I. Einleitung
Als die Ergebnisse des PISA - Berichtes veröffentlicht wurden, in dem deutsche Schülerleistungen im internationalen Vergleich weit unter dem OECD-Durchschnitt zu finden waren, war die deutsche Bildungskatastrophe in aller Munde. Der Spiegel titelte prompt: ,,Sind deutsche Schüler doof?" (Der Spiegel, Nr. 50/2001) und auch bei Politikern aller Parteien gewann das Thema Bildung plötzlich an Priorität. PISA steht für „Programme for International Student Assessment“ – die bisher
umfassendste Schulleistungsstudie, die international durchgeführt wurde.
Die Studie ist Teil des Indikatorenprogramms INES der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), das dazu dient, den
OECD-Mitgliedsstaaten vergleichende Daten über ihre Bildungssysteme zur
Verfügung zu stellen. Im Rahmen dieses Programms ist es das Ziel von PISA,
die Erträge von Schulen in den Teilnehmerstaaten zu untersuchen. Auf
Beschluss der Kultusminister der Länder wurde die Studie in Deutschland so
erweitert, dass es darüber hinaus möglich ist, die Ergebnisse auf Länderebene
zu analysieren und zu vergleichen.
Bei der Betrachtung der Ergebnisse erschreckt nicht nur die geringe durchschnittliche Leistungskompetenz der Schüler in Deutschland, sondern auch deren besonders enger Zusammenhang mit der sozialen Herkunft eines Kindes. Doch welchen Einfluss hat die Herkunftsfamilie auf die Bildung des Kindes knapp 40 Jahre nach der Bildungsexpansion?
In der vorliegenden Arbeit soll untersucht werden, ob ein Zusammenhang zwischen ethnischer Herkunft und Bildungsbenachteiligung besteht. Ist es wirklich Fakt, dass deutsche Schüler immer noch bessere Chancen haben, höhere Bildungsabschlüsse zu erreichen; fragt Rolf Becker zu Recht: Bildung als Privileg? Sind Reproduktionsmechanismen vorhanden, die es rechtfertigen würden, von dauerhafter Ungleichheit und Kontinuität von Bildungsbenachteiligung zu sprechen? Um die vorgestellten Fragen zu beantworten wird ein besonderes Augenmerk auf die PISA-Studie 2000 geworfen, da sie eine wichtige Datenbasis zur fundierten Untersuchung der Thematik darstellt.
Im Mittelpunkt steht vor allem die Frage, welches Ausmaß ethnische Ungleichheit im deutschen Bildungssystem einnimmt, wo die Ursachen liegen und welche Erklärungen es dafür gibt.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Bildungsdebatte und Bildungsbenachteiligung in der BRD
II.1 Die Bildungsdebatten der 60er und 70er Jahre
II.2 Die Auswirkungen der Bildungsexpansion
III. Erklärungsansätze für herkunftsspezifische Bildungsbenachteiligungen
III.1 Art und Ausmaß der Nachteile von MigrantInnen
III.2 Erklärungen für die oben dargestellten Nachteile
IV. Wie kommt es zu Unterschieden in der Bildungsbeteiligung?
VII. Resümee
VI. Quellenverzeichnis
I. Einleitung
Als die Ergebnisse des PISA - Berichtes veröffentlicht wurden, in dem deutsche Schülerleistungen im internationalen Vergleich weit unter dem OECD-Durchschnitt zu finden waren, war die deutsche Bildungskatastrophe in aller Munde. Der Spiegel titelte prompt: ,,Sind deutsche Schüler doof?" (Der Spiegel, Nr. 50/2001) und auch bei Politikern aller Parteien gewann das Thema Bildung plötzlich an Priorität. PISA steht für „Programme for International Student Assessment“ – die bisher umfassendste Schulleistungsstudie, die international durchgeführt wurde.
Die Studie ist Teil des Indikatorenprogramms INES der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), das dazu dient, den OECD-Mitgliedsstaaten vergleichende Daten über ihre Bildungssysteme zur Verfügung zu stellen. Im Rahmen dieses Programms ist es das Ziel von PISA, die Erträge von Schulen in den Teilnehmerstaaten zu untersuchen. Auf Beschluss der Kultusminister der Länder wurde die Studie in Deutschland so erweitert, dass es darüber hinaus möglich ist, die Ergebnisse auf Länderebene zu analysieren und zu vergleichen.
Bei der Betrachtung der Ergebnisse erschreckt nicht nur die geringe durchschnittliche Leistungskompetenz der Schüler in Deutschland, sondern auch deren besonders enger Zusammenhang mit der sozialen Herkunft eines Kindes. Doch welchen Einfluss hat die Herkunftsfamilie auf die Bildung des Kindes knapp 40 Jahre nach der Bildungsexpansion?
In der vorliegenden Arbeit soll untersucht werden, ob ein Zusammenhang zwischen ethnischer Herkunft und Bildungsbenachteiligung besteht. Ist es wirklich Fakt, dass deutsche Schüler immer noch bessere Chancen haben, höhere Bildungsabschlüsse zu erreichen; fragt Rolf Becker zu Recht: Bildung als Privileg? Sind Reproduktionsmechanismen vorhanden, die es rechtfertigen würden, von dauerhafter Ungleichheit und Kontinuität von Bildungsbenachteiligung zu sprechen?
