der islamistische Terrorismus.
In Kapitel 3 wird der vorliegende umfangreiche Forschungsstand untersucht. Dabei erweist sich speziell das Phänomen Terrorismus als ein für die Kommunikationswissenschaft interessantes Forschungsgebiet, so dass eine genauere Betrachtung zentraler kommunikationswissenschaftlicher Studien erfolgt. Anhand dieser wird besonders das Verhältnis von Terrorismus und Kommunikation sowie die Rolle der Medien diskutiert. Aufgrund der von Nachrichtenfaktoren geprägten Selektionslogik der Massenmedien ist die Berichterstattung über gewisse terroristische Ereignisse garantiert. Die Frage dabei ist nicht, ob berichtet werden soll, sondern wie berichtet wird.
Aufbauend darauf werden in Kapitel 4 tragende Kriterien der Terrorismus-Berichterstattung intensiver betrachtet. Da die Medien verpflichtet sind terroristische Ereignisse und die damit verbundene beängstigende Stimmung aufzugreifen, ist von Interesse, ob ein Spiel mit den Ängsten der Zuschauer vorliegt oder weitere Merkmale auffällig sind. Zu Beginn werden die Mittel der Emotionalisierung detaillierter dargestellt, um anschließend anhand medienpsychologischer Betrachtungen die Entstehung von Angst und anderer möglicher Wirkungen zu erörtern. Weiter werden die theoretischen Grundlagen zu Stereotypen und Feindbildern herausgearbeitet, um den Begriffen eine sichere Basis zu verleihen.
Der zweite Teil der Arbeit beinhaltet die empirische Untersuchung einiger ausgewählter im Theorieteil bearbeiteter Aspekte. Aus den theoriegeleiteten Erkenntnissen entstammende Forschungsfragen mit den jeweiligen Hypothesen werden in Kapitel 5 formuliert.
Das der empirischen Untersuchung zu Grunde liegende methodische Design, mit der Darstellung der Methode, dem Untersuchungsmaterial und der Operationalisierung wird in Kapitel 6 vorgestellt. Mittels der Inhaltsanalyse wird die Berichterstattung in TV-Nachrichtensendungen am Beispiel der Terroranschläge in Kenia untersucht, mit der Intention Auffälligkeiten in der Terrorismus-Berichterstattung feststellen zu können.
In Kapitel 7 erfolgt die Hypothesenprüfung anhand der gewonnen Daten sowie die Präsentation und Diskussion der resultierenden Ergebnisse.
Resümierend liefert Kapitel 8 eine Zusammenfassung der Erkenntnisse, weitere Forschungsanregungen sowie einen Ausblick.
Teil I: Theoretische Grundlagen
2 Annäherung an das Phänomen Terrorismus
Der Begriff Terrorismus soll im Folgenden aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden, um diesem Phänomen etwas mehr Transparenz zu verleihen. Merkmale und Definitionen werden dargestellt und zusammengefasst, um letztlich einen für die vorliegende Arbeit gültigen Definitionsversuch zu leisten.
2.1 Entwicklung und Bedeutung des Begriffs
Die Termini Terror und Terrorismus, im historischen Kontext betrachtet, erhielten ihre politische Bedeutung in der Französischen Revolution. Unter terreur verstand man damals noch die legitime Gewaltanwendung unter dem Schutz und im Interesse des Staates. Der Wandel des Verständnisses von Terrorismus als eine illegitime Form politischer Gewalt erfolgte Mitte des 19.Jahrhunderts.
Nach Ende des 2.Weltkrieges wurde Terrorismus im Zuge der Dekolonialisierung und Entstehung nationaler Befreiungsbewegungen zu einem Problem der internationalen Politik. Als eine Ursache gilt die Vermehrung kleiner, unabhängiger Länder, die zu einem Wachstum der religiösen und ethnischen Konflikte führte.
Die Internationalisierung des Terrorismus beginnt 1968 mit folgendem Geschehen: Drei palästinensische Terroristen der Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) kidnappten ein israelisches Verkehrsflugzeug auf dem Weg von Rom nach Tel Aviv, um in Israel inhaftierte Palästinenser zu befreien (vgl. Hoffmann 2001: 1).
Im heutigen Sprachgebrauch gehören die Begriffe Terror und Terrorismus zum alltäglichen Leben und werden besonders seit dem 11.09.2001 leichtsinnig, häufig sogar semantisch falsch verwendet.
Der Begriff Terror bedeutet Schrecken und bezieht sich auf die systematische Verbreitung von diesem durch Gewaltaktionen (vgl. Drosdowski 1994: 1354), um psychische Wirkungen, wie Unsicherheit und Angst, zu erzeugen. Jürgen Grimm sieht Terror als eine plötzliche Gemütserschütterung, die eine unerwartete Gefahr hervorruft. Die Diskontinuität des Schreckens zeigt sich etymologisch in seiner neuhochdeutschen Bedeutung im Sinne von „plötzlicher Knall“ (vgl. Grimm 1999).
Begriffe mit dem Suffix -ismus verweisen nicht auf ein konkretes soziales System, sondern auf eine Abstraktion und drücken eher Tendenzen oder Geisteshaltungen aus (vgl. Drosdowski 1994: 664). So ist Terrorismus das systematische Verbreiten, sogar planmäßiges Ausüben von Terror und Gewaltmaßnahmen […] (vgl. Drosdowski 1994: 1355), womit sich das folgende Kapitel genauer beschäftigt.
2.2 Definition des Begriffs Terrorismus
Die Schwierigkeiten eine umfassende Definition zu finden, scheinen für viele Autoren unüberwindbar, „denn die Natur des Terrorismus verändert sich je nach Ort und Zeit, was für die eine terroristische Bewegung […] zutrifft, gilt nicht notwendigerweise auch für eine Gruppe in einem anderen Land, einer anderen Zeit und einer anderen politischen Tradition“ (Laqueur 2003: 208). Schmid spricht 1982 bereits von 109 Terrorismus-Definitionen (vgl. Schmid/de Graaf 1982), von denen nur einige hier dargestellt und diskutiert werden. Die verschiedenen Auslegungen von Terrorismus werden wie folgt nach den dominanten Merkmalen kategorisiert. Bei einigen Definitionen sind Motive und Ziele vordergründig, andere stellen die psychischen Effekte oder Eigenschaften der Opfer heraus. Die Gewalttätigkeit der Aktionen ist in allen Definitionen präsent.
Motive und Ziele
Die Motive terroristischer Aktionen sind besonders bei „offiziellen Definitionen“[6] vordergründig. Eine Vielzahl der Erklärungen von Terrorismus zeigen diesen als eine politisch motivierte Form der Gewaltkriminalität gegen staatliche oder gesellschaftliche Funktionsträger. Die Betonung liegt auf dem politischen Moment und grenzt Terrorismus von der allgemeinen, kriminellen Gewalttat ab (vgl. Gonar 2002; Brockhaus 1996).
Von den offiziellen Definitionen sei zuerst die Erklärung des U.S. State Departments aufgeführt, das Terrorismus knapp, aber direkt als vorsätzlich, politisch motivierte Gewalt gegen nichtmilitärische Ziele durch subnationale Gruppen definiert, gewöhnlich mit dem Ziel ein „Publikum“ zu beeinflussen (vgl. Livingston 1994).
Die Rand Corporation[7] hingegen vernachlässigt die politischen Motive und legt Terrorismus als den Gebrauch oder die Androhung von Gewalt mit dem Ziel, eine Atmosphäre von Angst und Schrecken zu schaffen, aus. Dieser wird durch die Natur des Gewaltaktes per se definiert und nicht durch die Identität der Terroristen oder ihrer Beweggründe (vgl. Weimann/Brosius 1989: 492).
Die Identität der Terroristen ist oft sehr entscheidend für die Begriffsbestimmung, was sich in vielen eng gefassten offiziellen Definitionen widerspiegelt. So schließen beispielsweise die United Nations Regierungsaktionen aus und bestimmen Terrorismus als „criminal acts intended or calculated to provoke a state of terror in the general public, a group of persons or particular persons for political purposes […] whatever the considerations of a political, philosophical, ideological, racial, ethnic, religious or other nature that may be invoked to justify them” (zit. nach Biernatzki 2002: 3). Staatlicher Terrorismus und die ursprüngliche Bedeutung des „Verbreitens von Terror“ während der Französischen Revolution bleibt bei dieser Definition unberücksichtigt.
Ähnliche Begrenzungen liegen bei der Definition der Task Force on Disorder and Terrorism vor, die Terrorismus als bloßes gewalttätiges, kriminelles Verhalten definiert und ebenfalls die politischen Ziele ignoriert (vgl. Biernatzki 2002: 3).
Der Ausspruch von Reagan: „One man´s terrorist is another man´s freedom fighter“ (zit. nach Daase 2001: 703) findet sowohl in den Medien als auch bei Regierungen seine Verwendung. Beachtlich ist, dass das allgemeine Verständnis von Terrorismus auf der vorgegebenen Meinung von Regierungen basiert, was oft eher mit geopolitischen Momenten als mit klaren, abgrenzenden Definitionen zusammenhängt (vgl. Livingston 1994) .
Auch der Begriff Terrorist – jemand der Terrorakte plant und ausführt – wird größtenteils bloß als negative Zuschreibung für Akteure von Nicht-Regierungs-Organisationen (NGO´s) verwendet. Doch beschreibt Terrorismus auch Regierungsaktionen, die Gewalt benutzen, um ihre Macht zu behaupten und auszudehnen (vgl. Picard 1993). Nach Picard sind der staatliche Terrorismus[8] und nicht staatliche Terrorismus Untergruppen des politisch/sozialen Terrorismus. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt auf dem nicht-staatlichen Terrorismus, der sich nach nationalistischen, sozialrevolutionären, souveränen und religiösen Motiven unterscheidet (vgl. Picard 1993). Religiöse Motive des Terrorismus, die meist in Definitionen unerwähnt bleiben, werden bei den politischen Zielen lokalisiert, da sie von Terroristen politisiert werden (siehe Kap. 2.4).
Das universelle Ziel des politisch motivierten Terrorismus, ist das Erhalten von Aufmerksamkeit, die allerdings nur durch Schockeffekte und Verbreitung von Angst sowie Desorientierung im Zielpublikum erreicht werden kann. Dies wird durch die Aussage: „We would throw roses if it would work“, von einem Terroristen verdeutlicht (vgl. Schlagheck 1988: 69, zit. nach Biernatzki 2002: 7). So wird beispielsweise mit der Demonstration einer gewissen Inkompetenz der Zielregierung, sich den terroristischen Angriffen zu verwehren, auf den Verlust des Vertrauens in die Regierung gezielt (vgl. Brinkemper 2002).
Das Hauptziel der meisten terroristischen Aktionen ist es, mit Hilfe der Medienaufmerksamkeit der Öffentlichkeit etwas bekannt zu machen. Dabei handelt es sich um die Suche nach Anerkennung ihrer Forderungen und Probleme.
Psychische Effekte
Ein weiteres dominantes Merkmal von Terrorismus ist die intendierte Erzeugung psychischer Effekte. Der Erfolg terroristischer Aktionen wird an der erzeugten Furcht, nicht an materiellen Schäden gemessen. Terrorismus wird häufig nicht nur als Nutzen von Gewalt, sondern auch als die bloße Angsterzeugung vor diesem ausgelegt (vgl. Gonar 2002). So bilden „das autistisch-artistische Spiel mit Angst und Schrecken sowie die grausig inszenierte Bereitschaft zur Tötung […], den zentrale Kern jedes konsequent terroristischen Handelns” (Brinkemper 2002: 212). Diese Definition umfasst das Extraordinäre des Agierens an sich und die Verbreitung von Schockeffekten. Eine permanente Steigerung dieser ist von Nöten, um wirksam zu bleiben (vgl. Waldmann 1998). Die psychischen Effekte werden vermehrt durch die Opferwahl gesteigert.
Opfer
Die Neutralität der Opfer als entscheidendes Merkmal terroristischer Aktionen betont z.B. Biernatzki in seinem noch jungen Artikel: „Terrorism is the exercise of violence or the threat of violence against an unarmed and/or unsuspecting population to coerce it to meet the demands of the aggressor” (Biernatzki 2002: 5). Auch Schmid und de Graaf beziehen sich auf die unschuldigen Opfer als involvierte willkürlich gewählte dritte Partei. Sie betrachten Terrorismus als „the deliberate and systematic use or threat of violence against instrumental (human) targets (C) in a conflict between two (A, B) or more parties, whereby the immediate victims C – who might not even be part of the conflicting parties – cannot, through a change of attitude or behaviour, dissociate themselves from the conflict” (Schmid/de Graaf 1982: 15). Die bewusst gewählten zivilen Opfer oder Ziele beabsichtigen eine gesteigerte Angst sowie die Reaktion der Medien (vgl. Gonar 2002).
Die wichtigsten, immer wiederkehrende Elemente der verschiedenen Definitionen von Terrorismus sind zusammengefasst in der folgenden Tabelle (Tab. 1) dargestellt und dienen der anschließenden Herleitung einer Arbeitsdefinition.
Tab. 1: Zusammenfassung der Merkmale der Definitionen von Terrorismus
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung
Daraus lässt sich die folgende Arbeitsdefinition für Terrorismus herleiten:
Terrorismus ist politisch motiviert und zielt mit der Verbreitung von Angst und Schrecken, durch den wirkungsvollen Einsatz von Gewalt, auf das Erhalten von Aufmerksamkeit. Die meist unbeteiligten Opfer stimmen nicht mit dem eigentlichen Zielobjekt überein.
2.3 Strukturen des islamistischen Terrorismus
In diesem Kapitel erfolgt eine weitere Verengung der Thematik zum islamistischen Terrorismus, der primärer Gegenstand der Arbeit ist. Der radikale Islamismus ist gegenwärtig die bedeutendste Kraft im internationalen Terrorismus (vgl. Laqueur 2003: 8). Islam[9] und Islamismus[10] müssen zwingend differenziert betrachtet werden. Letzterer ist eine extremistische Ausprägung des Islams und verfolgt spezifische politische und ideologische Ziele (vgl. Fiedler 2002: 156). Begriffe wie Djihad[11] als heiliger Kampf werden umgedeutet zu einem radikalen Kampf. Djihad wird zur Legitimation des Kampfes gegen Ungläubige. So wird nach islamistischer Vorstellung im Namen Gottes gegen ein lediglich weltliches Regime gekämpft.
