In dieser Arbeit sollen am Beispiel des TV-Movies „Natalie Endstation Babystrich“ idealtypische Merkmale und Charakteristika dieser Art des Fernsehfilms herausgearbeitet werden. Im zweiten Teil der Arbeit werden durch die Analyse des Filmanfangs und ausgewählter Sequenzen Erzählstrategien und Dramaturgie eines TV-Movies verdeutlicht.
Dieser TV-Movie wurde ausgewählt, da er eine große Bandbreite an spezifischen TV-Movie Merkmalen aufweist, sowie eine große Resonanz beim Publikum fand.
Der Film entstand in den Anfangsjahren der Eigenproduktionen von kommerziellen Fernsehsendern. Die Erstausstrahlung am 23.11.1994 bei Sat.1 sahen über acht Millionen Menschen. Der TV-Movie war so erfolgreich, dass bis heute vier weitere Teile der Natalie Reihe folgten.
Im Folgenden wird ein Einblick in die Entstehungsgeschichte von TV-Movies in Deutschland gegeben.
Der Hauptteil der Arbeit untersucht die Auswirkungen von kommerzieller Ausrichtung auf die Darstellung, Themenwahl und Erzählstrategie.
Inhaltsverzeichnis
1. Ziel der Arbeit
1.2. Geschichte des TV-Movies in Deutschland
1.3. Anforderungen der Sender an ein TV-Movie
2. Analysegegenstand „Natalie Endstation Babystrich“
2.1. Kurze Inhaltsangabe
2.2. Die Wahl der Thematik
2.3. Der Titel- eine wichtige Wahl
2.4. Dramaturgie
3. Analyse der einzelnen Akte
3.1. Der erste Akt
3.2. Der 2. Akt: Exposition der Figuren und langsame Inszenierung der Konflikte
3.3. Der 3. Akt: Konfliktdramatisierung und Plotpoints
3.4. Der 4. Akt: Zuspitzung der Konflikte
3.5. Der 5.Akt: Höhepunkt und Auflösung der Konflikte
3.6. Zusammenfassung:
4. Wertevermittlung
5. Fazit
Filmografie:
Literaturverzeichnis:
1. Ziel der Arbeit
In dieser Arbeit sollen am Beispiel des TV-Movies „Natalie Endstation Babystrich“ idealtypische Merkmale und Charakteristika dieser Art des Fernsehfilms herausgearbeitet werden. Im zweiten Teil der Arbeit werden durch die Analyse des Filmanfangs und ausgewählter Sequenzen Erzählstrategien und Dramaturgie eines TV-Movies verdeutlicht.
Dieser TV-Movie wurde ausgewählt, da er eine große Bandbreite an spezifischen TV-Movie Merkmalen aufweist, sowie eine große Resonanz beim Publikum fand.
Der Film entstand in den Anfangsjahren der Eigenproduktionen von kommerziellen Fernsehsendern. Die Erstausstrahlung am 23.11.1994 bei Sat.1 sahen über acht Millionen Menschen. Der TV-Movie war so erfolgreich, dass bis heute vier weitere Teile der Natalie Reihe folgten.[1]
Im Folgenden wird ein Einblick in die Entstehungsgeschichte von TV-Movies in Deutschland gegeben.
Der Hauptteil der Arbeit untersucht die Auswirkungen von kommerzieller Ausrichtung auf die Darstellung, Themenwahl und Erzählstrategie.
1.2. Geschichte des TV-Movies in Deutschland
Die kommerziellen Sender in Deutschland orientierten sich bei der Entwicklung deutscher TV-Movies stark am amerikanischen Vorbild. In den USA entstanden bereits Ende der 60er Jahre kostengünstige, speziell für das Fernsehen produzierte Filme[2], die (wie später auch in Deutschland) unter Reihentiteln wie „Movie of the week“ beachtliche Erfolge erzielen konnten.
