Großstaudammprojekte repräsentierten zur Zeit der Dekolonisation und einsetzenden Entwicklungshilfe die Aufbruchstimmung, in der versucht wurde, das ökonomische Defizit der Entwicklungsländer mit gigantischen Infrastrukturprojekten zu bekämpfen. Die Implementierung westlicher Technologien in Entwicklungsländern sollte Wachstumsimpulse auslösen und über die Förderung von Regionalentwicklung sollte die Ansiedlung von Industrieunternehmen unterstützt werden. Neben der Ansiedlung von Industrie wurde oft auch die Umstellung auf eine bewässerungsintensive, exportorientierte Landwirtschaft als Ziel genannt. Auf diese Weise sollte das Einkommensniveau der örtlichen Bevölkerung gesteigert und das dringend benötigte Wachstum zur Überwindung der Entwicklungsdefizite ausgelöst werden. Viele dieser oft überdimensionierten Prestigeprojekte sollten auch für die neue Selbstständigkeit und Fortschrittlichkeit der Staaten nach Jahrzehnten unter fremder Herrschaft stehen (z.B. der Assuan-Staudamm). 1 In den letzten Jahrzehnten brachten die unabschätzbaren ökologischen, sozialen, ökonomischen und politischen Folgen diese Projekte allerdings immer wieder in den Mittelpunkt konzeptioneller Kritik. Neben Umweltaspekten wie der Zerstörung fruchtbaren Acker-landes durch Überflutung oder Versalzung, und Fischsterben durch die Verschlechterung der Wasserqualität, gerieten Menschenrechtsverletzungen - im Zusammenhang mit Massenumsiedlungen - ebenso in den Mittelpunkt der Diskussion wie Korruptions- und Bestechungsvorwürfe. 2 Einen weiteren Kritikpunkt bietet die finanzielle Seite dieser Projekte, da Verschuldung und Hyperinflation nicht selten Folgen einer völlig unrentablen Stromerzeugung sind. Hinzu kommt, dass der von internationaler Seite prognostizierte Energiebedarf oft bei weitem zu hoch angesetzt wird und der ökonomische Nutzen nur auf Seiten der Industrieländer liegt. Die Entwicklungsländer werden durch den Schuldendienst in finanzielle und politische Abhängigkeit getrieben. Die Industrieländer profitieren durch Zinszahlungen und Wirtschaftsexporte doppelt. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Entwicklung der Staudammproblematik
- Historischer Abriss von Staudammprojekten weltweit
- Die Entwicklung der Staudammkontroverse
- Darstellung
- Neue Strategien - Der „Rechte und Risiken – Ansatz“
- Die Weltkommission für Staudämme
- Darstellung
- Neue Strategien - Der „Rechte und Risiken – Ansatz“
- Ein neuer Weg zur Entscheidungsfindung
- Gewinnung öffentlicher Akzeptanz
- Umfassende Prüfung von Optionen
- Bestehende Kapazitäten optimieren
- Erhalt von Flüssen und Existenzgrundlagen
- Anerkennung von Ansprüchen und gerechte Teilung des Nutzens
- Gemeinsamer Nutzen zugunsten von Frieden, Entwicklung und Sicherheit
- Naturräumliche Einordnung
- Das Gewässersystem: Euphrat und Tigris
- Syrien
- Landeskundliche Daten
- Naturraum und landwirtschaftliche Nutzung
- Irak
- Landeskundliche Daten
- Naturraum und landwirtschaftliche Nutzung
- Türkei
- Landeskundliche Daten
- Naturraum und landwirtschaftliche Nutzung
- Bevölkerung
- Arbeitsmarkt
- Südostanatolien
- Landeskundliche Daten
- Naturraum
- Bevölkerung
- Arbeitsmarkt
- Ethnische Minderheiten: Die Kurden
- Das Südostanatolienprojekt - GAP
- Darstellung
- Ziele
- Das innenpolitische Spannungsfeld
- Das Sanliurfa-Harran-Bewässerungsprojekt
- Darstellung
- Auswirkungen auf die Landwirtschaft
- Probleme durch die Bewässerung
- Auswirkungen auf die sozialen Verhältnisse
- Gesundheitliche Auswirkungen
- Bewertung der Möglichkeiten und Risiken
- Der Ilisu-Staudamm
- Darstellung
- Probleme bei der Realisierung
- Die Umsiedlungsproblematik
- Information der lokalen Bevölkerung
- Das Dilemma der Kleinbauern und Besitzlosen
- Die Rolle der Frau
- Bewertung der Möglichkeiten und Risiken
- Das außenpolitische Spannungsfeld
- Konfliktstoff Wasser
- Der Wasserkonflikt zwischen Türkei, Syrien und Irak
- Die heutige Situation
- Gründe für GAP
- Negative externe Effekte auf die Unteranlieger
- Positive externe Effekte auf die Unteranlieger
- Bewertung der Möglichkeiten und Risiken
- Rechtliche Grundlagen für kooperative Lösungen
- Die ,,Helsinki Rules“
- Das Flussgebietsübereinkommen der UN
- Die Positionen von Türkei, Syrien, Irak
- Bewertung der Möglichkeiten und Risiken
- Alternative Lösungen der Wasserproblematik
- ,,Virtuelles Wasser“
- Wassertransport
- Meerwasserentsalzung
- Änderung der Einstellung zum Wasser
- Begrenzung des Bevölkerungswachstums
- Bewertung der Möglichkeiten und Risiken
- Die Auswirkungen von Staudammprojekten auf die Umwelt und die lokalen Ökosysteme
- Die sozialen Folgen von Staudammprojekten, insbesondere die Umsiedlung von Menschen und die Auswirkungen auf die Lebensgrundlagen
- Die politischen und ökonomischen Konflikte, die durch Staudammprojekte entstehen können, insbesondere im Zusammenhang mit Wasserressourcen
- Die Suche nach nachhaltigen Lösungen für die Wasserproblematik in wasserarmen Regionen, die die Interessen aller Beteiligten berücksichtigen
- Einleitung: Das Kapitel führt in die Thematik der Staudammprojekte ein und erläutert die Relevanz des Themas im Kontext der globalen Wasserknappheit und der wachsenden Bedeutung von Wasserressourcen als strategisches Gut. Die Arbeit fokussiert auf die Herausforderungen und Chancen von Staudammprojekten in politisch und ökonomisch labilen Räumen, insbesondere am Beispiel des Südostanatolienprojekts (GAP) in der Türkei. Die Arbeit setzt sich zum Ziel, die Auswirkungen von Staudammprojekten auf die Umwelt, die Gesellschaft und die Politik in der betroffenen Region zu analysieren.
