Die Digitalisierung ist in vollem Gange, doch viele Unternehmen haben noch immer Probleme mit der digitalen Transformation. Insbesondere KMU sehen sich als Nachzügler. Doch woran liegt das? Einer Studie der Boston Consulting Group zufolge ist eine adäquate Unternehmenskultur der Schlüssel zu einer erfolgreichen digitalen Transformation. Ein angepasster Führungsstil und die frühzeitige Einbindung der Mitarbeiter in die Veränderungsprozesse sind essenziell.
Was sind Herausforderungen der digitalen Transformation an die Unternehmenskultur, Führungskräfte und Angestellte? Welche Besonderheiten zeichnen KMU in den verschiedenen Organisations- und Führungsebenen aus? Welche Ansätze existieren in Bezug auf die Themen Digital Leadership und digitale Unternehmenskultur?
Elena Ristova befasst sich mit den Schritten und Maßnahmen, die KMU einleiten müssen, um ihre Unternehmenskultur und ihr Führungskonzept an das digitale Zeitalter anzupassen. Dafür entwickelt sie eine konkrete Handlungsanleitung, um KMU die digitale Transformation zu erleichtern.
Aus dem Inhalt:
- VUCA;
- Digital Leadership;
- Digitale Unternehmenskultur;
- Holakratie;
- Scrum;
- Agilität
Inhaltsverzeichnis
Kurzfassung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Ausgangssituation und Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Methodik
1.4 Gang der Arbeit
2 Digitalisierung als Megatrend
2.1 Begriffsbestimmung: Digitalisierung
2.2 Auswirkungen der Digitalisierung auf die Wirtschaft
3 Kleine und mittlere Unternehmen
3.1 Definition und Abgrenzung der KMU
3.2 Spezifika der KMU
4 Digitale Unternehmenskultur
4.1 Ansätze einer digitalen Unternehmenskultur
4.2 Bewertung der digitalen Unternehmenskultur für KMU
5 Digital Leadership
5.1 Zentrale Werte des Digital Leaderships
5.2 Ansätze des Digital Leaderships
5.3 Bewertung des Digital Leaderships für KMU
6 Change Management Ansätze
6.1 Top-Down und Bottom-Up Ansatz
7 Handlungsanleitung für KMU
7.1 Planung
7.2 Analyse
7.3 Konzeption
7.4 Umsetzung
7.5 Nachhaltigkeit
8 Schlussbetrachtung
8.1 Validierung
8.2 Zusammenfassung der Ergebnisse
8.3 Fazit
Literatur
Anhang
Kurzfassung
Die vorliegende Bachelorarbeit stellt die Konzepte Digital Leadership und digitale Unternehmenskultur vor, die in Zeiten der Digitalisierung einen strategischen Erfolgsfaktor für Unternehmen darstellen, um in der bestehenden VUCA-Welt überleben zu können. Ferner wird deren Anwendung für KMU geprüft, da vor allem diese Schwierigkeiten haben mit dem rasanten Tempo der Digitalisierung mitzuhalten. Die Analyse beider Konzepte sowie deren Bewertung für KMU erfolgt weitestgehend anhand einer Literaturrecherche.
Schließlich hat die Literaturanalyse ergeben, dass die Umsetzung beider Konzepte im Allgemeinen unabhängig von der Unternehmensgröße realisiert werden kann, da diese den Menschen im Unternehmen tangieren und damit einhergehend dessen Einstellung und Verhaltensweisen. KMU sind jedoch durch ein knapperes finanzielles Budget und mangelndem Know-how benachteiligt. Daher wird in der vorliegenden Arbeit für diese eine Handlungsanleitung entwickelt. Sie dient als Hilfestellung und zeigt KMU die einzelnen Schritte auf, die während der digitalen Transformation der Unternehmenskultur sowie -führung zu durchlaufen sind. Dadurch soll KMU die Entwicklung der beiden Konzepte im Unternehmen erleichtert werden.
Studien haben ebenfalls erwiesen, dass digitale Vorreiter-Unternehmen sich maßgeblich durch eine etablierte digitale Führungs- und Unternehmenskultur auszeichnen. Vor diesem Hintergrund und aufgrund des unaufhaltbaren Tempos der Digitalisierung, empfiehlt es sich für alle Unternehmen sich mit diesen Konzepten auseinanderzusetzen und diese vor allem gezielt und situativ umzusetzen. Auf diese Weise können sie der zunehmend dynamischen und komplexen Unternehmensumwelt standhalten.
Es bleibt jedoch abzuwarten, ob diese Konzepte eine vorübergehende Lösung für den aktuellen Stand der Digitalisierung sind oder ob diese zukünftig aufgrund der ungewissen VUCA-Umwelt obsolet sein werden.
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Wirtschaftsbereichsstruktur 2016 in Deutschland
Abb. 2: Zentrale Werte einer Digitalkultur nach Hess
Abb. 3: Zentrale Werte einer Digitalkultur für KMU
Abb. 4.: Top-Down Ansatz
Abb. 5: Bottom-Up Ansatz
Abb. 6: Both directions Ansatz
Abb. 7: Das 5-Phasenmodell nach Krüger
Abb. 8: Die 5 Phasen der digitalen Transformation der Unternehmenskultur
Abb. 9: Ermittlung der Kulturvision
Abb. 10: Beispiele zur Definition einer digitalen Unternehmenskultur
Abb. 11: Rolle der Führung während des digitalen Kulturwandels vs. nach dem Kulturwandel
Abb. 12: Checkliste: Roll-Out Kommunikation an gesamte Organisation
Abb. 13: Checkliste: Aspekte der Nachhaltigkeit
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Quantitative Definition der KMU nach dem IfM Bonn
Tab. 2: Abgrenzung der Klein- und Mittelbetriebe von Großbetrieben nach Unternehmensführung
Tab. 3: Abgrenzung der Klein- und Mittelbetriebe von Großbetrieben nach Organisation
Tab. 4: Abgrenzung der Klein- und Mittelbetriebe von Großbetrieben nach Personal
Tab. 5: Vergleich der verschiedenen Ansätze einer digitalen Unternehmenskultur
Tab. 6: Eigenschaften der verschiedenen Digital Leadership Ansätze
Tab. 7: Vergleich der Digital Leadership Ansätze
Tab. 8: Das digitale Reifegrad-Modell zur Ermittlung der Unternehmenskultur
Tab. 9: Beispiel Projektplan
1 Einleitung
1.1 Ausgangssituation und Problemstellung
Die Digitalisierung ist in vollem Gange und doch schaffen viele Unternehmen nicht die Vollendung der digitalen Transformation. Der Digital Transformation Index (DTI) zeigt, dass es weltweit keine Veränderung in der Zunahme der digitalen Vorreiter gibt. In den letzten zwei Jahren machte der Anteil der Unternehmen, die ihre digitalen Ziele vollständig realisiert haben, lediglich 5% aus (digitalbusiness-cloud.de 2019).
