„Inmitten Europas, im geteilten Deutschland, ist eine kleine Völkerwanderung im Gange. Zehntausende verlassen jährlich die Stadt oder das Dorf, die ihre Heimat waren, nehmen Abschied von Verwandten und lieben Freunden und suchen eine neue Heimat in einem neuen Staat.“ Mit diesen Worten beschreibt eine Dokumentation, die 1965 in der DDR veröffentlich wurde, die Migrationbewegung von der BRD in die DDR.
Ihren quantitativen Höhepunkt erreichte diese West-Ost-Migration in der Mitte der fünfziger Jahre. Obwohl das Wirtschaftswunder der Bundesrepublik in dieser Zeit einen rasanten wirtschaftlichen Aufschwung bescherte, gaben viele der Migranten wirtschaftliche Beweggründe wie bessere Arbeits- und Wohnbedingungen sowie höhere Sozialleistungen als Hauptmotive für ihre Übersiedung an. Die folgende Arbeit soll daher die Entwicklung der ökonomischen Lebensbedingungen in beiden deutschen Staaten zwischen 1953, dem Jahr des Juni-Aufstandes, bis zum Mauerbau 1961 in ihren Mittelpunkt stellen und der Frage nachgehen, welche wirtschaftlichen Bedingungen in der BRD die Menschen zur Auswanderung veranlasst haben können und in wie weit ihre Hoffnungen auf ein besseres Leben in der DDR berechtigt waren. Die zusätzliche Untersuchung der übrigen Motive würde den Rahmen dieser Darstellung sprengen. Sie bleiben daher unberücksichtigt.
Als Grundlage für die folgende Arbeit wird ein kurzer Überblick über die Entwicklung des Umfangs und der Struktur der West-Ost-Wanderung sowie der durch Befragungen ermittelten Motive der Zuwanderer gegeben. Im zweiten Teil der Arbeit wird die Entwicklung der wirtschaftlichen Lebensbedingungen in beiden deutscher Staaten gegenübergestellt, um hieraus Push- und Pull-Faktoren für die Übersiedler abzuleiten. Da die sogenannten „Republikflüchtlinge“ den größten Teil der Wanderungsbewegung ausmachten, sollen die Besonderheiten ihrer wirtschaftlichen Stellung in der Bundesrepublik gesondert betrachtet werden.
Die Geschichtsforschung hat sich bisher noch kaum mit der Wanderungsbewegung von der BRD in die DDR befasst. Aktuelle Darstellungen, die sich mit der Migration in und nach Deutschland befassen, erwähnen dieses Thema ebenso nur am Rande. Die erste wissenschaftliche Arbeit zu diesem Thema erschien 2000 und untersucht das System der Aufnahmeheime für die Übersiedler in der DDR am Beispiel Barbys. Erst vor drei Jahren wurde die erste systematische Studie über diese Wanderung während der 50er und 60er Jahre veröffentlicht.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Motive und zahlenmäßige Entwicklung
- 1) Zahlenmäßige und strukturelle Entwicklung
- 2) Wanderungsmotive im Überblick
- III. Wirtschaftliche Lebensbedingungen in der BRD und die Motive der Übersiedlung in die DDR
- 1) Wirtschaftliche Lebensbedingungen in der BRD
- 2) Besonderheiten der Lebensbedingungen von Ost-West-Migranten
- 3) Schlussfolgerungen für die Wanderungsmotive der Übersiedler
- IV. Wirtschaftliche Lebensbedingungen in der DDR und die Motive der Übersiedlung in die DDR
- 1) Lebensbedingungen in der DDR
- 2) Schlussfolgerungen für die Wanderungsmotive der Übersiedler
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Migrationsbewegung von der BRD in die DDR zwischen 1953 und 1961. Sie untersucht die wirtschaftlichen Lebensbedingungen in beiden deutschen Staaten und deren Einfluss auf die Wanderungsmotive der Übersiedler. Die Arbeit analysiert die zahlenmäßige Entwicklung der Migration sowie die wichtigsten Motive der Migranten, wobei der Fokus auf den ökonomischen Aspekt gelegt wird.
- Entwicklung der wirtschaftlichen Lebensbedingungen in der BRD und der DDR zwischen 1953 und 1961
- Analyse der Motive für die Übersiedlung von der BRD in die DDR
- Bedeutung der ökonomischen Faktoren für die Migrationsentscheidung
- Vergleich der Lebensbedingungen von Ost-West-Migranten in der Bundesrepublik
- Untersuchung der quantitativen Entwicklung der Migrationsbewegung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Thematik der West-Ost-Migration im Kontext der deutschen Teilung vor und erläutert den Fokus der Arbeit auf die wirtschaftlichen Motive der Übersiedlung. Kapitel II bietet einen Überblick über die zahlenmäßige Entwicklung der Migrationsbewegung von 1953 bis 1961 und analysiert die verschiedenen Motive der Migranten, die sich aus Befragungen der Notaufnahmebehörden ergeben.
Kapitel III untersucht die wirtschaftlichen Lebensbedingungen in der BRD und ihre Auswirkungen auf die Wanderungsmotive. Der Fokus liegt dabei auf den Besonderheiten der Lebensbedingungen von Ost-West-Migranten in der Bundesrepublik. Kapitel IV analysiert die wirtschaftlichen Lebensbedingungen in der DDR und deren Bedeutung für die Übersiedlungsentscheidung.
Schlüsselwörter
West-Ost-Migration, BRD, DDR, Wirtschaftliche Lebensbedingungen, Wanderungsmotive, Push- und Pull-Faktoren, Ost-West-Migranten, Republikflüchtlinge, Wirtschaftswunder, Juni-Aufstand, Mauerbau.
- Quote paper
- Magister Artium Benjamin Kleemann (Author), 2005, Zu den wirtschaftlichen Motiven der Übersiedlung von der BRD in die DDR 1953 bis 1961, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70357