Ausgehend von den Begriffen „wild“ und „gezähmt“, die Philippe Ariès in seinen Studien zur Geschichte des Todes im Abendland gebrauchte, indem er feststellte, dass der vergangene mittelalterliche Tod „gezähmt“ und der heutige moderne Tod „wild“ sei, möchte ich zwei Themenschwerpunkten nachgehen.
Zum einen der Frage, wie sich die Vorstellungen vom und die Verhaltensweisen zum Tode vom frühen Mittelalter bis in die gegenwärtige Zeit im Raume Europas verändert haben. Damit einhergehend möchte ich mich mit dem Problem beschäftigen, wie und warum sich bestimmte Weltbilder und Denkstrukturen hin zur heutigen Zeit gewandelt haben und wie sich dadurch auch die Sichtweise zum eigenen Tod und dem Tod anderer Menschen umgeformt haben könnte.
Andererseits stelle ich mir die Frage, inwiefern die von Philippe Ariès benutzten Begrifflichkeiten „wild“ und „gezähmt“ mit anderen Forschungen vereinbar und vergleichbar sind und ob es möglicherweise sogar angemessenere Beschreibungsmöglichkeiten für die Vorstellungen und den Wandel des Umgangs mit dem Tod geben könnte.
Inhaltsverzeichnis
1 Fragestellung
2 Vorgehensweise
3 Einleitung
4 Über die Besonderheit menschlichen Lebens
4.1 Angewiesenheit und Abhängigkeit der Menschen
4.2 Die Wandelbarkeit menschlicher Gesellschaften
5 Der Wandel der Todesvorstellungen und Todesriten bei Philippe Ariès
5.1 Die Vertrautheit des Todes
5.2 Der „gezähmte“ Tod
5.2.1 Der Tod des Guillaume le Maréchal
5.3 Der plötzliche, schreckliche Tod
5.4 Der individuellere Tod
5.5 Der Tod in der Neuzeit
5.6 Der verwilderte Tod
6 Über den Wandel der Vorstellungen vom Tode im Denken von Forschern
6.1 Michel de Montaigne
6.2 Descartes
6.3 Gottfried Wilhelm Leibniz
6.4 Immanuel Kant
6.5 Sigmund Freud
6.6 Rolf Grimminger
6.7 Michel Foucault
6.8 Norbert Elias
7 Kindheit und Tod
7.1 Individuelle, psychologische Aspekte der Todesvorstellung beim Kind
7.2 Soziale und kulturelle Wandlungen von Kindheit und Tod
7.2.1 Kindheit und Tod im Mittelalter
7.2.2 Kindheit und Tod im pädagogischen Zeitalter am Beispiel von Kinderunglücksgeschichten
7.2.3 Kindheit und Tod in der modernen Zeit
8 Über den Wandel des Trauerverhaltens
8.1 Psychologische Aspekte der Trauer
8.2 Sozial – Kulturelle Aspekte der Trauer
9 Tod und Sterben in moderneren Gesellschaften
9.1 Arten des Todes und deren Verständniswandel
9.1.1 Der natürliche Tod
9.1.2 Der unnatürliche, gewaltsame Tod
9.2 Der Ort des Sterbens
9.3 Der Wandel des Krankheitsbegriffes
9.4 Die Bedeutung der Gesundheit
9.5 Die Tabuisierung des Todes
9.6 Exkurs: Die Suche nach Erregung im Leben der modernen Zeit
10 Über die Verwilderung und Zähmung des Todes
10.1 Verwilderung und Zähmung des Todes am Beispiel der Pest
11 Schlussbemerkungen
12 Literaturverzeichnis
1 Fragestellung
Ausgehend von den Begriffen „wild“ und „gezähmt“, die Philippe Ariès in seinen Studien zur Geschichte des Todes im Abendland gebrauchte, indem er feststellte, dass der vergangene mittelalterliche Tod „gezähmt“ und der heutige moderne Tod „wild“ sei, möchte ich zwei Themenschwerpunkten nachgehen.
Zum einen der Frage, wie sich die Vorstellungen vom und die Verhaltensweisen zum Tode vom frühen Mittelalter bis in die gegenwärtige Zeit im Raume Europas verändert haben. Damit einhergehend möchte ich mich mit dem Problem beschäftigen, wie und warum sich bestimmte Weltbilder und Denkstrukturen hin zur heutigen Zeit gewandelt haben und wie sich dadurch auch die Sichtweise zum eigenen Tod und dem Tod anderer Menschen umgeformt haben könnte.
Andererseits stelle ich mir die Frage, inwiefern die von Philippe Ariès benutzten Begrifflichkeiten „wild“ und „gezähmt“ mit anderen Forschungen vereinbar und vergleichbar sind und ob es möglicherweise sogar angemessenere Beschreibungsmöglichkeiten für die Vorstellungen und den Wandel des Umgangs mit dem Tod geben könnte.
2 Vorgehensweise
Um dem Wandel von Vorstellungen und Verhaltensweisen von Menschengruppen nachzugehen, ist es meiner Meinung nach erforderlich, zunächst einmal auf die Besonderheiten menschlichen Zusammenlebens einzugehen. Dabei erscheint es mir wichtig, zuallererst die Unterschiede zu nichtmenschlichen Lebewesen aufzuzeigen, um dann im nächsten Schritt Eigentümlichkeiten und Gemeinsamkeiten menschlicher Gruppen darzustellen.
Bei meiner Durchsicht von Büchern über die Vorstellungswelten und Verhaltensweisen mittelalterlicher Menschen zum Tod fiel mir auf, dass sich fast alle Autoren auf das Werk von Philippe Ariès stützten, wenn es sich um Beschreibungen mittelalterlicher Szenen handelte. Aus diesem Grund werde ich im zweiten Abschnitt die Beschreibungen des Umgangs mit dem Tod im Mittelalter anhand Philippe Ariès´ Studien über die Geschichte des Todes im Abendland aufzeigen, jedoch auch schon kurz die Begriffe „wild“ und „gezähmt“ erläutern, wie Ariès sie verstand.
Das Nachdenken über den Tod ist verknüpft mit den Vorstellungen und erlernten Weltbildern der Zeit, in die Menschen hineingeboren worden sind. Anhand einiger Beispiele möchte ich eine Tendenz darstellen, wie sich das Denken um den Tod vom frühen Mittelalter bis in die heutige Zeit hinein gewandelt hat. Dies soll an Abhandlungen von bekannten Denkern und Forschern beschrieben werden; an de Montaigne, Descartes, Leibniz, Kant, Freud, Grimminger, Foucault sowie Norbert Elias.[1]
Kinder nahmen und nehmen den Tod und das Sterben bekannter und geliebter Menschen andersartig wahr als erwachsende Menschen. Ich werde im dritten Abschnitt „Kindheit und Tod“ zwei Aspekten nachgehen; zum einen den individuellen, psychologischen Todesvorstellungen beim Kind und auf der anderen Seite den sozial kulturellen Wandlungen im Umgang des Kindes mit dem Tod. In diesem zweiten Aspekt möchte ich versuchen, den Wandel der Bedeutung des Kindes für die Gesellschaft zu verknüpfen mit den veränderten Verhaltensweisen, die Kinder im Laufe der Jahrhunderte im Umgang mit Tod und Sterben erlernten.
