Die zunehmende Vernetzung in der Wirtschaft macht eine dynamische Betrachtung und Kontrolle von Unternehmen erforderlich. Die Nutzung von Geschäftsprozessmodellen kann diese dynamische Sichtweise unterstützen. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es daher zu untersuchen, inwiefern domänenspezifische Sprachen einen Beitrag zur Vereinfachung des Managements betrieblicher Abläufe leisten können. Wo liegen die Chancen, aber auch die Nachteile bei der Verwendung dieses Sprachkonzepts in der Modellierung? Das erste Kapitel dieser Arbeit beschäftigt sich zunächst mit den grundlegenden Eigenschaften domänenspezifischer Sprachen. Hierauf aufbauend geht das folgende Kapitel gezielt auf das Geschäftsprozessmanagement ein, welches auf domänenspezifische Aspekte hin untersucht wird. Weiterhin werden allgemeine Anforderungen an eine entsprechend zu nutzende Modellierungssprache gestellt. Schließlich werden die aufgestellten Sprachkriterien auf ein Beispiel aus der Praxis, die graphische Modellierungssprache BPMN, bezogen.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Domänen, Domänenspezifische Sprachen und Modellieren
3 Das Domänenkonzept im Geschäftsprozessmanagement
3.1 Die Domänen des BPM
3.2 Die Domäne WFM im BPM
3.3 Spezifische Sprachen für WFMS
4 Business Process Management Notation (BPMN)
4.1 Überblick über die Sprachelemente
4.2 Beurteilung
5 Fazit
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Die zunehmende Vernetzung in der Wirtschaft macht eine dynamische Betrachtung und Kontrolle von Unternehmen erforderlich. Die Nutzung von Geschäftsprozessmodellen kann diese dynamische Sichtweise unterstützen (s. Beitrag „Geschäftsprozessmodellierung“ dieser Seminarreihe).
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es daher zu untersuchen, inwiefern domänenspezifische Sprachen einen Beitrag zur Vereinfachung des Managements betrieblicher Abläufe leisten können. Wo liegen die Chancen, aber auch die Nachteile bei der Verwendung dieses Sprachkonzepts in der Modellierung?
Das erste Kapitel dieser Arbeit beschäftigt sich zunächst mit den grundlegenden Eigenschaften domänenspezifischer Sprachen. Hierauf aufbauend geht das folgende Kapitel gezielt auf das Geschäftsprozessmanagement ein, welches auf domänenspezifische Aspekte hin untersucht wird. Weiterhin werden allgemeine Anforderungen an eine entsprechend zu nutzende Modellierungssprache gestellt. Schließlich werden die aufgestellten Sprachkriterien auf ein Beispiel aus der Praxis, die graphische Modellierungssprache BPMN, bezogen. Ein letztes Kapitel wird die gewonnenen Ergebnisse zusammenfassen und die Arbeit in Form eines Fazits zum Abschluss bringen.
2 Domänen, Domänenspezifische Sprachen und Modellieren
Unter einer Domäne versteht [Wik01] ein abgrenzbares Fachgebiet. Das Einbetten dieser abstrakten Definition in einen sachspezifischen Kontext macht eine Domäne fassbar. So kann zum Beispiel ein Unternehmen als Domäne in der Gesamtwirtschaft aufgefasst werden.
Basierend auf einer vorliegenden Domäne kann eine domänenspezifische Sprache (DSL) entwickelt werden. Eine DSL definieren [DKV00, Kap. 2] allgemein als „... a programming language or executable specification language that offers, through appropriate notations and abstractions, expressive power focused on, and usually restricted to, a particular problem domain.“
Wesentliche Charakteristika einer DSL sind also ihre Fokussierung auf die Zieldomäne sowie ihre Ausdrucksstärke und Eindeutigkeit. Dies kann auch am Konzept des „Language Level“([Jon96]) verdeutlicht werden, welches die Ausdrucksmächtigkeit von Programmiersprachen beschreibt. Hiernach haben DSLs im allgemeinen ein höheres Level als generative Sprachen (General Purpose Language - GPL)[1] und sind dementsprechend mächtiger. Gerade diese Charakteristika machen den Einsatz einer DSL zu Modellierungszwecken reizvoll.
