Diese Arbeit konzentriert sich auf das schulbezogene Selbstkonzept von Kindern und Jugendlichen, also auf ein bereichsspezifisches Selbstkonzept. Da die Frage "Wer bin ich?" nur vom Kind selbst beantwortet werden kann, gilt es, im Folgenden konkret die Entwicklung und Erprobung von Selbstkonzeptfragebögen kritisch zu hinterfragen und letztlich deren Bedeutung für die Einschätzung schulischer Leistungen zu diskutieren. Ziel soll es hierbei sein, herauszufinden, wie Aufschlüsse über das Selbstkonzept von Kindern mittels Fragebögen erlangt werden können und wie das Selbstkonzept letztlich mit den Leistungen des Kindes korreliert. Zum besseren Verständnis der Thematik wird der Beantwortung der Fragestellung eine kurze theoretische Darstellung des Selbstkonzepts vorangestellt ‒ jedoch ohne an dieser Stelle auf konkrete Selbstkonzeptmodelle einzugehen. Für die Anfertigung der Ausarbeitung sind die Psychologin Eva-Maria Engel, die Philosophin Eva Randhawa und andere Autoren wie Ulrich Trautwein oder Jens Möller hervorzuheben.
In seinem 2007 erschienenen Buch "Wer bin ich ‒ und wenn ja, wie viele?" unternimmt der Philosoph und Publizist Richard David Precht für den Leser eine philosophische Reise und gibt Einblicke in Fragen des Mensch-Seins. Die Gedanken und Gefühle, die bei der Beantwortung der Frage "Wer bin ich?" in einem Menschen aufkommen, werden in der Psychologie unter dem Begriff "Selbstkonzept" zusammengefasst. Dieses "Bild von sich selbst" lässt sich wiederum in verschiedenste Konzepte unterteilen, beispielsweise in "ich selbst in der Familie", "ich selbst im Beruf" oder "ich selbst in Kindergarten und Schule".
Inhalt
1 Einleitung
2 Theoretische Darstellung des Selbstkonzepts
3 Entwicklung und Erprobung von Selbstkonzeptfragebögen
4 Fazit
Literaturverzeichnis
Wie Kinder sich selbst sehen
‒ Zur Entwicklung und Erprobung von Selbstkonzeptfragebögen und deren Bedeutung für die Einschätzung schulischer Leistungen ‒
1 Einleitung
In seinem 2007 erschienenen Buch „Wer bin ich ‒ und wenn ja, wie viele?“ unternimmt der Philosoph und Publizist Richard David Precht für den Leser eine philosophische Reise und gibt Einblicke in Fragen des Mensch-Seins. Die Gedanken und Gefühle, die bei der Beantwortung der Frage „Wer bin ich?“ in einem Menschen aufkommen, werden in der Psychologie unter dem Begriff „Selbstkonzept“ zusammengefasst. Dieses „Bild von sich selbst“ lässt sich wiederum in verschiedenste Konzepte unterteilen, beispielsweise in „ich selbst in der Familie“, „ich selbst im Beruf“ oder „ich selbst in Kindergarten und Schule“.1
Die vorliegende Ausarbeitung konzentriert sich auf das schulbezogene Selbstkonzept von Kindern und Jugendlichen, also auf ein bereichsspezifisches Selbstkonzept. Da die Frage „Wer bin ich?“ nur vom Kind selbst beantwortet werden kann, gilt es, im Folgenden konkret die Entwicklung und Erprobung von Selbstkonzeptfragebögen kritisch zu hinterfragen und letztlich deren Bedeutung für die Einschätzung schulischer Leistungen zu diskutieren. Ziel soll es hierbei sein, herauszufinden, wie Aufschlüsse über das Selbstkonzept von Kindern mittels Fragebögen erlangt werden können und wie das Selbstkonzept letztlich mit den Leistungen des Kindes korreliert. Zum besseren Verständnis der Thematik wird der Beantwortung der Fragestellung eine kurze theoretische Darstellung des Selbstkonzepts vorangestellt ‒ jedoch ohne an dieser Stelle auf konkrete Selbstkonzeptmodelle einzugehen. Für die Anfertigung der Ausarbeitung sind die Psychologin Eva-Maria Engel, die Philosophin Eva Randhawa und andere Autoren wie Ulrich Trautwein oder Jens Möller hervorzuheben.