Wie Menschen mit dem Tod umgingen und umgehen zeigt vieles über den jeweiligen Stand der Entwicklung der beobachtenden Gesellschaft auf. Im Abschnitt über die Veränderung des Trauerverhaltens wird versucht, zum einen diese Veränderung vom Mittelalter bis in die heutige Zeit hinein darzustellen, also eine soziologisch kulturelle Herangehensweise. Andererseits ist es jedoch auch von Vorteil, individuell psychologische Aspekte nicht zu vernachlässigen; was geschieht in den Menschen selbst, wenn eine geliebte Person gestorben ist.
Anschließend werde ich zum Umgang mit Tod und Sterben in den modernen Gesellschaften übergehen. Hierbei interessieren mich verschiedene Aspekte; zum Beispiel, in welche Arten des Todes heutzutage unterschieden wird. Diesen Wandel möchte ich ebenso aufzeigen wie die Veränderung des Orts des Sterbens; es scheint nicht schwer zu erraten, dass heutzutage im Vergleich zu früheren Zeiten ungleich mehr Menschen in Krankenhäusern oder aber Altenheimen sterben.
Krankheit ist nicht gleich Krankheit. Menschen in früheren Zeiten verstanden darunter etwas anderes, als heutige Wissenschaftler und Ärzte. Der Wandel des Krankheitsbegriffes und die Veränderung der Auffassungen erscheint mir wichtig, da dies, genauso wie die Akzentuierung auf die Gesundheit, Kennzeichen für andersartige Vorstellungen vom Tode sind.
Gesundheit hat in moderneren Gesellschaften einen höheren Stellenwert und ist positiv besetzt. Die Überakzentuierung der Gesundheit wird jedoch von vielen Forschern eher kritisch betrachtet, einige Thesen und Erläuterungen sind meines Erachtens sinnvoll, darzulegen.
Philippe Ariès spricht davon, dass der Tod in der modernen Zeit tabuisiert, zu einem verbotenen Objekt geworden sei. Unter Zuhilfenahme anderer Autoren, die sich ebenfalls mit der Verdrängung und Tabuisierung des Todes beschäftigt haben, möchte ich diese These darlegen und diskutieren.
In einem Exkurs wird es mir um die Suche nach Erregung im modernen Leben gehen. Ohne es vorwegzunehmen; durch vor allem in modernen Gesellschaften unterdrückte oder zurückgedrängte emotionale Regungen scheint es für Menschen weniger Nischen zu geben, in denen sie ihre Affekte und Gefühle sofort ausleben können, wie es zum Beispiel in früheren Zeiten der Fall war. Anhand der Beschreibung eines Fussballspiels werde ich versuchen, aufzuzeigen, dass es auch in der heutigen Zeit, zwar andere, aber ähnliche, Veranstaltungen und Aktivitäten gibt, die Erregendes bei Beteiligten und Zuschauern auszulösen imstande sind.
Schlussendlich, nach den bisher dargelegten Schlüssen und Diskussionspunkten, werde ich der Frage nachgehen, inwieweit man die früheren und heutigen Verhaltensweisen und Vorstellungen der Menschen im Raume Europas im allgemeinen und im speziellen auf die Problematik des Todes bezogen als „gezähmt“ oder aber „wild“ beschreiben kann. Dies geschieht zur besseren Illustration an einem Beispiel, dem Umgang mit und der Vorstellung von der Pest; von ihren Anfängen im frühen Mittelalter bis in die heutige Zeit hinein.
3 Einleitung
Der Tod oder besser gesagt das Bewusstsein vom Tode bestimmte in vergangenen Zeiten und bestimmt auch heutzutage das menschliche Denken und Handeln. Neben anderen Unterschieden zu nichtmenschlichen Lebewesen erscheint das Wissen vom eigenen Tod und das anderer, geliebter Menschen als signifikant bei der Bewältigung des täglichen Leben und der Vorstellung von sich selbst als Mensch unter Menschen in der umgebenden Natur.[2]
Allein die Menschen haben eine der jeweiligen Kultur angepasste Vorstellung vom Tode; sie wussten und wissen, dass sie selbst und geliebte Menschen um sie herum einmal sterben werden. Wie erlebten und erleben sie dies, wie behandelten und behandeln sie diese Gewissheit?
Wenn man von Todesvorstellungen zu bestimmten Zeiten spricht, ist es erforderlich, darüber nachzudenken, dass bestimmte Verhaltensweisen zum Tod mit den jeweiligen Traditionen und anerzogenen Bräuchen, Riten und Denkgewohnheiten einer Gesellschaft verknüpft sind. Unter Todesvorstellungen sind ebenfalls Verhaltens – und Empfindensweisen zu verstehen, die sich im Laufe einer gewissen Zeitspanne gebildet und verändert haben können.
Das Baby oder kleinste Kinder haben noch keine rechte Vorstellung vom Tod. Die Kleinkinder erlernen Verhaltens – und Empfindungsmuster, die es ihnen erlauben, in der aufwachsenden Gesellschaft zu leben und zurechtzukommen. Ohne diese erlernten Muster und Werte würde das Kind die Verhaltensweisen der Menschen nicht verstehen, wie es zum Beispiel bei einer Sprache der Fall ist.[3] So erlernt es zwangsläufig auch Vorstellungen und Reaktionen, die mit dem Tod anderer Menschen zu tun haben.[4]
Wenn Kinder dann mal auf Friedhöfen in Europa zugegen sind, herrscht Stille, sie haben leise zu sein. Im Mittelalter stolperte man lachend und singend über die Gebeine, die gerade vergraben worden waren, während Marktgeschrei die Friedhöfe durchzog. Wie und warum ist zu erklären, dass im Laufe dieser Jahrhunderte die Veränderung der Verhaltensweisen zum Tode eine solche Richtung genommen hat?
Die Menschen im Mittelalter fühlten, dass sie sterben würden, und wenn sie starben, zumeist auf dem Bett, umringt von ihren Angehörigen, Kindern und sonstigen Menschen aus der Umgebung des Wirkungskreises. Es war ein ungezwungenes Verhältnis zum Tode, so Philippe Ariès. Er nennt diese Art von Tod den „gezähmten“ Tod und kritisiert zugleich den heutigen, modernen Umgang mit dem Tod in Europa. Er sei tabuisiert, aus dem alltäglichen Verkehr gerissen. Das Sterben erscheint heute brutal, der Ort des Sterbens ist das Krankenhaus. Diesen Tod benennt Ariès als „wilden“ Tod.[5]
Sind diese Begrifflichkeiten im Vergleich zu anderen Autoren haltbar oder ergeben sich aus der Synthese neuere, angemessenere Aspekte und Beschreibungen?
