Die Societas Europaea (SE) hat mit dem Inkrafttreten der europäischen und nationalen Verordnungen am 08.10.2004 eine fast 50jährige Entstehungsgeschichte hinter sich. Ausgehend vom Kongress des französischen Notariats 1959 und dem Kongress der Pariser Anwaltskammer 1960 wurde 1966 eine Sachverständigengruppe von der Kommission mit einem Vorentwurf über ein Statut für eine Europäische AG beauftragt. Doch gerade nationale Interessen der Mitgliedsstaaten verhinderten jahrelang einen Konsens, da vor allem die nationalen Gesellschaftsformen nicht geschwächt werden sollten und die angestrebten Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer eine große Kontroverse hervorriefen. Erst mit dem Regierungsgipfel von Nizza wurde im Dezember über den letzten Streitpunkt, der Mitbestimmung, eine Einigung getroffen, so dass auf dieser Grundlage am 08.10.2001 die „Verordnung über das Statut der europäischen Gesellschaft“ (SE-VO) sowie die „Richtlinie 2001-86-EG des Rates zur Ergänzung der SE-VO“ (SE-RL) vom Ministerrat verabschiedet wurden. Mit der Umsetzung der Verordnung in den Mitgliedsstaaten durch entsprechende Einführungsgesetze traten Verordnung und Richtlinie am 08.10.2004 in Kraft (vgl. Art. 70 SE-VO und Art. 14 (1) SE-RL). Die vorliegende Arbeit soll einen Überblick über die wichtigsten Aspekte der SE geben. Hierzu werden im zweiten Kapitel die verschiedenen Rechtsquellen auf europäischer und nationaler Ebene vorgestellt und dann deren Zusammenwirken aufgezeigt. Da sich die Arbeit nur mit der SE im deutschen Rechtsraum beschäftigt wird auf nationaler Ebene auf das SEEG und das AktG eingegangen. In Kapitel 3 werden die Voraussetzungen für die Gründung einer SE aufgezeigt und in einem zweiten Schritt auf die einzelnen Formen der Gründung eingegangen. Das Kapitel 4 befasst sich mit den Organen einer SE in einem dualistischen sowie einem monistischen Verwaltungssystem. Die Mitbestimmungsrichtlinien der Mitarbeiter sollen wegen des Umfangs nur kurz dargestellt werden. Eine praktische Darstellung der SE wird durch die Verschmelzung der Allianz AG mit der RAS S.p.A. zur Allianz SE in Kapitel 5 aufgezeigt.
Als Abschluss wird in Kapitel 6 eine kritische Würdigung der SE vorgenommen, um hier vor allem die Schwächen aufzuzeigen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Rechtsquellen
2.1 Europäische Quellen
2.1.1 SE-VO
2.1.2 SE-RL
2.2 Nationale Quellen
2.2.1 SEEG
2.2.2 Nationales Kapitalgesellschaftsrecht
3 Gründung
3.1 Allgemeine Vorschriften
3.2 Gründungsformen
3.2.1 Gründung durch Verschmelzung
3.2.2 Holding-SE
3.2.3 Umwandlung einer AG in eine SE
3.2.4 Gründung einer Tochter SE
3.3 Sitzverlegung
4 Organe der SE
4.1 Verwaltungsebene
4.1.1 Dualistisches System
4.1.2 Monistisches System
4.2 Mitbestimmungsebene
4.2.1 besonderes Verhandlungsgremium
4.2.2 SE-Betriebsrat
5 Praxisbeispiel: Verschmelzung der Allianz mit der RAS zur Allianz SE
6 Kritische Würdigung der Gesellschaftsform SE
Literaturverzeichnis
Rechtsquellenverzeichnis
Internetverzeichnis
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Rechtsquellenpyramide der Societas Europaea mit Sitz in Deutschland
Abb. 2: Strukturänderungen der Allianz Gruppe vor und nach der Neuordnung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Die Societas Europaea (SE) hat mit dem Inkrafttreten der europäischen und nationalen Verordnungen am 08.10.2004 eine fast 50jährige Entstehungsgeschichte hinter sich. Ausgehend vom Kongress des französischen Notariats 1959 und dem Kongress der Pariser Anwaltskammer 1960 wurde 1966 eine Sachverständigengruppe von der Kommission mit einem Vorentwurf über ein Statut für eine Europäische AG beauftragt. Doch gerade nationale Interessen der Mitgliedsstaaten verhinderten jahrelang einen Konsens, da vor allem die nationalen Gesellschaftsformen nicht geschwächt werden sollten und die angestrebten Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer eine große Kontroverse hervorriefen.