2 Theoretische Darstellung des Selbstkonzepts
In der Pädagogischen Psychologie gibt es zahlreiche Artikel zum Selbstkonzept. Möller und Trautwein legen ihren Ausführungen folgende Definition des Selbstkonzepts zugrunde:
[…] Selbstkonzepte sind Vorstellungen, Einschätzungen und Bewertungen, die die eigene Person betreffen. Diese Selbstbeschreibungen können sich auf einzelne Facetten der Person („Ich zeige in Mathematik gute Leistungen“) oder auf die gesamte Person („Ich wünschte, ich wäre jemand anderes“) beziehen.2
Nach Möller und Trautwein sei die Vermittlung eines positiven Selbstbilds einerseits ein wichtiges Erziehungsziel, da das Wohlbefinden der Kinder und Jugendlichen von einer positiven Selbstbewertung profitieren würde, andererseits sei empirisch gesichert, dass die positive Bewertung der eigenen Leistungsfähigkeit die tatsächlich gezeigten Leistungen positiv beeinflussen könne.3 Das Selbstkonzept basiert dabei nicht nur auf den Vorstellungen, Einschätzungen und Bewertungen der Kinder und Jugendlichen über sich selbst, sondern ist maßgeblich von Interaktionen mit der sozialen Umwelt geprägt. „Das Selbstkonzept ist danach so etwas wie ein Abziehbild der Einstellungen anderer Menschen zu dieser Person […]“4, fassen Möller und Trautwein zusammen. Andere Personen, beispielsweise Erzieher und Lehrer, spiegeln den Kindern und Jugendlichen ihre Einstellungen und Gefühle ihnen gegenüber wider. Diesen vorgehaltenen Spiegel nutzen die Kinder und Jugendlichen dann, um aus den Fremdwahrnehmungen das eigene Selbstkonzept zu konstruieren. Somit ist das Selbstkonzept zahlreichen Einflüssen der sozialen Umwelt ausgesetzt.5 Hierbei muss kritisch angemerkt werden, dass die Meinung anderer über mich selbst „auch ein Resultat selektiver Wahrnehmung und Informationsverarbeitung (ist), die von meinem Selbstbild gesteuert wird“6. Im Weiteren muss daher geklärt werden, wie das Selbstkonzept als subjektives Konstrukt in der Praxis erfasst werden kann.
3 Entwicklung und Erprobung von Selbstkonzeptfragebögen
Die Psychologin Dr. Eva-Maria Engel hat es sich zur Aufgabe gemacht, „wissenschaftliche Erkenntnisse darüber zu erhalten, wie Kinder sich selbst sehen“7. Da es selbst Erwachsenen Menschen schwer fällt, persönliche Eigenschaften, Schwächen, Gefühle und Vorlieben zu erkennen und zu benennen, haben Eva-Maria Engel und ihr Team nach entsprechenden Messinstrumenten gesucht. Einen Fragebogen haben sie schließlich in mehreren Schritten entwickelt. In einem ersten Schritt haben sich Eva-Maria Engel und ihr Team, gemeinsam mit Sozialpädagogen und Erziehern, Fragen überlegt, mit denen Kinder Auskunft über sich selbst geben können. Diese Fragen wurden praktisch erprobt und unter Umständen umformuliert. Letztlich hätte man die Fragen auf die entsprechenden Altersgruppen zugeschnitten. So konnten ältere Kinder, der Grundschulklassen drei und vier, die Fragen selbstständig beantworten, während die jüngeren von Testleitern begleitet und im Rahmen eines Interviews unterstützt worden wären.8
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Entwicklung des Fragebogens9
Die Fragen, die Eva-Maria Engel und ihr Team in den Selbstfragebogen aufgenommen haben, sind sehr einfache, konkrete Fragen (siehe Abb. 1), die die Kinder meist mit Hilfe von vier unterschiedlich großen Holzklötzchen beantworten sollten (klein = trifft wenig zu bis groß = trifft viel zu). Die geschlossenen Fragen sollten außerdem die Auswertung und Analyse der Ergebnisse für das Forscherteam erleichtern.10 In der Literatur wird deutlich, dass Randhawa und Engel sich bei der Entwicklung von Selbstkonzeptfragebögen an bereits existierenden Verfahren orientiert und diese für ihre Zwecke angepasst haben. Für das Grundschulalter heben beide beispielsweise den Self Description Questionnaire I als Instrument zur Erfassung emotionaler und sozialer Schulerfahrungen hervor.11
Zur Erfassung des schulbezogenen Selbstkonzepts liegen - wie bereits erwähnt - standardisierte Fragebögen vor. Inwiefern helfen diese Ergebnisse, die schulischen Leistungen von Kindern und Jugendlichen besser einzuschätzen? Ulrich und Trautwein führen affektive („Ich mag Mathematik“) und kognitiv-evaluative Komponenten („Ich bin gut in Mathematik“) der Selbstkonzeptfragebögen an und halten fest, dass vor allem letztere für die Beziehung von Selbstkonzept und Leistung von Bedeutung seien.12 „Schon früh konnten Studien einen positiven Zusammenhang zwischen den beiden Variablen zeigen“13, geben Ulrich und Trautwein an. Nach dem Skill-Development-Ansatz wären Leistungen ursächlich für Selbstkonzepte, das heißt, schulische und außerschulische Rückmeldungen würden das fachbezogene Selbstkonzept beeinflussen. Selbstkonzepte basieren jedoch nicht nur auf konkreten Leistungsrückmeldungen, sondern auch auf sozialen Vergleichen. Die Kinder und Jugendlichen vergleichen sich ständig mit ihren Altersgenossen, so dass das Selbstkonzept ständigen Veränderungen unterliegt.14 Der Self-Enhancement-Ansatz wiederum geht davon aus, dass Selbstkonzepte Leistungen beeinflussen können.
