Diese Arbeit soll helfen, effektive Entscheidungen zu treffen, damit Unfallrisiken im Verkehr mit Bussen minimiert werden können.
Die Vorschrift des § 20 StVO (Öffentliche Verkehrsmittel und Schulbusse) soll Unfallrisiken im Verkehr mit Bussen entgegenwirken. Um dieses Ziel zu erreichen, können verschiedene Maßnahmen in den Verkehrsbehörden getroffen werden. Deren Erfolgschancen hängen von einer Kenntnis der sachlichen Zusammenhänge ab.
Der Sinn und Zweck der Vorschrift des § 20 StVO sowie nahezu sämtlicher darin enthaltenen Einzelregelungen ist es, die Fahrgäste von öffentlichen Verkehrsmitteln und Schulbussen vor Gefahren, die ihnen von dem Fahrzeugverkehr drohen, effektiv zu schützen. Damit wird durch die Vorschrift des § 20 von staatlicher Seite versucht, die verfassungsrechtliche Schutzpflicht des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) konkret in der Weise umzusetzen, für das Leben und die körperliche Unversehrtheit der in Deutschland lebenden Menschen durch verkehrsrechtliche Handlungsanweisungen insbesondere für die Fälle der Begegnungen zwischen öffentlichen Verkehrsmitteln und dem Fahrverkehr, persönlichkeitsschützend zu wirken.
Inhaltsverzeichnis
I. Der Schutzzweck des § 20 StVO
II. Die Verkehrssicherheit im Busverkehr
III. Gefahrenpotenziale im Busverkehr
1. Busunfälle mit Linienbussen
2. Busunfälle mit Reisebussen
3. Schulbusunfälle
4. Das Verhalten der anderen Verkehrsteilnehmer an Haltestellen
5. Fahrgastklientel und Verkehrsverhalten
6. Das Verhalten von Fahrgästen an Haltestellen
7. Der betriebssichere Zustand von Bussen
8. Das Fahrpersonal
9. Fahrtstrecke und Fahrplan
10. Verkehrsplanung und Verkehrsregelung
IV. Verkehrsüberwachung
V. Verkehrspädagogische und verkehrspsychologische Aspekte der Sicherheit des Busverkehrs
VI. Fazit
I. Der Schutzzweck des § 20 StVO
Der Sinn und Zweck der Vorschrift des § 20 StVO1 sowie nahezu sämtlicher darin enthaltenen Einzelregelungen (Ausnahmen: besonderes Überholverbot in Abs. 3, Vorrangregelung in Abs. 5) ist es, die Fahrgäste von öffentlichen Verkehrsmitteln und Schulbussen vor Gefahren, die ihnen von dem Fahrzeugverkehr drohen, effektiv zu schützen. Damit wird durch die Vorschrift des § 20 von staatlicher Seite versucht, die verfassungsrechtliche Schutzpflicht des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) konkret in der Weise umzusetzen, für das Leben und die körperliche Unversehrtheit der in Deutschland lebenden Menschen durch verkehrsrechtliche Handlungsanweisungen insbesondere für die Fälle der Begegnungen zwischen öffentlichen Verkehrsmitteln und dem Fahrverkehr persönlichkeitsschützend zu wirken.
Die Norm lautet:
§ 20 Öffentliche Verkehrsmittel und Schulbusse
(1) An Omnibussen des Linienverkehrs, an Straßenbahnen und an gekennzeichneten Schulbussen, die an Haltestellen (Zeichen 224) halten, darf, auch im Gegenverkehr, nur vorsichtig vorbeigefahren werden.
(2) Wenn Fahrgäste ein- oder aussteigen, darf rechts nur mit Schrittgeschwindigkeit und nur in einem solchen Abstand vorbeigefahren werden, dass eine Gefährdung von Fahrgästen ausgeschlossen ist. Sie dürfen auch nicht behindert werden. Wenn nötig, muss, wer ein Fahrzeug führt, warten.
(3) Omnibusse des Linienverkehrs und gekennzeichnete Schulbusse, die sich einer Haltestelle (Zeichen 224) nähern und Warnblinklicht eingeschaltet haben, dürfen nicht überholt werden.