Es stellt sich die Frage, warum Unternehmen nicht vorankommen. Einer Studie der Boston Consulting Group zufolge, ist eine adäquate Unternehmenskultur der Schlüssel einer erfolgreichen digitalen Transformation und sollte nicht vernachlässigt werden. Die Studie ergab, dass Unternehmen, die ihre Unternehmenskultur angepasst haben, fünfmal (90%) erfolgreicher waren (BCG 2018). Die Technik hingegen spiele hierbei keine primäre Rolle (Capgemini 2017, S. 5). Erfolgreiche Unternehmen investieren in den Faktor Mensch. Ein angepasster Führungsstil und die frühzeitige Einbindung der Mitarbeiter in die Veränderungsprozesse, sind essentiell, da ohne deren Unterstützung eine solche Wandlung des Unternehmens nicht zielführend ist (Capgemini 2017, S. 58). Jedoch ist die Angst vor Veränderung groß. Viele Unternehmen können sich von ihren fest eingefahrenen Strukturen nicht lösen und fokussieren sich eher auf kurzfristige Profite, anstatt sich langfristig und nachhaltig zu orientieren (Ternès & Schieke 2018, S. 3).
In diesem Zusammenhang stellt sich zudem die Frage, welche Unternehmen besondere Probleme mit der Digitalisierung haben. Betrachtet man den Digitalisierungsgrad der deutschen Unternehmen, so können insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) nicht mithalten. Knapp über die Hälfte aller KMU (56%) sehen sich als Nachzügler (bitkom 2019). Aufgrund knapper finanzieller Ressourcen und fehlendem Know-how können sich KMU Fehlversuche nicht leisten und sind daher besonders gehemmt, in der Digitalisierung fortzuschreiten (Leyh et al. 2018, S. 38). Ferner erweisen sich auch Herausforderungen bezüglich den Aspekten Datenschutz und Datensicherheit als problematisch (Ternès & Schieke 2018, S. 17).
1.2 Zielsetzung
Wie bereits geschildert, haben viele Unternehmen, aber insbesondere KMU, mit der digitalen Transformation zu kämpfen. KMU besitzen einen Anteil von 99,5% an den Unternehmen in Deutschland, stellen 58,3% aller Arbeitsplätze und erwirtschaften 35,3% des gesamten deutschen Umsatzes (BMWi 2018, S. 2). Aufgrund ihres hohen Stellenwerts in der deutschen Wirtschaft mit weltweit 1507 Hidden Champions (Lindner 2019, S.1) und da der Großteil von ihnen mit dem rasanten Tempo der Digitalisierung nicht mithalten kann, ist eine Hilfestellung in Form einer Handlungsanleitung von großer Relevanz.
Die beschriebene Ausgangslage führt zur folgenden leitenden Forschungsfrage: Welche Schritte müssen in KMU eingeleitet werden, um deren Unternehmenskultur sowie -führung an das digitale Zeitalter anpassen zu können?
Die Beantwortung der leitenden Forschungsfrage erfolgt über weitere zentrale Unterfragen:
1. Was sind Herausforderungen der digitalen Transformation an die Unternehmenskultur, Führungskräfte und Angestellte?
2. Welche Besonderheiten zeichnen KMU in den verschiedenen Organisations- und Führungsebenen aus?
3. Welche Ansätze existieren in Bezug auf die Themen Digital Leadership und der digitalen Unternehmenskultur?
4. Welche theoretischen Grundlagen sind zur Wandlung einer Unternehmens- und Führungskultur hilfreich?
5. Wie kann eine konkrete Handlungsanleitung aussehen?
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, eine Handlungsanleitung für die digitale Transformation von KMU mit Fokus auf den Faktor Mensch zu entwickeln. Diese soll Schritt für Schritt darstellen, welche Maßnahmen für eine erfolgreiche Umsetzung der digitalen Unternehmenskultur und -führung vorgenommen werden müssen. Dadurch soll KMU die digitale Transformation der oben genannten Aspekte erleichtert werden.
1.3 Methodik
Die vorliegende Arbeit wird anhand einer weitreichenden Literaturanalyse erarbeitet, mit dem Ziel eine Handlungsanleitung für die digitale Transformation der Unternehmenskultur und -führung von KMU zu erstellen. Im Zuge der Literarturrecherche werden verschiedene Ansätze der Konzepte Digital Leadership und der digitalen Unternehmenskultur umfassend vorgestellt, miteinander verglichen und deren Anwendung für KMU bewertet. In diesem Kontext werden auch verschiedene Change Management Ansätze beurteilt, ausgewählt und aufgeführt, die als theoretische Grundlage eines Transformationsprozesses dienen. In der Analysephase werden insbesondere neuere Literaturquellen herangezogen, aufgrund der gegenwärtig zunehmenden Relevanz dieser Thematik. Die ausgewerteten Quellen stammen aus Fachbüchern, Fachartikeln, Studien sowie Internetseiten. Nach der intensiven Literaturanalyse erfolgt die Erstellung der Handlungsanleitung für KMU. Am Ende wird diese abschließend validiert.
1.4 Gang der Arbeit
In der folgenden Arbeit wird die beschriebene Forschungsfrage sukzessive beantwortet.
Zunächst werden die Problemstellung und die Zielsetzung der Arbeit einleitend erläutert. Das zweite Kapitel soll die allgemeinen Auswirkungen der Digitalisierung auf die Wirtschaft und konkret auf Führungskräfte sowie auf Angestellte beschreiben. Anschließend werden kleine und mittlere Unternehmen von Großunternehmen abgegrenzt und deren Spezifika herausgearbeitet, um sie im weiteren Verlauf bei der Bewertung der digitalen Unternehmenskultur und des Digital Leaderships berücksichtigen zu können. Kapitel 4 und 5 stellen diese beiden Konzepte ausführlich vor, indem sie verschiedene Ansätze aufführen, diese miteinander vergleichen und schließlich deren Anwendung für KMU beurteilen. Im weiteren Verlauf werden in Kapitel 6 relevante theoretische Grundlagen für einen Veränderungsprozess in Unternehmen dargestellt. Schließlich erfolgt, auf deren Basis und unter Berücksichtigung der in Kapitel 4 und 5 gewonnen Erkenntnisse, die Konzeption einer konkreten Handlungsanleitung in Kapitel 7. Zuletzt schließt die Arbeit mit einer Validierung und einem Fazit ab.
