1 Einleitung
Im Mittelpunkt dieser Seminararbeit steht Hans Freyers 1931 verfasste Programmschrift „Revolution von rechts“. Sie soll einen Einblick in seine Überlegungen bezüglich des technokratischen Konservatismus vermitteln. Ein weiteres Anliegen dieser Arbeit ist es, die Verbindung zwischen Freyers politischer Abhandlung und der Konservativen Revolution aufzuzeigen. Welche Aspekte nimmt er dabei in seine Arbeit auf? Hier wird insbesondere das Verhältnis zur technischen Zivilisation eine übergeordnete Rolle spielen.
Der zweite Abschnitt dieser Arbeit beschäftigt sich mit den Kernpunkten Hans Freyers Biographie. Grund hierfür bilden Bewertungen wie: „[…] Soziologen wie Hans Freyer, dessen theoretische Erkenntnismotive sich von Anbeginn aus den antimodernistischen Protestgehalten einer spezifisch mittelständisch profilierten Jugendbewegung speisten, und der insofern auch mit der modernen kapitalistischen Industriegesellschaft zerfallen zu sein schien.“(1) und „[…] Freyer gehört zu den Repräsentanten eines soziologischen Denkens, welches sich an der Veränderungsbedürftigkeit der gesellschaftlichen Lebenszusammenhänge entzündet und doch das Bestehende um der Ordnung willen letztlich nicht überschreiten wagt.“(2)
Darauf folgend werden zentrale Begriffe wie Konservatismus, Konservative Revolution und das so genannte konservative Wertesystem erläutert. Außerdem sollen Fragen wie: „Wann entsteht Konservatismus? und „Hat die Konservative Revolution stattgefunden?“ kurz beantwortet werden. Ferner werden die historischen Hintergründe der 20er und 30er Jahre sowie die Verbindung zwischen Nationalsozialismus und Konservativer Revolution aufgezeigt.
Im vierten Kapitel soll Freyers Schrift „Revolution von rechts“ streckenweise analysiert, seine Hauptthesen zusammengetragen sowie zentrale Begriffe näher beleuchtet und in einen breiteren sozial- und geschichtsphilosophischen Rahmen eingebettet werden. Soweit dies durch den vorhergehenden Punkt nicht ausführlich geschehen ist.
Abschluss dieser Seminararbeit bildet ein zusammenfassendes Resümee.
[...]
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1 Remmers, Hartmut, Hans Freyer: Heros und Industriegesellschaft. Studien zur Sozialphilosophie, Opladen 1994, S. 1.
2 Ebenda, S. 2.
Gliederung
1. Einleitung
2 Biographische Kernpunkte Hans Freyer
3 Konservative Revolution und Nationalsozialismus
4 Freyers „Revolution von rechts“
5 Resümee
6 Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Im Mittelpunkt dieser Seminararbeit steht Hans Freyers 1931 verfasste Programmschrift „Revolution von rechts“. Sie soll einen Einblick in seine Überlegungen bezüglich des technokratischen Konservatismus vermitteln. Ein weiteres Anliegen dieser Arbeit ist es, die Verbindung zwischen Freyers politischer Abhandlung und der Konservativen Revolution aufzuzeigen. Welche Aspekte nimmt er dabei in seine Arbeit auf? Hier wird insbesondere das Verhältnis zur technischen Zivilisation eine übergeordnete Rolle spielen.
Der zweite Abschnitt dieser Arbeit beschäftigt sich mit den Kernpunkten Hans Freyers Biographie. Grund hierfür bilden Bewertungen wie: „[…] Soziologen wie Hans Freyer, dessen theoretische Erkenntnismotive sich von Anbeginn aus den antimodernistischen Protestgehalten einer spezifisch mittelständisch profilierten Jugendbewegung speisten, und der insofern auch mit der modernen kapitalistischen Industriegesellschaft zerfallen zu sein schien.“[1] und „[…] Freyer gehört zu den Repräsentanten eines soziologischen Denkens, welches sich an der Veränderungsbedürftigkeit der gesellschaftlichen Lebenszusammenhänge entzündet und doch das Bestehende um der Ordnung willen letztlich nicht überschreiten wagt.“[2]
Darauf folgend werden zentrale Begriffe wie Konservatismus, Konservative Revolution und das so genannte konservative Wertesystem erläutert. Außerdem sollen Fragen wie: „Wann entsteht Konservatismus? und „Hat die Konservative Revolution stattgefunden?“ kurz beantwortet werden. Ferner werden die historischen Hintergründe der 20er und 30er Jahre sowie die Verbindung zwischen Nationalsozialismus und Konservativer Revolution aufgezeigt.
