Als der CDU-Landtagsabgeordnete Lars Rohwer im Jahre 2004 in der „Leipziger Volkszeitung“ die PDS und die NPD auf eine Stufe stellte, indem er sagte, dass beide Parteien gemeinsam „antikapitalistische Ressentiments in der Bevölkerung“ schüren und an ein „aus DDR-Zeiten totalitäres Weltbild“ anknüpfen würden, wusste er nicht was für eine politische Diskussion der Unionspolitiker im Freistaat Sachsen auslösen würde.
Der PDS-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Peter Porsch, warf dem CDU-Mandatsträger „Rechtsextremismus“ vor und erklärte dass dieser „nationalistisch, demokratiefeindlich und voller aggressiver Angst vor Anderem und Fremden“ sei. Die PDS sei in seinen Augen eine demokratische Partei. Auf den ersten Blick klingt Porschs Einwand einleuchtend und klar.
Doch Beispiele für Nahbarkeit zwischen Links- und Rechtsextremismus gibt es schon in der Geschichte. Betrachtet man den Lebenslauf des Faschistenführers Benito Mussolini so erhält man die Information dass er sich in jungen Jahren in der „Partito Socialista Italiano“ – einer linken Partei – engagierte, Schriften von Marx bis Stirner las und erst später zum rechtsextremen Faschismus gekommen ist, so dass der Ausspruch des Unionspolitikers Rohwer auch an historischen Beispielen angelegt logisch klingt.
Wie sieht es faktisch mit der Demokratiefeindlichkeit der PDS und den Gemeinsamkeiten zwischen den extremistischen Parteien von links und rechts aus?
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Politischer Extremismus
2.1. Die Links-Rechts-Differenzierung
2.1.1 Logik und Inhalt der Links-Rechts-Differenzierung
2.2. Minimalanforderungen einer Demokratie
2.2.1 Grundanforderungen der Rechtsstaatlichkeit
2.3. Rechtsextremismus
2.4. Linksextremismus
3. Die zu vergleichenden Parteien
3.1. Die Geschichte der NPD
3.2. Die Geschichte der PDS
4. Sozialpolitik
4.1. Sozialpolitik der NPD
4.2. Sozialpolitik der PDS
5. Geschichtsrevisionismus
5.1. Geschichtsrevisionismus der PDS
5.2. Geschichtsrevisionismus der NPD
6. Fazit
7. Literaturangaben
Fachliteratur
Aufsätze
Sonstige Literatur
1. Einleitung
Aktuell verlieren die etablierten Volksparteien ihre Wählerschaft, während die kleinen Parteien, aber besonders die politischen Kräfte an den politischen Rändern – speziell in den neuen Bundesländern - meist prozentual zulegen konnten.
So konnten die Volksparteien SPD und CDU bei den Landtagswahlen in Brandenburg 51,3 % und in Sachsen nur 50,9 % der Stimmen auf sich vereinen.
Die Geschichte zeigt dass Parteienlandschaften sich durch politische Umstände verändern können, jedoch bleibt der beunruhigende Hintergedanke, dass aktuell besonders extremistische Parteien von der Schwäche der Volksparteien profitieren. So schaffte die vom Bundesamt für Verfassungsschutz als extremistisch eingestufte „Partei des demokratischen Sozialismus“ (PDS) mit 28% (Brandenburg) und 23,6% (Sachsen) den politischen Sprung auf Augenhöhe zu den Volksparteien, während die extremistische „Nationaldemokratische Partei Deutschlands“ (NPD) mit 9,2% (Sachsen) seit Jahrzehnten wieder den Einzug in das Parlament eines Bundeslandes schaffte.
1/3 der Stimmen entfielen in Sachsen und Brandenburg auf Parteien die vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet werden. Ein für die Demokratie erschreckendes Ergebnis, da neben dem hohen Wahlergebnis, Parteien von beiden politischen Rändern beachtliche Ergebnisse erzielen und gleichzeitig in den Landtag einziehen konnten.