Die Mehrheit der Islamgelehrten fordert keinen Selbstmord zur Erlangung höherer Weihen. Nach Selbstdarstellungen der Fundamentalisten handelt es sich jedoch um einen Opfertod, ein Martyrium. Selbstmordanschläge basieren auf aufmerksamkeits-ökonomischen Gründen, wobei vorgeschobene religiöse Motive sekundär sind. Sie eignen sich allerdings gut zum Missbrauch, da Religionen aus den tiefsten Gefühlen der Menschen schöpfen und die inhumansten Akte rechtfertigen (vgl. Palm 2002). Durch die Kombination von Mord und Selbstmord entsteht eine besondere Gefahr und Unberechenbarkeit islamistischer Kämpfer. Die schockierendsten terroristischen Aktionen waren die religiös motivierter Gruppen (vgl. Nacos 2002). Jedoch sind die Quellen des Terrorismus nicht religiöser Art, sondern basieren auf sozialen Problemen, Konflikten, Unterdrückung und Perspektivlosigkeit.
Als islamistische Terrororganisation sei a l-Qaida angeführt, da diese im Verlauf der Arbeit einige Male Erwähnung findet. Die Organisation gilt als Prototyp des neuen, transnationalen[12] Terrorismus (vgl. Bendel/Hildebrandt 2002). Medienstrategisch sind al-Qaida symbolische Arenen des Westens von Bedeutung, um eine hohe Medienaufmerksamkeit zu erhalten. Medientaktisch muss immer wieder etwas Zeit vergehen, damit der nächste Anschlag unerwartet und überraschend geschieht. Gehen Anschläge in Serien über, verlieren sie an Mystik und Gewöhnung setzt ein. Seit dem 11.09.2001 ist der Wert der Aufmerksamkeit gesteigert und durch bestimmte Terroristen, wie al-Qaida- Zugehörige selbst garantiert, d.h. medien-transzendent. Die mediale Kompetenz muss al-Qaida immer wieder unter Beweis stellen, damit die Vorstellung der potenziellen Bedrohung und die beständige Angst aufrechterhalten wird, was durch die Größe des Netzwerks und die allgemeine Unwissenheit gewährleistet ist. Seit dem Golfkrieg lässt sich eine auf amerikanische Präsenz im Golf und arabischen Raum abzielende Terroraktivität feststellen, wobei die Botschaften Osama Bin Ladens und al-Qaidas ebenfalls politischer Natur sind.[13]
Ein eindeutiger Akteur lässt sich nicht für die Anschläge aufzeigen und Belege für die Verantwortung al-Qaidas sind geringfügig, was häufig eine mediale Konkretisierung des Terrorismus in der Person von Osama bin Laden hervorruft.
3 Stand der Forschung
Der nachstehende Abschnitt stellt einführend diverse Sichtweisen und Erkenntnisse aus der Terrorismusforschung vor. Dabei sind kommunikationswissenschaftliche Studien vordergründig. So befasst sich der zweite Teil dieses Kapitels intensiver mit Ansätzen zur Beziehung von Kommunikation und Terrorismus. Betrachtet werden soll zum einen Terrorismus als Kommunikationsakt, zum anderen einzelne Kommunikationslevel bezüglich des Terrorismus, um schließlich der Frage nach einer symbiotischen Beziehung von Medien und Terrorismus nachzugehen. Dieser Teil (Kap. 3.2) gilt nicht mehr der bloßen Darstellung des Forschungsstandes und diverser Ergebnisse, sondern soll einige Aspekte weiterführend bearbeiten.
3.1 Studien und Sichtweisen in der Terrorismusforschung
Verschiedenste Sichtweisen sowie Ergebnisse einiger Studien werden nachstehend aufgeführt und Tendenzen der aktuellen Forschung benannt. Die sich seit Jahrzehnten mit Terrorismus befassende, sehr zahlreich vorliegende Literatur ist fast gänzlich auf Großbritannien und die USA beschränkt.
3.1.1 Diverse Ansätze und Entwicklungen
Bis Ende der 70er Jahre ist eine immense Entwicklung in der Terrorismusforschung zu verzeichnen, der ein langsameres Wachstum folgt. Meist kam es in den Anfängen zu schwachen, auf isolierten Fällen basierenden Beweisen. Diese wurden mit gut eingesetzter Rhetorik und narrativen Analysen durchzogen. Dabei wird bis in die 80er Jahre eine distanzierte sozialwissenschaftliche Betrachtung mit anerkannten empirischen Belegen vermisst (vgl. Picard 1993).
Der größte Teil der verfügbaren Literatur sind politische und regierungsbezogene sowie militärische Ansätze[14]. Zum einen beschäftigen sich diese damit, wie die öffentliche Politik angegriffen wird, und zum anderen, welche politischen und militärischen Reaktionen notwendig sind, den Terrorismus einzudämmen oder gar zu stoppen. Zu beachten ist, dass viele Untersuchungen von Regierung und Militär selbst durchgeführt wurden und eine dementsprechende Orientierung aufweisen.
Psychologische und soziologische Ansätze beschäftigen sich mit Motiven und Verhaltensweisen der Terroristen. Weiterhin werden auch Effekte des Terrorismus auf die Öffentlichkeit sowie auf terroristische Gruppen bearbeitet.[15]
Die für die vorliegende Arbeit entscheidendsten Betrachtungen sind die kommunikationswissenschaftlichen Ansätze, die Terrorismus als Form von Kommunikation sehen und mögliche Effekte der Berichterstattung fixieren.
Seit Beginn der 70er Jahre belegten mehrere Untersuchungen das Entstehen eines neuen, medienorientierten Terrorismus. Wesentlich für diese Entwicklungsgeschichte war der Terroranschlag bei den Olympischen Spielen in München 1972[16], der einen Großteil der Weltöffentlichkeit erreichte.
Bis in die 80er Jahre stammt die Literatur zu Terrorismus und der Rolle der Medien überwiegend von Regierungen oder Wissenschaftlern ohne Verständnis von Kommunikationsprozessen und Effekten (vgl. Picard 1994: 122). Erst in den frühen 80ern kooperierte die Terrorismusforschung mit der Kommunikationswissenschaft.
1986 schlägt Ralph Dowling eine bis heute häufig zitierte Konzeptualisierung von medienorientiertem Terrorismus vor, die Terrorismus als rhetorisches Genre definiert: „Terrorists engage in recurrent rhetorical forms that force media to provide the access without terrorism could not fulfil ist objectives“ (Dowling 1986: 14). Terroristen werden demnach durch ihre Absichten und die Situation so beherrscht, dass ihre Aktionen ein ausgeprägtes rhetorisches Genre formen, das mehr als die zufällige Wiederholung von Formen darstellt (vgl. Dowling 1986). Sie sind gezwungen Gewalt rhetorisch zu nutzen, da sie für konventionelle, militärische Aktionen zu schwach sind. Dowling stellt fest, dass bei einer guten Planung des Terrorspektakels, journalistische Reaktionen aufgrund von Nachrichtenwert-Kriterien (vgl. Kap. 4.1) unumgänglich sind.
Der einflussreiche Theoretiker des modernen Terrorismus Carlos Marighela listet in seinem „Handbuch des Stadtguerillero“[17] auf, wie man die Medien für seine Zwecke nutzt. Dieses Buch wurde zum Anleitungsbuch weltweiter Terrororganisationen.
In den 90er Jahren erschienen etliche Studien zur Beziehung von Medien und Terrorismus, jedoch größtenteils mit enttäuschenden Ergebnissen. Robin Gerrits kritisiert daran den Mangel an Struktur, Kontext, uniformer Stärke und kritischer Analyse (vgl. Gerrits 1992). Als positiv und ausgereift wird B.A. Dobkin´s Werk gesehen. Er stellt fest, dass Fernsehnachrichten den Rezipienten[18] ein bestimmtes stilisiertes Bild von Terrorismus vermitteln, das deren Erwartungserhaltung erfüllt. Dabei dominiert eine angsterzeugende Darstellung „böser, bestialischer“ Terroristen, bei minimaler Hintergrundberichterstattung.[19]
Robert G. Picard liefert 1993 einen übergreifenden Ansatz zu verschiedenen Kommunikationsaspekten des Terrorismus, kritisiert die Berichterstattung und betrachtet die Kommunikation über Terrorismus im sozialen Kontext.
Weitere viel zitierte Studien liegen von Hans-Bernd Brosius und Gabriel Weimann (1988; 1991) vor. Sie erachten das Phänomen Terrorismus im modernen Leben als unumgänglich und untersuchen die Vorhersehbarkeit von zukünftigem Terrorismus. Vorangegangene Studien[20] erhielten bis zu diesem Zeitpunkt keine empirischen Erkenntnisse. In ihrer Studie zeigten sie jedoch die Vorhersehbarkeit des Auftretens terroristischer Aktionen anhand einer konstanten Periodizität. Diese äußert sich darin, dass einer hohen Zahl terroristischer Aktionen wenige Vorfälle im nächsten Monat folgen.[21] Weiterhin zeigten die Autoren eine deutliche Zunahme der Anschläge, bei denen Angehörige westlicher Nation zu den Opfern zählten, während die Initiatoren nicht westlichen Ländern angehörten (vgl. Brosius/Weimann 1991). Eine mögliche Erklärung der Muster des Auftretens terroristischer Aktionen stellt die Verbindung des „Konzeptes der Ansteckbarkeit“ mit dem „Terrorismus als Theater-Konzept“[22] dar (vgl. Brosius/Weimann 1988). Letzteres befasst sich mit der „Inszenierung“ von Gewalt, um Medienaufmerksamkeit zu erreichen und erst Genanntes mit der Imitation terroristischer Taten nach der Berichterstattung.
3.1.2 Aktueller Forschungsstand
Die Anschläge des 11.09.2001 waren ein erneuter Impuls für eine große Forschungs-welle. Bei dieser wird sich mit der Mediennutzung[23] und den Reaktionen der Rezipienten, aber auch mit Analysen der Inhalte beschäftigt. Soviel wie nie zuvor wurden visuelle und symbolische Funktionen der Terroranschläge, der Einsatz, die Funktion und die Wirkung der Bilder diskutiert.
Die Inszenierungen der amerikanischen Politik in den Medien und die Problematik der Zensur und Desinformation wurden kritisch betrachtet (vgl. Albrecht 2002).
Auf psychologischer Ebene stellen einige Untersuchungen eine Verbindung zwischen der Terrorismus-Berichterstattung und der Entstehung traumatischer Reaktionen der Zuschauer dar. Dabei entsteht nicht nur Angst vor weiterer Schikanierung, sondern auch eine Desensibilisierung bezüglich dargestellter Gewalt im Sinne einer Reduzierung des Mitgefühls für die Opfer (vgl. Kratcoski 2001: 469, zit. nach Biernatzki 2002: 7). Die Berichterstattung nähert sich mit einer Tendenz zum Infotainment[24] immer mehr den terroristischen Zielen an, eine diffuse Atmosphäre von Angst und Schrecken zu verbreiten (vgl. Nacos 2002).
Auffällig ist die Zuwendung zum Thema aus interdisziplinärer wissenschaftlicher Perspektive. Besonders diskutiert werden Hintergrundanalysen der Anschläge sowie das Verhältnis zwischen Islam und westlicher Welt (vgl. Bendel/Hildebrandt 2001). Außerdem äußerten sich etliche Philosophen wie Virilio (2001) und Baudrillard (2001) öffentlich zu diesem Thema.
Die Studien und Ergebnisse sind zu umfangreich, um sie hier im Einzelnen vorzustellen.
Im Verlauf dieser Arbeit finden einige Aspekte Erwähnung und werden aufgearbeitet, wie z.B. Stereotype und Feindbilder sowie Emotionalisierung, um diesbezüglich ein terroristisches Ereignis ein Jahr nach dem 11.09.2001 zu betrachten. Dabei handelt es sich um die Terroranschläge in Kenia am 28.11.2002.
3.2 Terrorismus und Kommunikation
„Without communication there can be no terrorism” (Schmid/de Graaf 1982: 15). Im Rahmen einer kommunikationswissenschaftlichen Arbeit ist von besonderem Interesse, in welchem Verhältnis Terrorismus und Kommunikation stehen. Demzufolge bearbeitet dieses Kapitel den dazugehörigen Forschungsstand weiterführend.
3.2.1 Terrorismus als Kommunikationsakt
“The immediate victim is merely instrumental, the skin on a drum beaten to achieve a calculated impact on a wider audience. As such, an act of terrorism is in reality an act of communication“ (Schmid/de Graaf 1982: 14).
Gewalt als Mittel der Kommunikation ist seit Entstehung der Massenmedien ein Teil terroristischer Strategie, da diese Kommunikationsform kaum ignoriert werden kann. Aus diesem Grunde ist Terrorismus nicht bloß als pure Gewalt zu verstehen (ebd.), sondern als eine Folge misslungener Kommunikation (vgl. Fuchs 2002).
Als Kommunikationsakt umfasst Terrorismus die vier Grundkomponenten:[25] TRANSMITTER (Terrorist) – BOTSCHAFT (gesendet über Gewalt) –BEABSICHTIGTER REZIPIENT (Zielobjekt) – FEED BACK (Empfänger-Reaktionen). Unbedingter Bestandteil des Kommunikationsprozesses ist eine Vermittlungsinstanz – ein Medium (vgl. Burkart 1998: 35). Das Medium ist Ausdrucksmittel der kommunikativen Aktivität und gilt als Transportmittel der Botschaft. Bedient man sich eines solchen Mediums, um Bedeutungsinhalte miteinander zu teilen, benutzt man Zeichen. Demzufolge stellt der Kommunikationsprozess auch immer ein Zeichen-prozess[26] dar.
Menschen handeln aufgrund von Bedeutungen, die in sozialen Interaktionen zwischen den Individuen entstehen.[27] Diese werden bei der Auseinandersetzung mit Dingen interpretativ benutzt und abgeändert. Symbolischer Interaktionismus ist nur erfolgreich, wenn Verständigung über die vermittelten Bedeutungen erzielt wird (vgl. Blumer 1973: 81 f., zit. nach Burkart 1998: 51). Diese Verständigung kommt allerdings nur zustande, wenn im Bewusstsein beider Kommunikationspartner dieselben Bedeutungen aktualisiert werden (vgl. Burkart 1998: 53). Kommunikatives Handeln steht immer hinter einer Intention.
Das Phänomen Terrorismus ist als ein solcher symbolischer Akt zu sehen. Bei diesem Kommunikationsakt findet die dargestellte Verständigung größtenteils nicht statt. Die Botschaft des Terrorismus wird an ein Publikum zwischen den Geschehnissen der Gewalt vermittelt. Dabei kommt die Botschaft als solche beim Publikum oft nicht an (vgl. Schmid/de Graaf 1982: 217). Kommunikation ist ein doppelseitiges Geschehen und findet erst dann statt, wenn die kommunikativen Handlungen der Partner erfolg-reich aufeinander gerichtet wurden. Als kommunikative Handlungen gelten das Mit-teilen des Transmitters und das Verstehen des Rezipienten (vgl. Burkart 1998: 61 f.).