Im vierten Kapitel soll Freyers Schrift „Revolution von rechts“ streckenweise analysiert, seine Hauptthesen zusammengetragen sowie zentrale Begriffe näher beleuchtet und in einen breiteren sozial- und geschichtsphilosophischen Rahmen eingebettet werden. Soweit dies durch den vorhergehenden Punkt nicht ausführlich geschehen ist.
Abschluss dieser Seminararbeit bildet ein zusammenfassendes Resümee.
2 Biographische Kernpunkte Hans Freyer_____
Hans Freyer wird 1887 in Plagwitz bei Leipzig geboren. Zunächst widmet er sich dem Studium der Theologie in Greifswald, kehrt aber bald darauf nach Leipzig zurück, um Philosophie zu studieren und promoviert 1911.
1913 nahm er an den Feierlichkeiten anlässlich des hundertsten Jahrestages der Völkerschlacht bei Leipzig teil. Die dort vorherrschende Atmosphäre von kulturkritischem Unbehagen, der Entschlossenheit zum Aufbruch zu neuen Ufern und die Orientierung auf die unmittelbar erlebte Gemeinschaft jugendbewegter Fahrt und romantischer Feste, stellten ein Schlüsselerlebnis Freyers dar und prägten seine weltanschauliche Grundhaltung.[3] Im Herbst desselben Jahres ging Freyer nach Berlin, um seine Habilitation bei Georg Simmel aufzunehmen. Als zentraler Aspekt lässt sich der Begriff des Lebens ausmachen, welches zunächst eine Instanz innerhalb eines jeden Individuums bildet.
Freyers Generation musste die intellektuellen Bewegungen, welche vom durchzusetzenden Historismus, Relativismus und Perspektivismus ausgingen und die vernunftmäßigen und allumfassenden Gewissheiten aufgelöst hatten, verarbeiten. Das sichere Ufer lag für sie in neuen überindividuellen Gewissheiten, welche Kultur und Leben, Allgemeines und Besonderes zusammenführen und in Begrifflichkeiten wie Geschichte und Revolution Ausdruck finden sollten. Das Individuum wurde durch die Kategorien Volk, Klasse, Nation und Rasse ersetzt. Diese Sicht wurde zudem durch die aufkommenden Sozialwissenschaften verstärkt.[4] Darüber hinaus steht Freyers Systemdenken in der Tradition des deutschen Idealismus, das er auch nach dem Ersten Weltkrieg aufrechterhielt. In dieser Zeit, als der Glaube an Deutschland als politische Kraft endgültig zerstört war, setzte er seine Hoffnung auf die große, historisch gewachsene Kulturtradition, auf Deutschland als Kulturnation.[5]
Der Erste Weltkrieg wurde für Freyer wie für viele seiner Zeitgenossen zum Urerlebnis. Ab 1916 war er an der Front, wo er im Sommer 1918 schwer verwundet wurde. Genau in diese Zeit fiel die eigentliche konservative Radikalisierung der bürgerlichen Intelligenz. Diese vollzog sich unter den jüngeren Repräsentanten, deren dritte Phase der Sozialisation nicht nur mit dem Weltkrieg zusammenfiel, sondern meinten, ihre Erfahrungen einer soldatischen Werteelite stilisieren zu können. Im November 1918 kehrte er zurück und wandte sich wieder seiner akademischen Laufbahn zu.