Ein Faktum welcher in der politischen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ungewöhnlich ist, da in der Vergangenheit in Westdeutschland meist eine Partei des rechten Randes beachtliche Erfolge erzielen konnte[1], während in Ostdeutschland meist linksextremistischen Kräfte die Gunst der Wähler gewannen[2], wenn von der Bevölkerung eine Partei am politischen Rand gewählt wurde. Ein Doppelerfolg der politischen Extreme war bis dahin in der politischen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland weitgehend unbekannt.[3]
Aber wie kommt es dazu, dass besonders in den neuen Bundesländern für extremistische Parteien von beiden politischen Rändern votiert wird? Wahlanalysen belegen, dass ehemalige PDS-Wähler zur NPD überwechseln, während ehemalige NPD-Wähler nun auch bereit sind der PDS ihre Stimme zu geben. Eine politische Abgrenzung in links und rechts scheint in den neuen Bundesländern nicht mehr gewährleistet zu sein. Worin liegt die Ursache? Zeigen die Wähler mit ihrem Gang zur Wahlurne ihre Enttäuschung und ihren Protest gegenüber den Volksparteien oder nähern sich die Parteien an den Rändern an? Gewinnt der Extremismus im Gleichschritt? Was verbindet die Parteien an den politischen Rändern? Dieser Frage möchte ich in der Hausarbeit nachgehen, wobei ich zu Beginn des Hauptteils der Historie der politischen Einteilung in rechts und links, die Definition von Extremismus und ihre Logik erläutere. Dies ist für die Hausarbeit relevant um die Grundlagen des Extremismus zu verstehen. Da ich der Fragestellung mit einem Vergleich zwischen zwei Parteien der Extreme beantworten möchte, ist es unabdingbar die Geschichte der Parteien und ihre aktuellen Ziele wiederzugeben. Für den wissenschaftlichen Vergleich habe ich die PDS als linksextremistische Partei, sowie die NPD als rechtsextremistische Partei ausgewählt, da sie als einzige Parteien der Extreme, Mandate in hohen Parlamenten besitzen. Danach widme ich mich den zu vergleichenden Parteien inhaltlich, wobei ich mich aufgrund der Länge der Hausarbeit auf zwei Politikbereiche beschränke. Inhaltlicht analysiere ich die Sozialpolitik beider Parteien, da beide dieses Politikfeld als Hauptthemenfeld in Wahlkämpfen nutzen. Daneben widme ich mich dem Geschichtsrevisionismus der zu vergleichenden Parteien.
Abschließend erfolgt das Fazit der Fragestellung, welches sich besonders auf den inhaltlichen Vergleich beider zu vergleichenden Parteien stützt.
Für die Ausarbeitung und Analyse der Hausarbeit wurden unterschiedliche Quellen benutzt. So wurden neben Fachbüchern von anerkannten und angesehenen politischen Wissenschaftlern auch Tageszeitungen mit Themenbezug, sowie Internetartikel und Onlinebroschüren von politischen Stiftungen, wie zum Beispiel der Konrad-Adenauer-Stiftung oder der Rosa-Luxemburg-Stiftung verwendet.
2. Politischer Extremismus
Um die Fragestellung der wissenschaftlichen Arbeit detailliert und vollständig beantworten zu können, ist es wichtig einen thematischen Überblick des politischen Extremismus darzustellen. Dazu ist es notwendig die historische Entwicklung der „Links-Rechts-Differenzierung“ zu erläutern, sowie die Minimalanforderungen der Demokratie und die Grundanforderungen der Rechtsstaatlichkeit zu verdeutlichen. Da die Hausarbeit zwei Parteien des politischen Randes vergleicht ist es außerdem explizit wichtig eine kurze Definition von Rechts- und Linksextremismus zu geben.
2.1. Die Links-Rechts-Differenzierung
Die Unterscheidung von politischen Parteien in links und rechts lässt sich historisch auf die französische Revolution zurückführen. So spaltete sich die französische Nationalversammlung 1789 in „le cote gauche“ (politisch Aktive mit revolutionärer Stoßrichtung) und in die „le cote droite“ (politisch Aktive, die der Monarchie freundlich gestimmt sind). Später veränderte man die Bezeichnungen, so dass man die Begriffe substantivierte und aus links und rechts nun die Linken und die Rechten wurden. Außerdem erfolgte eine weitere Definition von politisch Handelnden. „Zwischen die Lager der Rechten und der Linken trat eine auf Ausgleich setzende, gemäßigt-monarchistisch- orientierte Mitte“.4
Aufgrund des damals schon weit verbreiteten politischen Pluralismus in Frankreich erfolgten weitere Begriffserweiterungen der Begriffe links und rechts. So definierte man politische Personen, die besonders monarchiefreundlich gewesen sind zum Beispiel als extreme Rechte. In Deutschland erfolgte eine Einteilung in links und rechts historisch erst spät, was auf die „fehlenden institutionellen Vorraussetzungen“ zurückzuführen ist.5 Erst im Parlament von Baden im Jahre 1843 erfolgte eine Sitzverteilung nach einer Links-Rechts Sitzordnung.