Das Thema Gesundheit ist heutzutage in aller Munde, kaum einer kann es sich im Vergleich zu anderen Mitmenschen noch leisten, nicht gesund zu leben, zu essen o.ä. . Es gibt immer gesündere Nahrung, immer bessere Sport – und Fitnessangebote, speziell zugeschnitten auf jeden Einzelnen. Aber auch Medikamente überschütten mehr und mehr den Markt, für jede sogenannte kleine Störung gibt es Allheilmittel. Aus dieser Thematik heraus ist es meiner Meinung nach ebenfalls sinnvoll, die Rolle der Gesundheit und der Krankheit zu beschreiben und zu diskutieren, da das Umgehen bzw. der Stellenwert in einer Gesellschaft mit Gesundheit und Krankheit auch ein Anzeiger dafür ist, wie die Gemeinschaft mit dem Leben und dem Tod umgeht, wie sie dies deutet.
4 Über die Besonderheit menschlichen Lebens
Wenn die Überschrift das Wort „Besonderheit“ beinhaltet, so soll damit nicht gemeint sein, dass das menschliche Zusammenleben als etwas Positives dargestellt wird. Eher ist damit die Unterschiedlichkeit im Gegensatz zu anderen Lebewesen auf diesem Planeten angenommen.
Sofern man über die Eigenart des Menschen oder besser beschrieben der Menschen nachdenkt, darf die Akzentuierung auf den menschlichen Geist nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch die biologische Konfiguration der Menschen auf bestimmte Umwelteigenschaften angewiesen ist. Als Beispiel wäre hier die Lunge des Menschen zu nennen, welche darauf ausgerichtet ist, Sauerstoff einzuatmen. Damit möchte ich sagen, dass der menschliche Körper eben auch angewiesen und ausgerichtet auf bestimmte Umwelteigenschaften dieses Planeten ist; dies im Einklang mit den Angewiesenheiten und Abhängigkeiten zu anderen Menschen macht die Menschheit aus.
4.1 Angewiesenheit und Abhängigkeit der Menschen
Ein kleines menschliches Baby bedarf einer menschlichen Gruppe, um zu überleben. Bei Menschen ist das Verhältnis von angeborenen zu erlernbaren Verhaltensweisen ungleich anders als bei nichtmenschlichen Lebewesen. Das Erlernen der Sprache ist notwendig, um die Gruppe, in die das Kind hineingeboren worden ist, zu verstehen. Neben der Sprache, die am Anfang mühselig, dann aber immer schneller erlernt wird, eignet sich das Kind bestimmte Verhaltens – und Empfindensweisen bzw. – Muster an, ohne die es sich nicht zurechtfinden würde.
Menschen sind Zeit ihres Lebens auf andere Menschen ausgerichtet und somit auch von ihnen abhängig.
Eine der universalen Interdependenzen, die Menschen aneinander binden, ist, dass das Streben eines Menschen nach Befriedigung von vornherein auf andere Menschen gerichtet ist, und dass die Befriedigung selbst nicht allein vom eigenen Körper, sondern in sehr hohem Maße auch von anderen Menschen abhängig ist.
4.2 Die Wandelbarkeit menschlicher Gesellschaften
Menschliche Figurationen[6] können sich wandeln oder um es angemessener auszudrücken, sind im Wandel begriffen.[7] In gewissem Maße sind auch Tierpopulationen wandelbar, etwa wenn eine Nahrungsgrundlage wegfällt und eine neue gefunden werden muss. Menschengruppen können sich allerdings weitaus schneller wandeln, in ihren Differenzierungen und den Arten des Ausdrucks dessen; dem Verhalten und Empfinden, ohne, dass sich gleich die Körperlichkeiten mitverändern.
Wir haben weiter oben festgestellt, dass Menschen auf andere Menschen angewiesen sind und somit auch von ihnen abhängen. Je nach Funktionszusammenhang dieser Gruppen bildet sich dadurch ein spezifischer Aufbau, der von Gemeinschaft zu Gemeinschaft unterschiedliche Ausprägungen haben kann. Nomadisierende Viehzüchter sind zum Beispiel anders geprägt und in ihrer Gesellschaftsstruktur verschieden aufgebaut als eine sogenannte Industriegesellschaft.
Menschliche Gesellschaften haben sich im Laufe ihrer Geschichte gewandelt, so ist in Europa aus einer feudalen Gesellschaftsstruktur eine moderne Industriegesellschaft der heutigen Zeit geworden. Es wandelten sich ebenso die Vorstellungen, die Menschen früherer und heutiger Zeiten mit dem Sterben und dem Tod verbanden und verbinden.
5 Der Wandel der Todesvorstellungen und Todesriten bei Philippe Ariès
Philippe Ariès, dessen Begrifflichkeiten „wild“ und „gezähmt“ Bestandteil dieser Arbeit sind, scheint mit seinem Werk „Studien zur Geschichte des Todes im Abendland“ eine Arbeit geschaffen zu haben, die von fast allen anderen Autoren, die sich ebenfalls mit diesem Thema beschäftigten, nicht nur erwähnt, sondern von der inhaltlichen Darstellung meistens auch übernommen worden ist. Wenn es sich um die Beschreibungen und Ausführungen zum Umgang mit dem Tod im Mittelalter handelt, werde ich mich vornehmlich auf Ariès´ Schriften stützen. Dies heißt jedoch keineswegs, dass andere Autoren vernachlässigt werden, da sie manchmal zu anderen Schlüssen gekommen sind oder aber Ariès´ Ausführungen erweitert haben.
Manche Autoren, die sich mit Todesvorstellungen des Mittelalters auseinandersetzen, benutzen die Begriffe Früh – Hoch – und Spätmittelalter, als wären diese dem geneigten Leser sofort verständlich und geläufig.
Allerdings gibt es zu diesem Zeitalter nicht nur verschiedene Verständigungen, sondern auch Periodisierungsprobleme.[8]
So erscheint es mir sinnvoll, vor dem Beschreiben und Erklären der Todesvorstellungen im Mittelalter kurz die Verständnisschwierigkeiten dieses Begriffs aufzuzeigen.
Um das Jahr 1500 wurde der Begriff des Mittelalters benutzt, aus einem Gefühl heraus, ein dunkles Zeitalter hinter sich gelassen zu haben, während ein neues, helles Zeitalters des Denkens und Sprechens begann.[9] Zwei Jahrhunderte später findet sich in zwei weit verbreiteten Handbüchern[10] eine Einteilung des Mittelalters, beginnend mit dem Ende des Weströmischen Reiches im Jahre 476 und endend mit dem Untergang des Oströmischen Reiches im Jahre 1453, diese Datierungen werden auch heute noch oft verwendet.[11]
Jedoch gibt es auch andere Vorstellungen der Zeitaltergliederung. Es werden beispielsweise Fortbestände kirchlicher Organisationen aus der Frühzeit höher bewertet sowie die antiken Handelsbeziehungen, welche auch nach dem Ende des Weströmischen Reiches fortbestanden. Ableitend aus diesen Erkenntnissen meint man den Beginn des Mittelalters erst um 800 durch die Eroberungen der Araber im antiken Verkehrsraum festmachen zu können. Das Ziehen solcher Epochengrenzen scheint in der Hinsicht etwas schwierig, da man entscheiden muss, auf welche Ereignisse sich denn bezogen wird; auf Veränderungen politischer Ordnungen und Kulturen, kirchliche und gesellschaftliche Veränderungen oder aber eher auf wirtschaftliche Veränderungen.[12]
Fortführend werde ich mich nicht auf bestimmte Einteilungen beziehen, sondern versuchen, das Nacheinander, den Prozess der Veränderungen, aufzuzeigen und zu erklären.