[Hol01] sieht als vorrangiges Ziel der Modellierung, eine im semiotischen Sinne eindeutige Beziehung zwischen Modell und Modellnutzer herzustellen. Zum einen soll sich ein Modell nur auf wesentliche Sachverhalte beziehen, was durch eine fokussierte Sicht auf den zu modellierenden Sachverhalt erreicht werden kann. Weiterhin bedarf es der Eindeutigkeit der verwendeten Begriffe, um eine sowohl semantisch als auch syntaktisch eindeutige Beziehung zu ermöglichen. Während jede beliebige in sich schlüssig aufgebaute und korrekt angewandte Sprache den syntaktischen Anforderungen genügt, kann gerade eine domänenspezifische Sprache die Zweckorientierung und die eindeutige Semantik des Modells unterstützen. Der Einsatz einer DSL als Modellierungstechnik ermöglicht es Domänenexperten, Modelle zu entwerfen, ohne auf technische Details eingehen zu müssen bzw. zu können. [DKV00] weisen weiterhin darauf hin, dass sich aus dem terminologischen Sprachkonzept heraus eine hohe Selbstdokumentationsfähigkeit des Modells und eine erhöhte Produktivität in der Entwicklung und Kontrolle ergibt. Allerdings sehen sie durch den Einsatz einer DSL auch entstehende Nachteile. Diese ergeben sich vor allem durch erhöhte Kosten für die Entwicklung der Sprache selbst und das entsprechende Training von Mitarbeitern. Weitere Schwierigkeiten liegen in der Abgrenzung der relevanten Domäne und einer entsprechenden Balance zwischen domänenspezifischen und generischen Sprachelementen (vgl. auch [DeKa98]).
Einen Überblick über DSLs aus verschiedensten Domänen gibt [Wik02]. Auffällig ist hier, dass diese vor allem im Bereich der Informationstechnologie angesiedelt sind. Im Folgenden wird erörtert, inwiefern das Konzept einer DSL auch in dem wirtschaftsbezogenen Kontext der Entwicklung und Steuerung betrieblicher Abläufe Verwendung finden kann.
3 Das Domänenkonzept im Geschäftsprozessmanagement
Die genannten positiven Eigenschaften einer DSL können in der Modellbildung nur dann ausgenutzt werden, wenn der zu modellierende Sachverhalt, in diesem Fall ein betrieblicher Ablauf, domänenspezifische Aspekte aufweist und die DSL diese Aspekte abdecken kann (vgl. 2). Aus diesem Grund wird an dieser Stelle zunächst das Management von Geschäftsprozessen vorgestellt, um darin abgrenzbare Bereiche und damit Domänen aufzudecken.
3.1 Die Domänen des BPM
Zentraler Begriff des Geschäftsprozessmanagements (BPM) ist der Geschäftsprozess. In der Literatur existiert keine eindeutige Definition, allerdings lassen sich einige wesentliche Aspekte aufzeigen. So schreibt [Gai04, Sp. 1212]
„Ein Prozess ist eine zeitlich und räumlich spezifisch strukturierte Menge von Aktivitäten mit einem Anfang und einem Ende sowie klar definierten Inputs und Outputs.“
Wichtiger Aspekt eines Geschäftsprozesses ist die Kundenorientierung. Während so genannte Kernprozesse zumeist auf externe Kunden ausgerichtet sind, sollen Subprozesse interne Kunden (wie z.B. auch andere Geschäftsprozesse) bedienen ([Gai04, Sp. 1213]).
Innerhalb des BPM lassen sich verschiedene Domänen abgrenzen. So wird zwischen einem Geschäftsprozess als abstrakte Beschreibung der Aktivitäten eines Unternehmens und einem Workflow als Instanz eines Geschäftsprozesses mit dem Fokus auf dessen tatsächliche Ausführung unterschieden ([RuZu96, S. 5], [WMC95, S. 6], [RiSt04, S. 28]). Der Vorgang des Geschäftsprozessmanagements wird über ein Geschäftsprozessmanagementsystem (BPMS) gesteuert. [AHW03, S. 5] verstehen die Erstellung und die Anwendung eines BPMS als einen zyklischen Ablauf von Diagnose, Design, Konfiguration und Ausführung der Prozesse eines Unternehmens. Ein Workflow Management System (WFMS) übernimmt dabei den Aufgabenteil der Konfiguration und Ausführung. Es soll den betrieblichen Ablauf im Detail koordinieren und notwendige IT- und Humanressourcen automatisiert bereitstellen ([WMC95, S. 6]). Es kann Designelemente aufweisen, um Detaillösungen zu erstellen, ist jedoch nicht als Diagnosewerkzeug einzusetzen. Im optimalen Fall greifen Analyse- und Designkomponente sowie Konfigurations- und Ausführungskomponente (also das WFMS) des BPMS nahtlos in einander. Allerdings muss aufgrund der verschiedenen Perspektiven der genutzten Modelle an den Schnittstellen eine Transformation in Bezug auf die Modellierungstechnik, das Layout und den Modellfokus vorgenommen werden ([BRU00, S. 42 ff]). Diese Transformation ist notwendig, da auf der Ebene eines Workflows (im Gegensatz zur Ebene des Geschäftsprozesses) besonders der Gedanke der Automatisierbarkeit wesentlich ist ([RiSt04, S. 28]).