In fast allen Studien ergaben sich positive Effekte der Selbsteinschätzungen auf künftige Leistungen. [...] Der Zusammenhang kann so interpretiert werden, dass von zwei Schülern mit identischer Leistung in einem Fach überdurchschnittlich häufig derjenige zukünftig besser abschneidet, der ein höheres Selbstkonzept seiner fachspezifischen Begabung hat. Der positive Effekt eines vergleichsweise hohen Selbstkonzepts auf die nachfolgende Leistungsentwicklung kann mittlerweile als empirisch gesichert gelten.15
[...]
1 Vgl. Lexikon online. Online-Enzyklopädie für Psychologie und Pädagogik: Selbstkonzept, URL: http://lexikon.stangl.eu/4925/selbstkonzept/ [zuletzt verfügbar: 06.03.2017].
2 Möller, Jens; Trautwein, Ulrich: Selbstkonzept, in: Wild, Elke; Möller, Jens (Hrsg.): Pädagogische Psychologie, Berlin 2015, S. 178.
3 Vgl. ebd., S. 178.
4 Ebd., S. 180.
5 Vgl. ebd., S. 180 f.
6 Ebd., S. 181.
7 Schmitz, Alfried: Wie Kinder sich selbst sehen, URL: http://www.deutschlandfunk.de/psychologie-wie-kinder-sich-selbst-sehen.1148.de.html?dram:article_id=345305 [zuletzt verfügbar: 04.03.2017].
8 Vgl. Schmitz, Alfried: Wie Kinder sich selbst sehen.
9 Engel, Eva-Maria: SKF - Selbstkonzeptfragebogen für Kinder im Vorschulalter. Fachtag „Praxisforschung in der Frühpädagogik“, URL: http://www.zfkj.de/images/SKF_-_Engel_1.pdf [zuletzt verfügbar: 07.03.2017]. Zu den verschiedenen Versionen der Selbstkonzeptfragebögen: Vgl. Engel, Eva-Maria: Der Selbstkonzeptfragebogen für Kinder (SKF). Entwicklung, Anwendung und psychometrische Überprüfung (= Materialien zur Frühpädagogik 17), Freiburg 2015, S. 264 ff.
10 Vgl. Schmitz, Alfried: Wie Kinder sich selbst sehen; Vgl. Engel, Eva-Maria: Der Selbstkonzeptfragebogen für Kinder (SKF), S. 83.
11 Vgl. Engel, Eva-Maria: Der Selbstkonzeptfragebogen für Kinder (SKF), S. 238; Vgl. Randhawa, Eva: Das frühkindliche Selbstkonzept. Struktur, Entwicklung, Korrelate und Einflussfaktoren, Heidelberg 2012, S. 71.
12 Vgl. Möller, Jens; Trautwein, Ulrich: Selbstkonzept, Berlin 2015, S. 186 f.
13 Ebd., S. 193.
14 Vgl. ebd., S. 193.
15 Ebd., S. 193.
- Quote paper
- Andre Engel (Author), 2017, Das schulbezogene Selbstkonzept von Kindern und Jugendlichen. Entwicklung und Bedeutung von Selbstkonzeptfragebögen für die Einschätzung schulischer Leistungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/703282
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