Bei der syntaktischen Beschreibung eines Satzes kommt man nicht umhin, sich näher mit der Kategorie Verbund seinem direkten Umfeld auseinanderzusetzen. Dabei stößt man auf die Tatsache, dass Verben, manche mehr, manche minder, von diesem Umfeld zehren. Mit dieser Beobachtung beschäftigt sich die Valenzgrammatik, deren Namen man aus der Chemie entlehnt hat: wie auch Atome andere Atome brauchen, um vollwertig zu sein, bedürfen auch Verben Partner, um semantisch vollständig zu erscheinen. Lucien Tesnière, der als Vater des modernen Valenzbegriffs gilt, schlug als erster eine semantische umfassende Klassifikation von Verben vor. Seither beschäftigen sich die verschiedensten Grammatiken mit Begriffen wie Handlungsrolle, Aktant, Mitspieler des Verbs, Stelligkeit etc. Mit unterschiedlichen Ansätzen will man die Regelmäßigkeiten und Besonderheiten der reziproken Relation zwischen Verb und seinem sprachlichen bzw. textuellen Umfeld untersuchen und erklären. Auf zwei dieser Ansätze soll hier näher eingegangen werden. Es soll auch auf die Schwierigkeiten einer Kategorisierung hingewiesen werden.
Im ersten Kapitel soll aufgezeigt werden, wie sich Harald Weinrich in seiner Textgrammatik der deutschen Sprache mit dem Thema Verbvalenz auseinandersetzt, insbesondere auf das Stichwort Handlungsrollen(1.1), anhand derer er die Verben kategorisiert. In 1.2. wird die Verbvalenz selbst besprochen werden - welche Arten von Valenz nach Weinrich auftreten können und, wie sie zu erklären sind. Im Gegensatz zu Weinrichs semantikbetonter Abhandlung über die Wertigkeit von Verben, geht Eisenberg in seinem Kapitel Das Verb, Argumente und Satzstruktur von einer syntaktischen Valenz aus (2.), was zu einigen Unterschieden bezüglich der Anzahl und Art der vom jeweiligen Verb bemühten Mitspieler führt, worauf noch einmal explizit in meinem letzten Kapitel hingewiesen wird.
Inhalt
Einleitung
1. Weinrich ,Das Verb und sein Umfeld’: Handlungsrollen
1.1. Gesprächsrolle – Handlungsrolle
1.2. Verbvalenz
2. Eisenberg, Das Verb: Valenz, Argumente und Satzstruktur
2.1. Stelligkeit
2.2. Argumentstruktur
3. Vergleich
3.1. Präpositionalgruppen als Valenzträger?
3.2. Semantische Merkmale der Handlungsrollen bei Weinrich
Schluss
Literaturverzeichnis
Einleitung
Bei der syntaktischen Beschreibung eines Satzes kommt man nicht umhin, sich näher mit der Kategorie Verb und seinem direkten Umfeld auseinanderzusetzen. Dabei stößt man auf die Tatsache, dass Verben, manche mehr, manche minder, von diesem Umfeld zehren. Mit dieser Beobachtung beschäftigt sich die Valenzgrammatik, deren Namen man aus der Chemie entlehnt hat: wie auch Atome andere Atome brauchen, um vollwertig zu sein, bedürfen auch Verben Partner, um semantisch vollständig zu erscheinen. Lucien Tesnière, der als Vater des modernen Valenzbegriffs gilt, schlug als erster eine semantische umfassende Klassifikation von Verben vor[1]. Seither beschäftigen sich die verschiedensten Grammatiken mit Begriffen wie Handlungsrolle, Aktant, Mitspieler des Verbs, Stelligkeit etc. Mit unterschiedlichen Ansätzen will man die Regelmäßigkeiten und Besonderheiten der reziproken Relation zwischen Verb und seinem sprachlichen bzw. textuellen Umfeld untersuchen und erklären. Auf zwei dieser Ansätze soll hier näher eingegangen werden. Es soll auch auf die Schwierigkeiten einer Kategorisierung hingewiesen werden.
Im ersten Kapitel soll aufgezeigt werden, wie sich Harald Weinrich in seiner Textgrammatik der deutschen Sprache mit dem Thema Verbvalenz auseinandersetzt, insbesonders auf das Stichwort Handlungsrollen (1.1), anhand derer er die Verben kategorisiert. In 1.2. wird die Verbvalenz selbst besprochen werden – welche Arten von Valenz nach Weinrich auftreten können und, wie sie zu erklären sind.
Im Gegensatz zu Weinrichs semantikbetonter Abhandlung über die Wertigkeit von Verben, geht Eisenberg in seinem Kapitel Das Verb, Argumente und Satzstruktur von einer syntaktischen Valenz aus (2.), was zu einigen Unterschieden bezüglich der Anzahl und Art der vom jeweiligen Verb bemühten Mitspieler führt, worauf noch einmal explizit in meinem letzten Kapitel hingewiesen wird.
