Supervision und Coaching als Beratungsmethoden zur Reflexion und/oder Weiterentwicklung der beruflichen Tätigkeit und Handlungskompetenzen, haben jedenfalls ihren Ursprung in Form des persönlichen Kontaktes, bei dem sich ein/e oder mehrere KlientInnen und ein/e oder mehrere BeraterInnen im selben Raum befinden.
Aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung, zunehmend mehr moderne Technik für Kommunikationszwecke zu nutzen, stellt sich die Frage, ob auch in der Beratung diesbezügliche Anpassungen vorzunehmen sind.
In der folgenden Arbeit werden wir als Ergebnis des ersten (theoretischen) Teils erkennen, dass die wesentlichen Elemente von interpersonellen Beratungssettings - speziell der systemischen Beratung, aber auch Elemente des humanistischen und des gestalttheoretischen Ansatzes - grundsätzlich bei der Fernberatung direkt, oder in abgewandelter Variation, realisierbar erscheinen.
Im zweiten (informativen) Teil wird durch eine Auflistung und Differenzierung einiger zur Zeit am Markt vorhandenen Formen von Fernberatung klar ersichtlich, dass die Möglichkeiten der neuen Medien noch nicht hinlänglich ausgeschöpft werden. Dabei fokussiere ich auf den Markt des Coachings und der Supervision und verzichte bewusst – zum Zweck der Übersichtlichkeit – auf den Bereich der Telefonseelsorge und parallel stattfindende Entwicklungen im sozialpädagogischen Beratungsbereich.
Im dritten (empirischen) Teil zeigt eine Stichprobenerhebung mittels Fragebogen und Auswertung der Akzeptanz diverser Beratungs- und Fernberatungsmöglichkeiten in einer gemischten KundInnen- und BeraterInnengruppe, dass bezüglich Fernberatung wegen des von vorneherein nicht zwingend erforderlichen persönlichen Kontaktes grundsätzlich Bedenken bestehen, aber dennoch Fernberatung angenommen werden würde.
Im vierten (praktischen) Teil zeigt die Darstellung eines Modells, dass die Theorie mit den Bedürfnissen der befragten Personen in Einklang gebracht werden kann.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Intention
1.2 Zielsetzung
1.3 Aufbau der Arbeit
2 Beratungstheoretische Einführung
2.1 Begriffsbestimmungen und Eingrenzung zum Thema Fernberatung
2.1.1 Der Begriff „online“
2.1.2 Der Begriff „Coaching“
2.1.3 Was unterscheidet Coaching von Supervision?
2.2 Historische Betrachtung der Entwicklung von Beratungssettings
2.2.1 Entwicklung von Coaching
2.2.2 Entwicklung von Supervision
2.2.3 Resümee zur Entwicklung von Supervision und Coaching
2.2.4 Der „Online- Coach“- ein etwas anderer Zugang
2.3 Methoden in der Beratung und forschungstheoretische Ansätze
2.3.1 Kommunikation allgemein
2.3.2 Die Bedeutung verschiedener Beratungsansätze
2.3.3 Humanistische Grundprinzipien Einschub: Das Kanaldiagramm
2.3.4 Interventionen in der Gestalttheorie
2.3.5 Interventionen im Psychodrama
2.3.6 Interventionen in der Systemtheorie
2.4 Das BeraterInnen-KlientInnen-System
2.5 Der äußere Rahmen
3 Marktrecherche zur Fernberatung
4 Hypothesen
5 Untersuchungsmethode
6 Stichprobenerhebung zur Bedürfnislage und Akzeptanz
6.1 Ziel der Befragung
6.2 Auswahlkriterien und Zielgruppe
6.3 Der Fragebogen
6.4 Auswertung und Diskussion
7 Ein Modell der Fernberatung Abkürzungsverzeichnis Glossar
Literaturverzeichnis Anhang 1 Anhang 2
Abstract
Supervision und Coaching als Beratungsmethoden zur Reflexion und/oder Weiterentwicklung der beruflichen Tätigkeit und Handlungskompetenzen, haben jedenfalls ihren Ursprung in Form des persönlichen Kontaktes, bei dem sich ein/e oder mehrere KlientInnen und ein/e oder mehrere Beraterinnen im selben Raum befinden.
Aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung, zunehmend mehr moderne Technik für Kommunikationszwecke zu nutzen, stellt sich die Frage, ob auch in der Beratung diesbezügliche Anpassungen vorzunehmen sind.
Ein Bedürfnis für Online-Beratung in der Berufswelt, oder im weiteren Sinne Fernberatung, könnte etwa durch folgende Umstände ausgelöst werden:
Im beruflichen Kontext sind möglicher Weise immer öfter wichtige Entscheidungen in immer kürzeren Zeiträumen zu treffen. Im geforderten Entscheidungszeitraum ist eine Terminvereinbarung zwischen Coachee und Coach (w/m) in der Regel nicht möglich.
In einer ständig wachsenden Beraterinnengesellschaft, wächst der Wettbewerbsdruck. Die BeratungsHonorarsätze gelangen mehr in den Mittelpunkt der Betrachtung. Fernberatung könnte aufgrund niedrigerer Aufwände bzw. Nebenkosten - sowohl für Beraterinnen, als auch Kundensysteme - günstiger sein.
Fernberatung könnte (je nach praktischer Umsetzung) im Sinn von Effizienz sowohl für das KundInnensystem (als auch möglicher Weise für das Beraterinnensystem) Lücken im zeitlichen Tagesablauf füllen und andere Tätigkeiten nur unwesentlich beeinträchtigen.
Bei Fernberatung besteht - zumindest theoretisch - die Möglichkeit der Anonymisierung der Identität des KundInnensystems. So könnte Online-Coaching etwa von Personen in Anspruch genommen werden, die ein interpersonelles Setting, aus welchen Gründen auch immer, meiden.
In der folgenden Arbeit werden wir als Ergebnis des ersten (theoretischen) Teils erkennen, dass die wesentlichen Elemente von interpersonellen Beratungssettings - speziell der systemischen Beratung, aber auch Elemente des humanistischen und des gestalttheoretischen Ansatzes - grundsätzlich bei der Fernberatung direkt, oder in abgewandelter Variation, realisierbar erscheinen.
Im zweiten (informativen) Teil wird durch eine Auflistung und Differenzierung einiger zur Zeit am Markt vorhandenen Formen von Fernberatung klar ersichtlich, dass die Möglichkeiten der neuen Medien noch nicht hinlänglich ausgeschöpft werden. Dabei fokussiere ich auf den Markt des Coachings und der Supervision und verzichte bewusst - zum Zweck der Übersichtlichkeit - auf den Bereich der Telefonseelsorge und parallel stattfindende Entwicklungen im sozialpädagogischen Beratungsbereich.