5.1 Die Vertrautheit des Todes
In der heutigen Zeit haben in Deutschland geborene Frauen eine durchschnittliche Lebenserwartung von 78 Jahren, Männer um die 72.[13] Von solch einem in unseren Augen langen Leben waren Menschen im Mittelalter weit entfernt. Ohler spricht von 25 bis 32 Jahren[14], jedoch scheinen dies nur Schätzwerte zu sein, da eine statistisch ermittelte durchschnittliche Lebenserwartung nicht ermittelt werden kann, je weiter man im Mittelalter in der Zeit zurückgeht.[15]
Selbstverständlich gab es regionale Unterschiede im Raum Europas, jedoch kann man im Vergleich zur heutigen Zeit einige verallgemeinernde Schlüsse ziehen. Der Tod anderer Menschen war im Mittelalter weit häufiger alltäglich, zum Beispiel durch zum Tod führende Infektionskrankheiten.[16] Natürlich konnte die ein oder andere Krankheit bei manchen Menschen wieder abgewendet werden, beim Großteil der aus heutiger Sicht in ständiger Armut Lebenden brachten diese Krankheiten meistens den Tod. Zusätzlich befiel Europa in den Jahren 1347 bis 1350 und danach noch einmal in einzelnen Schüben die Pest und löschte gut ein Drittel der Gesamtbevölkerung aus.[17] Vitaminmangel und einseitige Ernährungsgewohnheiten auch bei den oberen Schichten bildeten im Kanon mit den Infektionskrankheiten eine Ursache für das frühe Sterben im Mittelalter.[18]
Hungersnöte vor allem in der sehr armen Bevölkerung waren an der Tagesordnung, nicht selten kam es vor, dass die hilfsbedürftige Bevölkerung auf der Suche nach Essen durchs Land ziehen musste.[19]
Durch geringere landwirtschaftliche Erträge setzten natürliche Katastrophen den Menschen mehr zu, so reichte schon eine Abkühlung von einem Grad Celsius aus, um die Balance zwischen Mensch und Natur aus dem Takt zu bringen.[20] Auf Langsicht produzierte Nahrung wurde größtenteils noch nicht hergestellt, allenfalls Klöster, Städte und Adlige konnten sich Speicher überhaupt leisten, von Bauern erzielte Überschüsse mussten als Abgaben oder Tilgung ihrer Schulden verwendet werden.[21]
Gefestigte Monopoleinrichtungen, die den Menschen Schutz vor Übergriffen bieten sollten, waren weit weniger ausgeprägt, sodass Bedrohungen und kriegerische Auseinandersetzungen häufiger irgendwo im Raume Europas stattfanden. Dabei muss es sich nicht unbedingt immer um größere Feldzüge oder Kriege gehandelt haben, auch Fehden zwischen kleineren Ländereien reichten aus, um den Tod für jeden gegenwärtig erscheinen zu lassen.
Kurzum, die Lebenserwartung im Mittelalter war im Vergleich zur heutigen Zeit geringer, die Kindersterblichkeit viel höher[22] ; ausgelöst durch viele Infektionskrankheiten, Mangelernährung, Hungersnöte, Naturkatastrophen und zahlreiche blutige Auseinandersetzungen.
Das Sterben in der Zeit des Mittelalters war allgegenwärtiger, unverdeckter und vertrauter, man sprach unverhohlener und häufiger vom Tod und vom Sterben.[23]
5.2 Der „gezähmte“ Tod
Nach Philippe Ariès wussten die Menschen des Mittelalters meist, dass sie sterben würden, sie hatten eine Vorahnung ihres nahenden Todes. Er benutzt dafür zur Anschaulichkeit das Beispiel des Todes eines Ritters aus dem sogenannten Rolandslied. In einem Unterkapitel möchte ich ebenfalls kurz über das Ableben eines Ritters und Grafen aus dem England des Jahres 1219 berichten, des Grafen Guillaume le Maréchal, um an einem Beispiel zu verdeutlichen, wie mit dem Tode dieses Mannes umgegangen wurde und um den „gezähmten“ Tod zu veranschaulichen.
Norbert Ohler spricht davon, dass die Menschen körperliche Beschwerden, Vorzeichen oder Visionen des nahenden Endes deuten konnten.[24] Ariès betont die innere Überzeugung, die die Menschen übermannte, wenn der Tod nicht mehr fern war. Sie merkten es eher aus ihrem Inneren heraus als etwa durch ein magisches Gefühl.[25] Größtenteils habe dieses Gefühl des Erkennens noch in den heutigen Industriegesellschaften überlebt, als etwas Einfaches, sich durch alle Zeiten Hindurchziehendes.[26]
Sobald die Menschen fühlten, dass ihr Ende nahe war, trafen sie ihre letzten Verfügungen. Ohne viel Aufhebens nahm alles schlicht seinen Lauf, der Tod war nach Ariès Auffassung eine durchaus einfache Sache.[27]
Der Tod wurde liegend auf dem Krankenbett erwartet, ferner war er eine genau abgestimmte und öffentliche Zeremonie, die wenn möglich, vom Sterbenden selbst organisiert und geleitet worden ist.
Das sogenannte Sterberitual baute auf einer Reihe von Vorschriften auf, die oftmals in unterschiedlicher Reihenfolge abgehalten wurden. Lag jemand im Sterben, wurde das Haus verschlossen und Kerzen angezündet. Man rief die Verwandten, Angehörigen und Freunde des Sterbenden herbei, der Priester wurde informiert. Auch Nachbarn und Kinder versammelten sich sodann um das Sterbebett. Das Sterbezimmer wurde zum öffentlichen Raum, der Kontakt zum Sterbenden wurde so lang wie möglich aufrechtgehalten.[28] Der vorgewiesene Sterbeort sollte das Krankenbett sein, auf dem Rücken liegend, damit das Auge symbolisch zum Himmel gewandt war. Hintereinander nahm nun der Sterbende Abschied von den Menschen, die im Zimmer verweilt hatten und betete mit ihnen. Der Sterbende auf dem Totenbett blickte zurück auf sein Leben, auf seine guten und schlechten Zeiten und Taten. Es war geboten, all jene um Verzeihung zu bitten, die im Laufe seines Lebens auf jedwede Weise von ihm geschädigt worden sind. Danach traf er Verfügungen über seine Besitztümer und Nachfolger. Der Sterbende faltete die Hände zum Sterbegebet und bekannte sich als reuiger Sünder, anschließend empfing er die Sterbesakramente.[29]
Marianne Mischke betont, dass zu diesem Ritual die Bitte um Vergebung der Sünden ebenso gehörte wie die Empfehlung der Seele, die Absolution durch den Priester.[30] Ergänzt wurden die Rituale durch das Entzünden einer Kerze, die die Nähe Gottes symbolisierte; der Darreichung des Kreuzes und dem Erhalt des Sterbeablasses.