In Deutschland war die Eigenproduktion von Fernsehfilmen bis Anfang der 90er Jahre eine Domäne des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Die Fernsehfilme galten als anspruchsvoll und qualitativ hochwertig. Viele heute bekannte Regisseure begannen ihre Karriere mit Fernsehfilmen für die öffentlich-rechtlichen Sender.
Die kommerziellen Fernsehsender kauften bis Anfang der 90er Jahre vor allem amerikanische Serien ein. Doch das Einkaufen amerikanischer Produktionen wurde immer kostspieliger und auch der Ereignischarakter wurde durch immer kürzere Lizenzzeiten gemindert.[3] So begannen RTL und Sat.1 1993 mit der Produktion eigener fiktionaler Fernsehfilme.[4] Dabei übernahmen sie den in den USA etablierten Begriff TV-Movie, der auch als Abgrenzung zum öffentlich-rechtlichen Fernsehfilm zu sehen ist. Eine neue Art des Fernsehfilms sollte etabliert werden.[5] Der Kampf um die Einschaltquote sollte mit emotionsgeladenen deutschen Geschichten an deutschen Schauplätzen gewonnen werden, die zudem eine kostengünstige Alternative darstellten.[6] Die häufigsten Formen sind der Thriller und das Melodram, melodramatische Formen beinhalten oft zusätzliche Elemente des Kriminalfilms, um weitere Spannungsmomente einzubauen. Gerade in den Anfangsjahren des TV-Movies ging es darum sich sowohl inhaltlich als auch stilistisch von dem öffentlich-rechtlichen Fernsehfilm abzugrenzen. Ein schneller Einstieg in die Geschichte, schnelle Schnitte, attraktive Oberflächen und eine „effektvolle Soundgebung“[7] sollen diesen Eindruck vermitteln. Es werden keine komplizierten, sozialkritischen Geschichten präsentiert, sondern Einzelschicksale mit denen sich der Zuschauer identifizieren soll.
Im Gegensatz zum Fernsehspiel und Fernsehfilm der öffentlich-rechtlichen Sender ging/geht es den kommerziellen Sendern vornehmlich um den ökonomischen Nutzen sprich eine hohe Quote. Dies führt zur Herausbildung spezifischer Anforderungen an ein TV-Movie, auf die im Folgenden noch genauer eingegangen wird.
1.3. Anforderungen der Sender an ein TV-Movie
Die Distributionsgegebenheiten bestimmen das Produkt, künstlerische Aspekte sind klar den kommerziellen Gesichtspunkten untergeordnet, was zählt ist die Quote. Somit sind TV-Movies schon in der Themenwahl, der Darstellung und der Dramaturgie eingeschränkt.
Um die Kosten der Produktion zu decken,[8] muss ein TV-Movie bei der Erstausstrahlung eine Quote von mindestens 15-20% in der werberelevanten Zielgruppe der 14-49jährigen erreichen und möglichst dreimal wiederholbar sein. Deshalb wird der TV-Movie exzessiv mit Trailern beworben und so zu einem Programmereignis stilisiert. Beliebt sind Zusätze wie Weltpremiere oder Reihentitel wie z.B.: „Der große TV Film“, die dem Film eine zusätzliche Exklusivität zusprechen sollen.[9] Der Erfolg eines TV-Movies hängt dementsprechend stark vom Marketing des Senders ab, weshalb verschiedene Werbestrategien angewandt werden und möglichst crossmedial promotet wird. So sind die Themen eines TV-Movies meist auch in anderen sendereigenen Magazinen präsent, was dem Zuschauer den Realitätsgehalt des Films bestätigen soll,[10] aber auch die Erstausstrahlung an sich immer wieder in Erinnerung ruft. Vor der Erstausstrahlung wird ein TV-Movie meist mit unterschiedlichen Trailern zu verschiedenen Sendezeiten beworben. Zur Optimierung der Zuschauerbindung haben die TV-Movies einen festen Platz im Programm eines Senders und werden wochentags zur Hauptsendezeit um 20:15 Uhr ausgestrahlt.[11] Die Macht der Quote ist allgegenwärtig, da die Produktion ausschließlich aus Werbeeinnahmen refinanziert werden muss. So setzen die Sender auf leichte Unterhaltung für eine breite Masse,[12] nicht die Qualität der Geschichte oder die Originalität stehen im Fokus sondern Emotionen und Erlebnisversprechen.