2 Digitalisierung als Megatrend
Das Wort Digitalisierung wurde in den vergangenen Jahren so oft wie kein anderes Wort benutzt. Es stellt die sogenannte vierte industrielle Revolution dar, die 1998/1999 mit der „Dotcom“-Phase begann. Seither erleben sowohl Wirtschaft als auch Gesellschaft eine massive Veränderung. Endgeräte und Sensoren, die mit dem Internet gekoppelt sind und auch diverse Apps wandeln kontinuierlich unser Leben (Becker und Knop 2015, S. 1-2). Bis 2025 sollen 175 Zetabyte an digitaler Datenmenge generiert werden. Dies entspricht in etwa dem 5,3-fachen der zuletzt gemessenen Menge mit 33 Zetabyte im Jahre 2018 (Tenzer 2019). Somit hat sich das Mooresche Gesetz, welches ein exponentielles Wachstum der Rechenleistung besagt, bis heute bewahrheitet. Wichtig ist, dieses Wachstum nicht zu unterschätzen. Oft werden falsche Annahmen bezüglich der zukünftigen digitalen Entwicklungen getroffen, da man den digitalen Fortschritt der kommenden zehn Jahren mit dem, der vergangenen zehn Jahre vergleicht. Ein solcher Vergleich ist jedoch nicht zielführend, da das Tempo des digitalen Wachstums unaufhaltsam ist (Raitner 2019, S. 86).
Im Folgenden wird der Digitalisierungsbegriff beziehungsweise die digitale Transformation kurz erklärt, sodass im Anschluss die Auswirkungen dieser auf die Wirtschaft beschrieben werden können. Außerdem wird auf die wandelnden Anforderungen an Führungskräfte und Angestellte eingegangen, um eine Basis für den Leser zu schaffen und ihm aufzuzeigen, welches Ausmaß die Digitalisierung bereits angenommen hat. Hinzuzufügen ist, dass in diesem Kapitel kein Vollständigkeitsanspruch besteht und die nachfolgende Thematik beispielhaft beschrieben wird.
2.1 Begriffsbestimmung: Digitalisierung
Bezüglich der Definition des Begriffs Digitalisierung teilen sich die Meinungen. Beispielsweise wird Digitalisierung bzw. digitalisieren im Duden (2019) technisch definiert: „Daten und Informationen digital darstellen“ oder „ein analoges Signal in ein digitales umwandeln“ (Duden 2019).
Ähnlich, definiert auch das Gabler Wirtschaftslexikon (2019) die Digitalisierung.
Darüber hinaus wird die Definition durch das Gabler Wirtschaftslexikon erweitert, sodass der Aspekt der digitalen Wende in den Vordergrund rückt. Während dem 20. Jahrhundert wurde der Begriff Digitalisierung synonym für die Informationstechnologie verwendet, die Arbeitsplätze und Privathaushalte optimiert und automatisiert. Heutzutage bezieht sich der Begriff auf „disruptive Technologien und innovative Geschäftsmodelle sowie Autonomisierung, Flexibilisierung und Individualisierung“. Nach Schallmo et al. (2018, S.22) wird die Digitalisierung vor allem mit den Begrifflichkeiten „Digitale Revolution“ oder „Digitale Transformation“ assoziiert. In diesem Zusammenhang ist insbesondere der Veränderungsprozess, den Gesellschaft und Wirtschaft aufgrund der technologisch fortschreitenden Entwicklung durchschreiten, gemeint.
Eine genauere Definition der digitalen Transformation gibt die Enzyklopädie der Wirtschaftsinformatik (2019) wieder: „digitale Transformation bezeichnet erhebliche Veränderungen des Alltagslebens, der Wirtschaft und der Gesellschaft durch die Verwendung digitaler Technologien und Techniken sowie deren Auswirkungen“ (Enzyklopädie Wirtschaftsinformatik 2019). Diese Definition verdeutlicht die Omnipräsenz der Digitalisierung in allen Lebensbereichen ist.
2.2 Auswirkungen der Digitalisierung auf die Wirtschaft
Ein unter Autoren weit verbreiteter Begriff, der die digitale Welt beschreibt, ist die VUCA-Welt. Dieser Begriff charakterisiert die digitale Welt präzise und wird oft in einem wirtschaftlichen Kontext verwendet. VUCA steht für volatil, unsicher, complex beziehungsweise komplex und ambiguous beziehungsweise mehrdeutig. Volatil zum einen, da aufgrund der Digitalisierung kaum mehr Beständigkeit existiert. Märkte sowie insbesondere auch Preise unterliegen permanenten Schwankungen, was vor allem durch die große Anzahl an Mitstreitern begünstigt wird. Zudem ist unsere Welt unsicher, da es immer schwieriger wird, Vorhersagen zu treffen, die sich mit großer Wahrscheinlichkeit bewahrheiten. Der Faktor Komplexität wird besonders durch die starke Vernetzung und Globalisierung gefördert. Zuletzt beschreibt auch die Ambiguität die aktuelle Situation, da auf den Märkten unendlich viele Alternativen verfügbar sind und Unternehmen eine große Auswahl an Optionen haben, um sich weiterzuentwickeln (Zöller 2019, S. 70). Auch Erner und Hammer (2019) sprechen von einer VUCA-Welt. Sie fügen hinzu, dass man trotz der höheren Verfügbarkeit an Daten und der optimierten Analysetools nicht mehr allem genauestens auf den Grund gehen kann, da sich unsere Umwelt ständig ändert, komplex und nicht planbar ist (Erner & Hammer 2019, S. 139). Aus diesem Grund empfehlen sie Unternehmen, keine allzu detaillierten Analysen durchzuführen, sondern eher eine intuitive Handlungsweise anzunehmen, Fehler zu akzeptieren und kontinuierlich aus diesen zu lernen, um in der VUCA-Welt überleben zu können (Erner & Hammer 2019, S. 146).
In diesem Kontext kommt auch die Frage auf, welche weiteren Voraussetzungen Unternehmen erfüllen müssen, um wie die digitalen Vorreiter 50% schneller wachsen und bis zu 30% mehr Profit erwirtschaften zu können (Bain 2018). Zudem ist fraglich, welche allgemeinen Auswirkungen die Digitalisierung auf die Wirtschaft hat.
