Die Medien im so genannten Informationszeitalter haben teilweise den Ruf, sich besonders im Kinder- und Jugendalter schädigend auf ihre Rezipienten auszuwirken. In den USA wurden in den letzten Jahren Gewalttaten an Schulen von Jugendlichen verübt, deren Brutalität eine völlig neue Dimension anzunehmen schien. In den letzten Jahren schwappte diese Welle schulischer Gewalttaten auch nach Deutschland über und fand ihren traurigen Höhepunkt im Erfurter Schulmassaker im April 2002, bei dem der 19-jährige Robert Steinhäuser in nur wenigen Minuten 16 Menschenleben auslöschte, bevor er sich selbst tötete. Die (vermeintliche) Ursache für dieses tragische Ereignis war schnell gefunden: Robert Steinhäuser hatte in hohem Maße gewalttätige Computerspiele gespielt sowie gehäuft "Blut triefende" Gewaltfilme konsumiert.
Sicherlich kann man versuchen, einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Tat des Robert Steinhäuser und seiner regelmäßigen Rezeption von fiktiver Gewalt herzustellen, indem man der Frage nachgeht, ob Medien sich für Mordtaten verantwortlich zeigen müssen. Allerdings zeigte sich schon bei den ersten Literaturrecherchen zu dieser Arbeit, dass bereits die Frage, ob mediale Gewaltdarstellungen überhaupt eine Steigerung der Aggressivität von Kindern und Jugendlichen bewirken können, den Umfang dieser Arbeit zu übersteigen drohte. Daher erschien eine Eingrenzung auf die Auseinandersetzung mit oben genannter Problematik angebracht.
Allerdings wird man, wenn man sich mit der Medienwirkungsforschung, die sich bereits seit den 1920er Jahren intensiv mit der Wirkung von Gewaltdarstellungen beschäftigt, auseinandersetzt, keine klare Antwort auf diese Fragestellung erhalten.
Beliebt ist schon seit der Einführung des Fernsehens die These, so genannte Schundfilme, in denen Gewalt eine große Rolle spielt, hätten eine Zunahme der Gewalttätigkeit in unserer Gesellschaft zur Folge. Auf der anderen Seite existieren Standpunkte, die jegliche Wirkung von medialer Gewalt abstreiten. Zwischen diesen extremen Ansichten stehen Wissenschaftler, deren Ansicht nach weder von einer monokausalen Wirkung noch von einer Nicht-Wirkung ausgegangen werden kann. Sie plädieren für eine Einbeziehung des Umfeldes und insbesondere der familiären Situation, um der Frage nach möglichen Wirkungen von Gewaltdarstellungen auf Kinder und Jugendliche gerecht zu werden. Auf diesem Aspekt soll in den folgenden Ausführungen ein besonderes Augenmerk liegen.
[...]
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- DIFFERENZIERUNG DES AGGRESSIONS- UND GEWALTBEGRIFFES
- Begriffsbestimmungen Aggression und Gewalt
- Personale und strukturelle Gewalt
- Erscheinungsformen
- Innerfamiliäre Gewalt
- . ..und Jugendgruppengewalt
- Ursachen
- Soziologische Ansätze
- Das Modell von Sozialstruktur und Anomie
- Die Subkulturtheorien
- Psychologische Ansätze
- Die Theorien der angeborenen Aggression
- Die Frustrations-Aggressions-Theorie
- Die Theorie des sozialen Lernens
- Schlussfolgerungen zu den Ursachen der Gewalt
- Soziologische Ansätze
- DIE MEDIEN
- Begriffsbestimmung Medien
- Bestandsaufnahme zum Fernsehverhalten von Kindern
- Die Fernsehnutzung von Kindern zwischen drei und dreizehn Jahren
- Die kindliche Fernsehnutzung an verschiedenen Wochentagen
- Die kindliche Femsehnutzung zu verschiedenen Tageszeiten
- Die kindliche Nutzung verschiedener Fernsehsender
- Bevorzugte Inhalte kindlicher Fernsehnutzung
- Bestandsaufnahme zu Gewaltdarstellungen im deutschen Fernsehen
- Die Ergebnisse bezogen auf das Gesamtprogramm
- Die Ergebnisse bezogen auf die einzeln en Sender
- Die Ergebnisse bezogen auf die inhaltliche Struktur
- Die Ergebnisse bezogen auf die unterschiedlichen Programmgenres
- Schlussfolgerungen zum Fernsehverhalten und zu den Gewaltdarstellungen
- Die Faszination Kinder und Jugendlicher an Fernsehgewalt
- DIE MEDIENWIRKUNGSFORSCHUNG
- Zur historischen Dimension der Diskussion um die Wirkung von Gewaltdarstellungen
- Begriffsbestimmung Wirkung
- Zur Entwicklung der Forschungsannahmen und der Forschungsstrategien
- Methoden der Medienwirkungsforschung
- Die Inhaltsanalyse
- Das Experiment
- Die Feldstudie
- Die Metaanalyse
- Multimodale Untersuchungen
- Thesen zu Wirkung von Gewaltdarstellungen
- Die Katharsisthese
- Die Inhibitionsthese
- Die Stimulationsthese
- Die Habitualisierungsthese
- Die Suggestionsthese
- Die These der Wirkungslosigkeit
- Die Theorie des sozialen Lemens
- Schlussfolgerungen zur Medienwirkungsforschung
- HABEN GEWALTAKTE VON KINDERN UND JUGENDLICHEN IHRE URSACHE IN GEWALTDARSTELLUNGEN?