Im dritten (empirischen) Teil zeigt eine Stichprobenerhebung mittels Fragebogen und Auswertung der Akzeptanz diverser Beratungs- und Fernberatungsmöglichkeiten in einer gemischten KundInnen- und BeraterInnengruppe, dass bezüglich Fernberatung wegen des von vorneherein nicht zwingend erforderlichen persönlichen Kontaktes grundsätzlich Bedenken bestehen, aber dennoch Fernberatung angenommen werden würde.
Im vierten (praktischen) Teil zeigt die Darstellung eines Modells, dass die Theorie mit den Bedürfnissen der befragten Personen in Einklang gebracht werden kann.
ABSTRACT
Anyway Supervision and Coaching as guidance methods for the reflection and/or further development of professional doing and responsibilities have their origin in form of the personal contact, where one or more clients and one or more advisors are in the same room.
The social development shows an increasing use of modern technologies for communication purposes. So the question arises whether adaptations of consulting methods should be carried out.
A need for online advice in the professional world, or in the broader meaning far advice, could approximately be triggered by the following circumstances:
In the professional context important decisions possibly are to take in shorter and shorter times. As a rule, it is not to get an appointment with the adviser.
In a permanently growing market of consultants the competition is growing too. The fees get more in the centre of the consideration. Far advise is maybe - because of lower costs - for both advisers and clients favourable.
Far advice (in dependence of the practical execution) can close gaps in the definition of efficiency for the customer system (and also for the adviser system) in the daily structure.
During far advice there is the possibility of the anonymization of the identity of the customer system at least theoretical. So online-coaching could be taken up by persons approximately, they - for which reasons also always - avoid an interpersonal setting.
In the first part of the following Master thesis (the theory) we will recognize that the important elements of the interpersonal contact - especially those of the systemic, client centred and parts of the Gestalt theory - may be principally realized in far advise directly or in a variation.
In the second (informative) part gets clearly evident by a listing and distinction of some on the market existing forms of far advice, that the possibilities of the new media are practically not used yet. For this purpose I’ll focus on the market of Coaching and Supervision (in the European definition) and do this without the spiritual welfare by Phone and the parallel occurring development in the casework.
In the third part (the empiric study) a questionnaire elevation of a mixed target group of customers and advisors points, that regarding far advice doubts in principle insist because of the from the start not imperative personal contact, but far advice would nevertheless be accepted .
The description of a model of online-coaching shows in the fourth (practical) part that it is possible, to connect the theory with the needs of the questioned persons.
Danksagungen/Widmungen
Der Autor bedankt sich bei seiner wunderbaren Ehefrau Brigitte Gura, die seine intellektuellen Heimaktivitäten stets ertrug und in der aufwendigen Zeit der Weiterbildung immer, obwohl dadurch mehrbelastet, unterstützend zur Seite stand und dabei ihre eigenen Bedürfnisse zur Weiterbildung zurückstecken musste.
Ich danke meinen Töchtern (1 V2, 12, 14, 17), dass sie mein Leben bereichern, in vielen Feldern Vorbilder sind für mich und mich dazu anregen, durch sozialwissenschaftliche Arbeit an unserer aller Zukunft gestalterisch mitarbeiten zu wollen.
Natürlich bedanke ich mich auch bei meinen Eltern und Großeltern, die mein Leben begründeten und schon in frühen Zeiten dafür sorgten, dass sich bestimmte Synapsen bei mir verknüpften konnten.
Insgesamt bedanke ich mich bei allen Menschen, die mich im Leben begleiteten und von denen ich mir etwas mitnehmen durfte.
Im Speziellen sind dies alle Ausbildungskolleginnen und Trainerinnen, besonders Dr. Wolfgang Fürnkranz, mein Betreuer dieser Masterarbeit und pädagogischer Leiter des Studiums, sowie Mag. Peter Frenzel, mein „Lehrvater“ in meiner früheren Ausbildung zum akademischen Kommunikationstrainer.
Ein besonderer Dank gebührt meinem Freund Werner Stadler (geb. Karigl), welcher der Begründer meines Interesses für Kommunikation ist, indem er mir in einer schwierigen Zeit mit Rat und einem Buch von F Schulz v. Thun „Miteinander Reden 1“ zur Seite stand.
Die Arbeit ist meiner jüngsten Tochter Anastasia gewidmet.
1 Einleitung
Zu allererst etwas bezüglich genderneutraler Schreibweise:
Ich lehne das Verhalten diverser Autorinnen ab, die der Einfachheit halber nur die männliche Schreibweise wählen, dies vorher schriftlich festhalten und glauben, sie hätten dabei korrekt gehandelt!
Solch eine Vorgehensweise erscheint mir ethisch einzustufen, wie etwa folgende Aussage eines Elternteils zu den Kindern: „Liebe Kinder, eigentlich lehne ich Gewalt ab, aber ich bitte um Verständnis, dass ich euch der Einfachheit halber schlagen werde!“
Daher werde ich mich bemühen, Formulierungen geschlechtsneutral zu halten, dort wo dies nicht möglich ist, die gemischte Schreibweise zu wählen, auch wenn der Lesefluss einwenig darunter leiden könnte. Dafür entschuldige ich mich im Vorhinein.
Allgemein hat Beratung in unterschiedlichen Formen und Ausprägungen viele Bereiche der modernen Gesellschaft erreicht. Sind es im Privatbereich etwa Angebote der Lebens- und Sozialberatung oder fachliche Beratungen zu den Themen Gesundheit und Ernährung, Wohnraum und Baubiologie usw., gibt es in der Arbeitswelt viele Varianten der Unternehmensberatung, ergänzt durch zusätzliche Fachberatungen, wie etwa die der Präventionsdienste für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz. Daneben hat sich auch eine Gruppe an beratenden DienstleisterInnen gebildet, welche in den Gebieten der Arbeits- und Wirtschaftspsychologie, oder als FreelancerInnen, in den durch Dachverbände geregelten Feldern der Supervision und des Coachings agieren. Letztere
Beratungstätigkeit soll in dieser Arbeit behandelt werden.
Jeremy Rifkin (2004) formuliert in seinem Buch „Das Ende der Arbeit und ihre Zukunft“, dass nach der industriellen Revolution und durch Forcierung von Automatisierung zur Produktivitätssteigerung, die logische Weiterentwicklung einer Gesellschaft zur Dienstleistungsgesellschaft erfolgt.