Ein wichtiges Kriterium für den TV-Movie ist also die leichte Rezipierbarkeit für den Zuschauer, auch später einschaltende Zuschauer sollen sich spontan in der fiktiven Welt zurechtfinden. Aus diesem Grund präsentiert der TV-Movie etablierte Klischees und stereotype Erzählmuster.[13] Die Stereotypisierung geschieht nicht nur in der Vereinfachung der Geschichte sondern teils auch in der Vereinfachung der Bilder. „Die effektvolle Darstellung [...] ersetzt die differenzierte Behandlung eines Themas.“[14] Der Verlauf der Geschichte ist vorhersehbar, Gut und Böse werden stark vereinfacht dargestellt, alles zielt darauf ab die vom Zuschauer erwarteten Emotionen zu erfüllen, worunter oftmals die Qualität leidet. Genau diese Ausrichtung auf ein Erlebnisversprechen für den Zuschauer und das damit verknüpfte Emotionsversprechen scheinen aber den Erfolg auszumachen und vom Zuschauer gewünscht zu sein.
Somit sind bis auf wenige Ausnahmen zur Profilierung des Image eines Senders, wie zum Beispiel der 1996 Grimme – Preis - gekrönte TV-Movie „Der Sandmann“[15], TV-Movies als leichte Fernsehunterhaltung zu betrachten, die an den Zuschauern weder besondere Verstehens- oder Interpretationsanforderungen stellen noch Überraschungen bieten.
Das Erlebnisversprechen des Titels und der Trailer wird eingehalten, das wissen die Zuschauer, wenn sie sich für den TV-Movie entscheiden.
2. Analysegegenstand „Natalie Endstation Babystrich“
2.1. Kurze Inhaltsangabe
Der Film wurde in Fernsehzeitungen sowohl als Gesellschaftsdrama als auch als Melodram angekündigt und beruht angeblich auf einer wahren Begebenheit. Gezeigt wurde den Zuschauern in einer Aneinanderreihung von Klischees das „Abrutschen“ des naiven minderjährigen Mädchens Natalie (gespielt von Anne-Sophie Briest) in
die Prostitution.
Durch ihre Freundin Marion lernt Natalie erst den Fotografen Manfred kennen, der sie erpresst (er will Geld für die umgestoßene Kamera), und dort den Zuhälter Niko, in den sie sich verliebt. Von ihren Eltern unverstanden, fühlt sich Natalie gegenüber ihrer asthmakranken Schwester benachteiligt und vertraut sich ihren Eltern nicht an. Nach einem Streit mit den Eltern, reißt Natalie von zu Hause aus und flieht ausgerechnet zu Niko. Sie erkennt nicht, dass Niko seine Liebe nur vorspielt, um sie für sich auf den Straßenstrich zu schicken. Durch ihn gerät sie ahnungslos in das Rotlichtmilieu.
Ihre Situation wird beständig schlimmer, bis Natalie im Affekt von Georg Teuchert, dem Vater einer Freundin, fast erschlagen wird.
Die letzten Sequenzen des Films lassen alle Anzeichen für ein Happy End erkennen: Die Familie wacht am Krankenbett und Max, der Junge, der sie wirklich liebt steht im Türrahmen.
