Die Frage nach der Zeit begleitet das abendländische Philosophieren seit seinen Anfängen. Die gefundenen Antworten konnten das Phänomen jedoch nie völlig fassen, so dass die Beschäftigung mit dem Thema „Zeit“ sich durch die Geschichte von Philosophie und Theologie zieht.
Am gegenwärtigsten erscheint das Zeitphänomen wohl in der in der Uhr-Zeit, der kalendarischen Zeit, die durch Heideggers Frage, ob denn der Mensch in dieser Form (der Uhrzeit) über das Sein der Zeit verfügt, oder ob er sich darin selbst meint, oder ob „es am Ende die Zeit selbst [ist], die sich in uns die Uhr anschafft“ direkt in die Mitte der philosophisch-theologischen Thematik führt.
Unter spezifisch theologischem Blickwinkel stellen sich weitere Fragen. Das Verhältnis zwischen Gott, dem traditionell Ewigkeit zugeschrieben wird, und der als zeitlich erlebten Welt wurde Anlass intensiven theologischen und philosophischen Nachdenkens. Kennzeichnend für diese Bemühungen sind die Verbindung von Offenbarungsgut und philosophischer Reflexion.
Gegenstand dieser Arbeit ist die Zeittheorie des Kirchenvaters Aurelius Augustinus, wie er sie in Buch XI seiner Confessiones dargelegt hat. Sie wird als Teil der Confessiones eingeordnet und ihre Strukturen herausgearbeitet. Auch der Motivation Augustins, die Endlichkeitsproblematik anzugehen (besonders die Todeserfahrung aus Confessiones IV,9), wird Gewicht für die Interpretation zugemessen. Maßgeblich erscheint darüber hinaus das Anliegen, Confessiones XI in den breiten Strom der philosophischen und theologischen Gedankenwelt des Augustinus und der antiken Philosophie und ihrer Zielsetzungen überhaupt einzureihen.
Schließlich wird auch das Weiterwirken des diesbezüglichen Gedankenguts des Bischofs von Hippo in den Zeittheorien Husserls und Heideggers sowie Barths und Pannenbergs behandelt. Hier wird nach einer knappen Darstellung der Grundzügen der jeweiligen Konzeption, die vor allem die Strukturen berücksichtigt, die in Anschluss oder Abgrenzung mit Augustin in Verbindung gesetzt werden können, der jeweilige Bezug zum augustinischen Verständnis zur Sprache kommen. Abschließend erfolgt eine Reflexion aus verschiedenen Perspektiven auf die Zeiterörterung von Confessiones XI, die markante Aspekte des Buches herausstellen soll.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- TEIL A VOR- UND UMFELD DES ZEITKONZEPTES AUS CONFESSIONES XI
- A I Zum Verständnis von Confessiones XI im Rahmen des Denkens Augustins und der antiken Philosophie und Theologie
- A I.1 Grundzüge der Biographie und der denkerischen Entwicklung Augustins
- A I.2 Der Ort der Zeitthematik im Denken Augustins
- A II Die Confessiones als Ort der Zeitreflexion
- A II.1 Die Confessiones und ihr philosophischer Kontext
- A II.2 Buch XI und sein Ort in den Confessiones
- A III Zeittheorien im zeitlichen Vorfeld der Confessiones
- A III.1 Zeit in der Bibel
- A III.2 Voraugustinische Zeittheorien in der christlichen Theologie
- A III.3 Voraugustinische Zeittheorien in der Philosophie
- A IV Zusammenfassend: Grundstrukturen der Einbettung der Zeiterörterung Augustins
- A I Zum Verständnis von Confessiones XI im Rahmen des Denkens Augustins und der antiken Philosophie und Theologie
- TEIL B AUGUSTINS ERÖRTERUNG VON EWIGKEIT UND ZEIT IN BUCH XI DER CONFESSIONES
- B I Zum Aufbau von Confessiones XI
- B II Confessiones XI: Zeit und Ewigkeit
- B II.1 Ausgangsposition
- B II.2 Philosophische Auslegungen zu Genesis 1,1
- B III
- B III.1 Quid est tempus? Die Zeit als unausgedehnte Gegenwart
- B III.2 Ubi sunt tempora? Die Gegenwart der Zeiten im Geist
- B III.3 Zeit und Bewegung
- B III.4 Zeit als distentio animi
- B IV Die Ewigkeit und der ewige Gott