1. Weinrich ,Das Verb und sein Umfeld’: Handlungsrollen
In dem Kapitel ‚Handlungsrollen’[2] beschäftigt sich Weinrich mit der semantischen und grammatischen Rollenverteilung wie sie in Texten vorkommt, und schließt von diesem Blickwinkel aus auf den Gebrauch der jeweiligen Kasus. Zunächst soll näher bestimmt werden, was mit dem Begriff der Rolle nach Weinrich gemeint ist.
1.1. Gesprächsrolle – Handlungsrolle
Laut Weinrich gibt es in Situationen der Kommunikation, also vor allem in Gesprächssituationen, drei mögliche Rollen: die des Sprechers (ich, wir), des Hörers (du, ihr, Sie) und als dritte Möglichkeit die sogenannte Referenzrolle (er, sie, es, sie pl.). Die ersten beiden werden in einem Dialog ständig neu besetzt: einmal ist der eine Sprecher und der Gesprächspartner Hörer, dann wieder umgekehrt – so befindet sich das ‚ich/wir’ bzw. du/ihr/Sie stets im Wechsel. Anders die Referenzrolle, die sich ja auf alles und jeden außerhalb des Austausches stehenden bezieht und somit beständiger ist als Sprecher- und Hörerdeixis.
Weinrich beschreibt außer den Gesprächsrollen noch die sogenannten Handlungsrollen. Sie stehen im Deutschen für das komplexe Verhältnis zwischen dem Verb und den Gesprächsrollen. Die Handlungsrolle beschreibt das textuelle bzw. sprachliche Umfeld des regierenden Verbs, sie wird auch Aktant oder Mitspieler des Verbs genannt. In der deutschen Sprache sind Gesprächs- und Handlungsrolle immer verschmolzen. Die Beziehung zwischen den Rollen und dem Verb soll an folgendem Beispiel verdeutlicht werden:
B1 a) Ich kenne dich b) Mich kennst du
Sprecher Hörer Sprecher Hörer
Obwohl sich in beiden Sätzen nichts an den Gesprächsrollen geändert hat, bedeutet a) natürlich nicht dasselbe wie b), womit wir bei der Notwendigkeit der Bestimmung von Handlungsrollen angelangt sind:
B2 a) Ich kenne dich b) Mich kennst du
Sprecher Hörer Sprecher Hörer
Subjekt Objekt Objekt Subjekt
Die Handlungsrollen ändern sich und das Verb kennen folgt hier in seiner Bedeutung und Richtung dieser Änderung. Wie man auch an dem Beispiel sieht, werden die Handlungsrollen durch die Kasus (und manchmal durch Wortfolge) markiert. Weinrich unterscheidet zwischen Subjekt, Objekt und Partner, wobei mit der Bezeichnung Objekt ausschließlich das Akkusativobjekt gemeint ist, das Dativobjekt läuft bei Weinrich unter Partner.
Somit ergeben sich für Gesprächs- und Handlungsrollen folgende Kombinationen[3]:
SPRECHER SPRECHER SPRECHER
SUBJEKT OBJEKT PARTNER
HÖRER HÖRER HÖRER
SUBJEKT OBJEKT PARTNER
REF.ROLLE REF.ROLLE REF.ROLLE
SUBJEKT OBJEKT PARTNER
1.2. Verbvalenz
Die Wertigkeit eines Verbs definiert sich bei Weinrich somit durch die Art (qualitative Valenz) und die Menge (quantitative Valenz) der Handlungsrollen, die das jeweilige Verb mindestens bei sich haben muss.
Weinrich unterscheidet die folgenden vier Valenzen[4]:
S-Valenz S-P-Valenz S-O-Valenz S-O-P-Valenz
einwertig zweiwertig zweiwertig dreiwertig
(S = Subjekt; P = Partner (Dativobjekt); O = Objekt (Akkusativobjekt))
Auf dieser Basis gibt es also ein-, zwei- und dreiwertige Verben. Ein über- bzw. unterwertiger Gebrauch ist damit nicht ausgeschlossen, jedoch hat ein jedes Verb eine endgültige Valenz, unter der es auch im Valenzwörterbuch verzeichnet ist.
Alle Verben müssen obligatorisch die Handlungsrolle Subjekt bei sich zulassen Bei den Verben, die nur das Subjekt als einzige Handlungsrolle bei sich haben, also bei subjektvalenten Verben unterscheidet Weinrich zwischen einfachen Prädikaten und solchen, die um ein Prädikament erweitert werden müssen (Kopulaverben).
[...]
[1] Eisenberg: 58
[2] Weinrich: 108
[3] Weinrich: 109
[4] Weinrich:110
- Citar trabajo
- Rike Pätzold (Autor), 2004, Verbvalenz: Spezifische Themen in einschlägigen Grammatiken, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70593
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