Erst mit dem Regierungsgipfel von Nizza wurde im Dezember über den letzten Streitpunkt, der Mitbestimmung, eine Einigung getroffen, so dass auf dieser Grundlage am 08.10.2001 die „Verordnung über das Statut der europäischen Gesellschaft“ (SE-VO) sowie die „Richtlinie 2001-86-EG des Rates zur Ergänzung der SE-VO“ (SE-RL) vom Ministerrat verabschiedet wurden. Mit der Umsetzung der Verordnung in den Mitgliedsstaaten durch entsprechende Einführungsgesetze traten Verordnung und Richtlinie am 08.10.2004 in Kraft (vgl. Art. 70 SE-VO und Art. 14 (1) SE-RL).[1]
Mit der SE steht den europäischen Unternehmen neben der EWIV eine zweite supranationale Gesellschaftsform zur Verfügung. Anders als die EWIV soll die SE multinational agierenden europäischen Unternehmen eine Form bieten, die über die nationalen Grenzen hinweg im europäischen Raum Bestand hat und auf gleiches Recht stößt.
Im Groben verfolgt die Kommission mit der SE vier Ziele:[2]
- Verringerung der z.T. sehr komplexen Konzernstrukturen mit nationalen Tochtergesellschaften und Niederlassungen nach jeweiligen Recht
- Möglichkeit einer Sitzverlegung in einen anderen Mitgliedstaat ohne einer Auflösung und Liquidation des Unternehmens
- Wahl zwischen einem dualistischen und monistischen Verwaltungssystem
- Erleichterte Gründung von Unternehmen im europäischen Raum
Die vorliegende Arbeit soll einen Überblick über die wichtigsten Aspekte der SE geben.
Hierzu werden im zweiten Kapitel die verschiedenen Rechtsquellen auf europäischer und nationaler Ebene vorgestellt und dann deren Zusammenwirken aufgezeigt. Da sich die Arbeit nur mit der SE im deutschen Rechtsraum beschäftigt wird auf nationaler Ebene auf das SEEG und das AktG eingegangen.
In Kapitel 3 werden die Voraussetzungen für die Gründung einer SE aufgezeigt und in einem zweiten Schritt auf die einzelnen Formen der Gründung eingegangen.
Das Kapitel 4 befasst sich mit den Organen einer SE in einem dualistischen sowie einem monistischen Verwaltungssystem. Die Mitbestimmungsrichtlinien der Mitarbeiter sollen wegen des Umfangs nur kurz dargestellt werden.
Eine praktische Darstellung der SE wird durch die Verschmelzung der Allianz AG mit der RAS S.p.A. zur Allianz SE in Kapitel 5 aufgezeigt.
Als Abschluss wird in Kapitel 6 eine kritische Würdigung der SE vorgenommen, um hier vor allem die Schwächen aufzuzeigen.