Dienstleistungsbereiche unterliegen nun auch einer Art von „Automatisierung“. Bei Büro- und Verwaltungsberufen, die früher noch als unantastbar galten, führte und führt der Einsatz von Computern und Softwareanwendungen neben erheblichen Arbeitserleichterungen auch zum Ersatz menschlicher Arbeit durch „Maschinen“ (vgl. ebd.).
Rifkin (2004) sieht eine weitere Verschiebung der Beschäftigung hin zu sozialen Dienstleistungen, bei der sich Menschen in verschiedenen Angelegenheiten um andere Menschen kümmern, als zukunftssicher, da diese sozialen Tätigkeiten nicht so schnell „automatisiert“ werden können.
Beratungsdienstleistungen wie Coaching, Supervision oder auch Psychotherapie sollten zu derartigen Berufsbildern zählen. Es stellt sich hier die Frage, ob die von Jeremy Rifkin (2004) formulierte Produktivitätssteigerung im „Weiße- Kragen- und Dienstleistungssektor“ nicht doch auch z.B. in der Beratung zu finden ist und in welcher Form. Hier eröffnet sich ein interessantes Feld: Sollte dies der Fall sein, führt dies sein Zukunftsmodell der „sozialen Dienstleistungen“ zum Teil ad absurdum (vgl. Rifkin, 2004, S. 21ff).
So z.B. spricht Negroponte von einer Maschine „[...] die Ihrer Denkweise folgen kann, die im Laufe der gegenseitigen Verständigung Ihre persönlichen Eigenheiten erkennen und sich Ihnen anpassen kann. Ein solcher Apparat könnte Sie beobachten und ein Modell Ihres Gesprächverhaltens entwerfen. [...] Eine Unterhaltung mit dieser Maschine wäre so persönlich, dass durch das Eingehen auf den anderen neue Ideen entstehen würden; Ideen, auf die einer der Gesprächspartner alleine nie gekommen wäre“ (vgl. Negroponte, 1970, S. 11).
Genauer gesagt, ist nicht etwa die Verwendung des Computers zur Erleichterung der mit Beratung verbundenen Verwaltung und Korrespondenz gemeint, sondern es wird die Frage gestellt, ob moderne Kommunikations- und Computertechnik Teile der Beratung ersetzen können, oder effizienter - zeitlich und aufwandsbezogen - werden lassen kann. Im Speziellen geht es hier um das Thema Fernberatung, also Beratung, bei der sich Kundin/Kunde und Beraterin/Berater nicht am selben Ort befinden und - im eigentlichen Wortsinn - körperlich von einander getrennt sind.
Dabei werden bestehende Beratungsmethoden, -Settings und -Schulen dahingehend durchleuchtet, welche Kanäle der Informationsübertragung wie stark genutzt werden, welche Entitäten einen Veränderungsprozess im KundInnensystem begründen, wo theoretisch die Grenzen liegen und was durch Simulation hypothetisch ersetzt werden kann. Der letzte Teil der Simulation ist der Start für eine zumindest teilweise Automatisierung einer räumlich-persönlichen Beratungskommunikation.
Hier stellt sich dann die Frage, welche Abänderungen direkter persönlicher Beratung Menschen mit Beratungsbedürfnis akzeptieren und unter welchen Folgebedingungen sie bereit sind, auch „Cyberberatung“ in Anspruch zu nehmen.
1.1 Intention
Der Titel „Hat Online- Coaching eine Zukunft als Beratungsmethode?“ spannt ein breites Feld auf. Zum einen stellt sich die Frage, was Frau/Mann unter dem Begriff Online versteht, zum anderen ist alleine der Begriff Coaching sehr breit gefächert.
In dieser Arbeit wird versucht, die im Zusammenhang mit Beratung stehenden Begriffe und speziell auch die gebräuchlichen Bezeichnungen des IT-Kontextes und der mobilen Kommunikationstechnik zu definieren. Es kann davon ausgegangen werden, dass hier zwei unterschiedliche Kontexte mit unterschiedlichen Entwicklungsgeschichten und Sprachgebräuchen zusammentreffen.
In diesem Sinn möchte ich einerseits Klarheit bezüglich des Themas „Fernberatung“ schaffen und dabei auch den bestehenden Markt durchleuchten, andererseits empfinde ich es als Herausforderung, etwas Neues zu entwickeln, das die Branchen Beratung und Informationstechnologie miteinander tiefer verbindet.
Ich erhoffe mir dadurch, eine Nische zu finden, in der ich am BeraterInnenmarkt mit einem neuen Produkt Fuß fassen kann. Dabei stellt es eine Herausforderung dar, nicht manipulierend vorzugehen.
Seit ich diese Idee verfolge und zusehends mehr Informationen vom BeraterInnen-Markt bekomme, finde ich Bestätigungen, dass bezüglich online-Coaching bereits Entwicklungen in Gang sind. Daher werde ich durch eine Stichprobenbefragung einer branchen-gemischten potenziellen KundInnen- und BeraterInnengruppe die Bedürfnislage abfragen, um meine Vorstellungen aus der Theorie mit jenen der KundInnenpraxis zu vergleichen.
1.2 Zielsetzung
Die Literaturrecherche alleine gibt nur zum Teil Auskunft darüber, ob klassische Methoden und Interventionen von Beratungsansätzen auch auf Fernberatung übertragbar sind. Dies scheint darin begründet zu sein, dass AutorInnen der Fachliteratur nahezu ausschließlich einen physischen Kontakt im Beratungs-Setting, auch „face to face“-Kontakt genannt, voraussetzen.
Daher erscheint es notwendig, prominente Beratungsansätze und ihre dazugehörigen Interventionen, auf die Verwendungs- und Adaptionsmöglichkeiten für Fernberatung zu untersuchen.
Also ist es mein erstes und auch ernst gemeines Ziel, AutorInnen dazu anzuregen, ihre Theorien noch genauer auszuführen und um den Bereich der Informationsübermittlung zwischen Kundin/Kunde und Beraterin/Berater zu verfeinern (wenn sie der Meinung sind, dass ihre Methoden eben nicht für Fernberatung geeignet sind).
Zweites Ziel ist es, wie schon im vorigen Kapitel erwähnt, Klarheit - einerseits wissenschaftlichtheoretisch und andererseits praktisch - zu schaffen. Die Idee dazu kommt aus der Erfahrung, dass mir im Zuge von Vbrerhebungen divergierende Signale von Personen aus verschiedenen Kontexten in Bezug auf online-Coaching zugesandt wurden. Zum Beispiel sah ein potentieller Kunde einen großen Bedarf an anonymer Fernberatung. Ein Beraterkollege hält online-Beratung wiederum für Unsinn. Bei genauer Betrachtung arbeiten beide in unterschiedlichen Branchen: Bankenwesen und Sozialbereich. Hier stellt sich die Frage, ob dies ein Zufall oder ein Hinweis ist.