Um die vorgestellten Fragen zu beantworten wird ein besonderes Augenmerk auf die PISA-Studie 2000 geworfen, da sie eine wichtige Datenbasis zur fundierten Untersuchung der Thematik darstellt.
Im Mittelpunkt steht vor allem die Frage, welches Ausmaß ethnische Ungleichheit im deutschen Bildungssystem einnimmt, wo die Ursachen liegen und welche Erklärungen es dafür gibt.
II. Bildungsdebatte und Bildungsbenachteiligung in der BRD
II.1 Die Bildungsdebatten der 60er und 70er Jahre
Angesichts der gegenwärtigen Neuformulierung entsprechender Bündnisse lohnt ein kritischer Rückblick auf die damalige Debatte.
Die zentrale Rolle des Bildungssystems bei der Zuteilung sozialer Chancen
wurde vor allem durch Helmut Schelsky hervorgehoben. Die Verlängerung der Ausbildungszeiten, die allgemeine Öffnung der höheren Bildungsgänge waren für Schelsky Voraussetzungen, die den Abbau sozialer Hierarchien und Klassenunterschiede auf Dauer gewährleisten würden. Die vorherrschende
herkunfts- und geschlechterbedingte Ungleichverteilung war seiner Ansicht nach im Kern die Folge ›ständischer Überbleibsel‹, die erst durch eine demokratische Entwicklung aufgehoben werden könnten, die in einem kontinuierlichen Ausbau des Bildungsangebotes mündet.
Der Erwerb von Bildung, vor allem von beruflichen Qualifikationen, gewinnt damit zentrale Bedeutung bei der Zuordnung von gesellschaftlichen Aufstiegschancen. Bildung wurde zur entscheidenden Determinante des sozialen Status erklärt und gesellschaftliche Gleichheit oder Ungleichheit somit als Folge bildungspolitischer
Maßnahmen und individueller Bildungspraxen gedeutet. (Schelsky: Schule und Erziehung in der industriellen Gesellschaft, 1957, Würzburg, S. 18)
Die wissenschaftliche Diskussion über den Bedarf an Bildungsreformen wurde vor allem durch G. Picht, R. Dahrendorf und H. Peisert geprägt. So diagnostizierte Picht 1964, dass das Bildungssystem 1970 funktionsunfähig sein werde, wenn sich an der
Bildungskatastrophe nichts ändere, was sich vor allem auf die Wirtschaft auswirken werde: „Bildungsnotstand heißt wirtschaftlicher Notstand. Der bisherige Wirtschaftsaufschwung wird ein rasches Ende nehmen, wenn uns die qualifizierten Nachwuchskräfte fehlen, ohne die im technischen Zeitalter kein Produktionssystem etwas leisten kann. Wenn das Bildungssystem versagt, ist die ganze
Gesellschaft in ihrem Bestand bedroht.“ (Picht: Die deutsche Bildungskatastrophe: Analyse und Dokumentation, 1964, S. 17)
In der politischen Auseinandersetzung rückte Ralf Dahrendorf mit seinem Plädoyer
für eine aktive Bildungspolitik in den Blickpunkt. Dahrendorf betonte in der Debatte um die Krise des Bildungswesens weniger den Effektivitätsrückstand, also die ›Output-Schwäche‹ deutscher Bildungsinstitutionen, als vielmehr das bürgerrechtliche Defizit, welches einem Bildungssystem innewohnt, das ein Großteil der Kinder und Jugendlichen von höherer Bildung ausschließt. Eine umfassende Bildung galt Dahrendorf als zentrale Voraussetzung für die Demokratiekompetenz der Bürger. Die allgemeine und uneingeschränkte Gewährung des Rechtes auf Bildung, der Ausbau der Bildungsinstitutionen, wurde so zur wesentlichen
Aufgabe einer demokratischen Bürgergesellschaft.
Dahrendorf hob neben dieser wirtschaftlichen Bedeutung auch die gesellschafts-politische Dimension der Bildung hervor: „Die überzeugende Begründung einer aktiven Bildungspolitik kann – so möchte ich behaupten und argumentieren – nur in Anknüpfung an den Gedanken eines Bürgerrechtes auf Bildung erfolgen.“ ( Dahrendorf: Bildung ist Bürgerrecht, Hamburg, 1965, S. 22)
Dieses Bürgerrecht auf Bildung sollte jeden befähigen, seine staatsbürgerlichen Rechte in Anspruch zu nehmen und seiner Leistungsfähigkeit entsprechend an weiterführenden Bildungsgängen teilnehmen zu können.
H. Peisert konnte 1967 in seiner Studie „Soziale Lage und Bildungschancen in Deutschland“ empirisch belegen, dass die Chancen für Menschen, die gleichzeitig mehreren benachteiligten Gruppen angehörten, besonders schlecht waren, einen höheren Bildungsgang zu absolvieren. (Peisert: Soziale Lage und Bildungschancen in Deutschland, München, 1967, S. 19 f.)
Ausgehend von diesen wissenschaftlichen Veröffentlichungen hatte die Bildungspolitik der 60er und 70er Jahre vor allem das Ziel, allen Kindern die gleichen Bildungschancen zu eröffnen.
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