Zu jener Zeit erfolgte in deutschen Parlamenten auch die erste Bildung von Fraktionsgemeinschaften. Seit 1848 ist die Links-Rechts-Unterscheidung der Sitzordnung die übliche Sitzverteilung in deutschen Parlamenten.6
2.1.1 Logik und Inhalt der Links-Rechts-Differenzierung
Die Differenzierung von politischen Ansichten, Meinungen oder Äußerungen in ein Links-Rechts-Schema soll dazu dienen, um politische Gedanken eindeutig und leicht verständlich zuordnen zu können. Sozipsychologisch ist die einfache „Rechts-Links-Differenzierung eine Dyade7. Beispiele für eine wissenschaftliche Dyade sind auch in anderen wissenschaftlichen Fachbereichen vorhanden. So schließen Diktatur und Demokratie, sowie Krieg und Frieden sich theoretisch gegenseitig aus, wie auch die politischen Differenzierungen in Links und Rechts sich theoretisch gegenseitig ausschließen. Verschiedene Politikwissenschaftler ergänzten im Laufe der Zeit aufgrund ihrer wissenschaftlichen Forschungen die Dyade um weitere Punkte, so dass aus der Dyade eine Triade, eine Pentiade und sogar eine Hexade wurde.8
Um die Fragestellung der Hausarbeit detailliert beantworten zu können, ist es erforderlich den Blick von der eindimensionalen Links-Rechts-Differenzierung abzuwenden und den Blick auf das Hufeisenmodell zu richten. Das Hufeisenmodell stellt das politische Spektrum als Hufeisen dar, so dass sich an beiden Enden die extremistischen Parteien wiederfinden. So ziehen sich beide Richtungen an den Enden gleichermaßen an wie sie sich abstoßen.9 Laut Eckhard Jesse reichen sich „Rechts und Linksextreme fast die Hände, da sie beide totalitäre Ziele verfolgen und sich nur durch ihre unterschiedlichen Ideologien gelinde unterscheiden.“10
2.2. Minimalanforderungen einer Demokratie
Parteien die vom Verfassungsschutz überwacht und kontrolliert werden, wird der Vorwurf gemacht, dass sie die Demokratie ablehnen würden. Um einen Vergleich zwischen zwei extremistischen Parteien herstellen zu können, ist ein Beweis erforderlich, der aufzeigt dass in den zu vergleichenden Parteien Bestrebungen zu finden sind, welche die Demokratie gefährden. Um dafür eine Grundlage zu schaffen, müssen vorher minimale Anforderungen der Demokratie definiert werden.
So ist die regelmäßige Abhaltung von freien, gleichen und allgemeinen Wahlen die absolute Basis für eine Demokratie, da dadurch politische Macht vom Volke legitimiert oder entzogen werden kann. Des Weiteren ist das Recht auf eine oppositionelle Haltung zur Regierung Pflichtbestandteil jeder Demokratie.
[...]
[1] Wahlerfolg der Republikaner zum Berliner Abgeordnetenhaus 1989
[2] Wahlerfolge der PDS führten die Partei in Regierungsverantwortung in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern
[3] Ausnahme bleibt die DVU, die in Sachsen-Anhalt 1998 12,9% der Stimmen erreichte
4 Backes Uwe, Jesse, Eckhard: Vergleichende Extremismusforschung, Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft, 2005
5 ebd. S.102
6 ebd. Vgl. S.103
7 Zweiergruppe, die ausschließlich ist
8 Backes Uwe, Jesse, Eckhard: Vergleichende Extremismusforschung, Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft, 2005, S.105
9 Vgl. Prof. Dr. Eckhard Jesse: Politischer Extremismus in Frankreich und Deutschland. http://www.kas.de/politische_bildung/erfurt/extr_deufra.html Stand: 29.03.2006
10 Prof.Dr. Eckhard Jesse: Wissenschaft zwischen Ideologie und Politik. http://www.ruhr-uni-bochum.de/bsz/518/518totalitarismus.htm Stand: 29.03.2006
- Quote paper
- Florian Weyand (Author), 2006, Extremismus im Gleichschritt? Was verbindet die Parteien an den politischen Rändern? Ein Vergleich zwischen PDS und NPD an den Beispielen Sozialpolitik und Geschichtsrevisionismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70361
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