Auch Mischke legt noch einmal wie Ariès Wert darauf, den Sterbevorgang als einfach und selbstverständlich darzustellen, ohne dramatischen Charakter, ohne exzessive emotionale Regung, ohne Furcht, gemeinschaftlich und zeremoniell abhaltend. Diese Vertrautheit erklärt sie damit, dass der Tod in dieser Zeit als Etappe auf dem Weg zum ewigen Leben betrachtet worden ist.[31]
Philippe Ariès nennt diesen dargestellten Tod im Vergleich zum modernen Tod den „gezähmten“ Tod.
5.2.1 Der Tod des Guillaume le Maréchal
Georges Duby erzählt in dem Buch : „Guillaume le Maréchal oder der beste aller Ritter“ vom Grafen Guillaume le Maréchal, von seinem Leben, Wirken und vor allem von seinem Sterben. Entnommen ist dieser Bericht, den Georges Duby romanhaft dem Leser wiedergibt, 127 Pergamentseiten mit 19914 Versen, die der jüngere Sohn des Grafen nach dem Tod des Vaters von einem Schriftsteller, dessen Vorname Jean[32] war, anfertigen ließ.[33]
Ich entnehme diesem überaus interessanten Buch die Sterbezeremonie, um den von Ariès bezeichneten „gezähmten“ Tod an einem Beispiel darzustellen.
Im Jahre 1219 spürte der Graf Maréchal den Tod kommen, er fühlte es schon länger und traf, ohne erst einmal darüber zu sprechen, einige Vorkehrungen.
Er wurde immer schwächer und musste sich niederlegen, sein Zustand verschlechterte sich und die Ärzte gestanden ein, nichts mehr für ihn tun zu können. Er wollte daheim sterben, er, der über etlichen Landbesitz verfügte, wünschte in seinem Herrenhaus in Caversham dahinzuscheiden. Nachdem sich die nächsten Angehörigen und Freunde eingefunden hatten, traf der Graf seine letzten Vorkehrungen. Zuerst gab er sein öffentliches Amt ab, daraufhin vollzog sich die Aufteilung des Erbes. Alle Anwesenden hörten den Worten des Grafen zu, um gegebenenfalls diese Worte in Zukunft noch einmal wiederholen zu können. Der einzige sogenannte natürliche Erbe war sein ältester Sohn, jedoch vermachte Graf Maréchal auch seinen Brüdern und Schwestern noch etwas in der Absicht, keine Zwistigkeiten oder Neid entstehen zu lassen.
Nachdem die Güter mündlich verteilt worden waren, begann die nächste Phase des Todesschauspiels, die Sorge um den Körper des Toten. Dem Sterbenden allein ist es vorbehalten, den Ort seiner letzten Ruhestätte auszusuchen. Als der Graf den Ort aussprach, an dem er beerdigt werden wollte, erkannten die Umstehenden den Ernst der Lage. Die demonstrative Trauer begann, die Hausgemeinschaft weinte, schmerzerfüllt und doch liebevoll. Alle Männer, vom höchsten Ritter bis zum niedrigsten Diener sollen Tränen in den Augen gehabt haben. Die Tränen der Männer markierten den letzten Akt der Sterbezeremonie, der Organisation der Wachen. Der Sterbende hatte mit seinen Verfügungen seinen Körper jenen verantwortet, die seinen Willen erfüllen werden. Bei Georges Duby heißt es dazu: „Man darf sie nicht unbeaufsichtigt lassen, darf diesen Menschen, der in tragische Auflösung übergeht, nicht der Einsamkeit überlassen. So soll denn diesem Körper eine ständige Wache beigegeben werden. Drei Ritter. Tag und Nacht werden sie einander ablösen.“[34]
Das Schauspiel des Sterbens zog sich beim Grafen Maréchal in die Länge, es erstreckte sich schon weit über zwei Monate. Trotz alledem war das Sterbezimmer tagtäglich voller Menschen.
Am 14. Mai 1219 spürte der Graf Gewissheit, indem er gebot: „Laßt meinen Sohn, die Gräfin, die Ritter kommen. Ich sterbe, ich kann nicht mehr warten, ich will von ihnen Abschied nehmen.“[35]
Als alle Personen um das Bett versammelt waren, spricht Graf Guillaume le Maréchal seine letzten Worte: „Ich sterbe. Ich empfehle euch Gott. Ich kann nicht länger bei euch bleiben. Ich kann mich gegen den Tod nicht wehren.“[36]
Nach diesen Worten setzte sich sein Sohn auf das Sterbebett, nahm seinen Vater in den Arm, der sich daraufhin an ihn schmiegte. Der Sohn weinte leise, die Umstehenden schauten dabei zu, der Graf war gestorben.
Mit dem Tod des Grafen ist das Schauspiel jedoch noch nicht zu Ende. Es bildete sich ein Leichenzug zu seiner letzten Ruhestätte, der Templerkirche in London. Das Grab war offen, man sah den Leichnam des Verstorbenen und dazu sprach der Erzbischof zur Menge: „Seht, ihr Herren, wohin es mit allem Irdischen kommt. Nichts mehr bedeutet der Mensch, wenn er an diesen Punkt gelangt ist: er ist nur noch ein wenig Erde. Seht diesen hier, der sich zum Gipfel der menschlichen Wertschätzung aufschwang. Auch uns wird es ergehen wie ihm. Euch und uns. Eines Tages werden wir sterben.“[37]
Worte, kaum vorstellbar in unserer Zeit einer Menge von Trauernden mitzuteilen.
So endete das Schauspiel des Todes des Grafen Maréchal im England des Jahres 1219. Diese Beschreibung ähnelt denen, die Ariès als Beispiele für den „gezähmten“ Tod herangeführt hat. Ich werde auf diese Beispiele später zurückkommen, wenn es um den Tod und die Trauer in der heutigen, moderneren Zeit gehen wird.
5.3 Der plötzliche, schreckliche Tod
In der Zeit des Mittelalters bedeutete der plötzliche Tod einen schrecklichen Tod zu sterben. Er war es deswegen, weil er unvermittelt über die Menschen kam, ohne das diese Zeit gehabt hätten, alles zu regeln und gemeinsam Abschied zu nehmen. Dieser Tod war auch unter dem Tod, der den Menschen von hinten greift, geläufig.[38] Das Sprechen von und über den plötzlichen Tod war ein Tabu, dieses Sterben wurde als außergewöhnlich dargestellt.
Obwohl dieser Tod nach Philippe Ariès als etwas besonderes dargestellt wurde, sind in der damaligen Zeit nicht wenige Menschen in dieser Art gestorben. Man denke nur an die zahlreichen Pesttoten oder die Toten auf den europäischen Schlachtfeldern des Mittelalters.[39]
Die Menschen glaubten an die Sinnhaftigkeit der damaligen Sterberituale, dementsprechend hatten sie Angst davor, diese nicht vollziehen zu können.