Verschiedene Technologieanwendungen können unterschiedliche Prozesse im Unternehmen unterstützen. Durch die Automatisierung, beispielsweise der Produktionsprozesse anhand von Robotern, IoT, Künstliche Intelligenz oder 3D-Druck, kann auch die Produktivität von Unternehmen langfristig aufgrund von Kostensenkung gesteigert werden (Elding & Morris 2018). Maßgeblich für die Digitalisierung ist jedoch der Faktor Kunde. Das Internet ermöglicht es dem Kunden umfassende und detaillierte Produktinformationen zu erhalten. Entscheidende Kriterien für die Kaufentscheidung sind das Produkt zum günstigsten Preis, mit dem besten Service sowie in bester Qualität zu erwerben (Ternès & Schieke 2018, S. 1). Um einen optimalen Wertschöpfungsprozess für den Kunden zu schaffen, ist beispielsweise der Einsatz von Big-Data geeignet. Big-Data Analysen ermöglichen es Firmen, das Kundenverhalten genauestens zu untersuchen, um im Anschluss mit maßgeschneiderten Produkten und Dienstleistungen auf die persönlichen Kundenwünsche und -bedürfnisse einzugehen und die Qualität von Produkten und Dienstleistungen zu optimieren. Auch können auf diese Weise neue Märkte erschlossen oder innerhalb bestehender Märkte neue Trends entdeckt werden. Dieses Vorgehen impliziert, dass Unternehmen gleichzeitig immer wieder ihr Geschäftsmodell überdenken müssen, um den permanent wandelnden Kundenwünschen nachkommen zu können (Dörner & Edelman 2015). Hingegen zählen beispielsweise die Anpassung der Unternehmensorganisation, die Akquise von IT-Spezialisten, Investitionskosten sowie die Gesetzgebung zu den größeren Herausforderungen der Digitalisierung. Des Weiteren wirkt sich die Digitalisierung auch auf die Beschäftigung aus. Gering bis mittelqualifizierte Jobs, wie beispielsweise in der Produktion, werden nach und nach im Zuge der voranschreitenden Digitalisierung durch Maschinen ersetzt. Jedoch wird erwartet, dass zukünftig in steigendem Maße hochqualifizierte Arbeitnehmer benötigt werden. Somit müssen Angestellte in den nächsten Jahren zunehmend umgeschult werden, sodass diese neue Aufgabengebiete übernehmen können (Elding & Morris 2018).
Was in den letzten Jahren ebenfalls oft beobachtet werden konnte ist, dass die erste Reaktion traditioneller Unternehmen gegen digitale Vorreiter immer das Einleiten gesetzlicher Auflagen ist, wie es Taxiunternehmen mit Uber versucht haben. Nichtsdestotrotz wird anhand dieses Beispiels ersichtlich, dass es sich nicht um einen Dauerzustand gehandelt hat. Letzten Endes mussten die Taxiunternehmen nachgeben und ihr Geschäftsmodell anpassen, um weiterhin auf dem Markt bestehen zu können (Gillior 2018).
Zusammenfassend, müssen sich Unternehmen zukünftig rapide an wandelnde Marktgegebenheiten anpassen. Diese Anpassung kann mithilfe eines „kundenzentrierten, zukunftssicheren Geschäftsmodells, [sowie] eines kanalübergreifenden Angebots und einer progressiven IT“ erfolgen (Ternès & Schieke 2018, S. 3).
2.2.1 Wandelnde Anforderungen an die Belegschaft im Unternehmen
Im Folgenden soll beispielhaft geschildert werden, welche Herausforderungen auf Führungskräfte und Angestellte in Zeiten der digitalen Transformation zukommen.
2.2.2 Wandelende Anforderungen an Angestellte
Aufgrund des technologischen Fortschritts, wird zukünftig die Arbeitsverdichtung zunehmen. Dies ist maßgeblich durch eine erhöhte Informationsflut bedingt (BMAS 2016, S. 15) Infolgedessen müssen sich Angestellte kontinuierlich weiterbilden und zunehmend mehr Aufgaben parallel übernehmen, um diese Informationsflut bewältigen zu können (BMAS 2016, S. 11).
Zudem zählen zu den zukünftig relevanten Kernkompetenzen Kreativität, Problemlösungskompetenz, nichtlineares Denken sowie eine ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit (Schaible et al. 2017, S. 6). Hybride Teams, in welchen Menschen mit Robotern zusammenarbeiten, werden ebenfalls an Relevanz gewinnen. Nach Weiß und Wagner (2017, S. 207-208) lassen sich die zukünftig gefragten Kompetenzen der Angestellten in die drei Kategorien „fachlich“, „methodisch“ und „sozial“ untergliedern. Die fachlichen Kompetenzen beziehen sich in diesem Zusammenhang grundsätzlich auf IT-Affinitäten. So gehören zu diesen beispielsweise Kompetenzen im Bereich Big Data Analytics und Programmierung sowie auch Kompetenzen im Umgang mit künstlicher Intelligenz, Social Media Marketing oder, wie bereits genannt, Kompetenzen in der Mensch-Maschine-Interaktion. Methodisch wird vor allem eine lebenslange Lernbereitschaft vorausgesetzt, aber auch Innovationskompetenz sowie Fähigkeiten im Umgang mit Ambiguität und Komplexität. Als soziale Kompetenzen sind vor allem Selbstorganisation, Kritikfähigkeit, Teamfähigkeit in diversen Teams und mit dieser, einhergehende interkulturelle Kompetenzen wichtig. Darüber hinaus ist von essentieller Bedeutung, sich mit aktuellen Themen zu beschäftigen und sich schnell in diese einzuarbeiten.
2.2.3 Wandelnde Anforderungen an Führungskräfte
Eine große gesellschaftliche Herausforderung im aktuellen, digitalen Zeitalter stellt die differenzierte Führung von zwei wichtigen Generationen dar: Die Digital Natives und die Digital Immigrants. Die Digital Immigrants sind im Gegensatz zu den Digital Natives nicht mit den digitalen Medien aufgewachsen und daher weniger digitalaffin. Diese Generation gilt als sehr anpassungsfähig und widersetzt sich Hierarchien nicht. Digital Natives hingegen, sind seit ihrer Kindheit mit digitalen Medien vertraut und gelten als digitalaffin. Arbeiten auf Augenhöhe, Partizipation, Respekt, eine ausgeprägte Feedbackkultur und die Sinnhaftigkeit der Arbeit stehen bei ihnen im Mittelpunkt (Creusen et al. 2017, S. 122-123). Außerdem messen diese einer guten Work-Life-Balance einen höheren Wert bei, sodass Arbeitskonzepte wie beispielsweise Home-Office sich als Anreiz eignen, um Digital Natives zu rekrutieren und ans Unternehmen zu binden (Capgemini 2012, S. 17). Angeknüpft an das Modell Home-Office gehört auch die virtuelle Führung zu den wandelnden Anforderungen eines Digital Leaders. Entsprechende Software-Tools sollen diese Art von Führung erleichtern, um die Aufgabenerledigung sowie Motivation der Mitarbeiter sicherzustellen (Lindner 2019, S. 33). Der Umgang mit diesen Software-Tools, erfordert insgesamt auch eine erweiterte fachliche Digitalkompetenz der Führungskraft. Im Wesentlichen soll sie ein allgemeines Verständnis für digitale Trends und Tools haben, wissen, wie und wo sie wertschöpfend im Unternehmen eingesetzt werden können, ihre Mitarbeiter in diesem Themenfeld weiterbilden und die Tools auch selber anwenden können (Dörr et al. 2018, S. 51-52).