Drittens soll etwas Neues entwickelt werden. Nach dem Motto „Nichts ist unmöglich“, kann aus dem Bedürfnis und der Akzeptanz potenzieller KundInnen jedenfalls eines oder mehrere Produkte „maßgeschneidert“ werden, was auch im letzten Teil der Arbeit geschieht.
1.3 Aufbau der Arbeit
Die Arbeit ist daher wie folgt aufgebaut:
a) Beratungstheorie (Kapitel 2)
b) Marktrecherche (Kapitel 3)
c) Hypothesen (Kapitel 4)
d) Untersuchungsmethode (Kapitel 5)
e) Befragung (Kapitel 6)
f) Modellentwicklung (Kapitel 7) ad a) Zu Beginn werden begriffliche Definitionen geleistet, gefolgt von der geschichtlichen Entwicklung und der theoretischen Analyse bestehender Beratungsmethoden. Dabei werden Differenzen und mögliche Gemeinsamkeiten von interpersonellen Settings und Fernberatung erarbeitet. Es entstehen erste wissenschaftstheoretische Vorhypothesen.
Dieser Teil rüttelt an Bestehendem und geht in eine kreative Exploration, jedoch mit transparenter Darstellungsweise zur Verringerung der Komplexität.
ad b) Hier wird der bestehende BeraterInnen-Markt, vorwiegend per Internet als Informationsmedium, nach den im Kapitel 2 erarbeiteten Begriffen durchsucht und die bestehenden Angebote den Theorien und Informationskanälen zugeordnet.
Dieser Teil zeigt bestehende Angebote, aber auch die Lücken im bestehenden Markt, auf. ad c) In diesem Teil entstehen Hypothesen darüber, was aus wissenschaftstheoretischer Sicht berücksichtigt werden sollte. Es wird Bedacht genommen auf den Faktor Mensch, speziell auch auf die Beraterin/den Berater.
Hier spannt die Theorie das Machbare auf und kann, wie Frau/Mann es auch verlangen würden, dem Menschen mit seiner derzeitigen Bedürfnis- und Akzeptanzlage, vorauseilen.
ad d) und e) Im empirischen Teil wird ein Befragungsinstrument ausgewählt und Fragenkomplexe für eine gemischte KundInnen- und BeraterInnengruppe vorgestellt, die einen möglichst breiten Raum an Fernberatungsmöglichkeiten eröffnen.
Hier reibt sich die Theorie an der Praxis der Akzeptanz und gibt einen Hinweis auf derzeit Machbares.
ad f) In der Modellentwicklung wird ein auf Fernkommunikation basierendes Beratungsinstrument vorgestellt, welches ein ab dem jetzigen Zeitpunkt realisierbares Konzept darstellt und noch nicht, selten, oder abgewandelt, im bestehenden Angebot enthalten ist.
Hier liegt der betriebswirtschaftliche Wert der Arbeit, indem sie eine Anleitung bildet, neue Fernberatungsprodukte zu etablieren. Auch erfolgt hier der Ausblick auf die Zukunft, welcher zur längerfristigen Entwicklung von Ideen und Konzepten einlädt.
2 Beratungstheoretische Einführung
2.1 Begriffsbestimmungen und Eingrenzung zum Thema Fernberatung
Die Bedeutungen der Begriffe „online“ und „coaching“ bedürfen einer genaueren Definition und einer Eingrenzung aus der Vielfalt der Verwendungen auf den Inhalt dieser Arbeit.
2.1.1 Der Begriff „online“
Wenn man „online“ aus dem Englischen übersetzt, bedeutet es verbunden. Die genaue Erklärung lautet etwa im Brockhaus (Ausgabe multimedial, 2005)
„[dt. »verbunden«, aktive Verbindung, Gegenteil: offline], allgemein Bezeichnung für den Zustand, bei dem eine Datenverbindung zwischen zwei Geräten besteht. Ursprünglich benutzte man den Begriff, um zu kennzeichnen, dass externe Peripheriegeräte wie Drucker, Massenspeicher oder Messgeräte mit einem Computer verbunden und bereit waren, Daten entgegenzunehmen bzw. zu senden.
Heute beschreibt der Begriff meistens, dass ein Computer mit einem Netzwerk oder dem Internet verbunden ist und hier ebenfalls Daten senden bzw. empfangen kann. Ist die Verbindung offline, so besteht zwar noch die physikalische Verbindung (durch Kabel usw.), der Computer kann aber aus dem Netz keine Daten mehr entgegennehmen.
Eine in vielen modernen Programmen integrierte Funktionalität ist die sog. Online-Hilfe.
In seltenen Fällen wird der Begriff »online« auch als Synonym für Echtzeitverarbeitung genutzt, etwa im Fall der Online-Komprimierungsprogramme“ (Bibliographisches Institut & F A. Brockhaus AG, 2005).
Demnach würde dies etwa die Fernberatung über das Internet mittels Computer - stationär, oder mobil - betreffen, insofern man eine Schnurlosverbindung, wie etwa über wireless-LAN, auch als physikalische Verbindung (Anm: auch magnetische Wellen, ob analog oder digital, sind physikalische Erscheinungen, wenn auch unsichtbar) definiert.
Diese Erklärung von „online“ gibt jedoch nicht Aufschluss darüber, ob auch ein normales Telefongespräch als „online“- Verbindung zählt (vgl. Brockhaus, 2005). Ein normales Telefongespräch wäre etwa eines über das Festnetz, also über eine Telefonleitung.
Die Verwendung eines Mobiltelefons mit e-mail-client-Funktion oder Internetfunktion gleicht der Verwendung eines mobilen Computers, der hier speziell verkleinert wurde.
Insofern stellt aber moderne Telefonie, gerade jene mit GSM- Mobiltelefonen, eine Grauzone dar, da es sich im eigentlichen Sinne generell auch schon um kleine Computer handelt, welche die Sprache digitalisieren und als Datenpakete über das Telefonnetz in Echtzeit verschicken. (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Global_System_for_Mobile_Communications, 20.2.2006)
Da Fernberatung über Telefon als Methode mit praktischer Bedeutung nicht ausgeschlossen werden soll, wird sie jedenfalls in diese Untersuchung mit hinein genommen.