In Anlehnung an Burkarts Modell wird Terrorismus als Kommunikationsprozess dargestellt (vgl. Abb. 1). Der Transmitter, im vorliegenden Fall der Terrorist, sendet mit Hilfe des Mediums der Gewalt eine Botschaft an den Rezipienten. Der Rezipient, meistens die Zielregierung und die Öffentlichkeit empfängt die Botschaft. Eine entsprechende Rückkopplung (feedback) wird ausgelöst und auf diese Weise der kreisförmige Prozess geschlossen. Dies geschieht nicht immer über das Verständnis der Botschaft. Deshalb findet das feedback unabhängig davon statt. Die Eingangsleistung beeinflusst die Ausgangsleistung, die weitere Eingangsleistungen hervorrufen kann. Kommunikation ist ein implizit reziproker Prozess, bei dem keine einseitige Intention, Transmission oder Rezeption möglich ist (vgl. Burkart 1998: 62).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Terrorismus als Kommunikationsprozess
Quelle: Eigene Darstellung
Bemerkung: In Anlehnung an das klassische Kommunikationsmodell von R. Burkart (1998): 62.
Das Mittel terroristischer Gewalt unterscheidet sich von normaler Gewalt in der, zu den eigentlich nur zwei Konfliktparteien hinzugefügten dritten Partei (vgl. Schmid/de Graaf 1982: 183). Dazu stellen Schmid und de Graaf die folgende Terrorismus-Opfer-Ziel-Triangel dar. Das Opfer dient dabei als wirksames Instrument, um zum Zielobjekt zu kommunizieren (vgl. Schmid/de Graaf 1982: 176).
Abb. 2: Triangel des aufständischen Terrorismus
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[ AT = A ufständischer T errorismus; OA = O pfer die zum Lager staatlicher A utoritäten gehören; OÖ = O pfer, die Teil der Ö ffentlichkeit sind; ZA = Z ielobjekt: A utoritäten/Behörden; ZÖ = Z ielobjekt: Öffentlichkeit]
Quelle: Entnommen aus Schmid, Alex P./de Graaf, Janny (1982): Violence as Communication. Insurgent Terrorism and the western News Media. London; Beverly Hills: Sage, S.35. (Übersetzung: Haußecker 2003).
Die Zielobjekte und die Aktionen selbst tragen ebenfalls einen symbolischen Wert, da sie etwas repräsentieren oder bestimmte Vorstellungen im Bewusstsein hervorrufen. Dabei werden nicht konkret wahrnehmbare Gegenstände symbolisiert, wie z.B. westliche Werte oder „westlicher Wohlstand“. Auf diese Weise können solche abstrakten Vorstellungen ins Bewusstsein gerufen werden (vgl. Burkart 1998: 48f.). Ein Beispiel ist das hochtechnisierte westliche Verkehrssystem, das durch das Massenverkehrsmittel Flugzeug repräsentiert wird. Die Störung der kapitalistischen Wirtschaft repräsentiert durch das World-Trade-Centre am 11.09.2001 verlagert sich in der darauffolgenden „Anschlagserie“ auf den westlichen Wohlstand der Touristen. So auch im vorliegenden Untersuchungsobjekt, das später genauer betrachtet wird.
Um überhaupt die Möglichkeit kommunikativen Handelns zu schaffen, also sich mitteilen zu können, ist eine sorgfältige Inszenierung terroristischer Aktionen von Nöten. „[…] when the three are brought together, the actor, the acted-upon and the observer and amplifier, the scene has been set for creating an event which has a good chance to getting into the news” (vgl. Schmid/de Graaf 1982: 217).
Die Aufmerksamkeit wird mit höchst wirksamer Gewalt erzwungen, da in Terrorismus Engagierte sehr unwahrscheinlich Beachtung innerhalb akzeptabler Parametern erhalten würden.
3.2.2 Typen der Kommunikation im Terrorismus
Zunächst werden die Kommunikationslevel dargestellt, auf denen Terrorismus stattfindet. Bezüglich des massenmedialen Kommunikationslevel wird ein Modell des Kommunikationsflusses bei der Berichterstattung über terroristische Ereignisse vorgestellt. Damit wird die Basis für Kapitel 3.2.3 geliefert, welches eine symbiotische Beziehung zwischen Medien und Terrorismus diskutiert, um anschließend im Kapitel 4 die Terrorismus-Berichterstattung im Detail zu betrachten.
Kommunikationsprozesse verbinden Personen und Institutionen in einem System und machen es möglich die Gesellschaft zu organisieren. Dabei agiert jedes Individuum autonom, aber auch als Teil des ganzen sozialen Systems. Individuen und Institutionen konstruieren die Bedeutung zu den gesellschaftlichen Geschehnissen über die vier Kommunikationslevel: intrapersonal, interpersonal, organisatorisch und massenmedial[28] (vgl. Picard 1993).
Die Kommunikation terroristischer Ereignisse findet auf allen vier Ebenen statt und kann deshalb unmöglich völlig kontrolliert werden. Die Kontrolle beschränkt sich auf die Massenkommunikation. Die Kenntnisse über die Ereignisse können bei bestimmten Individuen auch ohne Massenkommunikation vorliegen und interpersonal kommuniziert werden (vgl. Picard 1993: 33). Beispielsweise kann Angst und Schrecken durch eine teilhabende Bevölkerung verbreitet werden. Diese Kommunikationstypen werden verstärkt, wenn die Ereignisse auf der Medienagenda stehen, da das massenmediale Kommunikationslevel die anderen Kommunikationsformen anregt. So entsteht mit der Berichterstattung über terroristische Ereignisse ein komplexer Kommunikationsfluss, der „one-way-communication“ und „two-way-communication“ beinhaltet (vgl. Picard 1993: 34). Erstgenanntes enthält keine Reaktionen der Kommunikationsteilnehmer, während die „two-way-communication“ die Interaktionen mit einschließt.
Der Kommunikationsfluss (siehe Abb. 3) beginnt mit dem Akt der Gewalt und der Übermittlung der Geschehnisse zu den Medien. Die Medien leiten ihn weiter an das Zielpublikum, die Zielregierung, andere Regierungen, terroristische Gruppen und Unterstützer (vgl. Picard 1993: 35). Die Menge des Flusses ist abhängig vom Nachrichtenwert[29] des Geschehens (vgl. Kap. 4.1). Die Typen der Kommunikation terroristischer Ereignisse werden vom sozio-institutionellen Kontext beeinflusst.
Abb. 3: Kommunikationsfluss bei der Berichterstattung über terroristische Ereignisse
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Entnommen aus Picard, Robert G. (1993): Media portrayals of Terrorism. Ames: Iowa State
University Press, S. 35. (Übersetzung: Haußecker 2003).
3.2.3 Medien und Terrorismus – eine Symbiose ?
„The Theatre of Terror“[30] zielt mit Schreckens-Inszenierung seiner Aktionen auf die Aufmerksamkeit der internationalen Medien ab. „It has become more alluring for the frantic few to appear on the world stage of television than remain obscure guerrillas of the bush.” (Bell 1975:89, zit. nach Broisus/Weimann 1988: 499).
Um solch eine Medienaufmerksamkeit zu erlangen, bedarf es einer sorgfältigen Inszenierung der terroristischen Anschläge. Diese visieren eher die Zuschauer als die tatsächlichen Opfer. Deshalb beschreibt Jenkins Terrorismus auch als „inszeniertes Theater“ (Jenkins 1975, zit. nach Brosius 2001: 718) mit der Welt als Bühne. Die Akteure sind sowohl die Terroristen als auch die Opfer und das Publikum sind die Rezipienten der Berichterstattung.
Dem Terrorismusexperten Laqueur zufolge hängt der Erfolg einer terroristischen Aktion größtenteils von der Öffentlichkeitswirksamkeit ab (vgl. Laqueur 1977: 109): „[…] the media are the terrorists best friends […] The terrorists act by itself is nothing, publicity is all.“ (Laqueur 1975, zit. nach Picard 1993). Er zeigt ebenfalls, dass die Medien sich aufgrund ihrer Nachrichtenwerte (vgl. Kap. 4.1) in einer symbiotischen Beziehung mit dem Terrorismus befinden. Es liegen zwar keine Sympathien für terroristische Anschläge vor, aber trotzdem existiert ein Nutzen für den Journalismus (vgl. Laqueur 1977).
J.B. Bell bestätigt die symbiotische Beziehung mit dem Argument, dass sich der Wirkungseffekt einer eigentlich räumlich begrenzten Aktion nur durch die Medienberichterstattung entfalten kann. Genau daran lässt sich der Erfolg oder Misserfolg einer Aktion messen (vgl. Bell 1978: 49, zit. nach Biernatzki 2001: 6).
M. Cherif Bassiouni führt diesen Gedanken weiter und begründet die symbiotische Beziehung mit dem Zusammenhang zwischen der Eskalation des globalen Terrors in den letzten 20 Jahren und den Innovationen der Medientechnologie, die für immer schnellere Verbreitung von Informationen an ein breites Zuschauerspektrum sorgt (vgl. Bassiouni 1981, zit. nach Livingston 1994).
Nach David E. Long führte die einfache Aufgabe der Medien über Nachrichten zu berichten und die Möglichkeit der Terroristen Nachrichten zu erzeugen zu einer symbiotischen Beziehung (vgl. Long 1990: 119). Terrorismus hat einen hohen Nachrichtenwert, so dass diese Ereignisse nicht ignoriert werden können. Mit diesen Reaktionen erfüllen die Medien bereits ein Ziel des Terrorismus, nämlich das Erreichen von Öffentlichkeit (vgl. Alexander 1978, zit. nach Biernatzki 2001: 6). Dabei sind die psychologischen Effekte des für die Medien kreierten Gewaltaktes oftmals viel stärker als der eigentliche Akt. „The tactical uses of publicity […] can turn terrorism into a powerful weapon […] one should not exaggerate the admittedly large role the media play into terrorists strategy” (Gerrits 1992: 59).
Der ABC-Fernsehmoderator Koppel vergleicht Terrorismus ohne Fernsehen mit dem in der Philosophie angesprochenen hypothetischen Baum, der im Wald fällt, von niemandem gehört wird und somit keinen Grund hat zu existieren. Außerdem ist das Fernsehen ohne Terrorismus, seiner Meinung nach, eines der interessantesten Dinge beraubt.[31]
Abschließend sei Picards Sichtweise benannt, die eine kausale Beziehung zwischen Medien und Terrorismus in Frage stellt. Er kann sich lediglich eine „Mitschuld“ der Medien vorstellen, betont aber auch die mangelnden empirischen Beweise für diese Wechselbeziehung (vgl. Picard 1993: 9). Die Massenmedien können nicht als Alleinquelle des Phänomens aufgezeigt werden, da viele terroristische Akte auch völlig unbekannt stattgefunden haben (ebd.).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine kausale Beziehung zwischen Medien und Terrorismus existiert, diese aber nicht fest begründet werden kann. Terrorismus steht häufig in einer gewissen Abhängigkeit zu den Medien, die ebenfalls ihren Nutzen daraus ziehen. Trotzdem sind die Medien nicht in solchem Maß vom Terrorismus abhängig, dass es als eine vollwertige symbiotische Beziehung darzustellen ist. In diesem Sinne ist Hoffmanns These dazu, das Fernsehen präsentiere sich als eine Art Vakuum, was darauf wartet gefüllt zu werden (vgl. Hoffmann 1999: 182, zit. nach Kroiß 2002: 11), kritisch zu betrachten. Denn das Weltgeschehen stellt neben Terrorismus durchaus andere negative Ereignisse zur Füllung des „Vakuums“ zur Verfügung.
Wie die Medien, insbesondere die Fernsehnachrichten terroristische Ereignisse bearbeiten und darstellen, soll das folgende Kapitel präsentieren. In diesem wird auf vereinzelte Aspekte der Berichterstattung in TV-Nachrichtensendungen detaillierter eingegangen und die dazugehörigen theoretischen Grundlagen dargelgt.
4 Zur Terrorismus-Berichterstattung
„Terrorismus als grausames Theater“ zielt auf die Aufmerksamkeit internationaler Medien und erhält aufgrund der journalistischen Konkurrenzsituation eine intensive und sensationsorientierte Berichterstattung (vgl. Schicha 2001). Die erzielte, diffuse Atmosphäre von Unsicherheit, Angst und Terror wird von den Medien aufgegriffen. Besonders seit dem 11.09.2001 wird immer wieder aus wissenschaftlicher Sicht Kritik an mangelnden Hintergrundberichten und geringen journalistischen Reflexionen geübt. Einigen, der häufig genannten Kritikpunkte widmet sich das nächste Kapitel, um eine theoretische Basis für die anschließende Untersuchung zu schaffen. Dabei spielt die amerikanische Forschungslage, die, wie in den vorangegangenen Kapiteln bereits zu erkennen war, in der Terrorismusforschung führend ist, eine wichtige Rolle. Der Erkenntnisgewinn aus dieser lässt sich natürlich nicht adäquat auf die Berichterstattung im deutschen Mediensystem übertragen. Jedoch werden Tendenzen beschrieben, die auch in dieser, zwar in einem anderen Ausmaß, aber dennoch wiederzufinden sind. So sind heute in einer Amerikanisierung[32] des deutschen Mediensystems Punkte zu erkennen, die in den 90er Jahren an den amerikanischen Medien kritisiert wurden.[33]
Ein Mangel an Kontext und Interpretation in der Berichterstattung lässt sich auf Zeit- und Platzbeschränkungen sowie finanzielle Aspekte zurückführen. So werden die erhaltenen Fakten präsentiert und eventuell zu einem späteren Zeitpunkt, falls Interesse und Zeit vorhanden ist, erklärt. Dies zeigt eine Tendenz der westlichen Medienideologie zu einem eher ereignisorientierten als zu einem ideenorientierten Konzept, in dem eine Nachricht als Ereignis definiert wird und die Diskussion von Ideen und Themen knapp bemessen bleibt (vgl. Picard 1993). Christian Schicha kritisiert die ereignisorientierte Berichterstattung über terroristische Anschläge. Diese umfasst wenig Reflexion und beinhaltet Vorverurteilungen, Polarisierungen sowie unbewiesene Behauptungen (vgl. Schicha 2002). Solche „theatralischen Muster“, sind nicht auf diskursive Verständigung aus, sondern um Aufmerksamkeit und Marktanteile bemüht. In solchen Fällen stehen entgegen den normativen Ansprüchen Aspekte der Medienpraxis und Selektionskriterien des Newsmanagement (vgl. Haller 2002).