Darüber hinaus muss die Führungskraft auch die Rolle eines Change Managers einnehmen und Veränderungsprozesse einleiten sowie die Entwicklung neuer Geschäftsideen anregen (Schaible et al. 2017, S. 6). Dies wird ebenfalls von Weiß und Wagner (2017, S. 213-215) gestützt. Führungskräfte müssen gut zuhören können und gleichzeitig nahbarer werden, sodass Mitarbeiter ein ausgeprägtes Entscheidungsrecht haben dürfen. Dies impliziert auch die Relevanz der Fähigkeit delegieren zu können und nicht mehr starr zu kontrollieren, damit sich die Mitarbeiter frei und kreativ entfalten können. Daraus folgt wiederum auch die Wichtigkeit der Unterstützung der Mitarbeiter in ihrer Talententwicklung, sodass diese durch Empathie sowie durch die Vermittlung von Wertschätzung an das Unternehmen gebunden werden. Genauso müssen Führungskräfte Innovationen fördern, indem sie eine akzeptierte Fehlerkultur vermitteln. Angestellten sollen Freiraum sowie die nötigen Kapazitäten eingeräumt werden, um Neuschöpfungen etablieren zu können.
Nach einer Studie von Hays (Elkers et al. 2017, S. 21) zählen unter anderem auch die Verkörperung der Vorbildfunktion sowie die Wahrung der Glaubwürdigkeit als Hindernisse. Dies ist essentiell, da die Führungskräfte die digitale Transformation authentisch repräsentieren sollten, um auf diese Weise auch Mitarbeiter zu motivieren, an einem gemeinsamen Ziel der Wandlung zu arbeiten.
3 Kleine und mittlere Unternehmen
Das nachfolgende Kapitel soll dem Leser eine Grundlage verschaffen, um die verschiedenen Merkmale der KMU identifizieren zu können. Insbesondere wird auf die Faktoren Führung, Organisation sowie Personal eingegangen, um diese im weiteren Verlauf zu berücksichtigen und daraus konkrete Handlungsempfehlungen ableiten zu können. Auch dieses Kapitel wird exemplarisch und ohne Anspruch auf Vollständigkeit dargestellt.
3.1 Definition und Abgrenzung der KMU
In der Mittelstandsforschung existiert bis heute keine eindeutige Definition für KMU. Dies ist darauf zurückzuführen, dass diese eine hohe Heterogenität aufweisen. Grundsätzlich wird bestehenden Definitionen zufolge zwischen quantitativen und qualitativen Eigenschaften von KMU differenziert. So richtet sich die quantitative Einordnung vor allem nach Kennzahlen wie Mitarbeiteranzahl, Umsatz pro Jahr oder Bilanzsumme. Demgegenüber unterliegen ökonomische, gesellschaftliche und psychologische Merkmale einer qualitativen Definition (Reinemann 2019, S. 2). Letzteres wird in Kapitel 3.2 untersucht.
Zunächst sollen KMU quantitativ definiert werden, da diese Einordnung es erlaubt, KMU anhand von Kennzahlen von Großunternehmen abzugrenzen.
Es gibt zwei quantitative Definitionen, die verbreitet sind. Eine davon ist besonders bedeutend, wenn es um Subventionen für KMU im Rahmen von Förderprogrammen der Europäischen Kommission geht. So zählen laut der EU-Kommission seit 2003 alle Unternehmen KMU mit einer Beschäftigungsanzahl bis zu 249 Mitarbeiter, sowie einem Höchstjahresumsatz von 50 Millionen Euro oder einer Bilanzsumme von maximal 43 Millionen Euro zu den KMU (Förderberatung des Bundes, 2019).
Die nachfolgende Definition, wurde durch das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) (IfM Bonn, 2019) entwickelt und soll als Grundlage der vorliegenden Arbeit dienen. Zudem gilt diese als die gängigste deutsche Definition von KMU. KMU werden dementsprechend folgendermaßen eingeordnet:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 1: Quantitative Definition der KMU nach dem IfM Bonn (IfM Bonn, 2019)
Alle Unternehmen mit bis zu 499 Mitarbeitern und einem jährlichen Höchstumsatz von 50 Millionen Euro gehören dem Mittelstand an. Hinzuzufügen ist, dass das IfM Begriffe wie Familienunternehmen, Eigentümerunternehmen oder Mittelstand synonym für KMU verwendet. Ferner können Familienunternehmen diese Kennzahlen überschreiten und würden somit den Großunternehmen zugeordnet werden. Im Allgemeinen gehören jedoch die meisten Familienunternehmen der Gruppe der KMU an (IfM Bonn, 2019).
Des Weiteren können KMU hinsichtlich ihrer Repräsentativität in den verschiedenen Wirtschaftszweigen von Großunternehmen unterschieden werden. Die nachfolgende Abbildung stellt die Wirtschaftsbereichsstruktur sowohl von KMU als auch von Großunternehmen im Jahre 2016 dar.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Wirtschaftsbereichsstruktur 2016 in Deutschland (IfM Bonn 2019)
Der obigen Abbildung 1 ist zu entnehmen, dass KMU mit rund einem Fünftel (20,5 %) deutlich weniger im produzierenden Gewerbe vertreten sind. Großunternehmen dominieren vergleichsweise dieses Gewerbe mit über einem Drittel (37,5 %). Im Dienstleistungssektor sind jedoch KMU weiter verbreitet mit insgesamt circa 80 %, wohingegen Großunternehmen knapp zwei Drittel (62,5 %) des Dienstleistungssektors dominieren (IfM Bonn 2019).
Außerdem wird die Heterogenität von KMU auch durch deren Struktur deutlich. So gehören traditionelle Zünfte wie Tischlereien, Bäckereien und Metzgereien zu den KMU und sind nicht in den Großunternehmen wiederzufinden (Lindner 2019, S. 5).