In der Geschäftsprozessmodellierung nimmt ein Modellierer eine eher unternehmensstrategische Position ein. Er benötigt folglich vor allem Expertenwissen im Bereich der Geschäftsführung des Unternehmens. Dagegen ist das Anforderungsprofil an den Modellierer eines WFMS wesentlich technischer. Es muss sich mehr mit Details der Arbeitsabläufe auseinander setzen als mit Fragestellungen des Toplevel Managements.
Die bisherigen Erörterungen haben gezeigt, dass mehrere Domänen innerhalb des BPM existieren. Der folgende Abschnitt befasst sich näher mit der eher technischen Domäne des Workflow Managements (WFM). Es werden Anforderungen an das WFMS diskutiert, woraus sich dann spezifische Anforderungen an die zu verwendende Modellierungstechnik ergeben.
3.2 Die Domäne WFM im BPM
Ziel eines WFMS ist die Koordination und Kontrolle der Workflows eines Unternehmens durch die Integration von vorhandenen Anwendungssystemen und Maschinen sowie die methodische Indoktrination der Mitarbeiter (vgl. auch Beitrag 13 dieser Seminarreihe). Das WFMS arbeitet somit, aus Sicht der drei Einsatzfaktoren (IT, Maschine und Mitarbeiter), auf einer Metaebene. Während funktional orientierte IT-Anwendungen auf Daten zurückgreifen, Maschinen physische Ressourcen nutzen und Mitarbeiter sowohl Applikationen als auch Maschinen verwenden, ist das WFMS für die Transition zwischen den bearbeitenden Instanzen verantwortlich ([Müh03, S. 263 f], [RiSt04, S.138]). Es findet also ein Paradigmenwechsel von reiner Bearbeitung hin zur Steuerung statt. Das WFMS ist folglich auf einer Ebene zwischen dem abstraktem Geschäftsprozess und der letztendlichen Ausführung der notwendigen Aktivitäten angesiedelt.
Die Anforderungen an das WFMS resultieren somit zum einen aus der zielorientierten Struktur des zugrunde liegenden Geschäftsprozesses und zum anderen aus der technischen Vielfalt und Flexibilität, welche für die letztliche Abarbeitung der Arbeitsschritte notwendig sind. Die genaue Positionierung der Domäne des WFMS zwischen diesen beiden Extremen ist ein entscheidender Faktor der Operabilität. Hier ergeben sich erstens die Frage nach den zu übernehmenden Aufgaben des WFMS und zweitens Überlegungen zu dem Detailgrad, in dem die gewählten Aufgaben modelliert und schließlich automatisiert werden sollen.
Während sich die allgemeine Aufgabe eines WFMS einfach erschließt, sind mögliche Teilaufgaben recht vielfältig. So kann das WFMS nach [RiSt04, S. 32] verschiedene Funktionen übernehmen, wie z.B.:
- die Verbesserung der Prozessabwicklung,
- Rationalisierung,
- Kontrolle,
- Verteilung des Arbeitsflusses und
- Implementierung und Aufrechterhaltung der ISO 9000[2].
Darüber hinaus nennt [Rei03, S. 32 ff.] noch:
- Mitarbeitertrainung und -einarbeitung,
- Simulation und Analyse,
- Dokumentation und
- Informationsmanagement (z.B. als Informationsplattform der Unternehmensführung).
Diese Vielzahl möglicher Aufgaben erfordert unterschiedlichste zu implementierende Begriffe und Regeln des Modells. Während zum Beispiel Prozessverbesserung und Rationalisierung eher einer Klassifikation der Resourcen bedürfen, sind für das Qualitätsmanagement modellierte Produkteigenschaften relevant. Diese verschiedenen Aspekte müssen in der genutzten Modellierungstechnik begrifflich abgedeckt sein. Die unterschiedliche Positionierung des WFMS führt also auch zu verschiedenen Anforderungen an die Modellierungssprache.
In der Frage nach der Detailtiefe des Modells und damit einhergehend nach dem daraus entstehenden WFMS betonen [BeKa03, S. 5] die Wichtigkeit sozialer Faktoren in Unternehmen.
[...]
[1] Man vergleiche in der Quelle zum Beispiel das Language Level der DSL HTML mit dem der generischen Sprache C
[2] Internationale Normen des Qualitätsmanagements von Unternehmen
- Citation du texte
- Ludger Jußen (Auteur), 2006, Domänenspezifische Sprachen für betriebliche Abläufe - Vor- und Nachteile am Beispiel von BPMN, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70574
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