Nach Picard liegt bei der einführenden Phase der Berichterstattung (etwa die ersten zwei Tage) die Konzentration auf den „Wer – Was – Wo – Wann – Aspekten“ des Geschehens. In der zweiten Phase sind regierungsbezogene Berichte mit politischen, diplomatischen, militärischen Reaktionen vordergründig. Nur bei länger anhaltenden Ereignissen folgt eine dritte Phase mit Hintergrundberichterstattung (vgl. Picard 1993: 84).
Nachdem sich die Berichterstattung unmittelbar nach dem Ereignis stark an den Anschlägen selbst orientiert, manifestieren sich später die Abläufe und die Verantwortlichkeit für die Ereignisse in Personen (vgl. Brosius 2001). Diese Personalisierung führt zur schnellen Benennung und Beschuldigung der Urheber der Handlung. In der Folgezeit wird der Konflikt, zwecks einer Komplexitätsreduktion, weiter personalisiert. Dabei sind Mittel der Emotionalisierung präsent, die menschliche Einzelschicksale in den Mittelpunkt stellen (ebd.). Rituelle Wiederholungen der Schreckensbilder und wenige Hintergrundinformationen, die Verständnis oder Kontextualisierung ermöglichen, sind nicht nur Auffälligkeiten der Terroranschläge des 11.09.2001, sondern ansatzweise ebenso in der Berichterstattung anderer terroristischer Ereignisse zu finden. Visualisierung und gefühlsbetonte Darstellungen haben in den letzten zehn Jahren an Bedeutung gewonnen, womit eine zunehmende Orientierung der Nachrichten an Sensationalismus und Emotionalisierung bestätigt werden kann (vgl. Maier 2003: 96).
Mit einer Einschränkung der spektakulären Berichterstattung und einer genaueren Information des Publikums über Hintergründe, Ursachen, Ziele und Strategien der Terroristen könnte die Wahrscheinlichkeit der Entstehung von starker Angst und Unsicherheit reduziert werden, was ein Ziel der Terroristen – nämlich die Verbreitung von Angst und Schrecken – eindämmen würde (vgl. Dowling 1986).
4.1 Selektionskriterien der Nachrichtenproduktion
Die Konstruktion sozialer Wirklichkeit erfolgt durch Kommunikation, instrumentalisiert in den Medien. So ist „eine Nachricht ein Ereignis, das aus einer Gesamtheit an Geschehnissen zur Berichterstattung ausgewählt wurde, d.h. das Ergebnis eines Selektionsprozesses durch Journalisten.“ (Meckel/Kamps 1998: 17). Da jede Wahrnehmung schon eine Interpretation der Realität ist, „verzerrt“ der für die Wirklichkeitskonstruktion benötigte Selektionsprozess an sich bereits die Realität. Selektives Handeln beruht nicht unbedingt auf objektiven Regeln, sondern auf Konventionen. Zur Komplexitätsreduktion wird die Umgebung in einem einfachen Modell rekonstruiert. Dies erfolgt zum einen durch die Journalisten, in der formalen und inhaltlichen Präsentation und Strukturierung der Nachrichteninhalte, aber auch durch die Rezipienten bei der Rezeption und Wiedergabe der Inhalte (vgl. Ruhrmann/Woelke 2003: 16). Nach welchen Kriterien ein Ereignis zur Nachricht wird, soll im nächsten Abschnitt erläutert werden.
4.1.1 Konzept der Nachrichtenfaktoren
Bei der Auswahl des Zeitgeschehens orientieren sich Journalisten an bestimmten Ereignismerkmalen, die als Nachrichtenfaktoren[34] bezeichnet werden. Eine zentrale Arbeit zur Entwicklung der Nachrichtenwerttheorie stellt die Studie von Galtung und Ruge (1965) dar, die zwölf Auswahlkriterien, mit mehreren Teildimensionen formulieren.[35] Die Nachrichtenfaktoren sind die Indikatoren für den Nachrichtenwert, der die Publikationswürdigkeit von Ereignissen anzeigt (vgl. Staab 1990: 41). Dabei sollen die einzelnen Ereignisaspekte das Interesse und die Emotionen der Rezipienten durch Möglichkeiten der Identifikation wecken (ebd.). Eine neuere Studie zum „Wert von Nachrichten im deutschen Fernsehen“ stellt 22 Nachrichtenfaktoren zur Untersuchung heraus (vgl. Ruhrmann/Woelke/Maier/ Diehlmann 2003: 53).[36] An denen orientiert sich aufgrund der Aktualität und der Präzision der Studie auch die vorliegende Arbeit. Als die relevantesten Nachrichtenfaktoren[37] zeigen sich folgende: Die Faktizität unterscheidet die Arten von Ereignissen, bei denen ein konkretes und konsistentes Ereignis eher zur Nachricht wird als statische, einen Zustand beschreibende Situationen. Ebenso entscheidend ist die Reichweite, denn je folgenreicher ein Ereignis für die Bevölkerung scheint, desto eher wird dieses zur Nachricht. Der Faktor Etablierung des Themas betrachtet den Zeitraum, wie lange die Medien über ein bestimmtes Ereignis berichten . Kürzere und kurzfristig abgeschlossene Ereignisse werden eher zur Nachricht als langfristige Entwicklungen (vgl. Ruhrmann 1994: 238). So ist beispielsweise „ […] starvation a process, while a hunger strike is an event. One billion undernourished people are faceless masses, while three terrorists are individuals” (Schmid/de Graaf 1982: 205). Visualität gibt den Grad der Visualisierung eines Nachrichtenthemas an, der zunehmend an Bedeutung gewinnt. Dieser Trend löst aber auch einen „Zwang zum Bild“ aus (vgl. Diehlmann 2003: 138). Der Faktor Prominenz wird durch den Grad der Bekanntheit namentlich erwähnter Personen bestimmt. Hinzu kommen bei internationalen Themen die politische Nähe des Ereignislandes und der Status der Ereignisnation. Bezieht sich das Ereignisse auf Elitenationen wird es eher zur Nachricht Der Faktor Aggression spielt zusätzlich bei den privaten Fernsehsendern eine Rolle, d.h. dass diese häufig über gewalttätige Konflikte berichten.[38]
In den letzen zehn Jahren haben die Faktoren Kontroverse und Aggression an Bedeutung gewonnen, wobei die privaten Sender eine stärkere Orientierung an Konflikten aufweisen. Die Faktoren Konflikt/Negativität, Nähe, Nutzen und Prominenz sind als latente Kriterien der Nachrichtenauswahl zu verstehen. (vgl. Maier 2003: 91) „Bad news” haben einen höheren Nachrichtenwert, weil sie eindeutiger, dominanter und unerwarteter sind. Überdies sind negative Ereignisse besser zu visualisieren, “a man with a machinegun means violence on television, but a man without one has often no such clear meaning in the media” (Schmid/de Graaf 1982: 207).
Das Zusammenwirken der einzelnen Nachrichtenfaktoren und ihre Funktion wurde vielfach diskutiert und untersucht (vgl. Galtung/Ruge 1965: 71ff., zit. nach Staab 1990: 63ff.; Maier 2003: 34). Davon werden nur einige für die Arbeit relevante Aspekte nachfolgend dargestellt. Nach der sogenannten Additivitätshypothese ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Ereignis zur Nachricht wird umso größer, je mehr Nachrichtenfaktoren zutreffen (vgl. Staab 1990: 63). Ist das Ereignis aufgrund der Selektionskriterien ausgewählt, werden Merkmale von diesem akzentuiert um es publikumswirksam zu machen. Dabei entsteht eine verzerrte Berichterstattung bezüglich Klischees und Stereotypen (Verzerrungshypothese) (ebd.). Die Komplementaritätshypothese besagt, dass hohe Werte eines anderen Faktors durchaus Kriterien, die überhaupt nicht oder nur gering auftreten ausgleichen kann (vgl. Staab 1990: 63; Maier 2003: 36). So muss das Ereignis umso wichtiger sein oder eine Tendenz zu Eliten vorliegen, je ferner die Ereignisnation ist. Gewöhnliche Kombinationen der Nachrichtenfaktoren bedingen, dass über kulturell fremde „Underdog-Nationen“ nur personen- und elitenbezogen oder negativ, in überraschenden Zusammenhängen und vereinfacht berichtet wird (vgl. Maier 2003: 36).[39]
Der Nachrichtenwert ist an den formalen Indikatoren zu erkennen. Dazu konstruierte Sande einen prominence index, der die Häufigkeit der Berichterstattung, Zahl der Sondersendungen, Platzierung der Artikel und die Länge der Meldungen umfasst (vgl. Sande 1971: 225 ff., zit. nach Maier 2003: 38). Des Weiteren können Aufmachung einer Meldung und Ankündigung einer Meldung (vgl. Schulz 1976: 98ff.; Maier 2003: 91, 97) berücksichtigt werden. Zu beachten ist, dass die Nachrichtenfaktoren einen wesentlich größeren Einfluss auf den Umfang als auf die Platzierung haben.[40]
4.1.2 Nachrichtenwertigkeit terroristischer Ereignisse
Der strategische Nutzen von Nachrichtenfaktoren ist für Terroristen zumeist der einzige Weg Beachtung in den Medien zu finden (vgl. Schmid/de Graaf 1982: 218). Einen hohen Nachrichtenwert haben besonders Aktionen, mit starker Abweichung von der Norm (vgl. Weimann/Brosius 1991). Denn um die normative Funktion erfüllen zu können, ist es auch für die Medien notwendig, Beispiele zu finden, die Normen verletzen (ebd.). Abweichungen von der Norm liegen bei terroristischen Aktionen vor und werden mit einigen Nachrichtenfaktoren verbunden. Dazu bieten sich die Faktoren kulturelle Nähe, Überraschung, Frequenz, Bedeutsamkeit und Kontinuität an (Galtung/Ruge 1965: 65 ff., zit. nach Staab 1990: 59ff.). Hinzuzufügen sind die Faktoren Reichweite, Schaden, Aggression, bildliche Darstellung von Emotionen sowie Visualität, die besonders in letzten Jahren an Bedeutung gewonnen haben (vgl. Maier 2003: 56ff.).
Aufgrund bestimmter Merkmale, die für die Berichterstattung entscheidend sind finden weltweit nur 2-3% terroristischer Ereignisse in den Nachrichten Beachtung (vgl. Brosius/Weimann 1989, 1991). Verschiedene Kriterien eines terroristischen Ereignisses sind für die Berichterstattung relevant. Das spiegelt sich in dem two step flow process of selection wieder (vgl. Weimann/Brosius 1991: 349). Bei diesem wird zuerst die Selektion selbst beeinflusst. Zum einen durch Attribute des Initiator und zum anderen durch den Typ der Aktion[41]. Eine weitere Rolle spielt, ob Verantwortung für die Tat übernommen wurde. Die Intensität und Dauer der Berichterstattung ist von der Opferrate abhängig (ebd.).
Bezüglich terroristischer Aktionen liegt ein sich über die Zeit verändernder Charakter des Nachrichtenwertes vor. Dabei hat das Level der Opfer seine Wichtigkeit behalten und die Identität des Initiators an Wichtigkeit gewonnen. Die geographische Lage sowie die Verantwortung verlieren an Einfluss (vgl. Weimann/Brosius 1991). Bei diesen Erkenntnissen ist der Zeitpunkt der Studie zu beachten. Trotzdem reflektiert der Wandel das Bedürfnis nach Unerwartbaren sowie Irregulären und zeigt wie schnell terroristische Aktionen aufgrund von Gewöhnung an Attraktivität und Nachrichtenwert verlieren (ebd.).
Dieses „Handbuch“ für Terrorismus lässt sich mit der zu Beginn diskutierten Metapher des „Terrorismus als Theater“ verbinden. Denn nur bei bestimmten Aktionen können sich die westlichen Medien vor Ort begeben (vgl. Brosius 2001).
4.2 Kriterien zur emotionale Wirkung
„If the emotion you feel by looking at the pictures on TV news programmes is true, then the news is true” (Ramonet 2002, zit. nach Biernatzki 2002: 5) – ein Gedanke, dass nur das Sichtbare verdient Nachricht zu sein. Solche Ideen verantworten die Simplifizierung und Verdichtung des Nachrichtenmaterials auf Bilder sowie die Reduzierung von aktuellen Analysen (Biernatzki 2001: 6). Mit einem Wandel des Mediensystems[42] und dem dadurch steigenden kommerziellen Druck gelangt das Visuelle und die emotionale Berichterstattung in den Vordergrund (vgl. Maier 2003: 96).
Im folgenden Kapitel werden Mittel der Emotionalisierung dargelegt und ihre Relevanz für die Benachrichtigung über terroristische Ereignisse behandelt. Dies stellt die Basis für eine Analyse der Emotionalisierung in der Berichterstattung dar. Außerdem werden Ansätze zur Wirkung gewalthaltiger Nachrichten sowie medienpsychologische Betrachtungen zur Entstehung oder Steigerung von Angst gezeigt.
4.2.1 Mittel der Emotionalisierung
Seit den 80er Jahren ist das Verhältnis von Emotionen und Fernsehen in der Medienwirkungsforschung zentral, da mit Fernseherlebnissen verbundene Gefühle nicht so leicht vergessen werden wie nur fernsehvermittelte Inhalte (vgl. Sturm 1991). Dabei ist eine Erregungsunverträglichkeit zwischen eigener Stimmung und Medienangebot wirksamer als eine Erregungsverträglichkeit. Die Tendenz, Themen in den Nachrichten emotional zu akzentuieren, wird nachstehend hinsichtlich der für die vorliegende Arbeit relevanten Kriterien erläutert.
Vorab wird der Begriff Emotionen bestimmt, wobei drei Komponenten zu berücksichtigen sind: Erstens ist das Erleben bzw. bewusste Empfinden des Gefühls von Bedeutung. Zweitens werden die Prozesse beachtet, die im Gehirn und im Nervensystem ablaufen. Drittens ist das beobachtbare Ausdrucksgebaren, besonders im Gesicht von Bedeutung (vgl. Izard 1994: 20).
Definition von Emotionalisierung
Emotionalisierung liegt vor, wenn eine Situation mit einem starken Gefühlswert dargestellt (vgl. Grimm 1997: 230) oder diese mit Emotionen versetzt wird und die Erregung von Gefühlen erfolgt (vgl. Drosdowski 1993: 900).
Explizite und implizite Emotionalisierung
Implizite Emotionalisierung erfolgt indirekt durch die Präsentation von Themen, die als emotional gelten und somit die Gefühle des Rezipienten ansprechen (vgl. Wegener 2001: 132). Unter diesem Aspekt wird besonders die Berichterstattung über Gewalt sowie die Formen der Visualisierung berücksichtigt (vgl. Bruns/Marcinkowski 1997). Durch verbale und visuelle Aufführungen bestimmter Inhalte werden beim Zuschauer Emotionen ausgelöst, ohne diese konkret in Worten darzustellen (vgl. Wirth/Früh 1996). Der Zuschauer selbst erlebt ein Gefühl, das sehr wahrscheinlich durch unmittelbare Schilderungen des Passierten und deren Folgen ausgelöst wird. Dabei muss ein starker Gefühlsanlass vorliegen und das Ereignis für die Beteiligten eine große Reichweite haben (ebd.).