(4) An Omnibussen des Linienverkehrs und an gekennzeichneten Schulbussen, die an Haltestellen (Zeichen 224) halten und Warnblinklicht eingeschaltet haben, darf nur mit Schrittgeschwindigkeit und nur in einem solchen Abstand vorbeigefahren werden, dass eine Gefährdung von Fahrgästen ausgeschlossen ist. Die Schrittgeschwindigkeit gilt auch für den Gegenverkehr auf derselben Fahrbahn. Die Fahrgäste dürfen auch nicht behindert werden. Wenn nötig, muss, wer ein Fahrzeug führt, warten.
(5) Omnibussen des Linienverkehrs und Schulbussen ist das Abfahren von gekennzeichneten Haltestellen zu ermöglichen. Wenn nötig, müssen andere Fahrzeuge warten.
(6) Personen, die öffentliche Verkehrsmittel benutzen wollen, müssen sie auf den Gehwegen, den Seitenstreifen oder einer Haltestelleninsel, sonst am Rand der Fahrbahn erwarten.
Zu den öffentlichen Verkehrsmitteln sind diejenigen Kraftfahrzeuge und Schienenfahrzeuge zu rechnen, deren Auftrag es ist, im Rahmen der öffentlichen Daseinsvorsorge in ausreichendem Maß Angebote zur Personenbeförderung im Linienverkehr bereit zu halten. Zu diesem Zweck werden Kraftomnibusse (KOM) gem. § 4 Abs. 4 Nr. 2 PBefG2, Straßenbahnen gem. § 4 Abs. 1, 2 PBefG und die aktuell in einer Renaissance der Elektromobilität wieder sehr gefragten Obusse gem. § 4 Abs. 3 PBefG eingesetzt. Eine besondere Art der öffentlichen Verkehrsmittel in dem eben dargestellten Sinne sind Schulbusse, die mit der Daseinsvorsorge des sicheren Schülertransports beauftragt sind.
Der örtliche Schutzbereich der Vorschrift bezieht sich jeweils auf die räumliche Umgebung von Haltestellen für den öffentlichen Personenverkehr, die im Regelfall (vgl. dazu die Abs. 1 bis 4) mit Zeichen 224 (lfd. Nr. 14 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO) gekennzeichnet sind. Die gesteigerte Sorgfaltspflicht des § 20 Abs 1 gilt allerdings nur an den mit dem Zeichen 224 gekennzeichneten Haltestellen, erstreckt sich aber nicht auf jedes Halten eines Linienbusses auf freier Strecke.3
Der persönliche Schutzbereich der Regelungen bezieht sich ausschließlich auf mögliche oder tatsächliche Fahrgäste des öffentlichen Personenverkehrs. Bereits nach der Ansicht des OLG Hamm 4 wurden durch § 20 Abs. 1a alter Fassung keine Fußgänger geschützt, die, ohne zuvor Fahrgäste gewesen zu sein, in Höhe eines haltenden Schulbusses die Fahrbahn zu überqueren versuchen und dadurch einen Unfall erleiden. Diese Ansicht war jedoch bereits mit der Ansicht des OLG Köln5 nicht nur aus dem formalen Grund abzulehnen, weil in Abs. 1 gar keine Fahrgäste erwähnt werden bzw. weil durch einen haltenden Bus eine besondere Gefahrensituation geschaffen wird. Vielmehr ist aus der Sicht von Kraftfahrzeugführern während des Zufahrens auf einen Haltestellenbereich regelmäßig überhaupt nicht zu erkennen, ob es sich bei dem die Straße überquerenden Fußgänger um einen potenziellen oder ehemaligen Fahrgast oder einfach nur um einen Fußgänger handelt, der gerade an dieser Stelle die Fahrbahn überqueren möchte. Diese Unsicherheit erforderte die Ausdehnung des Schutzbereiches zumindest des Abs. 1 auch auf Fußgänger, die ohne zuvor Fahrgäste gewesen zu sein, die Fahrbahn im Bereich einer Haltestelle überqueren.
Eine besondere Schutzwirkung entfaltet § 20 für Kinder und ältere Verkehrsteilnehmer, da diese beiden Personenkreise erfahrungsgemäß besonders auf die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel angewiesen sind.