3.2 Spezifika der KMU
In Anlehnung an die Mittelstandsdefinition des IfM Bonn (2019) ist ein weiterer zentraler Aspekt zu nennen, der besonders bei einer qualitativen Bewertung zu Trage kommt: „Die Einheit von Eigentum und Leitung“ (IfM Bonn, 2019). Im weiteren Verlauf wird darauf näher eingegangen.
Bevor die qualitativen Spezifika der KMU bezüglich Organisation, Unternehmensführung und Personal genannt und erläutert werden, ist festzuhalten, dass diese angesichts der Heterogenität, die in mittelständischen Unternehmen besteht, nicht auf alle KMU zutreffen können. So kann sich zum Beispiel ein kleines Restaurant erkennbar von einem produzierenden Zulieferer der Automobilbranche unterscheiden (Immerschitt & Stumpf 2019, S.19-20).
Ein bekannter Merkmalskatalog für KMU, der oft in der Literatur Anwendung findet, ist der nach Pfohl (2013, S. 19-21). Dieser Katalog ist nach verschiedenen betrieblichen Funktionsbereichen gegliedert und vergleicht KMU mit Großunternehmen. In dieser Arbeit werden lediglich die Funktionsbereiche Organisation, Personal und Unternehmensführung herangezogen, da diese für die vorliegende Arbeit relevant sind. Die folgenden Tabellen listen die Spezifika nach Pfohl auf (2013, S. 25 19-21):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 2: Abgrenzung der Klein- und Mittelbetriebe von Großbetrieben nach Unternehmensführung (Pfohl 2013, S. 19)
Wie dem IfM Bonn (2019) und dem Merkmalskatalog nach Pfohl (2013, S. 19) zu entnehmen ist, wird in der Literatur häufig das Eigentümer-Unternehmen als Hauptmerkmal für die Unternehmensführung von KMU genannt. Somit wird dem Inhaber eine große Bedeutung beigemessen, insbesondere bezüglich der Strategie sowie der operativen Maßnahmen eines Unternehmens (Armutat 2018, S. 8); (Reinemann 2019, S. 4). Die unmittelbare Teilnahme des Unternehmensleiters am Betriebsgeschehen äußert sich einerseits durch dessen persönliche Beziehung zu den Mitarbeitern und andererseits durch dessen Teilnahme am operativen Geschäft (Armutat 2018, S. 9); (Reinemann 2019, S.14). Auch zeichnet den Unternehmer häufig nur eine technische Ausbildung aus (Reinemann 2019, S. 14) die sich in der Vernachlässigung des Einsatzes betriebswirtschaftlicher Instrumente manifestiert (Reinemann 2019, S. 12). Durch die zentrale Rolle des Unternehmers fällt eine hohe Verantwortung auf ihn, sodass Fehlentscheidungen eine große Gewichtung haben und diese vor allem aufgrund einer limitierten Kapitalausstattung schwierig ausgleichbar sind (Reinemann 2019, S. 15); (Ihlau et al. 2013, S. 5). Ausschlaggebend für die Unternehmensführung ist auch eine intuitive und improvisierte Handlungsweise, die auf eine mangelnde strategische Ausrichtung zurückzuführen ist (Pfohl 2013, S.112).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 3: Abgrenzung der Klein- und Mittelbetriebe von Großbetrieben nach Organisation (Pfohl 2013, S. 19)
Für die Organisation von KMU gelten flache Hierarchien sowie enge Beziehungen zwischen den Mitarbeitern und der Leitung als zentrale Merkmale. Daraus resultieren kurze informale Kommunikationswege sowie eine starke persönliche Bindung. Zudem besteht die Möglichkeit, dass Mitarbeiter an Unternehmensentscheidungen teilnehmen können (Reinemann 2019, S. 6).
An dieser Stelle soll kurz und knapp illustriert werden, wie die Anzahl der Hierarchieebenen von der Unternehmensgröße abhängt. Bei einer Mitarbeiteranzahl von ein bis zehn Mitarbeitern wird mindestens eine Hierarchiestufe vorausgesetzt, von elf bis 100 Mitarbeitern mindestens zwei Hierarchiestufen und ab 101 bis 1000 Mitarbeitern mindestens drei Hierarchiestufen (Brunken 2014, S. 76).
Eine geringe Arbeitsteilung ist auf allen Hierarchieebenen vertreten. So werden Aufgaben nicht unbedingt nach Abteilungen strukturiert, sondern generalistisch, sodass eine Funktionshäufung entsteht. Auch die Aufgabenerledigung wird von einer „hands on“-Mentalität dominiert, was für den geringen Formalisierungsgrad von KMU spricht (Armutat 2018, S. 9). Darüber hinaus kann die Unternehmenskultur an den Aufbau der Organisation anknüpfen, da diese in der Literatur für KMU nicht speziell erläutert wird. Reinemann zufolge unterliegen KMU oft einer patriarchalischen Unternehmenskultur, in der die Unternehmer sich dem Wohl der Mitarbeiter verpflichtet fühlen und infolgedessen ein hohes Maß Verantwortungsgefühl für diese entfalten (2019, S. 6). Das Einliniensystem induziert eine beschränkte Delegation und damit einhergehend weniger Koordinationsprobleme. Die hohe Flexibilität ist dem geringen Formalisierungsgrad und informeller Abläufe zu verdanken und ermöglicht schnellere Reaktionen auf Veränderungen (Krämer 2009, S. 215).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 4: Abgrenzung der Klein- und Mittelbetriebe von Großbetrieben nach Personal (Pfohl 2013, S. 21)
Hinsichtlich des Funktionsbereichs Personal gilt eine geringe personelle Ressource als maßgebend (Dömötör 2011, S. 9). Das Personal in KMU hat oft in übergreifenden Zusammenhängen zu denken und verfügt daher automatisch über ein breiteres Fachwissen. Dieses Fachwissen entwickelt sich somit aufgrund der geringen Arbeitsteilung (Dömötör 2011, S. 11). Eine vergleichsweise hohe Arbeitszufriedenheit zeichnet sich in KMU insbesondere aufgrund immaterieller Werte wie einem guten Arbeitsklima, abwechslungsreichen Tätigkeiten sowie die Übersichtlichkeit des Geschäfts hinsichtlich des Erfolges und Misserfolges ab (Dömötör 2011, S. 13). Ein fundamentaler Aspekt, der den Mitarbeitern in KMU zuzuschreiben ist, ist, dass diese als alleinige Wissensträger gelten. Zum einen ist dies auf die schlanken Strukturen der KMU zurückzuführen. Zum anderen jedoch auch auf die Rekrutierung des Personals: Angestellte sind oft jahrelang im Unternehmen und wurden in der Regel auch in diesem ausgebildet. Daher sind mittelständische Unternehmen in höherem Maße auf ihr Personal angewiesen, da durch eine Kündigung die Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt werden könnte (Immerschitt & Stumpf 2019, S. 24).