Davon zu unterscheiden ist die explizite Emotionalisierung (vgl. Wirth/Früh 1996, Grimm 1997: 230). Diese schließt Gefühlsäußerungen sowie explizite[43] Anteile einer Gefühlssituation, wie Visualisierung von Gefühlen, ein. Hierbei ist eine Emotion einer oder mehrerer Personen in Mimik und Gestik direkt erkennbar und/oder wird verbalisiert, wobei das Befinden einer Person in den Vordergrund gestellt wird. Die Verbalisierung kann auch von Journalisten erfolgen (vgl. Wegener 2001: 132). Nichtsemantische Lautäußerungen, wie Weinen, Schluchzen, Lachen, aber auch Zittern in der Stimme schließt die Visualisierung von Gefühlen mit ein (vgl. Schulz 1976; Wirth/Früh 1996; Bente 1997).
Für eine explizite Gefühlssituation sind die folgenden drei Komponenten notwendig: 1.) das erlebte Gefühl, 2.) Person(en), die dieses erleben und 3.) ein Gefühlanlass[44].
Eine Steigerung der Emotionalisierung und Spannung erfolgt durch die dargestellte Unmittelbarkeit zu Schäden und Opfern, anhand von Nahaufnahmen und auditiven Reizen sowie der Präsentation bestimmter Opfer, die eine intensive Identifikation ermöglichen (vgl. Picard 1993; Wegener 2001: 142).
Emotionalisierung kann außerdem durch dramaturgische Gestaltung eines Beitrages manifestiert werden. Kameraeinstellungen oder -perspektiven können Blicke lenken und der Einsatz von Toneffekte die Aufmerksamkeit steigern (vgl. Wegener 2001: 132).
Dramatisierung
Dramatisierung[45] ist die spannendere, aufregendere oder bedeutungsvollere Darstellung von bewegenden Vorgängen eines Geschehens oder gar einer Krise in Dramenform[46] (vgl. Drosdowski 1993: 759; Krüger/Stegelmeyer 2000: 85). Die Dramatisierung wird im Folgenden als eine formale Emotionalisierungstechnik betrachtet (Grimm 1997: 230). Sie fordert eine Anpassung des Stoffes an die Gesetze der dramatischen Gattung[47], die auch auf nicht-literarische Bereiche zu übertragen sind (vgl. Habicht 1995/3: 405).
Für eine Dramatisierung ist eine narrative Inszenierung der Beiträge nötig, bei der die Ereignisse in narrative Strukturen überführt werden.[48] Die zugrunde liegende Struktur ist gekennzeichnet durch folgenden Dreischnitt: „Der Darstellung einer Ausgangslage folgt deren überwiegend konfliktreiche, dramatische und spannungserzeugende[49] Veränderung; diese mündet in eine positive, negative oder offene Abschlusssituation“ (Voss 1999: 69).
Ein konstitutives Merkmal des Narrativen ist die emotionale Funktion, da durch die Veränderung einer Situation ein hohes emotionalisierendes Potenzial, verbunden mit Kontrastierung und Dynamik entsteht. Diese reiche, vielseitige Erlebnisspanne mit Dynamik und Spannungssteigerung wird durch detailliert aufeinander folgende Aussagen hervorgerufen. Dabei ist das Ausmaß von Abweichungen bestehender Erfahrungen von großer Bedeutung, weil diese Neuigkeit Konflikte im Inneren hervorruft (vgl. Voss 1999: 70).
Bei einer Narrativisierung wird das abstrakte Niveau des Berichtens verlassen und persönliche Merkmale, über das Ereignis hinausgehend, erzählt. Häufig werden die konkreten Uhrzeiten des Ereignisses zu den gezeigten Live-Bildern genannt. Dazu werden Wörter verwendet, die neben dem sachlichen Bedeutungsgehalt (Denotatbereich) ein eindeutig negatives Assoziationsumfeld[50] besitzen. Durch diese emotionalisierende Wortwahl oder affektive Kommentierung wird der Bedeutungsgehalt einer Aussage betont entsachlicht, indem der emotionale Ausdruck entweder eine der sonst sachlichen Aussagen verändert oder Bewertungstendenzen verstärkt (vgl. Früh 1998).
Dabei fördert der Einsatz rhetorischer Mittel eine gefühlsbetonte Präsentation des Themas. So verleiht z.B. der Superlativ als höchste Steigerungsform einer Aussage, eine hochexpressive und sensationelle Wirkungskraft, um die intensivsten Gefühle zu erreichen (vgl. Voss 1999: 58). Neben explosivem Vokabular[51] beeinflusst eine dramatische Sprechweise, die Betonungen sowie Mimik und Gestik einschließt, die Dramatik[52] und Dynamik des Beitrages (vgl. Wegener 2001: 140). Bei dieser erfolgt des öfteren der Einsatz attributiver Adjektive, die semantisch stark besetzt sind und eine bildliche Kraft besitzen.[53] Die emotionale Wirkungskraft der Wörter lässt: „[…] sich mit Dietrichen vergleichen, die die Öffnung zu neuen Erlebniswelten gewährleisten und fremde Räume erschließen. […] Die semantische Assoziation der Wörter bedeutet einen Imperativ zur Emotion“ (Voss 1999: 68).
Das Berichten über Geschehnisse im Präsens, die eindeutig in der Vergangenheit vorgefallen sind, ist ein Mittel der Emotionalisierung, zur Konstruktion von Nähe. Gleiches gilt für die „psychologische Nähe“, die durch Wiedergabe von Wahr-nehmungen und Handlungen der Hauptpersonen entsteht, die Identifikations-möglichkeiten bieten (ebd.). Ein bewusster Aufbau eines Spannungsbogens erfolgt durch die Betonung des Außergewöhnlichen des Ereignisses sowie durch Verweise auf die Ahnungslosigkeit und Normalität vor dem Unglück. Dabei ist der erste Teil des Geschehens meist kompatibel für den Rezipienten, wie beispielsweise der alljährliche Urlaub am Palmenstrand. Das darauffolgende Geschehen jedoch stellt eher eine Störung der Erwartungen dar, was eine emotionale Relevanz hervorruft. Diese emotionale Erzähldynamik aktiviert den Rezipienten (vgl. Voss 1999: 71).[54] Oftmals wird mit solchen sprachlichen Mitteln Angst provoziert und auf eine erhöhte Aufmerksamkeit abgezielt. Dies kann durch eine antizipierte persönliche Involviertheit erfolgen (vgl. Wegener 2001:141).
Personalisierung und Antizipation
Personalisierung ist eine weitere formale Emotionalisierungstechnik und bezeichnet die Ausrichtung der präsentierten Handlungen und Ereignisse auf Einzelpersonen bzw. homogene und überschaubare Gruppen von Individuen (vgl. Früh/Wirth 1996).
Die Rezipienten sind eher an Meldungen über Menschen als über Strukturen interessiert, was die Medien veranlasst Konflikte personell zu umschreiben (vgl. Hickethier 1998: 189). Komplexe Ereignisse werden auf einfache, überschaubare Interaktionen und Verlaufsstrukturen, in einem klar umrissenen Konfliktfeld reduziert. Dies ist von personalisierten Individualbeziehungen und klar definierten Handlungsträgern geprägt (vgl. Voss 1999: 83f.). Personalisierte Ereignisse lassen sich besser visualisieren, mit dramatisierenden Mitteln koppeln und zur Emotionali-sierung einsetzen. Die Fokussierung betroffener Personen und die häufige Verwendung von Zitatmaterial bestätigt eine Untersuchung zur Terrorismus-Berichterstattung (vgl. Werthes/Kim/Conrad 2002: 86f.). Außerdem wird eine Personifizierung[55] des Konfliktes festgestellt (ebd.). Besonders bei fehlenden neuen Fakten wird das Bildmaterial durch Personalisierung und antizipatorische Spannungstechniken emotional aufbereitet (vgl. Grimm 1996).
Die Antizipation greift vor und nimmt bewusst spätere Handlungsteile vorweg (vgl. Habicht 1995/1: 142). Meistens kommt es zu gewagten und dramatisierten Täterspekulationen, die teilweise zu einem späteren Zeitpunkt eher beiläufig revidiert werden (vgl. Werthes/Kim/Conrad 2002: 86).
Mit Ursachen und Hintergründen beschäftigen sich nur acht Prozent der Berichterstattungen (ebd.). Kritikpunkt dabei ist, dass die terroristische Situation für das Publikum immer schwieriger zu verstehen ist. Eine sensationelle[56] bzw. dramatisierende Annäherung der Medien an das Thema, mittels einer Fokussierung des Ortes nach dem Geschehen, umfasst vorrangig Darstellungen von Gewalt und Schaden des Ereignisses. Das bringt die Gefahr mit sich, dass visuelle, tonale und sprachliche Effekte die Angst des Zuschauers erhöhen (vgl. Picard 1993).
Entscheidend für das Verständnis und die Bedeutungsvermittelung von Terrorismus ist das Format der Präsentation. Mit einer dramatisierten Präsentation werden emotionale Reaktionen geschaffen. Jedoch besteht hier die Eventualität einer Angststeigerung beim Rezipienten (ebd.). Bei einer weniger emotionalen faktischen Informations-vermittlung könnten Unberührtheit und Ignoranz des Zuschauers folgen.
Das Primat der sachlichen Berichterstattung ist nicht darin zu sehen, dass völlig auf Emotionalisierung verzichtet wird, da sich viele Fakten nur über Betroffenheit transportieren lassen (vgl. Brosius 1991). Entscheidend ist bei der Verwendung von emotionalisierenden Gestaltungskomponenten eher die Art und Weise sowie das Ausmaß. Die Darstellung betroffener Menschen indiziert, wie stark sich die Nachrichten um Sachlichkeit bemühen (vgl. Fahr 2001).
Die durch Emotionalisierung gewonnene Betroffenheit oder Involviertheit des Rezipienten kann zu einer intensiveren Aufnahme und Verarbeitung führen. Sie kann aber auch vom tatsächlichen Thema ablenken und den Fokus auf Neben-sächlichkeiten richten (vgl. Kolb 2000). Der Einsatz solcher Strategien erfolgt hauptsächlich aufgrund einer gezielten Attraktivitätssteigerung der Sendungen.
In seiner Untersuchung zur Qualität von Fernsehnachrichten stellt Andreas Fahr die privaten Sender mit einer besonderen Tendenz zur Dramatisierung und somit auch zur Emotionalisierung heraus. Als Indiz dafür gilt die wiederholte Präsentation der ersten Bilder von Toten und Wrackteilen direkt nach der Katastrophe (vgl. Fahr 2001).
Zur Wirkung emotionaler Bilder[57]
Der nächste Teil beschäftigt sich mit dem Einfluss emotionaler Bilder. Dies erfolgt anhand einiger Ergebnisse von H.B. Brosius, der die Effekte emotionaler Bilder bei der Nachrichtenrezeption analysierte (vgl. Brosius 1993a, 1994, 1998).
Bilder werden häufig zur Attraktivitätssteigerung eingesetzt. Der Wahrheitsgehalt der in Nachrichten dargestellten Bildern wird selten in Frage gestellt, obwohl Bilder ebenso stark manipulierbar sind und viele Missetaten mit ihnen betrieben wurden[58]. Der Rezipient unterliegt der Illusion, etwas gesehen zu haben (vgl. Brosius 1998). Außerdem kann neben der gesteigerten Authentizität durch eine scheinbare Teilhabe des Zuschauers zusätzlich eine hohe Aktualität durch Live-Berichterstattung erzielt werden. Damit wird die emotionale Wirkung erhöht.
Durch visuelle Illustrationen nehmen die emotionale Beteiligung sowie das Interesse an den Nachrichten beim Rezipienten zu und die Verarbeitung des Nachrichtentextes[59] wird gefördert (vgl. Brosius 1998: 217). Bilder steigern die Erinnerung. Eine weitere Steigerung durch emotionale Bilder kann allerdings nicht erzielt werden, da emotionale Bilder zur Ablenkung führen. Durch unaufmerksames Zuhören entstehen Konfusionen und Fehler in der Erinnerung.[60] Emotionale Qualität steigert eher eine unspezifische Aufmerksamkeit, die allerdings mehr auf die Bilder an sich gerichtet ist (vgl. Brosius 1998). Dabei kommt es zu einer Verschiebung der Wahrnehmung des zentralen Inhaltes.
Die Emotionalität von Bildern hat einen deutlichen Einfluss auf die Überschätzung von Sachverhalten. Durch dramatischere Einschätzungen, als sie wirklich vorliegen, entstehen pessimistische und negative Weltbilder. Ursache dafür ist die oftmals beiläufige Nachrichtenrezeption, die nicht hoch konzentriert erfolgt und eine stärkere Beeinflussung durch drastische Bilder als durch faktische Informationen zulässt (vgl. Brosius 1995). Diese Wirkung ist für die Terrorismus-Berichterstattung bedeutend, da häufig Fakten und Zusammenhänge fehlen oder diese schlecht gemerkt werden.
Überdies zeigte der Versuch, dass Rezipienten gewalthaltige und furchtauslösende Bilder als emotional einstufen können. Somit kann davon ausgegangen werden, dass diese Bilder beim Rezipienten Emotionen auslösen und mit solchen Bildern bewusst an das Gefühl der Rezipienten appelliert wird (ebd.).
Inwiefern die emotionalisierte Berichterstattung beim Rezipienten Angst und Unsicherheit hervorruft wird im folgenden Kapitel mittels Wirkungsansätzen zu gewalthaltigen Nachrichten und medienpsychologischen Betrachtungen erörtert.
4.2.2 Theoretische Ansätze zum „Spiel“ mit der Angst und der Unsicherheit
Der Begriff Angst ist differenziert zu betrachten, wird von Physiologen als Erregung im vegetativen Nervensystem und von Psychologen als unangenehmes Gefühl der Besorgnis definiert. Angst kann als Persönlichkeitseigenschaft oder als vorübergehender Zustand eines Organismus vorliegen (vgl. Rotter 1979: 162). Der Zustand kommt durch einen starken Reiz zustande und umfasst das Vorhandensein subjektiver, bewusst wahrgenommener Gefühle der Besorgnis und Spannung, begleitet von Aktivation oder Erregung des vegetativen Nervensystems (ebd.). Zuletzt genannter Zustand ist für die vorliegende Arbeit relevant, da bei der Betrachtung der Inhalte der Terrorismus-Berichterstattung von Interesse ist, ob eine mögliche Basis für solche Emotionen geliefert wird.