Ein institutionell begründetes oder persönlich motiviertes Interesse an der konkreten Umsetzung des Schutzzweckes der Norm liegt bei zahlreichen Organisationen, Verbänden und Personen vor. In erster Linie und stellvertretend für andere Personenkreise sind an dieser Stelle die Eltern von Millionen von Schülern zu benennen, deren Kinder werktäglich mit Schulbussen zur Schule und zurück transportiert werden. Aus dem Kreis der Organisationen und Institutionen, die ganz besonders an einem reibungslosen Funktionieren der Regelungen des § 20 interessiert sein müssen, sollten an dieser Stelle besonders die Verkehrsbetriebe und Omnibusunternehmen genannt werden. Ihre Fahrerinnen und Fahrer nehmen gegenüber ihren Fahrgästen nicht nur eine Servicefunktion wahr, sondern haben darüber hinaus auch eine Garantenstellung für deren Sicherheit beim Ein- und Aussteigen sowie während der Fahrt inne, die das Fahrpersonal zu besonders vorsichtiger Fahrweise und umsichtigem Handeln verpflichtet.
Neben dem Sicherheitsaspekt, aber auf Grund der allgemeinen Zielsetzung der StVO als Katalog verkehrssicheren Verhaltens deutlich nachrangig werden durch die Vorschrift des § 20 zwei weitere verkehrspolitische Ziele zumindest indirekt verfolgt.
Das erste dieser beiden Ziele ist die Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs, die durch den von § 20 propagierten Vorrang von öffentlichen Verkehrsmitteln und deren Fahrgästen gegenüber dem Individualverkehr erreicht werden soll. Als weiterer indirekt verfolgter Zweck kann der Umweltschutz genannt werden, der durch eine vermehrte Nutzung des ÖPNV und den damit einhergehenden Verzicht auf Individualverkehrsmittel in vielerlei Hinsicht verbessert werden kann.
II. Die Verkehrssicherheit im Busverkehr
Vor allen Gedanken zur Verkehrssicherheit der öffentlichen Verkehrsmittel und Schulbusse in Deutschland steht notwendigerweise die verkehrspolitische Überlegung, die Rahmenbedingungen für den ÖPNV mit politischen Mitteln so günstig zu gestalten, dass möglichst viele Verkehrsteilnehmer, die bisher im motorisierten Individualverkehr unterwegs gewesen sind, umdenken und auf die Nutzung des ÖPNV umschwenken. Immerhin nutzten nach Informationen des Deutschen Statistischen Bundesamtes (Destatis) im Jahr 2018 bereits 9,58 Milliarden Fahrgäste in Deutschland den Linienverkehr mit Bussen und Bahnen die Angebote des ÖPNV, was einem täglichen Fahrgastaufkommen von ca. 30.000.000 Personen entspricht.6 Der mehrfache Nutzen dieses Prozesses liegt auf der Hand und als eine der wichtigsten positiven Folgen wäre eine weitere, womöglich weit drastischere Absenkung der Verkehrsunfallzahlen und den Zahlen der dabei verunglückten Personen als bisher zu benennen – eine direkte Folge für die Verkehrssicherheit auf deutschen Straßen.
Wer sich nun darüber hinaus ernsthaft Gedanken über die Sicherheit der Fahrgäste von öffentlichen Verkehrsmitteln und Schulbussen machen möchte, muss auch bei diesem Aspekt in verschiedene Richtungen denken, aus denen Gefahren für die Verkehrssicherheit drohen können.
Mögliche Gefahrenquellen können sich ergeben aus:7
1. dem Verhalten von Kraftfahrzeugführern, die den öffentlichen Verkehrsmitteln und Schulbussen begegnen,
2. der baulichen Gestaltung von Haltestellenbereichen (siehe Kap. Verkehrsplanung und Verkehrsregelung),
3. der unterschiedlichen Klientel der möglichen Fahrgäste und deren Verhalten vor, während und nach der Fahrt,
4. der Sicherung von Fahrgästen in den öffentlichen Verkehrsmitteln und Schulbussen (vgl. dazu näher die §§ 21 und 21 a),
5. dem betriebssicheren Zustand von öffentlichen Verkehrsmitteln und Schulbussen,
6. der fachlichen Qualität des Fahrpersonals,
7. der Planung der Fahrtstrecke sowie dem Erstellen des Fahrplanes.