5.4 Der individuellere Tod
Im Zuge des sogenannten Hochmittelalters zeichnete sich eine allmähliche Veränderung der Einstellung zum Tode ab. Philippe Ariès bemerkt, dass es sich nicht um eine neue Einstellung handelt, sondern eher um eine Modifikation der alten, vertrauten Einstellung, des „gezähmten“ Todes.[40]
Vom 11. bis 12. Jahrhundert an verliehen die Menschen dem Tod schrittweise einen dramatischeren und persönlicheren Sinn. Ariès beschreibt diese Verschiebung zur individuelleren Sichtweise des Todes anhand der Veränderung des Jüngsten Gerichts auf den Augenblick des Todes, des verlagerten Interesses an Bildern des physischen Verfalls sowie der gesteigerten Individualisierung der Grabstätten.
Es erscheint mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass solche Verlagerungen im Verhalten und Empfinden den Anfang bei gesellschaftlichen Eliten dieser Zeiten nahmen, erst dann nach und nach auch auf die übrige Bevölkerung übergingen.[41]
Im 12. Jahrhundert veränderte sich die Darstellung des Jüngsten Gerichts. Während im frühen Mittelalter die Visionen der Apokalypse dargestellt wurden und Wert auf die große Wiederkehr gelegt worden ist, nimmt im Zuge des Hochmittelalters eine von Matthäus inspirierte Ikonographie immer mehr Raum ein; das Gericht, die Abwägung der Seelen.[42]
Im 13. Jahrhundert ist die eben beschriebene Betrachtungsweise bedeutungslos geworden. Die Darstellung des Jüngsten Gerichts als Gerichtshof hat sie verdrängt. Ariès beschreibt es wie folgt: „Christus sitzt auf dem Thron des Richters, umringt von seinem Gefolge (den Aposteln). Zwei Vorgänge gewinnen zunehmend an Bedeutung, die Abwägung der Seelen und die vermittelnde Fürsprache der Heiligen Jungfrau und des Heiligen Johannes, die mit gefalteten Händen zu Seiten des richtenden Christus knien. Jeder Mensch wird gemäß seiner Lebensbilanz gewogen, die guten und die bösen Taten werden peinlich genau auf die beiden Schalen der Waage verteilt.“[43]
Weiterhin werden diese Handlungen in einem Buch aufgezeichnet. Ariès betont, dass dieses Buch wie eine Art Identitätsnachweis, eine Art Lebensbilanz wirkte. Das Bilanzieren erfolgte jedoch nicht zum Augenblick des Todes, sondern am letzten Tag der Welt, am Ende der Zeiten. Ariès sieht in dieser Verschiebung des Jüngsten Gerichts einen Zusammenhang zwischen der individuellen Biographie des Toten mit dem Tode selbst.[44]
Im 15. Jahrhundert veränderte sich die Szenerie des Jüngsten Gerichts wiederum. Das Bilanzieren am Ende der Zeiten ist ersetzt worden durch das Zimmer des Sterbenden. Gute und böse Taten werden nicht mehr auf der Waage abgewogen, Gott tritt nunmehr als Schiedsrichter oder Zeuge auf. Diese neuere Darstellung des Jüngsten Gerichts vereint die Sicherheit des kollektiven Ritus, also das des vertrauten Todes mit der Besorgnis einer persönlichen Befragung durch Gott und seinen Hofstaat.[45]
Die Verquickung von Tod und Biographie setzte sich endgültig im 14. und 15. Jahrhundert durch. Ariès führt dazu weiter aus: „Man nimmt jetzt an, dass jeder Mensch im Augenblick des Todes sein ganzes Leben noch einmal, in einem einzigen kurzen Abriss, an sich vorüberziehen sieht. Ebenso glaubt man, dass sein Verhalten in diesem Augenblick dieser seiner Biographie ihren endgültigen Sinn, ihren Abschluss aufprägt.“[46]
Im Frühmittelalter waren die Gräber meist vollkommen anonym, sodass es sehr schwer erscheint, eine angemessene Datierung vorzunehmen. Im Zuge des Hochmittelalters, ab dem 12. Jahrhundert, sind fortan Grabinschriften getätigt worden; zuerst auf den Gräbern erlauchter Personen, also auf den Gräbern von Heiligen. Ein Jahrhundert später sind solche Gräber schon häufiger und nicht mehr nur auf gestorbene Heilige begrenzt. Neben den Inschriften wurden auch Bildnisse angefertigt, bei denen es sich allerdings um keine wirklichen Porträts handelte. Im Laufe des Mittelalters wurden diese Bildnisse bei den herrschenden Schichten immer zahlreicher und realistischer.
Zusammenfassend lässt sich darstellen, dass sich vom 11. Jahrhundert an eine vorher unbekannte Beziehung zwischen dem Tod jedes Einzelnen und dem Bewusstsein, dass er sich von seiner Individualität gebildet hatte, aufzeigte. Ariès stellt noch einmal diese Genese dar: „Der Mensch der traditionellen Gesellschaften, der der Mensch des Mittelalters, aber auch der alter Volkskulturen ohne Schriftsprache war, beschied sich ohne allzu große Mühe mit der Vorstellung, dass wir alle unsterblich sind. Seit der Blütezeit des Mittelalters erkennt sich der wohlhabende, mächtige oder gebildete abendländische Mensch im Tod: er hat den eigenen Tod entdeckt.“[47]
5.5 Der Tod in der Neuzeit
Philippe Ariès meint herausgefunden zu haben, dass ab dem Ende des 15. Jahrhunderts ein neues, bedeutsames Phänomen herausgestellt worden sei; die erotische Bedeutung des Todes für die Menschen. Diese Erkenntnisse hat er nicht dem für Forscher leicht zugänglichen Bereich der Fakten entnommen, sondern der dunklen und extravaganten Welt der Phantasie, der Welt des Imaginären.
In der Ikonographie dieser Zeit erscheinen ungezählte Motive in Kunst und Literatur, die den Tod mit der Liebe verbanden, so zum Beispiel, wenn athletisch gebaute und nackte Henker dem heiligen Bartholomäus die Haut abzogen.[48]
Der Tod wie auch der Sexualakt erscheinen in dieser Zeit als Bruch. Diese Vorstellung des Bruches stellt Ariès als gänzlich neu für diese Zeit dar.[49] Der Tod wird zunehmend als Überschreitung verstanden, der die Menschen, vor allem die Hinterbliebenen, aus ihrem Alltagsleben, aus ihrem gewohnten Leben, reißen.
Aus den erotisch – makabren Phantasien dieser Zeit verschafft dieser Bruch sich langsam auch Eintritt in die realen und alltäglichen Gegebenheiten des Lebens.[50]
Bald jedoch verlor der Tod seine erotischen Züge, anstelle dessen trat der Aspekt der Schönheit, den Ariès als romantischen Tod benennt.[51]
Im 19. Jahrhundert ist den Umstehenden am Totenbett eine neue Art von Leidenschaft anzumerken, die Ariès wie folgt beschreibt: „Die seelische Erregung wühlt sie auf, sie weinen, beten, gestikulieren. Sie verweigern die vom Brauch vorgeschriebenen Gebärden durchaus nicht, im Gegenteil; aber sie vollziehen sie, indem sie ihnen ihren banalen und herkömmlichen Grundcharakter austreiben. Man beschreibt sie fortan, als wenn sie zum ersten Male erdacht worden wären, aus eigenem Antrieb, von einem leidenschaftlichen Schmerz eingegeben, der einzig in seiner Art ist.“[52] Schon allein die Vorstellung vom Tod reicht nun aus, um Ergriffenheit bei den Menschen auszulösen.