Als „online“ im Sinne dieser Untersuchung werden demnach insgesamt folgende Fernübertragungsmethoden definiert:
Stationärtelefon- Gespräch (ausschließliche Verbindung über Telefonleitungen) Schnurlostelefon- Gespräch (schnurlos innerhalb des Gebäudes, dann Telefonleitungen)
Mobiltelefon- Gespräch
Mobiltelefon- SMS (Short Message Service = Kurzmitteilungen; Text)
Mobiltelefon- MMS (Multimedia Message Service = Multimediamitteilungen; Bilder-, Video-, Ton-, Text- Kombinationen)
Mobiltelefon- Videotelefonie (Echzeitbild + Ton)
Mobiltelefon- Email
Mobiltelefon- Internet (Chat)
Mobiler Computer- Email
Mobiler Computer- Internet
Mobiler Computer- Internet + Webcam (Echtzeitbild + Ton)
Stationärer Computer- Email Stationärer Computer- Internet Stationärer Computer- Internet + Webcam Videokonferenz
Eine eingehende Betrachtung gilt hier dem „Chat“, der m.E. bereits Potenzial für das Thema Coaching mitbringt. Wenn man sich folgende Definitionen aus dem Internet-Lexikon „Wikipedia“ näher ansieht, wird dieser Eindruck verstärkt:
„Chat (von engl. to chat /tjæt/ plaudern, unterhalten) ist die Bezeichnung für die innerhalb des Internet weit verbreitete Art der direkten Unterhaltung zwischen zwei oder mehreren Personen in Echtzeit. Es ist eine Art Computerkonferenz, die meist ohne Bilder auskommt. Stattdessen gebrauchen Teilnehmer, die zusammen chatten, neben dem geschriebenen Wort auch Ersatzbilder (Avatare und Emoticons). Es gibt allerdings Anbieter, die auch eine Videoübertragung zulassen. Man trifft, sich meist in Chatrooms zu verschiedenen Themen. Eine besondere Form sind die Webcamchats, bei denen man sich über Webcams sieht“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Chat, 20.2.2006).
Was ist nun ein Avatar?
„Ein Avatar ist eine künstliche Person oder ein grafischer Stellvertreter einer echten Person in der virtuellen Welt, beispielsweise in einem Computerspiel.
Das Wort leitet sich aus dem Sanskrit ab. Dort bedeutet Avatära "Abstieg", was sich auf das Herabsteigen einer Gottheit in irdische Sphären bezieht. Der Begriff wird im Hinduismus hauptsächlich für Inkarnationen Vishnus verwendet.
Avatare werden beispielsweise in Form eines Bildes, Icons oder als 3D-Figur eines Menschen oder sonst irgend eines Wesens dargestellt. Die Verwendung des Begriffes Avatar in diesem Zusammenhang wurde 1992 von Neal Stephenson in seinem Science-Fiction-Roman Snow Crash populär gemacht.
In Diskussionsforen des Internets wird das Benutzerbild ebenfalls Avatar genannt, ähnlich der 3D-Figur in einer virtuellen Welt. Häufig haben die eingetragenen Benutzer eines Forums die Möglichkeit, ein Bild hochzuladen oder aus einer Liste auszuwählen, das sie dann repräsentiert und das neben ihren Beiträgen in diesem Forum angezeigt wird“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Avatar_%28Internet%29, 20.2.2006).
Was ist ein Emoticon?
„Emoticon ist ein Kunstwort, das sich aus Emotion und Icon zusammensetzt. Bezeichnet wird damit eine Zeichenfolge (aus normalen Satzzeichen), die einen .Smiley‘ nachbildet, um in der schriftlichen elektronischen Kommunikation Stimmungs- und Gefühlszustände auszudrücken.
Sie stammen aus der Zeit, in der über das Internet nur Texte verschickt werden konnten.
Die aus Japan stammenden Emojis sind eine Sonderform des Emoticon (siehe unten).
Verwendet werden Emoticons etwa in Chaträumen- im Usenet und im E-Mail-Verkehr. Erkennen kann man sie am besten, indem man den Kopf etwas nach links neigt“
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Man beachte, dass in der Definition von Chat von direkter Unterhaltung gesprochen wird und Avatare, bzw. Emoticons als Ersatzbilder der eigenen Person, oder der Gefühlsstimmung, gelten.
Im späteren Teil der Methoden der Fernberatung (Kapitel 2.8) werde ich noch einmal darauf zurückkommen, da davon auszugehen ist, dass Elemente dieses oben beschriebenen „Chat“ auch bei der Fernberatung zum Einsatz kommen werden. So könnten z.B. Emoticons bei der Fernberatung mittels E-mail-Kontakt einen Ersatz für körpersprachlich ausgedrückte, aber durch das Setting nicht sichtbare Gefühlsstimmungen, darstellen. Avatare könnten für Metaphernarbeit im Zuge eines InternetChat hochgeladen werden, wenn Situationen von KlientInnen in Worten schwer zu beschreiben sind.
2.1.2 Der Begriff „Coaching“
Um das mit Coaching umschriebene Beratungsangebot näher zu erörtern, wird im nächsten Schritt geklärt, was die Autorinnen der aktuellen Fachliteratur und die Berufsverbände unter diesem Begriff verstehen.
Nach Fengler ist Coaching „[...] ein Beratungsprozess, in dessen Mittelpunkt Klärung, Förderung und Vermittlung von Handlungskompetenzen stehen“ (Fengler, 2002, S. 40).
Fallner & Pohl sehen in Coaching „[...] eine innovative Maßnahme der Personalentwicklung und ein Instrument zur Entwicklung der Lernfähigkeit des Unternehmens“ (Fallner & Pohl, 2001, S. 23).
Belardi formuliert zwei Ziele des Coachings:
„Unterstützung, Begleitung und berufliche Reflexion von Menschen in Leitungs- oder Spitzenpositionen sowie persönlicher Kontakt vermischt mit kritischer Solidarität [...]. Zwischen Coaching und Einzelsupervision haben wir es mit fließenden Grenzen zu tun. Auch um den missverständlichen Begriff Supervision zu vermeiden, spricht man im Bereich von Wirtschaft, Verwaltung, Politik und Sport eher von Coaching als von Supervision“ (Belardi, 2005, S. 57).
Hier ist zusätzlich der Begriff Supervision aufgetaucht. Später wird noch einmal darauf eingegangen, da geklärt werden muss, ob Supervision als Erweiterung des online-Coaching dienen kann, oder sich online-Coaching gegenüber Supervision abgrenzen sollte.