Vor einem näheren Blick auf diese grundsätzlich verschiedenen Gefahrenquellen soll im nächsten Kapitel dieser Analyse zunächst das Gefahrenpotenzial u. a. an Hand verschiedener Erkenntnisse des Deutschen Statistischen Bundesamtes, des Unfallforschung der Deutschen Versicherer (UDV) im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sowie des Bundesverbandes der Unfallkassen (BUK) beleuchtet werden.
III. Gefahrenpotenziale im Busverkehr
Betrachtet man zunächst die absolute Anzahl der im Straßenverkehr verunglückten Fahrzeugführer und Mitfahrer im Vergleich der unterschiedlichen Verkehrsbeteiligungen so wird schnell deutlich, dass Personen, die mit KOM und Obussen unterwegs sind, ein geringeres Unglücksrisiko tragen. Einige wenige absolute Verunglücktenzahlen sollen diese Einschätzung bestätigen. So sind im Jahr 2018 als Fahrzeugführer und Insassen von PKW insgesamt 211.560 Personen verletzt worden.8 Als verletzte Fahrgäste von Bussen sind 6.416 Personen statistisch erfasst wurden.9
Sind Kinder im Rahmen von Verkehrsunfällen als Unfallopfer beteiligt, so sind sie aufgrund ihrer besonderen Physiognomie einem überproportional hohen Verletzungsrisiko ausgesetzt. Als Gründe für dieses hohe Verletzungsrisiko führen Unfallchirurgen der Unfallchirurgischen Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover deren geringe Körpergröße, ihr geringes Gewicht und die im Vergleich zu Erwachsenen ungünstige Kopf-Körper-Relation an, die verletzungsbegünstigend und verletzungsverschärfend wirken.
Besonders drastisch verdeutlicht ein vom OLG Karlsruhe im Jahre 1988 entschiedener Sachverhalt die möglichen Verletzungsfolgen einer PKW-Fußgänger-Kollision beim Überqueren der Fahrbahn.10 Der 14jährige erlitt bei einer Kollisionsgeschwindigkeit des KFZ zwischen 30 und 35 km/h folgende Verletzungen und Verletzungsfolgen:
- Schädel-Hirn-Trauma,
- Blutungen im Hirn,
- Veränderungen im Hirngewebe mit epileptischem Krampfleiden,
- stark beeinträchtigte intellektuelle und seelisch-geistige Leistungsfähigkeit.
Sein Grad der Erwerbsminderung betrug infolge dieses Verkehrsunfalls 100 %.
Nicht zuletzt durch schwere Busunfälle wurde die Aufmerksamkeit der verkehrswissenschaftlichen Forschung, aber noch mehr der Öffentlichkeit auf mögliche Sicherheitsrisiken in der Beförderung von Personen durch Busse gelenkt. Grundsätzlich sind im Rahmen dieser Betrachtung drei mögliche Arten von Busunfällen voneinander zu unterscheiden.11
Die drei verschiedenen Arten von Busunfällen sind bezogen auf die Verkehrsmittel:
1. Busunfälle mit Linienbussen,
2. Busunfälle mit Reisebussen,
3. Busunfälle mit Schulbussen.
Eine nähere Untersuchung der Autoren Langwieder, Gwehenberger und Bende über die prozentuale Verteilung der Busunfälle mit Kollisionen auf diese drei genannten Beförderungsarten kam im Jahr 2002 zu dem Ergebnis, dass sich 50 % der Kollisionen im Linienverkehr, 35 % im Reiseverkehr und 15 % im Schulbusverkehr ereignen.12
Die Sicherheit an einer Bushaltestelle beginnt jedoch bereits mit einem sorgfältigen Planungsprozess. Über den Standort einer Linienbushaltestelle entscheidet die Straßenverkehrsbehörde immer im Rahmen der allgemeinen Gesetze nach ihrem planerischen Ermessen, wobei vor allem die Belange des öffentlichen Personennahverkehrs, die Erfordernisse der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs und die Interessen der von dem widmungsgemäßen Haltestellenbetrieb betroffenen Anlieger in die Erwägung einzustellen sind.13
1. Busunfälle mit Linienbussen
Nach den Erkenntnissen der Unfallforschung bei der Analyse von Linienbusunfällen hat sich das Ergebnis herausgestellt, dass bei Verkehrsunfällen ohne Kollisionen doppelt so viele Personen verletzt werden wie bei Kollisionsunfällen. In drei von vier Fällen sind für die Verletzungen, die zu einem großen Teil aus Brüchen und Prellungen bestehen, Bremsmanöver und Notbremsungen ursächlich. Für jeden sechsten dieser Verkehrsunfälle ist ein Busfahrer verantwortlich.