Zum Einfluss gewalthaltiger Nachrichten auf den Angstzustand
Die Terrorismus-Berichterstattung wird theoretisch im Bereich der Gewaltwirkung verortet (vgl. Kunczik 1998; Brosius 2001)[61]. Bestimmte psychologische Aspekte müssen zusätzlich betrachtet werden, wie die Möglichkeit der eigenen Betroffenheit, Kontrollverluste und Hilflosigkeit. Diese werden von den Medien häufig aufgegriffen und teilweise zu einem Spiel mit den Ängsten genutzt.
Im Folgenden wird auf nur einige für die Terrorismus-Berichterstattung relevante Thesen aus der Gewaltwirkungsforschung[62] eingegangen. Vorangestellt sei Banduras Habitualisierungsthese (1989), die keine Angststeigerung durch mediale Darstellungen von Gewalt, sondern eher eine Gewöhnung besagt. Es erfolgt eine Desensibilisierung gegenüber dieser, da durch das stete Vorhandensein ein Bild entsteht, dass Gewalt etwas Normales ist und das Mitgefühl für die Opfer sinkt (vgl. Eisermann 2001).[63] Solch eine Gewöhnung ist hypothetisch und in Ansätzen, bei terroristischen Ereignissen bezüglich des Israel-Palästina-Konfliktes zu vermuten, die fast täglich und langanhaltend in den Nachrichten erscheinen. Ansonsten trifft die These, nach Ansicht der Autorin, bisher nicht auf terroristische Ereignisse zu, da diese noch punktuell und meist sehr spektakulär auftreten.
Entgegen der Habitualisierungsthese, die auf eine Abstumpfung durch Gewalt hinweist, bezieht sich Gerbners Kultivierungsthese auf die Entstehung von Angst und besagt, dass kumulierte Fernsehgewalt zur Verstärkung ängstlicher Weltbilder führt. Es liegt die Annahme vor, das Fernsehen ließe die Welt angsterregender erscheinen als sie wirklich ist, wodurch sich Zuschauer bedrohter fühlen. Dabei werden Stereotype sowie Vorurteile gestützt bzw. neu geschaffen (vgl. Bonfadelli 1993). Diese These scheint vor allem seit dem 11.09.2001 für einige Aspekte der Terrorismus-Berichterstattung zutreffend. Teilweise werden die herrschende Unsicherheit, Unvorhersagbarkeit, Warnungen sowie die erhöhten Sicherheitsmaßnahmen[64], kumuliert dargestellt und mit emotionalen Bildern verbunden. Liegen bei solchen Inhalten formale Eigenschaften, wie schnelle Schnitte und gewisse Nahaufnahmen vor, können diese zu erhöhter physiologischer Erregung führen, die sich je nach Situation in Angst umsetzen kann (vgl. Bonfadelli 1993: 166).[65]
Die ausgelöste Furcht wird beim Rezipienten umso größer, je weniger Informationen über Täter und Täter-Opfer-Beziehung vorliegen, da keine adäquate Einschätzung der Gefahrensituation und eventueller Schutzmaßnahmen möglich ist (vgl. Kunczik 1998).
Nötige Hintergrundanalysen und eine kontextuelle Einordnung bezüglich des internationalen Terrorismus sind oftmals begrenzt und die präsentierten Tatsachen nur Vermutungen. Das ist als Kommunikationsproblem zwischen den Subsystemen zu deuten (vgl. Debatin 2002: 33). Die Vernachlässigung von Fakten kann zu steigender Angst und Misstrauen führen (vgl. Picard 1993 ). Demzufolge wird durch das Darlegen bestimmter Perspektiven, die dem Publikum zu einem besseren Verständnis der Ursprünge und möglichen Risiken verhelfen, die Angst reduziert. Dramatisierende Darstellungen (vgl. Kap. 4.2.1, S. 27) der Gewalt müssen dabei vermieden werden
Informationslücken und Desinformation, im Sinne von widersprüchlichen Informationen und Überinformation, steigern die unbestimmte, nicht zuzuordnende Angst (vgl. Virilio 2001). Eine „Übersättigung der Sinne“ kann durch zusammenhangslose, eher verwirrende Bilder erfolgen. Solche sind z.B. nicht zu ortende Flugobjekte oder Bilder schwankender Handkameras, die Flammen und nicht identifizierbares Geschrei beinhalten. Dabei besteht die Gefahr einer Reduktion des Wissenszuwachs bei gesteigerter Intensität der Berichterstattung (ebd.).[66]
Auch mit der Betonung der unkontrollierten Bedrohung breitet sich, ein von Terroristen oft beabsichtigter, subtiler mentaler Terrorismus aus (vgl. Baudrillard 2001). So rufen die dargestellte Unüberschaubarkeit der dezentralen Strukturen der Terror-organisationen und die Möglichkeit der Mitglieder ein scheinbar sozial angepasstes Leben zu führen, eher Angst und Vorurteile in der Bevölkerung hervor.
Überdies kann eine Angststeigerung erfolgen, wenn sensationelle Verbrechen mit einer starken Verletzung von Normen, detailliert in der Berichterstattung dargestellt werden (vgl. Kunczik 1998). Dies zielt auf eine gesteigerte Aufmerksamkeit ab. Nicht nur Zivilisten allgemein werden als Opfer dargestellt, sondern Kinder und Mütter mit ihren Emotionen und Verletzungen.
Im lokalen Bereich angesiedelte beängstigende Faktoren bauen Furcht ab, wenn sie in der Ferne liegen. Denn in negativen Situationen findet häufig ein Vergleich mit Menschen statt, denen es noch schlechter geht, um die eigene Angst zu reduzieren (vgl. Kunczik 1998). Terrorismus liegt nicht gesichert in der Ferne, wie z.B. Kriegs-geschehen, sondern kann zu unbestimmten Zeitpunkten auf unbestimmte Opfer abzielen. Deshalb wird bei der Rezeption der Effekt der Angstreduktion nicht eintreten, ebenso wenig wie Gefühle der Selbstsicherheit und Ich-Stärke (vgl. Grimm 1996: 133).
Medienpsychologische Ansätze
Die in der Terrorismus-Berichterstattung verdeutlichte Abhängigkeit und Handlungs-unfähigkeit des Rezipienten kann zu Angst und Unsicherheit führen. Diesbezüglich werden im Folgenden die sozialpsychologischen Theorien Locus of Control-Konzept von J.B. Rotter (1975) und das Konzept der gelernten Hilflosigkeit von M.E.P. Seligman (1967) näher betrachtet (vgl. Vitouch 1998: 41; 53).
Das Locus of Control-Konzept ist eine kognitive Lerntheorie, die sich mit dem menschlichen Bedürfnis über sich und seine Umwelt Kontrolle auszuüben beschäftigt. Dieses ist für die emotionale Stabilität entscheidend. Das Kontrollbewusstsein wird aus der Lebenserfahrung erworben, da bestimmte Abläufe in der Umwelt vorhersehbar sind. Dabei unterscheidet Rotter internale und externale Kontrollüberzeugung, die als generalisierte Erwartungen zu betrachten sind (vgl. Rotter 1975, zit. nach Vitouch 1998: 53f.). Bei internaler Kontrollüberzeugung liegt die Erwartung vor, die meisten Ereignisse der Umwelt oder deren Folgen mit dem eigenen Verhalten beeinflussen zu können. Externale Kontrollüberzeugung stellt situative Merkmale in den Vordergrund. Dabei werden Faktoren außerhalb des eigenen Verhaltens als Ursachen angesehen. Bei der Terrorismus-Berichterstattung ist eine externale Kontrollüberzeugung zu erwarten. Der Lernprozess verdeutlicht, dass die Ereignisse vom eigenen Verhalten unabhängig sind und ein Kontrollverlust existiert. Dadurch entstehen negative Gefühle bis hin zu Traurigkeit, Ängstlichkeit, Hilflosigkeit und depressiven Verstimmungen (vgl. Vitouch 1998: 53f.).
An dieser Stelle lässt sich M.E.P. Seligmans ´ Konzept der gelernten Hilflosigkeit ´ anschließen. Dieses betrachtet die eintretende Hilflosigkeit beim Individuum, die mit emotionaler Labilität und reaktiven Depressionen verbunden ist. Zentrale Aspekte des Modells sind die Unvorhersagbarkeit[67] und Unkontrollierbarkeit, die zum Erlernen der Hilflosigkeit führen. Diese wird auf andere Situationen übertragen. Dabei entstehen Störungen im emotionalen und kognitiven Bereich, die nur durch eine Vorhersagbarkeit gefährdender und schwerwiegender Ereignisse vermieden werden können. Durch den Verlust von Warnsignalen und einer permanent gefährdeten Sicherheit können Angstzustände entstehen (vgl. Seligman 1979: 107, zit. nach Vitouch 1998: 57). Demzufolge wird vom Individuum Vorhersagbarkeit angestrebt. Die Terrorismus-Berichterstattung bedient eher das Gegenteil, nämlich eine Betonung der Unvorhersagbarkeit, die emotionale Labilität hervorrufen kann.
Dieses Erleben von Kontrollverlust wird im Bereich der Nachrichtenforschung allgemein als ziemlich hoch eingestuft, da Nachrichten verdeutlichen, dass die Ursachen jenseits der eigenen Kontrolle liegen. Das muss allerdings nicht zwingend zum Erleben von Hilflosigkeit führen (vgl. Vitouch 1993)[68].
Andere medienpsychologische Betrachtungen weisen darauf hin, dass Nachrichten über Krisen und Kriege als Funktionsäquivalent für Unterhaltung dienen können. Denn sie führen zur emotionalen Aktivierung und übernehmen Funktionen des Gefühls- und Weltbildmanagements (vgl. Grimm 1996). Gefühlsmanagement definiert Grimm als die Steuerung emotionaler Zustände mit einer angestrebten Maximierung positiver Gefühle. Es bedarf aber auch negativer Gefühle, die bewältigt werden wollen und zur momentanen Luststeigerung führen. Dabei müssen Möglichkeiten der Bewältigung vorhanden sein. Weltbildmanagement ist die Unterstützung unangepasster Gefühlsbereiche durch kognitive Konstrukte. Kognition soll die Emotionen ersetzen, um dem Individuum Anpassungen an Umweltgegebenheiten zu erleichtern. Dazu werden geeignete Informationen gesucht und je nach Relevanz Positionsveränderungen vorhandenen Wissens durchgeführt (ebd.).
Demzufolge findet auf der einen Ebene eine globale Destabilisierung statt, indem beispielsweise opferzentrierte Krisenberichte mit erschreckenden Bildern gezeigt werden, die jenen aus dem fiktionalen Bereich ähneln. Auf der zweiten Ebene sollte allerdings eine Aussicht auf einen positiven Ausgang vorliegen (vgl. Grimm 1996).
Die Aufgabe des Gefühls- und Weltbildmanagements ist es, ein adäquates Verhältnis zwischen Omnipotenz und Ohnmacht[69] herzustellen (vgl. Grimm 1997).
Das erfolgt normalerweise beides beim Fernsehen. So bedienen Nachrichten über Krisen und Katastrophen kontrastive und analoge Nutzungsstile. Denn Angst kann zum einen analog mit opferzentrierten Katastrophenberichten erlebt werden oder als Kontrasterfahrung zum eigenen Leben. Der empathische Nachrichtengewaltseher hat meist die Gewissheit nicht selbst das Opfer zu sein oder zu werden und erhält daraus die belohnende Genugtuung[70] (vgl. Grimm 1996).
Bernhard Debatin vermutet bei der Terrorismus-Berichterstattung „eine anregende Dialektik zwischen dem Grad des Schreckens und dem Grad der Sicherheit, die uns hilft der Furcht zu widerstehen und den Schrecken sogar zu genießen“ (Debatin 2002: 28). Diesbezüglich stellt sich die Frage, inwieweit der „Schrecken“ entfernt sein muss und ob ein gewohntes Sicherheitsgefühl bei dem diffusen Terrorismus noch vorhanden sein kann. Wird dieses Ungleichgewicht nicht bewältigt, wie das zumeist bei der Berichterstattung über terroristische Ereignisse der Fall ist[71], liegt keine belohnende Genugtuung (vgl. Grimm 1997) vor, das adäquate Verhältnis wird gestört.
Seit der Anschlagserie auf westliche Touristen, bei der in Djerba und Bali Deutsche direkt involviert waren, ist eine neue Situation entstanden, die die Unberechenbarkeit des Terrorismus verinnerlicht. Genau dieser für Opfer sowie Zuschauer scheinbar grundlose und in den westlichen Medien „dämonisierte Terrorismus“ (vgl. Debatin 2002: 32) erzeugt extreme Unsicherheit. Somit entsteht durch eine „progressive Demontage erfahrungsgesicherter Lebensbezüge und von Menschen inszenierten Katastrophen“ (Palm 2002) eine allgemeine diffuse Angst in der Bevölkerung.
4.3 Stereotype, Vorurteile und Feindbilder
Ein weiterer vielkritisierter Punkt der Berichterstattung nach dem 11.09.2001 waren die stark vorliegenden negativen Stereotype bis hin zu Feindbildern bezüglich der arabischen und islamischen Welt. Im folgenden werden theoretische Grundlagen zu Stereotypen, Vorurteilen und Feindbildern geliefert, um den Begriffen eine sichere Grundlage zu geben und die Berichterstattung anschließend nach solchen Aspekten untersuchen zu können.
4.3.1 Unterscheidung von Stereotypen und Vorurteilen
Aufgrund der Informationsmenge in den Massenmedien scheint eine ergiebige Differenzierung der einzelnen Sachverhalte meist nicht möglich. Dafür werden komplexitätsreduzierende Kategorien im Gedächtnis geschaffen. Vereinfachte, verfestigte und gefühlsgesättigte Systeme zur Bewältigung allgemeiner sowie spezieller Situationen, denen es an objektiver und notwendiger empirischer Begründung mangelt (vgl. Löffelholz 1993: 112), werden sozialwissenschaftlich unter dem Begriff stereotype Systeme zusammengefasst.
Darunter zählen die Begriffe Stereotype und Vorurteile, die beide Prozesse der Beurteilung von Objekten und Personen bezeichnen. Sie liefern die Basis für Feindbilder und gehen teilweise sogar fließend ineinander über.
Eine grobe Differenzierung zwischen diesen sowie deren Funktion wird nachfolgend dargestellt. Entscheidend für die anschließende Untersuchung ist, dass nicht nur direkte negative Stereotype zu einem Feindbildaufbau führen können, sondern auch bestimmte, gezielt eingesetzte Elemente, die subtil gefestigt werden.