4 Digitale Unternehmenskultur
Wie bereits in Kapitel 1 festgestellt wurde, stellt eine angepasste (digitale) Unternehmenskultur einen entscheidenden Faktor im Rahmen der digitalen Transformation dar. In diesem Zusammenhang soll in diesem Kapitel eine weitere Erkenntnis aus der Change Studie von Capgemini hervorgehoben werden, welche die Bedeutung einer digitalen Unternehmenskultur aufzeigt. Festgestellt wurde, dass eine Digitalkultur sowohl mit dem wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens als auch mit der Mitarbeiterzufriedenheit positiv korreliert (Capgemini 2017, S. 29). Dieses bemerkenswerte Ergebnis bestärkt die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit der Entwicklung einer digitalen Unternehmenskultur umso mehr.
Allgemein gilt, dass die Unternehmenskultur die „Grundgesamtheit gemeinsamer Werte, Normen und Einstellungen, welche die Entscheidungen, die Handlungen und das Verhalten der Organisationsmitglieder prägen“ bildet (Gabler Wirtschaftslexikon 2019). Diese Definition verdeutlicht, wie intensiv der Faktor Mensch (Mitarbeiter und Führungskräfte) von der Unternehmenskultur bestimmt wird und was für ein komplexes Gerüst diese darstellt, da eine Vielzahl von Werten, Normen und Einstellungen Einfluss auf die Unternehmenskultur ausüben. Außerdem besteht die Funktion der Unternehmenskultur darin, „interne Strukturen und Prozesse [..] in eine gemeinsame Ausrichtung aller Aktivitäten [zu integrieren und bildet die Basis], um neue Dynamiken und Veränderungen überhaupt bewältigen zu können“ (Herget & Strobl 2018, S. 6). Dieses Zitat betont, wie wichtig die Unternehmenskultur in Zeiten der Digitalisierung ist und dass diese von fundamentaler Bedeutung für Unternehmen ist, um mit den Herausforderungen der VUCA-Welt umgehen zu können.
In diesem Kontext soll auch vorab kurz erläutert werden, welche Hürden und Aufgaben eine digitale Unternehmenskultur prinzipiell zu bewältigen hat. In erster Linie soll die Digitalkultur Unternehmen bei der Implementierung digitaler Technologien in Bezug auf deren Geschäftsmodelle, Prozessabläufe sowie Produkten unterstützen, um einen möglichst großen Skaleneffekt zu erzielen. Ferner soll die Digitalkultur es Unternehmen ermöglichen, in der aktuellen VUCA-Welt bestehen bleiben zu können, indem diese vor allem flexibel handeln und frühzeitig digitale Innovationen antizipieren können (Hess 2019, S. 176-177).
4.1 Ansätze einer digitalen Unternehmenskultur
Im Zuge einer intensiven Literaturrecherche konnte herausgefunden werden, dass Autoren die Idealvorstellung einer Digitalkultur anhand verschiedener Kriterien unterschiedlich beschreiben. Ferner ist anzumerken, dass das Konzept der digitalen Unternehmenskultur bisher wenig und nicht ausführlich in der aktuellen Literatur behandelt wird. Aufgrund dessen und da, wie bereits erwähnt, eine Unternehmenskultur ein komplexes Konstrukt darstellt, sollen im Folgenden nun drei Ansätze einer Digitalkultur ausführlich vorgestellt und spezifisch erläutert werden. Im Nachgang werden die Ansätze zusammengefasst und miteinander verglichen.
4.1.1 Digitalkultur als resiliente Organisation
Um eine digitale Unternehmenskultur zu beschreiben, vergleicht Hess diese mit einer resilienten Organisation. Resilienz beschreibt im Allgemeinen die Fähigkeit unerwartete Herausforderungen vorhersehen, diese angemessen bewältigen und sich gegebenenfalls von diesen erholen zu können. Schlussfolgernd ist ein solches Unternehmen schnell anpassungsfähig, innovativ und agil (Hess 2019, S. 177).
Die nachfolgende Abbildung (Abb. 2) visualisiert die zentralen Werte einer Digitalkultur. Wie der Abbildung zu entnehmen ist, sind deren Werte in erster Linie mitarbeiter- und marktorientiert. In Kombination unterstützen sie die Agilität des Unternehmens.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Zentrale Werte einer Digitalkultur nach Hess (Hess 2019, S. 178)
4.1.1.1 Marktorientierung
Eine marktorientierte Ausrichtung eines Unternehmens ist maßgeblich, um Prozesse, Produkte und Geschäftsmodelle auf Basis digitaler Technologien entwickeln zu können. Hierfür muss die Unternehmenskultur in erster Linie innovationsfördernd sein. Zum einen können so Disruptionen und Trends vorhergesehen werden und gleichzeitig kann auf diese rapide reagiert oder es kann auch ein Vorteil im Wettbewerb gesichert werden. Darüber hinaus ist eine grundlegende Fokussierung auf den Kunden unabdingbar. Prozesse und Produkte müssen auf den Kunden ausgerichtet werden, um seine ständig wechselnden Wünsche und Bedürfnisse, die durch die Dynamik der Digitalisierung bedingt sind, schnell zufriedenzustellen. Dies erfolgt insbesondere durch die Neuschöpfung von Produkten und Dienstleistungen. Dafür werden zusätzlich Werte wie Eigeninitiative und Unternehmertum auf Seiten der Mitarbeiter vorausgesetzt. Kontinuierliche Weiterentwicklung und Optimierung muss im Mindset der Mitarbeiter verankert sein. In diesem Sinne sollen Mitarbeiter ermutigt und unterstützt werden, selbständig neue Ideen zu entfalten, diese zu verfolgen und auch frei testen zu können. Sofern die Erprobungsphase dieser Neuschöpfungen erfolgreich ist, werden diese umgesetzt und gleichzeitig wird die digitale Transformation des Unternehmens beschleunigt. Ein solches Vorgehen ist jedoch immer mit einer gewissen Unsicherheit gepaart und erfordert daher auch eine gewisse Risikobereitschaft im Unternehmen. Das Fördern der Erforschung von Neuem muss daher im Unternehmen klar und aktiv unterstützt werden. Nur das Explorieren neuer Ideen erlaubt es Unternehmen, aktiv mit der digitalen Transformation umgehen und diese bewältigen zu können (Hess 2019, S. 177-179).