2. Busunfälle mit Reisebussen
Die Unfälle mit Reisebussen sind bei einer Betrachtung im Sinne des § 20 weniger interessant, sollen jedoch wegen des umfassenden Ansatzes dieser Erläuterungen an dieser Stelle auch nicht gänzlich unerwähnt bleiben. Bei den Reisebusunglücken der vergangenen Jahre hat es sich als Hauptrisiko ergeben, dass der Reisebus während des Unfalls umkippt oder sich sogar überschlägt. In der Folge dieser Vorgänge kommt es häufig dazu, dass Fahrgäste aus dem Bus herausgeschleudert oder eingequetscht werden. Bereits im Rahmen der Untersuchung von Busunfällen durch Langwieder und Hummel hat es sich gezeigt, dass sich bei insgesamt 241 untersuchten Busunfällen von den insgesamt 40 dabei getöteten Personen 38 dieser Passagiere in Reisebussen befunden haben. Lediglich zwei Getötete saßen in Schulbussen, während kein einziger der in Linienbussen mitfahrenden Fahrgäste bei den analysierten Unfällen getötet wurde.
3. Schulbusunfälle
Im Sinne des von der StVO verfolgten besonderen Schutzauftrages sind die in § 3 Abs. 2a genannten Gruppen Kinder, Hilfsbedürftige und ältere Menschen genauer zu betrachten. Das nachfolgend dargestellte Diagramm zeigt aus diesem Grund einen Überblick über die Schulwegunfälle im Straßenverkehr aus dem Jahr 2000. Danach sind in der Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel Busse und Bahnen weit seltener Schulwegunfälle zu verzeichnen gewesen als bei der Nutzung der Individualverkehrsmittel Fahrrad und PKW.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bild 2: Grafik Schulwegunfälle nach Art der Verkehrsbeteiligung im Jahr 2018 in Deutschland14
Nach Art der Verkehrsbeteiligung war für Schüler auf ihrem Schulweg das unsicherste Verkehrsmittel im Jahr 2000 das Fahrrad und das sicherste die Schienenbahn. Auffallend deutlich wird dabei das absolut hohe Sicherheitsrisiko des Radfahrens, an dem sichtbar wird, dass in diesem Bereich die staatlichen Aktivitäten in der Verkehrsüberwachung und der Verkehrsprävention noch nicht ausreichend gegriffen haben.
Wirft man einen Blick auf die möglichen Gefahrensituationen bei Schulbusunfällen, so werden zunächst vier Kategorien von typischen Verhaltensweisen sichtbar, die für das vor Ort herrschende Unfallrisiko von Bedeutung sind.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Hinsichtlich der Kategorien 1, 2 und 4 von Schulbusunfällen trifft der § 20 selbst Sicherungsregelungen. Hinsichtlich der Kategorie 3 treffen die §§ 21 und 21 a eigenständige Sicherungsregelungen, die hier nicht zu behandeln sind.
Aus einer leider nicht in einer aktuelleren Version vorhandenen Betrachtung der aus den genannten Gefahrensituationen in den Jahren 1998 bis zum Jahr 2000 resultierenden Verkehrsunfälle wurde – wie das nachfolgende Schaubild zeigt – deutlich, dass sich der Aufenthalt im Schulbus während der Fahrt als größtes Unfallrisiko darstellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bild 3: Grafik Schulbusunfälle nach Gefahrensituationen in den Jahren 1998 bis 2000 in Deutschland15
Betrachtet man dem gegenüber jedoch das besondere Risiko tödlicher Verkehrsunfälle, so tritt die Gefahrensituation „Überqueren der Fahrbahn vor Besteigen oder nach Verlassen des Schulbusses“ deutlich in den Vordergrund.