- B V Confessiones XI im Überblick und einige Fragen seiner Interpretation
- TEIL C ASPEKTE DES WEITERWIRKENS DER ZEITTHEORIE AUS CONFESSIONES XI IM 20. JAHRHUNDERT
- C I Aspekte der Aufnahme Augustins in der Zeitphilosophie des 20. Jahrhunderts durch E.Husserl und M.Heidegger
- C I 1 Husserl: Die Phänomenologie des inneren Zeit-Bewusstseins und Bezüge zur augustinischen Zeittheorie
- C I 2 Heidegger: Die Frage nach der ursprünglichen und vulgären Zeit und Bezüge zur augustinischen
- C I Aspekte der Aufnahme Augustins in der Zeitphilosophie des 20. Jahrhunderts durch E.Husserl und M.Heidegger
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Augustins Zeitverständnis im elften Buch der Confessiones und dessen Rezeption im 20. Jahrhundert. Ziel ist es, Augustins komplexes Konzept von Zeit und Ewigkeit zu analysieren und dessen Einfluss auf spätere Philosophen aufzuzeigen.
- Augustins Zeitverständnis in den Confessiones
- Der philosophische Kontext von Augustins Zeittheorie
- Die Beziehung zwischen Zeit und Ewigkeit bei Augustinus
- Rezeption Augustins in der 20. Jahrhundert Philosophie (Husserl, Heidegger)
- Vergleichende Analyse von antiken und modernen Zeitkonzepten
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema ein und skizziert den Forschungsstand und die methodische Vorgehensweise der Arbeit. Sie erläutert die Bedeutung des elften Buches der Confessiones für das Verständnis von Augustins Zeitphilosophie und kündigt die zentralen Fragestellungen an, die im weiteren Verlauf der Arbeit behandelt werden. Die Einleitung legt den Fokus auf die Verbindung zwischen Augustins theologischem Denken und seiner Philosophie der Zeit, indem sie die Notwendigkeit einer interdisziplinären Betrachtungsweise hervorhebt. TEIL A VOR- UND UMFELD DES ZEITKONZEPTES AUS CONFESSIONES XI: Dieser Teil analysiert den Kontext von Augustins Zeitverständnis, indem er seine Biographie, seine philosophischen Einflüsse und die vorangegangenen Zeittheorien in der Philosophie und Theologie beleuchtet. Der Schwerpunkt liegt auf der Einordnung von Augustins Gedanken in die zeitgenössische Debatte und auf der Darstellung seiner spezifischen Beiträge zur Diskussion um Zeit und Ewigkeit. Die verschiedenen Aspekte des Kontextes dienen dazu, das Verständnis des elften Buches der Confessiones zu vertiefen und dessen Originalität und Relevanz herauszustellen. TEIL B AUGUSTINS ERÖRTERUNG VON EWIGKEIT UND ZEIT IN BUCH XI DER CONFESSIONES: Dieser zentrale Teil der Arbeit widmet sich der detaillierten Analyse von Augustins Ausführungen zum Thema Zeit und Ewigkeit im elften Buch der Confessiones. Er untersucht den Aufbau des Buches, analysiert Augustins zentrale Argumente und interpretiert dessen Schlüsselfragen zur Natur der Zeit und deren Verhältnis zur göttlichen Ewigkeit. Die Auseinandersetzung mit der Schöpfungsgeschichte und die Kritik an manichäischen Positionen werden ebenso eingehend behandelt wie Augustins berühmte Frage "Was ist Zeit?". Hier wird die Verbindung zwischen Zeit als "distentio animi" und dem menschlichen Bewusstsein erörtert. TEIL C ASPEKTE DES WEITERWIRKENS DER ZEITTHEORIE AUS CONFESSIONES XI IM 20. JAHRHUNDERT: Dieser Teil untersucht die Rezeption von Augustins Zeittheorie durch bedeutende Philosophen des 20. Jahrhunderts, insbesondere Edmund Husserl und Martin Heidegger. Er vergleicht deren Zeitkonzepte mit dem Denken Augustins und analysiert die Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Der Fokus liegt auf der Relevanz von Augustins Werk für die Entwicklung moderner Zeitphilosophie und der Erhellung des fortgesetzten Dialogs zwischen antikem und modernem Denken in der Frage nach Zeit und Sein.