4.1.1.2 Mitarbeiterorientierung
Die Schaffung eines fruchtbaren Umfelds für Innovationen ist essentiell, um mit der Digitalisierung Schritt halten zu können. Eine maßgebliche Kennzahl dafür ist die Fehlertoleranz. Fehler sollen im Unternehmen nicht nur toleriert werden, sondern auch aktiv gefördert werden: „Try often – fail fast“. Die Erprobung radikaler Ideen für Neuschöpfungen im Unternehmen ist jedoch oft zum Scheitern verurteilt. Nichtsdestotrotz kann ein solches Scheitern für das Unternehmen genutzt werden, indem die digitale Erfahrungskurve gestärkt wird und gleichzeitig Einblicke und Erfahrungen zur Kreierung von Innovationen generiert werden können. Diese Einstellung im Unternehmen muss von den Mitarbeitern zur Kenntnis genommen werden. Des Weiteren soll den Mitarbeitern eine Offenheit gegenüber Neuem vermittelt werden. Digitale Technologien können Vorteile und auch einen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz ermöglichen. In diesem Kontext ist auch die Veränderungsbereitschaft der Mitarbeiter fundamental. Das dynamische Umfeld, das die digitale Transformation mit sich bringt, erfordert die Anpassungsfähigkeit der Mitarbeiter sowie die Bereitwilligkeit, Neues zu akzeptieren und damit umgehen zu können oder - viel wichtiger - es tatsächlich zu wollen. Das letzte Mitarbeiterkriterium ist die gelebte Partizipation. Mitarbeiter müssen aktiv und früh in die Veränderungsprozesse einbezogen werden. Auf diese Weise können diese konstruktive Kritik äußern und gleichzeitig den Wandel im Unternehmen besser annehmen (Hess 2019, S. 179-180).
4.1.1.3 Agilität
Infolge der bereits beschriebenen Werte der Digitalkultur ist erkenntlich, dass eine Kombination dieser eine verstärkte Agilität von Unternehmen begünstigt. Agilität äußert sich durch Schnelligkeit und Flexibilität im Agieren sowie in der Entscheidungsbereitschaft. Nur ein solches Handeln ermöglicht es Unternehmen in der VUCA-Welt zu überleben und parallel den Fokus auf den Kunden zu legen. Grundlegend dafür ist auch die Abschaffung verschiedener, strenger Hierarchien. Abteilungen die früher isoliert gearbeitet haben, müssen nun mit anderen zusammenarbeiten, um die Kundenzufriedenheit maximal steigern zu können. Eine solche Herangehens- sowie Arbeitsweise wird in der Unternehmenskultur durch Kommunikation und Kooperationsbereitschaft gefördert. Diese zwei Elemente setzen den Grundstein für eine gelebte Agilität im Unternehmen, die eine digitale Unternehmenskultur erst realisierbar macht. Interne sowie externe Kollaborationen bauen auf Teamarbeit und eine offene Kommunikation auf. Folglich können Entscheidungen rapide getroffen und Produktionszyklen verkürzt werden (Hess 2019, S. 181-182).
4.1.2 Die 8 Dimensionen der Digitalkultur nach Capgemini
In der Studie Culture First! von Capgemini (2017) wurden anhand von Experteninterviews mit digitalen Vorreitern acht Dimensionen extrahiert, die die digitale Unternehmenskultur bestimmen. Diese bilden die Digitalkultur im Zusammenspiel mit vier hinreichenden Bedingungen: Lernbereitschaft, Veränderungsfreude, Diversity sowie Offenheit (Capgemini 2017, S. 22). Im Folgenden soll nun auf diese acht Dimensionen näher eingegangen werden.
4.1.2.1 Kundenorientierung
Der Kunde steht im Mittelpunkt des unternehmerischen Handelns und Denkens. Eine intensive Interaktion mit dem Kunden in Form von Co-Creation mit Hilfe digitaler Tools ist maßgebend, um auf dessen stetig wandelnden Bedürfnisse eingehen zu können (Capgemini 2017, S. 24, S. 30).
4.1.2.2 Digitale Technologien und digitalisierte Prozesse
Grundsätzlich soll eine Offenheit gegenüber digitalen Technologien bestehen, die mit einem zukunftsorientierten Denken bezüglich des Geschäftsmodells einhergeht. Externe sowie interne Prozesse sollen digital ausgerichtet werden und Entscheidungen auf Basis einer repräsentativen Datenbasis getroffen werden. Ferner ermöglicht es die Digitalisierung von Prozessen, effizient und nutzerorientiert zu arbeiten (Capgemini 2017, S. 24, S. 31).
4.1.2.3 Entrepreneurship
Die Dimension Entrepreneurship bezieht sich darauf, dass Markt- und Technologietrends im Unternehmen verfolgt werden und das Geschäftsmodell kontinuierlich an diese angepasst wird. Hierbei spielt der Mitarbeiter eine zentrale Rolle. Er soll dabei gefördert werden, seine Kreativität einzusetzen und neue Ideen zu etablieren, auch wenn dies Risiken birgt (Capgemini 2017, S. 24, S. 32).
4.1.2.4 Agilität
Agilität spiegelt dynamisches Handeln und Denken im Unternehmen wider. Ein agiles Unternehmen ist flexibel aufgestellt und durch die Ambiguitätstoleranz der Führungskräfte und Mitarbeiter gekennzeichnet, sodass rapide auf wandelnde Kundenwünsche und Umweltbedingungen eingegangen und reagiert werden kann. Des Weiteren besteht eine hohe Veränderungsbereitschaft in agilen Unternehmen, um Strukturen und Prozesse je nach Bedarf und gegebener Situation anpassen zu können (Capgemini 2017, S. 24, S. 33).
4.1.2.5 Autonome Arbeitsbedingungen
Mitarbeitern werden Freiräume sowie Flexibilität eingeräumt. Hierfür bieten sich flexible Arbeitsmodelle an: Arbeitszeit und -ort können demnach eigenständig vom Mitarbeiter bestimmt werden. Infolgedessen wird die Selbständigkeit sowie Selbstführung und die Eigeninitiative der Mitarbeiter gefördert (Capgemini 2017, S. 25, S. 34).
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- Citar trabajo
- Elena Ristova (Autor), 2021, Wie die digitale Transformation in Unternehmen gelingt. Eine Handlungsanleitung zur Anpassung der Unternehmenskultur und des Führungsstils von KMU, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/703063
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