Die revolutionären Umbrüche von 1918/1919 hinterließen ein unvergleichliches Trauma im Beamtengeist Deutschlands. Die scheiternden demokratischen Reformen des Herrschaftssystems führten zum Verlust der institutionellen Sicherung der bildungsaristokratischen Basis. Die gesellschaftliche Pluralisierung durch Parteien und Verbände erschütterte die bis dahin geschützte Sonderstellung des beamteten Geistes. Unterstützt wurde dieses Geschehen von der beschleunigten Industrialisierung von Forschung und Ausbildung, die ihr übriges dazu tat.[6]
In dieser aufkommenden rechtsradikalen Rebellion junger Akademiker fungierte der Jungkonservatismus der Weimarer Republik als ideologisches Bindeglied. Gründe hierfür lassen sich in den tief greifenden Veränderungen der Gesamtgesellschaft finden. So unter anderem in der Auflösung des freien Marktes und der beschleunigten Entwicklung des Kapitalismus, welche zum Zerfall der politischen Öffentlichkeit sowie der Freiheit der Rechtsperson führten. Auftrieb erhält die rechtsradikale Rebellion ferner durch die sich Stück für Stück auflösende traditionelle Sicherheit. An ihre Stelle tritt die Ohnmacht des Einzelnen vor einer technisch-bürokratischen sich verselbständigen Gesellschaft. Dieses Chaos sollte in der Vorstellung der Jungkonservativen durch einen totalen Staat beseitigt werden. Dabei sollte die ideologische Anpassung eng an den wirtschaftlichen Status quo erfolgen.[7]
Anfang der zwanziger Jahre wendet Freyer sich dem Sachverhalt von ökonomischen und technischen Strukturen zu. In ökonomischen Theorien sieht er den natürlichen Gesetzeszusammenhang formuliert und so den Objektivitätscharakter der Wirtschaft manifestiert. Im Zentrum dieser Objektivierung steht jedoch die Technik. Auf diesen Sachverhalt hin unterscheidet er drei Positionen der Gegenwart:
1. Technikenthusiasmus: Seine Anhänger lösen das Technikproblem, indem sie es leugnen. Für sie haben die wachsende Industrie und Technik ihre Daseinsberechtigung zum einen in der Befriedigung der materiellen Bedürfnisse und der Stärkung von traditionellen Eigenschaften. Eine andere Möglichkeit besteht für sie in der Hoffnung auf einen neuen Typ Mensch im Zeichen einer härteren, gefühlskalten Sachlichkeit.
2. Resignierter Humanismus: Seine Verfechter sehen in der Technisierung eine Abkehr von Bildungswerten und die Entstehung einer seelenlosen Zivilisation, ohne Erwartung eines besseren Zustandes.
3. Protesthaltung: Hier summieren sich zahlreiche konservative oder sozialistische Reformvorschläge. Sie schlagen einen alternativen Weg zum autonomen Gang der technischen Zivilisation vor. Dieser sieht die Lösung in einer geringeren Bedeutung von Technik und Industrie.[8]
Freyers Gegenformel, auf die für ihn längst überholten und wie aus dem 19. Jahrhundert stammenden Reaktionen, lautet daraufhin: „Kultur innerhalb der Technik durch Überwindung des kapitalistischen Menschen“.[9] Eine genaue Definition dieser Formel bleibt bis dahin im Dunkeln. Lediglich kann hier auf den Kulturbegriff als solches eingegangen werden. Freyer bevorzugt einen „[…] breiten anthropologischen Kulturbegriff […], der sämtliche Lebensäußerungen wie Institutionen, Glaubenssysteme, Befindlichkeiten, Verhaltensstile einer Gesellschaft umfaßt.“[10] Zugleich ist der Kulturprozess aber auch einem permanenten historischen Wandel ausgesetzt.