Stereotype
Der von Lippmann[72] 1922 in die Psychologie eingeführte Begriff des Stereotyps umfasst die vereinfachenden, verallgemeinernden sowie klischeehaften Vorstellungen, die zur Reduktion von Komplexität führen (vgl. Flohr 1991). Größtenteils muss sich das Individuum auf Äußerungen anderer verlassen, da nur ein sehr geringer Teil des Wissens auf persönliche Erfahrungen zurückgeht. Jedes Stereotyp beinhaltet kognitive und affektive Komponenten. Dabei verleiht die affektive Komponente der gewonnenen Erkenntnis eine emotionale Bewertung (vgl. Jegorowa 1989; Bassewitz 1990: 16) und ist dafür entscheidend, ob und wie die Information im Gedächtnis gespeichert wird (vgl. Brosius 1991: 292).
Die Vereinfachung der Weltsicht dient der raschen Orientierung und als Abwehr-mechanismus gegen ungewohnte und unangenehme Informationen (vgl. Schulz 1971: 9). Der Bezug zur Realität ist oft nicht vorhanden, deshalb kann sich ein Stereotyp auch verbreiten, wenn es auf dem Gegenteil der Wahrheit beruht (vgl. Allport 1971).
Neue Objekte werden zu bereits bekannten Kategorien zugeordnet, was eine vorgefertigte Reaktion hervorruft und die weiteren Erfahrungen beeinflusst. Einige der gefestigten Attribute genügen, um ein Objekt in diese Kategorie zu ordnen (vgl. Brosius 1991: 286). Das Bild der arabischen Welt beispielsweise ist bereits von negativen Stereotypen geprägt, die nur weiterhin aufrecht erhalten werden müssen. Diese Wahrnehmungsmuster treten vor allem dann in Aktion, wenn sicheres Wissen fehlt und unmittelbares Erleben unmöglich ist, da neue Informationen in Kategorien geordnet werden müssen (vgl. Lippmann 1990: 78).
Generalisierende Schlussfolgerungen und Übertreibungen gelten als wichtiges Charakteristikum von Stereotypen, da sie geringe Unterschiede sozialer Gegebenheiten vergrößern und die Orientierung erleichtern (vgl. Kroiß 2002: 16).
Stereotypisierung ist ein Vorgang des Unterschiebens von Objektivierungen, der durch Anonymität verstärkt wird. Diese steigt, indem die Unmittelbarkeit der Erfahrung abnimmt, und damit auch der Sinnzusammenhang stärker objektiviert wird (vgl. Vitouch 2000). Das führt zu homogenen Vorstellungen sozialer Gruppen (vgl. Flohr 1991).
Journalistenarbeit ist nach Schulz ohne Standardisierung, Stereotype und eine rücksichtslose Vernachlässigung der Feinheiten nicht möglich (vgl. Schulz 1976: 10). Die Realität ist in ihrer komplexen Gesamtheit praktisch nicht zu erkennen, so dass die Medien nur selektive Bilder dieser, also Stereotypen, wiedergeben können (vgl. Kepplinger 1975: 19). Weiterhin vermitteln Aussageträger der Gesellschaft, die in den Medien zu Wort kommen, ebenfalls Stereotype, was auf eine allgemein stereotypisierte Berichterstattung der Medien hinweist (Lippmann 1990: 230).
Vorurteil
Im Gegensatz zu Stereotypen sind Vorurteile eindeutig negativ charakterisierte Kategorien. Sie werden auch durch indirekte Erfahrungen erworben und beinhalten neben Gefühlen ein System stereotyper Überzeugungen (vgl. Six 1994). Vorurteile sind ablehnende, feindselige Einstellungen[73] gegenüber Personen, die einer Gruppe zugehörig sind und die zu beanstandenden Eigenschaften zeigen (vgl. Allport 1971).
Dabei wird der andere entmenschlicht und eine mehr oder weniger deutliche Diskriminierung impliziert.
Im Kategorisierungsprozess werden große Klassen gebildet, damit für eine Erleichterung der Problemlösung soviel wie möglich zugeordnet werden kann. Die Kategorien können realitätsgelöst sein und ungeachtet aller Korrekturmöglichkeiten, selbst bei widersprechenden Informationen bestehen bleiben (vgl. Allport 1971).
Fremdheit und anschauliche Unterschiede, wie Hautfarbe, Gesichtsschnitt, Sprache, Kleidung und religiöse Bräuche, führen bereits zu verschiedenen Erwartungen (vgl. Allport 1971). Bei extremen Fällen wird sich verweigert, dem Vorurteilsobjekt näher zu kommen. Dieser Reflexionsblock verhindert die Beschäftigung mit dem Objekt und somit auch jede Möglichkeit der Revision (vgl. Flohr 1991).
[...]
[1] Die BILD-Zeitung beherrscht bundesweit den deutschen Zeitungsmarkt mit einer Auflage von 4-5 Millionen Exemplaren. Somit trägt die täglich erscheinende, überregionale Boulevardzeitung einen entscheidenden Teil zur Meinungsbildung bei.
[2] Am 11. September rasten zwei Passagierflugzeug in die beiden Türme des New Yorker World Trade Centers. Ein drittes Flugzeug trifft den Südwestflügel des Pentagons und ein viertes Flugzeug stürzt über Pennsylvania ab. Diese Terroranschläge markierten eine bisher unbekannte Dimension des Terrorismus.
[3] Gemeint sind die terroristischen Anschläge nach dem 11.09.2001 auf Touristengebiete, in denen westliche Touristen gezielt zum Opfer wurden. Dazu gehören die Anschläge in Djerba am 11.04.2002 mit 21 Toten, in Bali am 12.10.2002 mit ca. 200 Toten und in Kenia am 28.11.2002 mit 16 Toten.
[4] Die Berichterstattung über die Anschläge vom 11.09.2001 ist als außergewöhnlich zu erachten. Gründe dafür sind die Dimensionen der Anschläge: erstmalige Live-Berichterstattung (Schicha/Brosda 2002: 7), die Betroffenheit aufgrund der hohen Zahl, der aus der westlichen Welt stammenden Opfer, und die rituelle Wiederholung der Schreckensbilder (ebd.).
[5] Es handelt sich hierbei um einen Doppelanschlag, bei dem ein Selbstmordattentat auf ein Hotel stattfand sowie ein Passagierflugzeug mit Boden-Luft-Raketen beschossen wurde, die jedoch ihr Ziel knapp verfehlten.
[6] Offizielle Definitionen sind Festlegungen, die von Regierungen, Behörden und anderen offiziellen Institutionen als amtlich, der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.
[7] RAND Corporation ist eine gemeinnützige Institution, die durch Untersuchungen und Analysen Hilfe für politische Strategien und Entscheidungen liefern will.
[8] Dieser wird weiter unterschieden zwischen Staatsterrorismus, bei dem sich Regierungen in Terrorismus selbst engagieren, und staatsgesponserter Terrorismus, was von Regierungen unterstützter Terrorismus ist (vgl. Picard 1993). Diese Form soll an der Stelle nur erwähnt werden und im weiteren Verlauf der Arbeit unbeachtet bleiben.
[9] Islam: ist nach dem Juden- und Christentum die letzte monotheistische Offenbarungsreligion. Neben der Koranischen Offenbarung als unabänderliche Quelle des Islam ist die Gewohnheit des Propheten („Hadith“) die praxisnormierende Richtschnur im alltäglichen Leben der Muslime und die „Scharia“ (das heilige Recht) die dritte Grundlage (vgl. Fiedler 2002: 157).
[10] Islamismus: ist als eine politische Kampfideologie zu sehen, die im Religiösen wurzelt und mit der Vorstellung des Martyriums verknüpft ist (vgl. Fiedler 2002: 165).
[11] Dschihad : ist das zielgerichtetes Mühen zur Verbreitung des Islams in sich selbst, in der Gesellschaft oder in der Welt mit allen Mitteln. Der „rechtmäßige“ oder „heilige“ Krieg gegen die Ungläubigen wird von der Scharia (islamisches Recht) vorgeschrieben (vgl. Kepel 2002: 445).
[12] Eine transnationale Organisation kennzeichnet sich durch verschiedene Standorte in mehreren Ländern, die gleichzeitig vernetzt tätig sind (vgl. Behr 2002).
[13] Als zentrales Ziel sehen Experten, die amerikanische Präsenz in Saudi-Arabien und im Golf zu beenden, das Land von Ungläubigen zu befreien und einen eigenen islamischen Staat zu errichten. Dies wird auch als die erneute Errichtung des islamischen Kalifat bezeichnet, mit der Vereinigung der arabischen und muslimischen Welt als ganzheitliches religiöses System. Ziele des radikalen Islam sind es den westlichen Kapitalismus auf globaler Ebene zu besiegen sowie Demokratie und Liberalismus als dominierendes Weltsystem zu ersetzen (vgl. Dettke 2002).
[14] Äußerst bedeutende Beiträge lieferten dazu Paul Wilkinson, damals Dozent am University College Cardiff mit dem Schwerpunkt Terrorismus und Brian Jenkins, von der Rand Corporation, neben J.B. Bell, G. Wardlaw, Y. Alexander u.a.
[15] Als ein Vertreter gilt hier M. Cherif Bassiouni.
[16] Acht palästinensische Terroristen der Terrororganisation „Schwarzer September“ übten am 05.09.1972 auf das Quartier der israelischen Mannschaft einen Anschlag aus. Ein Grund für die bewusste Auswahl des Zielortes des Anschlag waren die Anwesenheit der internationalen Medien.
[17] Das „Handbuch der Stadtguerillero“ ist unter folgender Adresse komplett vorzufinden:
http://www.nadir.org/nadir/initiativ/rev_linke/rli/handbuch.html
[18] Der Rezipient von Massenmedien nimmt etwas auf und „ersetzt die unmittelbare Wahrnehmung durch die kognitive Bewältigung der Situation. Er weiß, dass nicht nur er, sondern viele, dass man zugleich die Aussagen des Kommunikators rezipiert […]. Der Rezipient ist aktiv, weil er nach eigenen Kriterien selegiert, welchen Medien er sich zuwendet, welche Programme er auswählt, welche Inhalte er rezipiert – und welche nicht. (vgl. Merten 1999: 225, 322). Diese Definition des Rezipienten ist für die gesamte vorliegende Arbeit gültig.
[19] Dobkin, Bethami A. (1992): Tales of Terror: Television News and the Construction of the terrorist threat. Die Analyse untersucht den nationalen Diskurs über Terrorismus von 1981-1986, basierend auf den ABC World News, anhand von Statements von Regierungsoffiziellen.
[20] Die „Ansteckungsgefahr“ von Terrorismus aufgrund der Medienberichterstattung untersuchten z.B. Hamilton und Hamilton (1983), Mazur (1982), Tan (1988) und Holden (1986), wobei die Ergebnisse nicht repräsentativ waren, da sie nur für sehr begrenzte Fälle Gültigkeit hatten (vgl. Brosius/Weimann 1988).
[21] Mit Hilfe einer Zeitreihenanalyse vergangener Anschläge von 1968-1986 erfolgten Vorhersagen. Zur Prüfung dieses Modells wurden für 48 Monate Fälle vorhergesagt und mit den aktuellen Daten verglichen, wobei zu 95% eine Übereinstimmung vorlag (vgl. Brosius/Weimann 1988: 495).
[22] Auf das „Terrorismus als Theater-Konzept“ wird in Kapitel 3.2.3 näher eingegangen.
[23] Beispielsweise beschäftigt sich Bradley S. Greenberg, Professor für Kommunikation an der Michigan State University mit der Mediennutzung während der Anschläge, was in der vorliegenden Arbeit außer Betracht gelassen wird.
[24] Infotainment: ist die Vermischung von Information und Unterhaltung. Hierbei wird die Programmgestaltung und Präsentationsform von Nachrichtensendungen vorwiegend nach den Kriterien Unterhaltungswert und Konsumierbarkeit ausgerichtet (vgl. Posewang 1996: 61f.).
[25] Diese viel zitierte Darstellung des Kommunikationsaktes mit den vier Grundkomponenten stammt ursprünglich von Kraber 1971 (zit. nach Brosius 2001: 529) .
[26] Symbole als Zeichen besitzen für bestimmte Kommunikationspartner einen zusätzlichen Inhalt und erhalten ihre Bedeutung abhängig vom raum-zeitlichen Kontext (vgl. Burkart 1998: 50)
[27] Wie der Kommunikationspartner mit seiner symbolischen Umwelt in Beziehung tritt, stellt das Konzept des „Symbolischen Interaktionismus“ dar (vgl. Blumer 1973: 81 f., zit. nach Burkart 1998: 51).
[28] Kurzbeschreibung der Kommunikationslevel: intrapersonal: Interpretation des Individuums nach persönlichen Werten und Haltungen, interpersonal: Interaktion zwischen Individuen, organisatorisch: Kommunikation zu Mitgliedern einer Organisation oder eines Massenpublikums, massenmedial: Massenkommunikation als zentrale Bedeutung in Massengesellschaften (vgl. Picard 1993; McQuail 1999: 6ff.).
[29] Der Nachrichtenwert stellt die Publikationswürdigkeit von Ereignissen dar. Dabei sollen die einzelnen Ereignisaspekte das Interesse und die Emotionen der Rezipienten, durch Möglichkeiten der Identifikation wecken (vgl. Staab 1990: 41).
[30] Den viel zitierten Ausdruck des „theatre of terror“ schlägt Jenkins 1975 in seiner Arbeit: „International Terrorism: A new mode of conflict“ vor und betrachtet ihn als Rahmen für das Verständnis und Studium des modernen Terrorismus (zit. nach Broisus 2001: 718).
[31] Äußerungen von Fred Koppel (Moderator bei ABC) in einer Diskussion über “Terrorism and the Media“. In: Harper´s, October 1984, S. 49, zitiert nach Brosius (2001).
[32] Amerikanisierung steht für die Vorbildfunktion der USA im medialen Bereich (vgl. Voss 2001: 253f.). Mit der Kommerzialisierung von Hörfunk und Fernsehen seit den 80er Jahren fand ein massiver Amerikanisierungs-schub statt, mit etwa dem Ansteigen des Imports von Filmen und Serien, Infotainmenttendenzen, der Übernahme von Spiel-Shows und Talk-Sendungen, was als ein Lern- und Durchgangsstadium zu sehen ist (vgl. Voss 2001). Negative Entwicklungen, wie die Anfälligkeiten des Journalismus für Sensationen, Allmachtswahn, Verfolgungsmanie und Hybris lassen sich nirgends besser ablesen als in den USA (vgl. Sommer 2001: 25).
[33] Trotz der zunehmenden amerikanischen Trends im deutschen Fernsehen sei betont, dass die deutsche und die amerikanische Berichterstattung sehr differenziert betrachtet werden muss.