- Beispiele für Nachahmungstaten
- Pro und Contra in der wissenschaftlichen Debatte
- pro
- Contra
- Fazit
- Interventionsmöglichkeiten aus pädagogischer Sicht
- Medienpädagogische Ansätze
- Ansätze der Gewaltprävention
- SCHLUSSFOLGERUNGEN UND AUSBLICK
- ANHANG
- LITERATUR
- ERKLÄRUNG
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit analysiert die Auswirkungen von Gewaltdarstellungen in Film und Fernsehen auf das Aggressionsverhalten von Kindern und Jugendlichen. Sie untersucht die historische Entwicklung der Debatte um Mediengewalt und die verschiedenen Theorien der Medienwirkungsforschung. Die Arbeit beleuchtet auch die Rolle der Familie und des sozialen Umfelds bei der Entstehung von Gewalt. Die Zielsetzung ist es, ein umfassendes Bild der Problematik zu zeichnen und mögliche Interventionsmöglichkeiten aus pädagogischer Sicht zu skizzieren.
- Definition und Differenzierung von Aggression und Gewalt
- Analyse des Fernsehverhaltens von Kindern und Jugendlichen
- Bestandsaufnahme von Gewaltdarstellungen im deutschen Fernsehen
- Bedeutung der Medienwirkungsforschung und deren Thesen
- Diskussion der Frage, ob Gewaltakte von Kindern und Jugendlichen durch Mediengewalt verursacht werden
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Mediengewalt ein und stellt die Relevanz der Diplomarbeit dar. Sie beleuchtet die aktuelle Debatte um Mediengewalt, die durch tragische Ereignisse wie das Erfurter Schulmassaker ausgelöst wurde. Die Einleitung stellt die Problematik der Medienwirkungsforschung dar, die keine eindeutigen Antworten auf die Frage nach dem Einfluss von Gewaltdarstellungen auf das Aggressionsverhalten von Kindern und Jugendlichen liefert.
Im zweiten Kapitel erfolgt eine Differenzierung der Begriffe „Aggression" und „Gewalt". Es werden verschiedene Formen der Gewalt, insbesondere innerfamiliäre Gewalt und Jugendgruppengewalt, beleuchtet. Außerdem werden soziologische und psychologische Erklärungsansätze für die Entstehung von Gewalt dargestellt. Die Uneinigkeit in der Ursachenforschung spiegelt sich auch in der Diskussion um die Auswirkungen von Mediengewalt wider.
Das dritte Kapitel befasst sich mit dem Medium Fernsehen und analysiert das Fernsehverhalten von Kindern und Jugendlichen. Es werden die Ergebnisse einer Studie aus dem Jahr 1996 dargelegt, die die Fernsehnutzung von Kindern zwischen drei und dreizehn Jahren untersucht. Außerdem werden die Ergebnisse einer Inhaltsanalyse von Gewaltdarstellungen im deutschen Fernsehen aus dem Jahr 1990 vorgestellt. Die Ergebnisse zeigen, dass Kinder und Jugendliche, insbesondere in der Altersgruppe zwischen drei und fünf Jahren, in den von ihnen favorisierten Fernsehzeiten mit einer Häufung von physischen Gewaltdarstellungen konfrontiert sind.
Das vierte Kapitel widmet sich der Medienwirkungsforschung. Es wird die historische Dimension der Diskussion um Wirkungen von Gewaltdarstellungen aufgezeigt und die Entwicklung der Forschungsannahmen und -strategien dargestellt. Die gängigen Methoden der Medienwirkungsforschung werden beleuchtet und die kontroversen Thesen, die aus den zahlreichen Untersuchungen zur Medienwirkung hervorgegangen sind, dargelegt. Es werden verschiedene Thesen zur Wirkung von Gewaltdarstellungen vorgestellt, darunter die Katharsisthese, die Inhibitionsthese, die Stimulationsthese, die Habitualisierungsthese, die Suggestionsthese und die These der Wirkungslosigkeit. Die Theorie des sozialen Lernens wird als besonders relevant für die Erklärung der Auswirkungen von medialen Gewaltdarstellungen hervorgehoben.
Das fünfte Kapitel diskutiert die Frage, inwiefern sich Gewaltdarstellungen auf das gewalttätige Verhalten von Kindern und Jugendlichen auswirken. Anhand von Beispielen für Nachahmungstaten wird die Debatte um die Wirkung von Gewaltdarstellungen im Fernsehen auf Kinder und Jugendliche dargelegt. Es wird deutlich, dass ein direkter Zusammenhang zwischen Fernsehgewalt und Gewalthandlungen nicht hergestellt werden kann. Allerdings wird auch betont, dass Mediengewalt einen Faktor unter anderen darstellt, der unter bestimmten Umständen zu aktiver Gewaltanwendung führen kann. Die Arbeit stellt verschiedene pädagogische Interventionsmöglichkeiten vor, die dazu beitragen können, die möglichen negativen Auswirkungen von filmischer Gewalt zu verhindern.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Gewaltdarstellungen, Medienwirkung, Aggressionsverhalten, Kinder, Jugendliche, Fernsehverhalten, Medienwirkungsforschung, Katharsisthese, Inhibitionsthese, Stimulationsthese, Habitualisierungsthese, Suggestionsthese, Theorie des sozialen Lernens, Gewaltprävention, Medienpädagogik, Familie, soziales Umfeld, strukturelle Gewalt, innerfamiliäre Gewalt, Jugendgruppengewalt.
- Quote paper
- Katinka Teetz (Author), 2002, Die Auswirkungen von Gewaltdarstellungen in Film und Fernsehen auf das Aggressionsverhalten von Kindern und Jugendlichen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/7029
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