Die erste große Veränderung, die sich aus der Beziehung von Erotik und Tod entwickelte und Hauptmerkmal der Romantik war, ist die Empfänglichkeit für die Vorstellung des Todes, die Ende des 18. Jahrhunderts in Erscheinung tritt. Ein Beispiel soll noch einmal kurz erwähnt werden. Ariès gibt ein Gespräch von zwei Brautleuten wie folgt wieder: „Wir sprechen eine Stunde lang über Religion, Unsterblichkeit und den Tod, der, wie wir meinten, in diesen schönen Gärten sanft sein müsste. Ich sterbe jung, ich habe es mir immer gewünscht.“[53]
Die zweite große Veränderung sieht Ariès in der Beziehung zwischen dem Sterbenden und seiner Familie und versucht diese, an der Veränderung der Funktion des Testaments aufzuzeigen.
Das Testament ist vom 13. bis 18. Jahrhundert Mittel des Sterbenden, seine tiefsten Gedanken, seine religiösen Gefühle und geliebte Dinge und Wesen festzuhalten und den Hinterbliebenen zu übermitteln. Ziel des Testaments war, die betroffenen Personen daran zu binden, den Willen des Verstorbenen zu respektieren und umzusetzen. Philippe Ariès erkennt einen gewissen Argwohn bei dem bald Sterbenden, der ihn dazu veranlasste, die Wünsche festzusetzen, um sicher sein zu können, dass sie nach seinem Tode ausgeführt würden.
Zur zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts verschwanden im gesamten christlichen Abendland die frommen Formeln, die Grabwahl, die Stiftung von Messen und Gottesdiensten und Almosen. Die Testamente ähnelten nun den unserigen der heutigen Zeit, bürgerlich – rechtliche Akte der Vermögensaufteilung, das Testament war vollständig verweltlicht worden.[54]
Philippe Ariès erkennt in der Veränderung der Funktion der Testamente, im Gegensatz zur Entchristianisierungsthese von Vovelle, ein neues Vertrauen des Sterbenden zu seiner Familie, da die emotionalen Willensäußerungen nun mündlich vorgenommen werden. Durch dieses „Vertrauenschenken“ gab der Sterbende einen Teil seiner Machtbefugnisse an die Angehörigen ab, obschon die Organisation der Sterbezeremonie noch immer in seiner Hand lag.
Das Verhalten der am Sterbeprozess Beteiligten, die in früheren Jahrhunderten passiv und ins Gebet vertieft waren, veränderte sich ebenfalls. Mit diesem Verhalten meint Ariès, so wie ich ihn verstehe, die Veränderung des Trauerverhaltens.[55] Dieses hatte vom Mittelalter bis zum 18. Jahrhundert einen doppelten Zweck.
Der erstere zwang die Familie des Gestorbenen, für eine gewisse Zeit Schmerz angesichts des Todes zu empfinden, was sie aber laut Ariès manchmal gar nicht empfanden.[56]
Der zweite Zweck des Trauerverhaltens war, den Hinterbliebenen mit ihrem Schmerz nicht allein zu lassen, sie in Schutz zu nehmen. Philippe Ariès dazu: „Sie drängte ihm eine bestimmte Art von Gemeinschaftsleben auf, Besuche von Angehörigen, Nachbarn und Freunden, die man ihm schuldig war und bei denen er seinen Schmerz freien Lauf lassen konnte, ohne dass jedoch dessen Äußerung eine durch Schicklichkeitsgrenzen fixierte Schwelle überschritten hätte.“[57]
Im 19. Jahrhundert wurde diese zitierte Schwelle nicht mehr respektiert, die Trauer wurde nun prahlerisch zur Schau gestellt, man weinte, fiel in Ohnmacht, fastete und siechte dahin. Ariès nennt diese Epoche im 19. Jahrhundert die Übertreibung der Trauer, wobei heutige Psychologen diese Zeit sogar als hysterisch beschreiben. Der Autor sieht in dieser Übertreibung die Widerwilligkeit der Menschen, den Tod des Anderen hinzunehmen. Der Tod des Anderen scheint nunmehr gefürchteter als der eigene Tod.[58]
5.6 Der verwilderte Tod
Philippe Ariès versteht unter dem „wilden“ oder verwilderten Tod den verbotenen Tod der modernen Zeit. Dieser habe sich am Ende des ersten Drittels des 20. Jahrhunderts etabliert. Es sei eine brutale Revolution der traditionellen Gefühle und Empfindungsweisen, der vertraute und gezähmte Tod verschwindet, er wird tabuisiert und zum verbotenen Objekt.[59] Den Beginn dieses Verhaltens sieht Ariès in dem Empfinden, den Sterbenden die Schwere seines Zustandes vorzuenthalten, die Wahrheit wurde somit fragwürdig.[60]
Der Autor benennt zwei Motive für das eben erwähnte; zum einen den Wunsch, den Kranken zu schonen, ihm die Schwere seiner Krankheit zu verheimlichen; zum anderen, der Umgebung des Kranken, der Gesellschaft, die gefühlsmäßige Belastung zu ersparen.
Die beschriebene Entwicklung nimmt in den Jahren 1930 bis 1950 noch einmal drastisch zu. Ein Grund dafür sei die Verschiebung des Ortes des Todes. Die Menschen sterben nicht mehr traditionell, also zu Hause in ihrem Bett, umgeben von ihren liebsten Angehörigen und Freunden, sondern man stirbt nunmehr öfter im Krankenhaus oder in Pflegeheimen, eher allein und in steriler Umgebung.
Während der Sterbende in früheren Jahren selbst der Organisator seines eigenen Todes war, ist diese Initiative auf den Arzt oder das Pflegepersonal übergegangen.[61]
Der „wilde“ Tod ist der Tod im Krankenhaus, ohne eine traditionelle rituelle Zeremonie abgehalten, mit Maschinen im Hintergrund. Gefühlsmäßige Regungen am Sterbebett sind weniger oder ganz gewichen, einzig im Privaten kann laut Ariès noch getrauert werden.
Wir sehen hier also eine Entwicklung, welche Philippe Ariès vom frühen Mittelalter bis in die heutige Zeit unersucht hat. Er benennt den traditionellen, vertrauten Tod den gezähmten Tod. Dieser Tod, im Kreise seiner Angehörigen zu sterben, um alles wissend, das Ende seines Lebens fühlend erscheint Ariès als guter Tod.[62]
Dazu im schroffen Gegensatz steht der „wilde“ Tod, der verbotene, tabuisierte Tod der modernen Zeit; der Tod im Krankenhaus, der Tod als Belästigung des Lebens und als gefühlte Peinlichkeit.