[34] Unter Beachtung von grundlegenden wahrnehmungspsychologischen Mechanismen sehen Galtung/Ruge diese Selektionskriterien nicht nur als journalistische Kriterien zur Nachrichtenauswahl, sondern auch als allgemein-menschliche Selektionskriterien an (vgl. Maier 2003: 31f.).
[35] Diese Nachrichtenfaktoren seien hier nur kurz erwähnt, da im Rahmen der vorliegenden Arbeit keine intensivere Diskussion möglich ist (eine genauere Betrachtung ist nachzulesen bei Staab 1990; Maier 2003: 27ff.). Die folgenden Faktoren gelten dabei als kulturunabhängige gültige Regeln für die Auswahl von Nachrichten: frequency (Dauer des Ereignisses), threshold (Schwellenfaktor), unambiguity (Eindeutigkeit), meaningfulness (Bedeutsamkeit), consonace (Konsonanz), unexpectedness (Überraschung), continuity (Kontinuität), composition (Komposition/Variation). Für die nordwestlichen Kulturen sind für Galtung/Ruge die folgenden zusätzlichen Faktoren relevant: reference to elite nations (Betroffenheit Elitenationen), reference to elite people (Betroffenheit Elitepersonen), reference to persons (Personalisierung), reference to something negative (Negativismus) (vgl. Galtung/Ruge 1965: 71, zit. nach Maier 2003: 32 f.).
[36] Dabei findet eine Orientierung an zentralen vorausgegangenen empirischen Studien zu Nachrichtenfaktoren statt [Studien von Östgaard (1965), Galtung/Ruge (1965), Sande (1971), Schulz (1976, 1982), Emmerich (1984), Staab (1990), Eilders (1997)] sowie eine Aufarbeitung dieser, den jüngsten Entwicklungstendenzen im Nachrichtenwesen entsprechend (vgl. Maier 2003: 53).
[37] Die Relevanz wurde an der Häufigkeit des Vorkommens der Faktoren bei Nachrichten der öffentlich-rechtlichen und privaten Sender gemessen (vgl. Maier 2003: 76ff.).
[38] Als weitere Auswahlkriterien werden bildliche Darstellung von Emotionen, räumliche Nähe, wirtschaftliche Nähe, kulturelle Nähe, deutsche Beteiligung, Einfluss, Personalisierung, Überraschung, Nutzen/Erfolg, Schaden/Misserfolg, Kontroverse, Demonstration, Sexualität/Erotik berücksichtigt (vgl. Maier 2003: 55ff.). Eine genaue Darstellung der Nachrichtenfaktoren im Einzelnen ist im Anhang in den Schlüsselplänen zu finden (s. Anhang, S. A1ff.). Der Faktor Ortsstatus wird bei der vorliegenden Arbeit vernachlässigt, da dieser nur für Ereignisse in Deutschland relevant ist.
[39] Bei internationalen Themen sind die folgenden Nachrichtenfaktoren wesentliche Einflussgrößen: Etablierung des Themas, Nähe des Ereignislandes zu Deutschland und die Möglichkeit der bildlichen Darstellung des Konfliktes (vgl. Maier 2003: 36).
[40] Nach Staab ist die Platzierung einer Meldung nicht zwingend auf die Intensität der Nachrichtenfaktoren zurückzuführen (Staab 1990: 193ff.), hingegen identifiziert Eilders den Zusammenhang zur Platzierung als valide (vgl. Eilders 1997: 165 ff.).
[41] Die größte Beachtung erhielten zum Zeitpunkt der Untersuchungen Aktionen wie Flugzeugentführungen und Geiselnahmen. Als attraktivstes Setting stellte sich der Nahe Osten heraus (vgl. Weimann/Brosius 1991).
[42] Durch die fortschreitende Ökonomisierung aller Programmbereiche stehen Nachrichten und Nachrichtengebung zunehmend in Konkurrenz miteinander und die Nachrichtengebung orientiert sich dabei auch an übergeordneten Organisationszielen großer Medienunternehmen (vgl. Ruhrmann/Woelke 2003: 14; Wilke 1997: 67-104).
[43] In der vorliegenden Arbeit wird der Begriff explizit im Sinne von ausdrücklich und/oder ausführlich dargestellt verwendet (vgl. Alsleben 2003: 433).
[44] Ein Gefühlsanlass ist ein Umstand, der den Anlass für das Erleben eines Gefühls gibt (vgl. Wirth/Früh 1996).
[45] Diese hier dargestellten und in diesem Abschnitt folgenden Definitionen der Begriffe Dramatisierung und dramatisch sind für die gesamte Arbeit gültig. Demzufolge werden die Begriffe im weiteren Verlauf der Arbeit mit der gleichbleibenden Bedeutung verwendet und nicht extra gekennzeichnet bzw. definiert.
[46] Das Drama ist ein Schauspiel mit tragischem Ausgang […], also ein aufregendes, erschütterndes oder trauriges Geschehen […] (Drosdowski 1993: 759).
[47] Dramatisch steht für das Element des widerspruchsvollen, spannungsreichen Konflikts überhaupt (vgl. Habicht 1995/3: 405.)
[48] Dies geschieht ebenso bei der Personalisierung (vgl. Voss 1969: 69). In der Forschungsliteratur wird für dieses Phänomen der narrativen Inszenierung auch häufig der Begriff der Narrativisierung verwendet, der aber in der vorliegenden Arbeit nicht extra aufgeschlüsselt werden soll, sondern mit unter dem Mittel der Dramatisierung zugeordnet wird.
[49] Die Erzeugung von Spannung ist ebenfalls für ein erhöhtes emotionales Engagement verantwortlich (vgl. Wegener 2001:141).
[50] In einer Studie belegt Robert G. Picard, dass in der Berichterstattung über Terrorismus weltweit von offizieller Seite stark negativ konnotierte Wörter genutzt werden, die richtend sind, um Gewaltakten Bedeutungen zuzuschreiben, wie brutal, kriminell, böse, feige, verabscheuungswürdig, und Begriffe, wie Extremisten oder Mörder, werden regulär benutzt (vgl. Picard 1993).
[51] Ergebnisse einer Studie zur Berichterstattung über Terrorismus stellen eine unkritische Benutzung von Begriffen wie Terrorkrieg, Gotteskrieger, Kreuzzug, Topterroristen heraus (vgl. Werthes/Kim/Conrad 2002: 86). Dabei handelte es sich um die Terroranschläge des 11.09.2001, deren Berichterstattung als bisheriger Höhepunkt zu sehen und nur tendenziell auf andere Anschläge zu übertragen ist.
[52] Aufgrund des hohen Nachrichtenwertes ist ein gewisser Negativismus in der Nachrichtenpräsentation immer wieder anzutreffen, der sich in der Betonung der Dramatik des Ereignisses zeigt (vgl. Brosius 2001).
[53] Genaue Definitionen der rhetorischen Mittel zur Verstärkung der Emotionalisierung sind im Abschnitt Kategoriendefinitionen und Kommentare im Codierbuch dargestellt (s. Anhang, S. A26).
[54] Im letzten Abschnitt liegen Überschneidungen von Dramatisierung und Personalisierung vor, da diese Formen nicht immer exakt zu differenzieren sind. Diese Arbeit widmet sich der Emotionalisierung allgemein und nimmt nicht den Versuch vor diese detailliert in ihren möglichen Einzelformen zu differenzieren.
[55] Personifizierung ist die Vermenschlichung abstrakter Begriffe und lebloser Dinge, indem sie als sprechende und handelnde Personen auftreten (vgl. Mettenleiter 1991: 77).
[56] Sensationelle Präsentationen des Ereignisses werden als Aufsehen erregende Annäherungen mit unter dramatisierenden Mitteln der Emotionalisierung behandelt und nicht separat dargelegt, da diese sich für die Zwecke der vorliegenden Arbeit überschneiden und dicht bei einander liegen.
[57] Als emotionale Bilder werden gewalthaltige, ekelerregende und furchtauslösende Bilder eingestuft, die das Potenzial besitzen, Thematisierung und Wichtigkeit eines Sachverhaltes zu beeinflussen, womit eine Verbindung zur Agenda-Setting-Forschung hergestellt werden kann (vgl. Brosius 1995).
[58] Ein Beispiel ist die „Zuckerkuchendebatte“: Die Fernsehbilder jubelnder Palästinenser wurden als Reaktion auf die Terror-Anschläge des 11.09.2001 zwei Tage in den USA gezeigt und gelangten über „Associated Press Television News“ auch auf deutsche Bildschirme. Die Darstellung singender, jubelnder, tanzender Menschen soll inszeniert worden sein. Eine der jubelnden palästinensischen Frauen stellte später dar, dass sie gar nicht wusste, was sie feiern solle. Jedoch hätte ein Kamerateam ihr eine delikate Süßigkeit dafür angeboten, was in einer Vielzahl von Medien Diskussionen hervorrief (vgl. Baum/Fischer 2001: 22).
[59] Informationsarme Nachrichtenbilder können der Nachrichtenfunktion, umfassend zu informieren, eher schädlich sein. Eine Verbesserung der Behaltensleistung entsteht nur, wenn die bildliche Information den Text stützt (vgl. Brosius 1998: 219).
[60] Mit diesen Erkenntnissen widerlegt Brosius die oft vermutete Verbindung von Emotionen und Erinnerung (vgl. Brosius 1998).
[61] Besonders bei terroristischen Nachahmungstaten hatten Brosius und Weimann (1991) gleiche Erkenntnisse im Terrorismusbereich wie in der Gewaltwirkungsforschung. Auf Ansteckbarkeit und Nachahmung terroristischer Ereignisse soll in der vorliegenden Arbeit nicht weiter eingegangen werden.
[62] Die Medien-Gewalt-Wirkungsforschung etablierte sich seit Beginn der 60er Jahre und umfasst ca. 5000 Untersuchungen, die eine Erhöhung oder eine Verminderung der Bereitschaft zur Ausübung von Gewalt oder des Auftretens von Angst untersuchen (vgl. Faulstich 1994). Die Kraft des Mediums Fernsehen kann dabei nicht angezweifelt werden, allerdings wird immer wieder in der Forschung betont, dass der Einfluss des Fernsehens im Zusammenhang mit anderen Faktoren der Gesellschaft gesehen werden muss, die ebenfalls am Sozialisations- und Lernprozess der Zuschauer beteiligt sind (vgl. Krebs 1994: 355). Die 6 folgenden grundlegenden Thesen bzw. Theorien werden in den verschiedenen Studien diskutiert: Katharsisthese (vgl. Feshbach 1989, zit. nach Eisermann 2001), Stimulationsthese (vgl. Kunczik 1975, zit. nach Eisermann 2001), Nachahmungsthese (vgl. Felton 1996, zit. nach Kunczik 1998), kognitive Lerntheorie (vgl. Bandura 1977, zit. nach Kunczik 1998), Habitualisierungsthese (vgl. Bandura 1989: 19, zit. nach Kunczik 1998) und Kultivierungsthese (vgl. Gerbner 1984: 34; zit. nach Eisermann 2001). In der vorliegenden Arbeit kann nicht näher auf die Gewaltwirkungsforschung eingegangen werden, nur die letzten beiden Thesen finden Erwähnung.
[63] Diese „These der Abstumpfung“ gilt jedoch nicht als bewiesen (vgl. Eisermann 2001).
[64] Die eingesetzte Sicherheitsrhetorik, die von den Medien in ein redundantes Format gezwängt wird, schafft gerade die Unsicherheit, die sie angeblich bekämpfen will (vgl. Palm 2002).
[65] Das wäre ein weiterer interessanter Untersuchungsaspekt zur Terrorismus-Berichterstattung, wobei sowohl die Inhalte als auch die Effekte auf die Zuschauer mit Hilfe von Experimenten untersucht werden müssten. Dies ist im Rahmen der Arbeit nicht möglich. Deshalb konzentriert sich die vorliegende Untersuchung ausschließlich auf die Inhalte. Dabei ist jedoch immer wieder zu betonen, dass Inhalte nicht zwangsläufig zu Wirkungen führen, aber ein Potenzial darstellen, indem sich Wirkungen ergeben können.
[66] An dieser Stelle lassen sich weiterführend Gedanken Vitouchs anbringen, dass die Angst durch eine „hilflos“ machende Informationsflut verstärkt wird und der Rezipient deshalb defensive Abwehrstrategien entwickelt, bei denen stereotype Inhalte immer größeren Zuspruch finden (vgl. Vitouch 1998: 185).
[67] Unvorhersagbarkeit liegt vor, wenn über einige Zeit hinweg die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Ereignisses ohne Signal ebenso groß ist wie mit Signal (vgl. Vitouch 1998).
[68] Dies ist von Persönlichkeitsmerkmalen und sozialen Einflüssen abhängig. So liegt beispielsweise in gewissen Situationen keine Angstentstehung vor, z.B. wenn der Rezipient die gleiche Unfähigkeit bei anderen Menschen mitbekommt (vgl. Vitouch 1998). Nach einer weiteren Untersuchung scheinen Menschen mit hoher Ängstlichkeit in ihrer Wahrnehmung eine Tendenz zur sozialen Stereotypenbildung aufzuweisen (vgl. Vitouch 1993: 137). Dieser Zusammenhang sei erwähnt, da in der vorliegenden Untersuchung Emotionalisierung und das Vorliegen negativer Stereotype in der Berichterstattung betrachtet werden.
[69] Gemeint ist ein Gleichgewicht zwischen Potenzialen des „Machenkönnens“ einerseits und des sich damit „abzufinden“ andererseits (vgl. Grimm 1997).
[70] Dies beschreibt Grimm als das aus Horrorfilmen bekannte Bewährungsmotiv, „sich schrecklichen Dingen zu stellen“ (vgl. Grimm 1996).
[71] Die absolute Gewissheit, kein Opfer zu werden, liegt im Gegensatz zu dargestellten Kriegen oder weit entfernten Katastrophen nicht vor, da weder der zeitliche oder räumliche Rahmen terroristischer Ereignisse noch die möglichen Opfer vorhersehbar sind.
[72] An das Werk „Die öffentliche Meinung“ (1922) von dem Journalisten Lippmann knüpfen bis heute Wissenschaftler verschiedener Disziplinen an. In diesem beschreibt er Stereotype als lebenswichtige Wahrnehmungsmuster zur Verarbeitung von Informationen und zur Orientierung in einer komplexen Umwelt.
[73] Konzeptuell gesehen, gehören Vorurteile zur Klasse der Einstellungen (vgl. Häcker/Stapf 1998).
- Citar trabajo
- M.A. Nicole Haußecker (Autor), 2003, Zur Berichterstattung über Terrorismus in TV-Nachrichtensendungen am Beispiel der Terroranschläge in Kenia, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71580
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