Eine effektive Schulwegsicherung berücksichtigt in einem übergreifenden Ansatz sämtliche möglichen Sicherheitsbelange und beteiligt gleichberechtigt alle involvierten Instanzen. Wirkungsvolle Ansätze zur Problemlösung sind dabei aus Sicht der Verkehrsprofis in den drei Verkehrsbehörden (Straßenverkehrsbehörde, Straßenbaubehörde und Polizei) regelmäßig eine Analyse der zu lösenden Aufgaben, eine gemeinsame Ortsbesichtigung mit anschließender Auswertung, das Erarbeiten eines Maßnahmenkatalogs. Im Anschluss an diese strategischen Vorarbeiten sollte eine Elternbeteiligung auf Augenhöhe zunächst mit Hilfe eines Elternbriefes erfolgen, der bei einer engagierten Elternschaft zumeist einen fruchtbaren Diskussionsprozess in Gang setzt. Parallel dazu könnte eine Beteiligung der Lehrerschaft an den betreffenden Schulen erfolgen, bei der erfahrungsgemäß insbesondere die an den einzelnen Schulen tätigen Verkehrspädagogen involviert sind. Zu guter letzt wäre es wünschenswert, wenn aus dem Kreis der Eltern und Schüler jeweils eine Handvoll Schüler- und Buslotsen gewonnen werden könnte, um die in einem transparenten Verfahren ausdiskutierten Zielstellungen praktisch umzusetzen.
[...]
1 Im Folgenden sind sämtliche genannten §§ solche der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) vom 6. März 2013 (BGBl. I S. 367), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 20. April 2020 (BGBl. I S. 814). Wird ein Absatz (Abs.) genannt, handelt es sich jeweils um einen des § 20 StVO. Eine aktuelle Version der StVO findet sich u. a. im Format PDF im Internetangebot des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) unter der Internetadresse: https://www.gesetze-im-internet.de/stvo_2013/. Dieser Beitrag versteht sich als Momentaufnahme und Gedankenanregung, keineswegs wird hier „der Weisheit letzter Schluss“ präsentiert; denn Wissenschaft ist – auch in der Verkehrssicherheit – immer im Fluss.
2 Personenbeförderungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. August 1990 (BGBl. I S. 1690), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 3. März 2020 (BGBl. I S. 433). Eine aktuelle Version des PBefG findet sich u. a. im Format PDF im Internetangebot des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) unter der Internetadresse: https://www.gesetze-im-internet.de/pbefg/index.html.
3 OLG Hamm, Urteil vom 23. November 2000 – 6 U 78/00, juris.
4 VRS 60, 38 ff., VRS = Verkehrsrechts-Sammlung aus dem Erich Schmidt Verlag.
5 VRS 102, 436 ff.
6 Quelle: https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Transport-Verkehr/Personenverkehr/Tabellen/befoerderte-personen.html;jsessionid=C27E9FC0A9B3CF707CE2D33D4CBEE19C.internet8742.
7 Nicht in diesem Aufsatz behandelt werden die Unfallrisiken in Bezug auf die Insassensicherheit. Dazu näher die Untersuchung von König et. al., Busunfälle – Untersuchung zur Insassensicherheit und aktiven Sicherheit von Kraftomnibussen auf Basis des Schadengeschehens der Deutschen Versicherer, Forschungsbericht FS 05 der Unfallforschung der Versicherer, Berlin 2012, im kostenfreien Download unter: https://udv.de/system/files_force/FB_FS.05_Busunfaelle.pdf.
8 https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Verkehrsunfaelle/Tabellen/verletzte-fahrzeugart.html.
9 Deutsches Statistisches Bundesamt, Unfälle von Bussen im Straßenverkehr 2018, Wiesbaden 2019, S. 4, im kostenfreien Download unter: https://www.destatis.de.
10 VRS 77, 87 ff.; auch zum Folgenden.
11 Dazu näher Dr. Johann Gwehenberger in seinem 2003 erschienenen Fachaufsatz: „Wie gefährdet sind Buspassagiere?“, auch zum Folgenden.
12 „Coaches and Buses in the Accident Scene”, Keszthely (Ungarn) 2002.
13 Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 09. Juli 2004 – 1 W 11/04, juris.
14 Quelle: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), Statistik Schülerunfallgeschehen 2018, Berlin 2019, im kostenfreien Download unter https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/3666.
15 Quelle: Bundesverband der Unfallkassen München, Schulbusunfälle, S. 23 f.
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