2 Rechtsquellen
Die SE wird nicht durch eine umfassende abschließende europäische Rechtsnorm beschrieben. Die Ursache hierfür ist bei den Interventionen der Mitgliedsstaaten während dem Prozess der Erstellung einer Rechtsverordnung zur SE zu suchen. Dem ursprünglichen Ziel, eine von nationalem Recht vollkommen unabhängige Rechtsform zu generieren scheiterte an den Widerständen der einzelnen Mitgliedsstaaten, die einen Gegenpol zu ihrem nationalen Recht im eigenen Rechtsraum fürchteten.[3]
So wurde mit der SE-VO ein supranationales Recht in Kraft gesetzt, die zusammen mit der SE-RL lediglich den Rahmen der SE regelt und durch das jeweilige nationale Recht ausgefüllt wird. Als zentrale Norm für die unten aufgeführte Rechtsquellenpyramide dient Art. 9 (1) SE-VO, der auf die nationalen Normen verweist.[4]
Auf nationaler Ebene werden die europäischen Rechtsquellen zunächst durch die nationalen Einführungsgesetze (in Deutschland dem SEEG) ausgefüllt. An den Stellen, bei denen es keine ausdrücklichen Weisungen durch die vorgenannten Vorschriften gibt, finden die jeweiligen nationalen Gesetze Anwendung, die für die Aktiengesellschaften im jeweiligen Sitzstaat gelten (in Deutschland u.a. AktG und UmwG).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Rechtsquellenpyramide der Societas Europaea mit Sitz in Deutschland
In Anlehnung an: Theisen / Wenz (2002), S. 48
2.1 Europäische Quellen
2.1.1 SE-VO
Die SE-VO ist das Primärgesetz der SE. Die Verordnung fungiert allerdings wie bereits erwähnt nur als Rahmen (und somit nicht abschließend) der SE-Gesetzgebung und bezieht sich auch nur auf den gesellschaftsrechtlichen Teil der SE.
Mit ihren 70 Artikeln (aufgeteilt in 7 Titel) legt sie ihren Schwerpunkt auf die Gründung (Titel II: Artt. 15 – 37) und den Aufbau der SE (Titel III: Artt. 38 – 60). So stellt die
SE-VO den Rahmen für die vier Gründungsarten (siehe Kap. 3) und die Wahl der Verwaltungssysteme.
Um den Mitgliedsstaaten weitgehende Freiheiten zu geben, wird mit dem
Art. 9 (1) c ii ein Verweis auf die nationalen Rechtsbestimmungen für Aktiengesellschaften gegeben, soweit diese nicht im Konflikt mit Bestimmungen der SE-VO stehen. So gilt, dass eine SE ein Mindestkapital von EUR 120.000 vorweisen muss (Art. 4 (2)), statt z.B. EUR 50.000 wie bei einer deutschen AG.
2.1.2 SE-RL
Mit der SE-RL steht auch den Belegschaft einer SE ein übergeordneter Rahmen auf europäischer Ebene zur Verfügung. Die Richtlinie regelt die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in einer neu gegründeten SE.
Sie umfasst 17 Artikel, die in drei Teile aufgeteilt werden. Der Schwerpunkt liegt bei Teil II (Artt. 3 – 7), der sich mit dem Verhandlungsverfahren in der Gründungsphase befasst.
Wie die SE-VO gibt es auch in der SE-RL einen Verweis auf nationales Recht und die Implementierung geeigneter Vorschriften (Art. 14 (1)). Somit zeigt sich, dass es sich auch hier lediglich um einen Rahmen handelt, der es den Mitgliedsstaaten erlaubt, bestehendes Recht beizubehalten.
Die SE-RL und die SE-VO sind eng mit einander verknüpft[5] und stellen eine unzertrennbare Einheit auf europäischer Ebene dar. So kann eine SE gem.
Art. 12 (2) SE-VO erst dann in das Handelsregister eingetragen werden, wenn gem. der SE-RL eine Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer geschlossen wurde.[6]
2.2 Nationale Quellen
2.2.1 SEEG
Mit dem SEEG trägt Deutschland der Aufforderung des Rates der EU Rechnung, die ein Inkrafttreten der SE-VO von der Umsetzung auf nationaler Ebene abhängig macht. So beschloss das Bundeskabinett am 26.05.2004 den vorliegenden Regierungsentwurf zum SEEG, der dann wie bereits erwähnt am 08.10.2004 in Kraft trat und für alle SEs mit Sitz in Deutschland bzw. der Gründungsgesellschaften mit Sitz in Deutschland gilt.[7]
Das SEEG ist in neun Artikel aufgeteilt. Im Kern und relevant für die vorliegende Arbeit sind die Artikel 2 und Artikel 3.