Nach seiner Habilitation wird Freyer Professor am Lehrstuhl für Philosophie in Kiel, den er aber bald zugunsten des ersten Soziologielehrstuhls in Deutschland aufgibt, und nach Leipzig geht. Seine drei Werke „Prometheus“, „Theorie des objektiven Geistes“ und „Der Staat“ die er bis 1925 verfasst, beschäftigen sich beharrlich mit dem gleichen Problem: der Möglichkeit zur revolutionären Überwindung des zerrissenen 19. Jahrhunderts, jedoch aus unterschiedlichen Betrachtungsweisen. Er sieht die politische Lösung des Kulturproblems darin, dass man sich zur Tradition des eigenen Volkes bekennt, und zwar aus nur einem Grund, weil es sich um das eigene handelt.[11] Sein Ausgangspunkt ist auch hier der Verlauf eines elementaren Lebens, welches nun in erster Hinsicht nicht mehr in Beziehung zur Vitalität eines einzelnen Menschen steht, sondern sich in einem geschichtlichen Volk ausdrückt. Wo eine Menschheit eine eigenständige Gesellschaft darstellt, kommt es immer wieder zu Problemen, welche durch Integration und Konflikt sowie Einheit und Gegensatz geprägt sind. Durch diese Spannungen entsteht die Macht, die der Siegreiche besitzt und der Unterlegene verloren hat. Damit ist die Macht ebenso einem stetigen Wandel der Zeit unterworfen. Im Gegensatz hierzu steht der Geist, dieser kann sich in einem Werk objektivieren und damit zu einer festen, zeitlosen Form finden. Dabei besteht die Eventualität, dass die Macht und die Mittel sich gegenüber dem Geist verselbständigen und somit eine Grundlage für die autonome Technik bieten.[12]
1931 erscheint Freyers politisches Pamphlet „Revolution von rechts“, dessen genaue Betrachtung im nachfolgenden Kapitel erfolgt. Den realen Beginn der Revolution von rechts sah er in der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933. Diesen Kampf galt es Weiterzutreiben, zu definieren und zu formieren. Zumal die nationale Revolution offen und programmatisch nicht festgelegt war, ließ sich im Nationalsozialismus ein Berührungspunkt dieses Prozesses ausmachen. Freyer achtete jedoch stets darauf jeglichen direkten Bezug zum Führer und zum Nationalsozialismus zu vermeiden und sprach stattdessen lieber von der Revolution des Volkes. Seine Abwendung vom Nationalsozialismus und der damit in Verbindung stehenden revolutionären Bewegung vollzog er in seiner letzten politischen Schrift „Pallas Athene“ 1935. Dieses Buch widmete er dem Tribut der Ernüchterung, der nach der Machtergreifung der NSDAP eingetreten war.[13]
In den Jahren 1938 bis 1944 war er Gastprofessor für Soziologie in Budapest. Nach seiner Rückkehr widmete er sich Verlagsarbeiten in Wiesbaden. Zu dieser Zeit erscheint sein Werk „Weltgeschichte Europas“ in zwei Bänden. Ab 1952 ist er wiederum als Gastprofessor unter anderem in Ankara und Münster tätig. 1955 erscheint Freyers Buch „Theorie des gegenwärtigen Zeitalters“ mit dem er in den 50er und 60er Jahren große Wirkung erzielte und gängige Begriffe wie „Industriegesellschaft“ und „sekundäre Systeme“ prägte. 1969 stirbt Hans Freyer in Ebersteinburg.[14]
[...]
[1] Remmers, Hartmut, Hans Freyer: Heros und Industriegesellschaft. Studien zur Sozialphilosophie, Opladen 1994, S. 1.
[2] Ebenda, S. 2.
[3] Vgl. Sieferle, Rolf Peter, Technik als Rüstung des revolutionären Volkes: Hans Freyer, in: „Die Konservative Revolution. Fünf biographische Skizzen: Paul Lensch, Werner Sombart, Oswald Sprengler, Ernst Jünger, Hans Freyer“, Frankfurt am Main 1995, S. 165.
[4] Vgl. Sieferle, Rolf Peter, Einleitung: Das symbolische Feld der Konservativen Revolution, in: ders., Die Konservative Revolution. Fünf biographische Skizzen: Paul Lensch, Werner Sombart, Oswald Sprengler, Ernst Jünger, Hans Freyer, Frankfurt am Main 1995, S. 12.
[5] Vgl. Freyer, Hans, Herrschaft, Planung und Technik: Aufsätze zur politischen Soziologie, hrsg. und kommentiert von Elfriede Üner, Weinheim 1987, S. 134.
[6] Vgl. Remmers, Hans Freyer, S. 26f; sowie Sieferle, Technik, S. 167 u. 170.
[7] Vgl. Remmers, Hans Freyer, S. 27f.
[8] Für alle drei Positionen vgl. Sieferle, Technik, S. 171.
[9] Ebenda.
[10] Sieferle, Technik, S. 173.
[11] Vgl. Sieferle, Technik, S. 172.
[12] Vgl. ebenda, S. 173f.
[13] Vgl. ebenda, S. 191ff.
[14] Vgl. Brockhaus – Die Enzyklopädie, Bd. 7: Ew-Fris, 20. Auflage, Leipzig 1997, S. 656; vgl. außerdem Remmers, Hans Freyer, S. XIII.
- Citation du texte
- Diplom Politikwissenschaftlerin Nicole Haak (Auteur), 2003, Konservative Revolution in Zeiten des Nationalsozialismus am Beispiel Hans Freyers Revolution von rechts, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/69980
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