- Die Entwicklung der Staudammproblematik: Dieses Kapitel zeichnet einen historischen Abriss der Staudammproblematik weltweit nach und beleuchtet die Entwicklung der Staudammkontroverse. Es geht auf die Entstehung der Weltkommission für Staudämme und ihre neuen Strategien zur Entscheidungsfindung im Bereich von Staudammprojekten ein. Darüber hinaus werden die Prinzipien des „Rechte und Risiken – Ansatzes“ und die Bedeutung einer umfassenden Prüfung von Optionen im Kontext von Staudammprojekten erörtert.
- Naturräumliche Einordnung: Dieses Kapitel beschreibt das Gewässersystem von Euphrat und Tigris, die geographische Lage und die naturräumlichen Besonderheiten der betroffenen Länder Türkei, Syrien und Irak. Es werden die Landeskundlichen Daten, die Naturräume und die landwirtschaftliche Nutzung der jeweiligen Länder beleuchtet, um einen umfassenden Kontext für die Analyse der Staudammprojekte im Südostanatolienprojekt zu schaffen.
- Das Südostanatolienprojekt - GAP: Dieses Kapitel präsentiert die wichtigsten Aspekte des Südostanatolienprojekts (GAP), das zur Bewässerung und Energiegewinnung in der Türkei beitragen soll. Es werden die Ziele des Projekts, die beteiligten Staudämme und die Auswirkungen auf die Landwirtschaft und die Region Südostanatolien im Detail erläutert.
- Das innenpolitische Spannungsfeld: Dieses Kapitel fokussiert auf die innenpolitischen Auswirkungen des GAP-Projekts in der Türkei. Es untersucht die Auswirkungen auf die Landwirtschaft, die sozialen Verhältnisse, die Gesundheit der Bevölkerung und die Umsiedlungsproblematik, die durch die Staudammprojekte entsteht. Die Diskussion beleuchtet die Herausforderungen der Umsiedlung und die Rolle der lokalen Bevölkerung im Prozess der Projektumsetzung.
- Das außenpolitische Spannungsfeld: Dieses Kapitel behandelt die außenpolitischen Implikationen des GAP-Projekts und die damit verbundenen Konflikte um die Wasserressourcen im Euphrat- und Tigris-Einzugsgebiet. Es analysiert die Positionen von Türkei, Syrien und Irak im Hinblick auf die Nutzung der Wasserressourcen und die Auswirkungen des GAP-Projekts auf die Unteranliegerstaaten. Darüber hinaus beleuchtet das Kapitel die rechtlichen Grundlagen für kooperative Lösungen im Bereich der Wasserressourcen und die Bedeutung von internationaler Zusammenarbeit.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht die Möglichkeiten und Risiken von Staudammprojekten in politisch und ökonomisch labilen Räumen, insbesondere am Beispiel des Südostanatolienprojekts (GAP) in der Türkei. Die Arbeit beleuchtet die vielschichtigen Aspekte der Staudammproblematik, die über die reine technische Umsetzung hinausgehen und die sozialen, ökonomischen und ökologischen Auswirkungen von Staudammprojekten auf die betroffenen Regionen und Länder erörtert.
Zusammenfassung der Kapitel
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Staudammprojekte, Wasserressourcen, nachhaltige Entwicklung, politische Konflikte, ökologische Auswirkungen, soziale Folgen, Umsiedlung, Südostanatolienprojekt (GAP), Türkei, Syrien, Irak, Euphrat, Tigris.
- Quote paper
- Arne Klinger (Author), 2006, Staudammprojekte in politisch und ökonomisch labilen Räumen - ihre Möglichkeiten und Risiken, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71057