Schreyögg definiert Coaching wie folgt: :
„Die Funktionen von Coaching wurden in der Literatur bislang eher vage umschrieben [...]. Anhand der bisherigen Publikationen zeichnet sich aber ab, dass es vorrangig eine innovative Form der Personalentwicklung für Menschen mit Managementfunktionen darstellt. Außerdem handelt es sich um eine Dialogform, bei der Freud und Leid im Beruf verhandelt werden. In diesem Sinne kann Coaching als Therapie gegen berufliches Leid und als Maßnahme zur Förderung eines ausgefüllten beruflichen Daseins bezeichnet werden. Dabei zielt es idealerweise auf eine maximale Selbstgestaltung im Beruf. Und wo die Möglichkeit der Selbstgestaltung vorrübergehend oder längerfristig verloren ging, soll sie durch Coaching wieder gefunden werden“ (Schreyögg, 2003, S. 51).
Rauen betont vor dem Hintergrund des Coachingbooms die Notwenigkeit der Standardisierung und Qualitätssicherung von Coaching, da die Begriffe Coach und Coaching nicht rechtlich geschützt oder berufsständisch gesichert seien (vgl. Rauen, 2002). Er definiert:
„Grundsätzlich ist Coaching eine absichtlich herbeigeführte, tragfähige Beratungsbeziehung für Personen mit Managementfunktionen. [...] Ziel der Beratung ist es, dem Klienten beim Erkennen von Problemursachen statt Problemsymptomen zu helfen und gemeinsam zielorientierte Lösungswege zu finden. Implizite Ziele jedes guten Coaching sind zudem, Selbstreflexion und - management des Klienten zu verbessern, beim Erkennen neuer Möglichkeiten zu helfen sowie Wahrnehmung, Erleben und Verhalten des Klienten zu erweitern [...]“ (Rauen, 2002, S. 35ff).
Was ist Coaching im Sinne der Österreichischen Vereinigung für Supervision (ÖVS)?
„Im Verständnis der ÖVS ist Coaching ein eigenständiges Feld berufsbezogener Beratung und eine spezielle Form von Supervision. Coaching hat eine spezifische Fokussierung, Methodik und Arbeitsstrategie. Charakteristisch sind die themenspezifische Unterstützung durch eine begrenzte Anzahl von Beratungseinheiten sowie die Vermittlung von skills in kurzen Trainingssequenzen.
Themen ergeben sich vorrangig aus Führungs- und Managementaufgaben: die Gestaltung der Führungsrolle, Fragen der Performance, effizientes Kommunizieren, das Management von Veränderungsprozessen und Krisensituationen sowie die persönliche Karriereplanung“ (http://www.oevs.or.at, 2006).
Was ist Supervision?
Der Begriff kommt aus dem Lateinischen und ist zusammengesetzt aus den Wörtern super = über und videre = schauen, sehen.
Nach Klinkhammer können SupervisorInnen „als Außenstehende die Situation anders und mit Distanz überschauen, als diejenigen, um deren Arbeitsprozess und -kontexte es in der Supervision geht“ (Klinkhammer, 2004, S. 39).
Belardi definiert Supervision vordergründig für den deutschen und kontinental-europäischen Sprachraum in seiner psychosozialen und pädagogischen Bedeutung (vgl. Belardi, 2005):
„Unter dem Oberbegriff Supervision versteht man Weiterbildungs-, Beratungs- und Reflexionsverfahren für berufliche Zusammenhänge. Das allgemeine Ziel der Supervision ist es, die Arbeit der Ratsuchenden (Supervisanden) zu verbessern. Damit sind sowohl die Arbeitsergebnisse als auch die Arbeitsbeziehungen zu den Kollegen und Kunden wie auch organisatorische Zusammenhänge gemeint“ (Belardi, 2005, S. 15).
Der Begriff Supervision bedeutet im ökonomischen bzw. administrativen Bereich aber auch eine Vbrgesetztenfunktion in Unternehmen, Behörden, Verbänden usw., also in Organisationen (vgl. Schreyögg, 2004, S. 18).
Nach Gotthardt-Lorenz ist Supervision „Anleitung zur Selbstreflexion“ (Gotthardt-Lorenz, 2000, S. 57) und enthält folgende Dimensionen:
„Berufliche Aufgabenstellungen, Arbeits- und Berufsfeldsituationen und deren gesellschaftliches Umfeld, berufliche Positionen und Organisationsbedingungen, interaktive, gruppale und organisationsdynamische Faktoren, persönliches Verhalten und persönliche Verstellungen zu beruflichen Anforderungen“ (Gotthardt-Lorenz, 2000, S. 59).
Supervision im Sinne der ÖVS:
„Supervision ist eine spezifische Beratungsform, die in beruflichen Angelegenheiten begleitend und unterstützend von Menschen genutzt wird. Unter Anleitung einer/eines Supervisorin/Supervisors werden Fragen und Themen, die sich aus den Anforderungen des Berufs ergeben, reflektiert, geklärt und zukünftige alternative Handlungsmöglichkeiten erarbeitet.
Supervision bietet in diesem Kontext:
Reflexions- und Entscheidungshilfe bei aktuellen Anlässen,
Unterstützung in herausfordernden oder belastenden Arbeitssituationen und Klären und Gestalten von Aufgaben/Aufträgen, Funktionen und Rollen,
Begleitung bei Veränderungsprozessen und
Hilfe in der Bewältigung neuer Herausforderungen an.
Prophylaktisch kann Supervision bei Problemen wie Burnout und Mobbing sinnvoll eingesetzt werden. Supervision wird für Einzelpersonen, Teams und Gruppen aber auch für Organisationen angeboten [...]“ (http://www.oevs.or.at, 2006).
2.1.3 Was unterscheidet Coaching von Supervision?
Für Rappe-Giesecke stellt Coaching eine der vielen Formen des Settings von Supervision dar und dient vorrangig zur Bearbeitung von Rollenthemen, speziell der Leitungsrolle. Supervision ist dem Coaching übergeordnet (vgl. Rappe-Giesecke, 2000, S. S.22).
Genauer definiert schreibt Rappe-Giesecke, dass Coaching einen Spezialfall von Supervision darstellt, weil es um die Ausgestaltung der Führungsrolle der/des Klientin/Klienten geht (vgl. ebd.).
Diese oder eine ähnliche Auffassung teilt auch die ÖVS in dem Sinn, dass Coaching eine spezielle Form von Supervision sei (vgl. ÖVS, homepage i.d.F. 2006).
Die Coaching-Definition von Schreyögg (2003) hat mE. dort eine Gemeinsamkeit mit Belardi (2005), wo ihre Dialogform über Freud und Leid als supervisorisches Element angesehen werden kann und von der Führungs- bzw. Managementrolle unabhängige Themen erfasst.