Schlüsselwörter
Augustinus, Confessiones, Zeit, Ewigkeit, Zeitphilosophie, Distentio animi, Schöpfung, Husserl, Heidegger, Antike Philosophie, Christliche Theologie, Göttliche Ewigkeit, Zeitmessung, Bewusstsein
Häufig gestellte Fragen zu: Augustins Zeitverständnis in den Confessiones
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert Augustins Zeitverständnis, wie es im elften Buch seiner „Confessiones“ dargestellt wird, und untersucht dessen Rezeption in der Philosophie des 20. Jahrhunderts, insbesondere bei Husserl und Heidegger. Der Fokus liegt auf der Analyse von Augustins komplexem Konzept von Zeit und Ewigkeit und dessen Einfluss auf spätere Denker.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende zentrale Themen: Augustins Zeitverständnis in den „Confessiones“, den philosophischen Kontext seiner Zeittheorie, die Beziehung zwischen Zeit und Ewigkeit bei Augustinus, die Rezeption Augustins bei Husserl und Heidegger, und einen Vergleich antiker und moderner Zeitkonzepte. Es wird der Aufbau von Confessiones XI detailliert untersucht, Augustins Argumentation analysiert und Schlüsselfragen zu Zeit und Ewigkeit interpretiert.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in drei Teile: Teil A beleuchtet den Kontext von Augustins Zeitverständnis, indem er seine Biographie, philosophische Einflüsse und vorangegangene Zeittheorien in Philosophie und Theologie untersucht. Teil B analysiert detailliert Augustins Ausführungen zu Zeit und Ewigkeit in „Confessiones XI“, einschließlich seiner berühmten Frage "Was ist Zeit?". Teil C untersucht die Rezeption von Augustins Zeittheorie im 20. Jahrhundert, insbesondere bei Husserl und Heidegger, und vergleicht deren Zeitkonzepte mit dem Denken Augustins.
Welche Schlüsselbegriffe sind relevant?
Wichtige Schlüsselbegriffe sind: Augustinus, Confessiones, Zeit, Ewigkeit, Zeitphilosophie, Distentio animi, Schöpfung, Husserl, Heidegger, Antike Philosophie, Christliche Theologie, Göttliche Ewigkeit, Zeitmessung, Bewusstsein.
Welche Ziele verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, Augustins komplexes Konzept von Zeit und Ewigkeit zu analysieren und dessen Einfluss auf spätere Philosophen aufzuzeigen. Sie möchte Augustins Gedanken in die zeitgenössische Debatte einordnen und seine spezifischen Beiträge zur Diskussion um Zeit und Ewigkeit darstellen. Die Verbindung zwischen Augustins theologischem Denken und seiner Philosophie der Zeit wird hervorgehoben.
Welche Zusammenfassung der Kapitel bietet die Arbeit?
Die Arbeit bietet detaillierte Zusammenfassungen für die Einleitung, Teil A (Vor- und Umfeld des Zeitkonzeptes), Teil B (Augustins Erörterung von Ewigkeit und Zeit) und Teil C (Weiterwirken der Zeittheorie im 20. Jahrhundert). Diese Zusammenfassungen beschreiben die jeweiligen Inhalte und Schwerpunkte der einzelnen Abschnitte.
Welche Methode wird angewendet?
Die Arbeit verwendet eine interdisziplinäre Methode, die sowohl theologische als auch philosophische Perspektiven berücksichtigt, um Augustins Zeitverständnis umfassend zu erfassen und zu analysieren. Sie kombiniert Textanalyse mit philosophischer Interpretation und historischer Einordnung.
- Quote paper
- Karsten Junk (Author), 2006, Das Zeitverständnis des hl. Augustinus im XI. Buch der Confessiones und Aspekte seiner theologisch-philosophischen Rezeption im 20. Jahrhundert, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/69802