[...]
[1] Ich habe diese herausgegriffen, um Veränderungen in Denkweisen zu veranschaulichen. Im Grunde hätten auch noch weitere Forscher hinzugezogen werden können, allerdings reicht dieser Umfang aus, um Grundtendenzen darzustellen.
[2] Obwohl auch diese sogenannte Umgebung „Natur“ Teil des menschlichen Lebens ist, dazu gleich mehr.
[3] Es besteht ein Zwang für das Kind, bestimmte Muster und Verhaltensweisen sowie die Sprache zu internalisieren, um überhaupt überleben zu können. Dieser Begriff „Zwang“ soll aber nicht missgedeutet werden, ich verstehe unter diesem einen weniger wertenden Begriff als vielmehr einen beschreibenden von Geschehenszusammenhängen.
[4] In der heutigen Zeit ist es eher die Regel, dass selbst Jugendliche noch nie einen Toten im Verwandtenkreis zu betrauern hatten. Somit scheinen auch bestimmte Verhaltensweisen nicht mehr so antrainiert, wie es vielleicht in früheren Jahrhunderten der Fall war, dem wird nachzugehen sein.
[5] Ariès, Philippe: Studien zur Geschichte des Todes im Abendland, 1. Aufl., München/Hanser 1976, S. 25
[6] Ich benutze diesen Begriff in Anlehnung an das Figurationsmodell von Norbert Elias, welches er im Buch: „Was ist Soziologie?“ auf den Seiten 10 und 11 erläutert. Er stellt Figurationen bzw. Interdependenzgeflechte von Menschen dar, die kraft ihrer elementaren Ausgerichtetheit, ihrer Angewiesenheit und ihrer Abhängigkeit voneinander auf die verschiedenste Art und Weise aneinander gebunden sind. (Zum Beispiel in der Familie, der Nachbarschaft, in Städten und Dörfern, Staaten, religiösen Gemeinschaften o.ä.)
[7] Dieses veranschaulicht immer noch die fehlenden Sprach und Denkmittel unserer Zeit, wenn es sich um Entwicklungsvorgänge der Menschheit handelt. Hier wird der Einfluss naturwissenschaftlichen Denkens auch auf die Menschenwissenschaften deutlich; ich möchte damit sagen, dass man, wenn man vom Wandel spricht unausgesprochen davon ausgeht, dass sich etwas auch nicht wandeln kann. Hierbei wäre es angemessener, davon auszugehen, dass sich Menschengesellschaften in einem fortwährenden Fluss befinden. Allerdings spreche ich auch weiterhin vom Wandel einer Gesellschaft, da andere Begriffe für dieses eben aufgezeigte Problem noch nicht zur Verfügung stehen.
[8] Boockmann, Hartmut: Einführung in die Geschichte des Mittelalters, 7. Aufl., München/C. H. Beck 2001, S. 13
[9] Ebd., S. 13/14
[10] Diese wurden von Georg Horn (1620-1670) sowie Christoph Celarius (1638-1707) verfasst.
[11] Vgl. Boockmann, H.: Einführung, S. 14
[12] So fragt Hartmut Boockmann dann auch schlussendlich nach der Notwendigkeit eines universalhistorischen Zeitalterbegriffs.
[13] Ohler, Norbert: Sterben und Tod im Mittelalter, 1. Aufl., Düsseldorf/Patmos 2004, S. 18
[14] Ebd., S. 28
[15] Mischke, Marianne: Der Umgang mit dem Tod. Vom Wandel in der abendländischen Geschichte, 1. Aufl., Berlin/Reimer 1996, S. 28
[16] Norbert Ohler nennt hier Cholera, Diphterie, Fleckfieber, Grippe, Keuchhusten, Lepra, Malaria, Masern, Mumps, Pocken, Ruhr, Tollwut, Tuberkolose, Typhus, Wundstarrkrampf
[17] Bergdolt, Klaus: Der schwarze Tod in Europa. Die große Pest und das Ende des Mittelalters, 5. Aufl., München/C. H. Beck 2003, S. 10
[18] Vgl. Ohler, N.: Sterben, S. 25
[19] Ebd., S. 26
[20] Ebd., S. 25
[21] Ebd., S. 26
[22] Vgl. Mischke, M: Umgang, S. 29. Vierzig bis fünfzig Prozent der Menschen starben vor dem 10. Lebensjahr. Etwa die Hälfte der geborenen Kinder erreichten das 15. Lebensjahr nicht.
[23] Elias, Norbert: Über die Einsamkeit der Sterbenden in unseren Tagen, 1. Aufl., Franfurt a. M./Suhrkamp 1982, S. 25
[24] Vgl. Ohler N.: Sterben, S. 52
[25] Vgl. Ariès P.: Studien, S. 20
[26] Ebd. S. 20
[27] Ebd. S. 22
[28] Erst zwischen dem 18. und 19. Jahrhundert erhoben Ärzte erste Klagen über überfüllte Sterbezimmer und damit einhergehende mangelnde Hygiene.
[29] Generalbeichte, Kommunion und die letzte Ölung
[30] Vgl. Mischke, M.: Umgang, S. 42
[31] Ebd. S. 42/43
[32] Es ist nur noch der Vorname des Schriftstellers und Dichters bekannt.
[33] Duby, Georges: Guillaume le Maréchal oder der beste aller Ritter, 6. Aufl., Frankfurt a. M./Suhrkamp 2002, S. 41
[34] Ebd., S. 17
[35] Ebd., S. 27
[36] Ebd. S. 28
[37] Ebd., S. 30
[38] Diers, Michaela: Vom Nutzen der Tränen. Über den Umgang mit Leben und Tod im Mittelalter und heute, 1. Aufl., Köln/Dumont, S. 162
[39] Vgl. Ariès P.: Studien, S. 20
[40] Ebd. S. 31
[41] Vgl. Mischke, M.: Umgang, S. 53
[42] Vgl. Ariès P.: Studien, S. 32/33
[43] Ebd., S. 33
[44] Ebd., S. 34
[45] Ebd., S. 35/36
[46] Ebd., S. 36
[47] Ebd., S. 42
[48] Ebd., S. 44
[49] Ebd., S. 44
[50] Ebd., S. 44
[51] Ebd., S. 44
[52] Ebd., S. 45
[53] Ebd., S. 45/46
[54] Ebd., S. 47
[55] Ich werde auf den Wandel des Trauerverhaltens später noch einmal ausführlicher eingehen.
[56] Ebd., S. 48
[57] Ebd., S. 49
[58] Ebd., S. 49
[59] Ebd., S. 57
[60] Ebd, S. 57
[61] Auf die Veränderung der Funktion des Krankenhauses werde ich später noch einmal ausführlicher eingehen.
[62] Ob dieser Tod wirklich besser war bzw. ob man als Wissenschaftler eine solche Bewertung in seine Forschungen mit einfließen lassen sollte, werde ich an späterer Stelle diskutieren.
- Quote paper
- Lars Neumann (Author), 2006, "Wild" oder "Gezähmt"? - Über die Veränderung gesellschaftlicher Vorstellungen vom Tod, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70662
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