Abgegrenzt soll jedoch der therapeutische Aspekt in Übereinstimmung mit Schreyögg (2003) werden, um nicht eine weitere Lawine an Verwirrungen hervorzurufen, auch unter besonderer Rücksichtnahme auf die gesetzlichen Regelungen und Berufsberechtigungen. Schreyögg äußert etwa für Teamsetting Bedenken für die Vermischung von Supervision mit psychotherapeutischer Arbeit: „Teamsupervision, die vor einem psychotherapeutischen Hintergrund stattfindet, ist in vielen Fällen sogar geeignet, organisatorische Binnenprobleme noch zu verschärfen“ (Schreyögg, 2003, S. 64).
Zusammenfassend sei hier festgestellt, dass aufgrund der Verknüpfungspunkte zwischen Coaching und Supervision auch supervisorische Fernberatung in der Studie nicht ausgeschlossen werden soll. Etwa die Definitionen von Fengler (2002), Fallner & Pohl (2001) sind so allgemein, dass keine Unterscheidungen zwischen Coaching und Supervision getroffen werden können. Belardi (2005), Schreyögg (2003) und Rauen (2002) sehen jedenfalls in der Managementrolle des Kundensystems eine typische Voraussetzung des Coachings. Umgekehrt wäre Coaching, ohne die Elemente der Supervision wie sie Gotthardt-Lorenz (2000) beschreibt, unvorstellbar.
Supervision wird hier im Sinn der psychosozialen und pädagogischen Bedeutung (vgl. Belardi, 2005) verstanden und nicht in ihrer ökonomisch- administrativen (vgl. Schreyögg, 2004).
Da nun der Begriff des Online bereits um die Möglichkeit des Telefonkontaktes erweitert wurde, lautet die Fragestellung demnach:
Haben Online- und Telefon-Coaching sowie -Supervision eine Zukunft als Beratungsmethoden?
2.2 Historische Betrachtung der Entwicklung von Beratungssettings 2.2.1 Entwicklung von Coaching
„Der Begriff Coaching erfreut sich im Bereich des Sports seit vielen Jahren großer Beliebtheit. Hier handelt es sich, wie die ursprüngliche Bedeutung des Wortes »Kutsche« assoziativ nahe legt, um einen »kuscheligen« Ort, an dem ein Mensch alle seine Gefühle, Fragen oder Sorgen ausbreiten kann. Der Coach erhält dann bei Spitzensportlern wie etwa bei Tennisstars, die durch ihre hohe Mobilität oft stark vereinsamt sind und Höchstleitungen erbringen wollen, die Bedeutung eines intimen Solidarpartners für alle fachlichen und emotionalen Themen. Die Funktion von Coaching besteht in er Vorbereitung des Sportlers auf eine letztendlich immer selbst zu erbringende Leistung in Ernstsituationen“ (Schreyögg, 2003, S.11).
Erhalten wir von Schreyögg eine zusätzliche Definition für Coaching, welche auch in das vorige Kapitel gepasst hätte, weist sie in ihrer Aussage auf die Wurzeln des Coachings im Sport hin. In die selbe Richtung weist Belardi:
„Anfänglich handelte es sich beim Coaching um die psychologische Unterstützung von Spitzensportlern in den USA. Diese sind bekanntlich vor Wettkämpfen enormen Belastungen ausgesetzt („Der Wettkampf wird im Kopf entschieden“). Nicht selten haben Spitzensportler durch ihre hohe Mobilität verminderte soziale Kontakte. Deshalb wurde eine neue Funktion und Rolle für die einsame Spitzenperson geschaffen. So kam der Coach in die Rolle der psychologisch-persönlichen Bezugsperson“ (Belardi, 2005, S.56).
Leider fehlen in beiden Beschreibungen Jahreszahlen. Und es stellt sich die Frage, wie die Übertragung auf andere Branchen und Bereiche erfolgte. Bei Buer (1999) finden wir Hinweise, dass Coaching aus dem Sport stammend zunächst auf den Profitbereich übertragen wurde und mittlerweile auch im Nonprofitbereich angewandt wird. Der Coach stellt sein Wissen, seine Coach, also übersetzt seine Kutsche, zur Verfügung. (vgl. Buer, 1999, S. 186)
Fokussiert auf die Arbeitsweise ist anzunehmen, dass bei EinzelkämpferInnen auch das Einzelsetting zu finden war und bei Mannschaftssportarten das Teamsetting. Auch heute noch entspricht die/der europäische TrainerIn im Sportbereich dem amerikanischen Coach.
Es ist auffällig, dass der Weg des Coachings direkt vom Sport zum Profitbereich geführt hat. In der Zwischenzeit fand - wie wir in der Folge sehen werden - die Entwicklung der Supervision im Nonprofitbereich statt. Coaching und Supervision dürften sich dann, nach ihrer teilweise parallel laufenden Entwicklung, im Nonprofitbereich getroffen haben.
Belardi (2005) liefert Hinweise, welche „Vorgeschichte“ und „Entwicklungslinien“ in der Supervision zu finden sind: 2.2.2 Entwicklung von Supervision
So etwa beschreibt Belardi (2005) eine vieltausendjährige Vorgeschichte von Supervision und meint den Zeitpunkt, „als die Menschen erstmals über ihre sozialen Beziehungen nachdachten und miteinander über ihre Arbeit kommunizieren mussten.“ Er nennt dabei 3 Etappen:
„(1) Aus dem antiken Athen ist uns der Sokratische Dialog bekannt. Nach dem pädagogisch-philosophischen Modell des Sokrates verweigerte ein erfahrener Lehrer das übliche ,Frage- Antwort- Spiel‘ und reagierte auf die Fragen der Schüler mit Gegenfragen. Das sollte bewirken, dass die Schüler über den Hintergrund ihrer eigenen Fragen und damit über sich und das Leben allgemein nachdenken mussten.
(2) Die erste uns bekannte Reflexion beruflicher Tätigkeiten war die Qualitätskontrolle der Zünfte und Gilden im europäischen Mittelalter. [...] Bei Unstimmigkeiten wurde versucht, die Probleme kollegial zu regeln. Im Falle von schweren Verstößen kam es zu harten, öffentlich vollzogenen Strafen. Auf diese Weise entstanden Qualitätskontrolle und Selbstreflexion im Berufsprozess.
(3) Seit dem 17. Jahrhundert, vor allem in der Epoche der Aufklärung, gelang es den Naturwissenschaften zunehmend, sich von der kirchlichen Bevormundung zu befreien. In dieser Zeit haben die Ärzte und Juristen als frühe Dienstleistungsberufe auch neue Institutionen entwickelt, die zu ihrer beruflichen Selbstkontrolle beigetragen haben. [...] Wir alle kennen die aus dieser Tradition entstandenen Einrichtungen zur Qualitätssicherung und Selbstkontrolle der selbständigen Berufe: Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern sowie entsprechende Kammern für Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten, Anwälte oder Architekten“ (Belardi, 2005, S. 17 ff).