Artikel 2 umfasst das s.g. SE-Ausführungsgesetz (SEAG) und dient der Ergänzung der gesellschaftsrechtlichen Vorschriften der SE-VO. Wie bei dieser liegen die Schwerpunkte auf der Gründung (Abschnitt 2: §§ 5-11) und dem Aufbau (Abschnitt 4:
§§ 15-51) der SE.
Im Gegensatz dazu regelt Artikel 3 die Beteiligung der Arbeitnehmer und trägt deswegen auch die Bezeichnung SE-Beteiligungsgesetz (SEBG). Er wirkt ergänzend zur SE-RL. Die Schwerpunkte liegen bei dem besonderen Verhandlungsgremium (Teil 2:
§§ 4-20) und der Beteiligung der Arbeitnehmer in der SE (§§ 21-39).
Doch wie die SE-VO bzw. die SE-RL handelt es sich bei dem SEEG nicht um eine abschließende Kodifikation des SE-Rechts, sondern lediglich um eine Ergänzung der europäischen Rechtsquellen. Des Weiteren liegt bei dem SEEG mit dem Hinweis auf den Art. 9 (1) c ii SE-VO eine Selbstbeschränkung vor, da für eine SE mit Sitz in Deutschland parallel die Vorschriften für deutsche AGs gelten.[8]
2.2.2 Nationales Kapitalgesellschaftsrecht
Wie bereits erwähnt, kommen neben den europäischen Rechtsquellen und dem SEEG auch die allgemeinen Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedsstaaten zur Anwendung. In Art. 9 (1) SE-VO wird hierzu eine dynamische Verweisung auf das nationale Recht gemacht. Dynamische Verweisung bedeutet, dass das nationale Recht trotz der Einführung der SE weiterhin veränderbar ist und auch in seiner geänderten Form auf die SE Anwendung findet. Es dient als Lückenausfüllung für die in weiten Teilen unzureichend konkretisierte SE-VO, SE-RL und SEEG.[9]
In Deutschland gelten neben den Vorschriften des HGB und dem UmwG im Besonderen die Vorschriften des AktG.[10]
3 Gründung
3.1 Allgemeine Vorschriften
Eine SE kann auf vier verschiedene abschließende Varianten gegründet werden:
- Gründung durch Verschmelzung (Art. 2 (1) i.V.m. Anh. I, Artt. 17-31 SE-VO)
- Gründung einer Holding-SE (Art. 2 (2) i.V.m. Anh. II, Artt. 32-34 SE-VO)
- Gründung einer gemeinsamen Tochter-SE (Art. 2 (3), Artt. 35 u. 36 SE-VO)
- Gründung durch Umwandlung (Art. 2 (4), Art. 37 SE-VO)
Die vorgenannten Varianten werden auch als originäre Gründungsformen oder „Numerus Clausus“[11] bezeichnet. Mit der Möglichkeit einer bestehenden SE alleine eine Tochter-SE zu gründen kommt noch eine sekundäre Gründungsvariante hinzu Art. 3 (2) SE-VO).[12]
[...]
[1] Vgl. Lutter (2002), S. 1ff.
[2] Vgl. Nagel (2004), S. 1299.
[3] Vgl. Fuchs (2004), S. 15f.
[4] Vgl. Theisen / Wenz (2002), S. 47.
[5] Vgl. Nagel (2004), S. 1299.
[6] Vgl. Kraushaar (2003), S. 1614.
[7] Vgl. Waclawik (2004), S. 1192.
[8] Vgl. ebd., S. 1191.
[9] Vgl. Horn (2005), S. 147.
[10] Vgl. u.a. Waclawik (2004), S. 1191.
[11] Vgl. Lutter (2002), S. 4; Kraushaar (2003), S. 1618.
[12] Vgl. Lutter (2002), S. 4.
- Citar trabajo
- Dennis Mieruch (Autor), 2006, Societas Europaea (SE). Ein Überblick über die europäische Aktiengesellschaft für den deutschen Rechtsraum, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70811
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