2.2. Die Wahl der Thematik
Mit der Wahl des Themas Kinderprostitution greift der TV-Movie ein Thema auf, das Mitte der 90er Jahre als aktueller gesellschaftlicher Diskurs anzusehen ist[16]. Dies ist sehr typisch für einen TV-Movie. Es werden keine neuen gesellschaftlichen Diskurse geschaffen, sondern bereits vorhandene aufgegriffen[17]. Die Ansiedlung des Themas im Milieu der Prostitution schafft einen voyeuristischen Anreiz. Die These Eggo Müllers[18]: „Soweit sich Stoffe am gesellschaftlichen Geschehen orientieren, werden Reizthemen des Boulevardjournalismus oder des Boulevardfernsehens entwickelt“, wird bei diesem TV-Movie bestätigt. Schon der reißerische Titel, aber auch die Darstellung sind eindeutig boulevardesk. Diesem Film wird zusätzlich ein so genannter „True-Life-Story“ Charakter verliehen, d.h. dem Zuschauer wird mitgeteilt, dass der Film nach einer wahren Begebenheit inszeniert ist. Dies suggeriert Authentizität des Gezeigten und verleiht der Geschichte eine zusätzliche Brisanz.
[...]
[1] Natalie II – Die Hölle nach dem Babystrich (1997), Natalie III – Babystrich online (1998), Natalie IV – Das Leben nach dem Babystrich (2001), Natalie V – Babystrich Ostblock (2003). Alle bei Sat.1
[2] Vgl.: Köhler, Heinz-Jürgen in: TV-Movies Made in Germany Struktur, Gesellschaftsbild, Kinder- und Jugendschutz Bd.1 (2000), S.32
[3] Vgl.: Bleicher, Joan Kristin: Fernsehen als Mythos (1999), S. 186
[4] Vgl. Davies, Sam: Quotenfieber (2000), S.27
[5] Anm.: Im Gegensatz zum Autorenfilm lassen sich TV-Movies als Genrefilme definieren, die eine bestimmte Erlebniswelt und bestimmte Emotionen versprechen Vgl.: Hickethier, Knut in dg 2/2000: Dramaturgische Gesellschaft, Jahrestagung Berlin, Dezember 2000, S.9
[6] Vgl. Köhler, Heinz-Jürgen in: TV-Movies Made in Germany Bd.1, S.32f.
[7] Vgl. Hickethier, Knut in: dg 2/2000: Dramaturgische Gesellschaft, Jahrestagung Berlin, Dezember 2000, S.5
[8] „Budgets für die ( ) Eigenproduktion von TV-Movies liegen ( ) in der Regel zwischen zwei und drei Millionen DM für 90 Minuten Nettosendezeit.“ Wulff, Hans J: TV-Movies Made in Germany Bd.1, S.47
[9] „Unser Ziel war es, Der große TV Roman zu einem Symbol für blindes Vertrauen in unsere Filmwahl zumachen; es sollte eine einzigartige Form von Filmreihe ohne ein bestimmtes, immer wiederkehrendes Thema und ohne dieselben Charaktere werden, also keine Serie im herkömmlichen Sinne.“ Sam Davies in Quotenfieber, S.33
[10] Vgl. Bleicher, Joan Kristin: Das kleine Kino S.2
[11] Vgl. Müller, Eggo in: TV-Movies made in Germany Bd.1, S.46
[12] Anm.: Die Ausrichtung auf Massenkompabilität hat oft zur Folge, dass dem Film ein eher konservatives Wertmodell zugrunde liegt.
[13] Siehe hierzu auch Davies, Sam: Quotenfieber S.99f und Bleicher, Joan Kristin: Das kleine Kino S.6
[14] Vgl.: Bleicher, Joan Kristin: Das kleine Kino, S.1
[15] Erstausstrahlung 1995 bei RTL II
[16] Es gab viele Initiativen von Hilfsorganisationen auf dieses Problem aufmerksam zu machen, neue Gesetze zum Schutz der Minderjährigen wurden eingebracht. Bücher wie „Christiane F. Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ so hatten zu einer Sensibilisierung für dieses Problem beigetragen.
[17] Sam Davies betont die Wichtigkeit einer sofortigen Assoziation beim Zuschauer im Hinblick auf die Thematik. „Die Assoziation ist es, die zählt“ in „Quotenfieber“, S.31
[18] Müller, Eggo in: TV-Movies Made in Germany Bd.1, S.47
- Arbeit zitieren
- Marike Schmidt-Glenewinkel (Autor:in), 2005, „Natalie - Endstation Babystrich“ - Kein zufälliger Quotenerfolg, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71461
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