Nach Belardi (2005) begann dann die eigentliche Supervison Ende des 19. Jahrhunderts mit der Entwicklung von personenbezognen kommunikativen Dienstleistungen. Im Detail waren dies die Sozialarbeit und die Psychotherapie, wobei innerhalb der Psychotherapie die Psychoanalyse die erste Schule war, die sich mit diesen Fragen beschäftigte. In beiden Berufen stand die Beziehungsarbeit im \brdergrund. So wurde etwa in England und den USA die Sozialarbeit vom Nebenamt zum Hauptberuf. Der Londoner Armenpfarrer Barnett, welcher auch Studierende und Jungakademiker als Helfer einsetzte, bemerkte die persönliche Betroffenheit und Verstrickung in Kommunikationen. Er bot seinen HelferInnen halbstündige Vier-Augen-Gespräche zur Klärung und Entlastung an (vgl. ebd, S.19).
„Hier liegt das VOrbild für jenen Prozess, den wir heute Praxisberatung, Supervision oder Coaching nennen“ (C.W.Müller 1982, S.58 zitiert in: Belardi, 2005, S.19).
In der Folge wird die weitere Entwicklungsgeschichte von Supervision, wie sie Belardi (2005) beschreibt, chronologisch dargestellt: 1898 fand der erste Kurs über Supervision an der „School of Social Work“, heute ein Teil der weltberühmten Columbia University im Norden von Manhattan, statt und 1903 schrieb J. Brackett das erste Buch über Supervision „Supervision and Education in Charity“ (vgl. Belardi, 2005, S.19).
Supervision kam in weiterer Folge in den deutschen Sprachraum So wurde etwa 1920 an der sozialen Frauenschule in München bei der Ausbildung von Fürsorgerinnen (heute: Sozialarbeiterinnen) eine Lehrveranstaltung mit dem Titel „Besprechung der sozialen Praxis“ angeboten.
1926 mussten Schülerinnen der Wohlfahrtsschule Jena nach zwei Tagen Praktikum an einer vierstündigen Arbeitsgemeinschaft über ihre praktischen Erfahrungen teilnehmen. Parallel entwickelte sich in der Psychoanalyse, basierend auf den Schriften Sigmund Freuds und durch die Arbeiten seiner Tochter Anna Freud, in der Ausbildung von PsychoanalytikerInnen die Lehranalyse und die Kontrollanalyse. (vgl. Belardi, 1998, S.21ff zitiert in: Belardi, 2005, S.19ff).
In den Zwanzigerjahren des 20. Jahrhunderts entwickelte sich unter dem Einfluss der Psychoanalyse die Reflexion der Beziehungen zwischen LehrerInnen und SchülerInnen. Hier entstand auch Freuds berühmter Satz von den drei „unmöglichen Berufen“, nämlich „analysieren“, „erziehen“ und „regieren“ im \brwort des Buches „Verwahrloste Jugend“ von August Aichhorn (1974, S.7). Freuds Schüler Siegfried Bernfeld leistete wesentliche Beiträge zum Verständnis der LehrerInnenrolle (vgl. Belardi, 2005, S.30ff).
Ende der Vierzigerjahre entwickelte Michael Balint, ein ungarischer Psychoanalytiker, in England ein Setting basierend auf der psychoanalytischen Kontrollanalyse. ÄrztInnen und SozialarbeiterInnen nahmen dabei an einer - gewissen Regeln und Rahmen unterworfenen - Gruppenreflexion teil, um ihre kommunikativen Fähigkeiten zu entwickeln und berufliche Beziehungen zu untersuchen (Anmerkung: = Balint-Gruppe). Er führte die Begriffe stranger group (Gruppe, bei der die Teilnehmerinnen keine privaten und beruflichen Beziehungen miteinander haben) für Gruppensupervision und family group (rivalisierende und/oder familienähnliche Beziehungen) für Teamsupervision, ein (vgl. Belardi, 2005, S.25ff).
In den Sechzigerjahren des 20. Jahrhunderts etablierte sich in der europäischen Sozialarbeit die aus den USA kommende Casework, wobei die Casework-ArbeiterInnen durch Supervision begleitet wurden. Auf diese Weise kam es seit diesem Zeitpunkt etwa zur Etablierung von Supervision in Deutschland (vgl. Belardi, 2005, S.22).
1976 gründete sich in der Schweiz der „Berufsverband für Supervision und Praxisberatung“.
Ab 1978 entwickelten sich gruppendynamische Weiterbildungen, Gruppensupervisionen und ab 1990 sogar Organisationsberatung für Schulen (vgl. Belardi, 2005, S.30ff).
1989 vereinigten sich in Deutschland mehrere Ausbildungseinrichtungen zur „Deutschen Gesellschaft für Supervision“ (DGSv.) (vgl. Belardi, 2005, S.30ff).
1994 benannte sich der Schweizer Verband in „Berufsverband für Supervison und Organisationsentwicklung“ (BSO) um und in Österreich wurde die „Österreichische Vereinigung für Supervison“ (ÖVS) ins Leben gerufen (vgl. Belardi, 2005, S.30ff).
1997 wurde in Wien die „Association of National Organizations for Supervision in Europe“ (ANSE) gegründet. Dieser europäische Dachverband repräsentiert heute mehr als 6000 anerkannte SupervisiorInnen sowie 50 Ausbildungsstätten in ca. 19 europäischen Ländern (vgl. Belardi, 2005, S.30ff).
2.2.3 Resümee zur Entwicklung von Supervision und Coaching
Versucht man aus der Beschreibung der Vorgeschichte Settings abzuleiten, findet sich im Sokratischen Dialog m.E. das Gruppensetting wieder, sogar in Anwendung und Technik der modernen Supervision sehr ähnlich. Das supervisorische Element bei Zünften, Gilden und in den Dienstleistungsberufen erinnert hier eher an Leitung und Kontrolle. Dies entspricht dem im englisch-amerikanischen Sprachraum heute noch gültigen Begriffsverständnis für Supervision (vgl. Belardi, 2005, S.14ff).
Untersucht man die nächsten Entwicklungsschritte mit Fokus auf die Arbeitsweise, findet sich beim Armenpfarrer Barnett, bei der Lehr- und Kontrollanalyse, das Einzelsetting und in Jena wieder das Gruppensetting.
[...]
- Citation du texte
- MAS MSc Bernhard Gura (Auteur), 2006, Hat Online-Coaching eine Zukunft als Beratungsmethode?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70512
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