Ruhig, beinahe wie erstarrt lag der Saum des Waldes vor ihm, darüber der klare, in seiner Grenzenlosigkeit teilnahmslose Himmel. Schneewehen türmten sich an den Stämmen der alten Tannen empor und erreichten zum Teil schon die untersten Äste.
Vorsichtig, mit angehaltenem Atem und jedes verräterische Geräusch vermeidend, lugte der Jäger über den schnee- und eisverkrusteten Rand der Grube hinweg, die ihm als Versteck diente. In weiter Ferne heulte ein Wolf, der Kontakt zu seinem Rudel suchte.
Bitte, Bruder Wolf, hör auf damit, dachte der Jäger eindringlich, obwohl er gut verstehen konnte, daß der andere Jäger, der nicht so unzulänglich wie er selbst war und auf seine natürlichen Waffen und seine Schnelligkeit vertrauen konnte, in der weiten, schneebedeckten Einsamkeit nach seinesgleichen suchte. Trotzdem bestand die Gefahr, daß allein das Heulen des Wolfes die schon sicher geglaubte Beute dazu veranlassen könnte, die Richtung zu wechseln und außer Reichweite zu gelangen. Dann wären all die Beschwörungen des Schamanen an den Tiervater, die vielen kunstvoll angebrachten Zeichnungen an den Höhlenwänden und die ekstatischen Rituale und Zeremonien, in denen der Schamane Zwiesprache mit den Geistern und den Tierahnen gehalten hatte, umsonst gewesen. Auch das letzte, schon ranzige Fett, mit dem die Farben angerührt worden waren, wäre umsonst verwendet worden, und Fett war eine echte Kostbarkeit in diesen kalten und dunklen Jahren, in denen es dem Schamanen immer seltener gelang, den Zauber zu weben, der das Jagdwild in die Nähe der Horde führte. Die anderen, weit entfernt lebenden Stammessippen waren dem Jagdwild schon lange hinterhergezogen auf dem Weg nach Süden, der wärmenden Sonne entgegen; doch seine eigene Sippe bestand aus nur wenigen jungen Jägern, aber vielen Alten und Kindern. Dies machte eine Reise beschwerlich, obwohl jeder weitere Aufschub eigentlich sinnlos war, doch es war sicher, daß einige der Alten und auch der allzu Jungen die Reise nicht überstehen würden, und so warteten sie, bis ein Aufbruch unumgänglich wurde.
Ein knackendes Geräusch aus der Dunkelheit des Waldes ließ die trüben Gedanken des Jägers augenblicklich verblassen, und er spähte erneut hinüber zum Walrand. Doch was immer das Geräusch auch ausgelöst hatte, es trat nicht aus dem dichten Unterholz hervor.
In einiger Entfernung zog einer jener Greifvögel seine geschwungenen Bahnen über den Himmel, eine Fähigkeit, um die die Menschen den Vogel schon immer beneidet hatten.
[...]
Inhaltsverzeichnis
- Zu einer Zeit, als man bald Tier, bald Mensch war
- Höhlenmalereien und "Home Art"
- Schamanismus
- Totemismus
- Das Tier als Schöpfer und Ahne
- Schlußbemerkungen
- Quellenangaben
- Bildnachweise
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Stellung des Tieres in prähistorischen und neueren Jägerkulturen in Europa, Asien, Australien und Amerika. Sie beleuchtet, wie diese Kulturen das Tier in ihren Weltbildern, Mythen und Riten sahen und wie sich diese Ansichten auf ihre Beziehung zur Natur und zum Jagdwild auswirkten.
- Die Bedeutung der Höhlenmalerei als Ausdruck des Denkens und Lebens früher Jägerkulturen
- Der Schamanismus als Bindeglied zwischen den alten und den heutigen Jägerkulturen
- Der Totemismus als Ausdruck der engen Verbundenheit von Mensch und Tier
- Die Rolle des Tieres als Schöpfer und Ahne in verschiedenen Schöpfungsmythen
- Die Folgen der Trennung zwischen Mensch und Tier für die Natur und die Artenvielfalt
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die enge Beziehung zwischen Mensch und Tier in der Steinzeit, die sich in Höhlenmalereien und anderen Artefakten aus dieser Epoche widerspiegelt. Es werden die verschiedenen Interpretationen dieser Kunstwerke diskutiert, insbesondere die Thesen von Henri Breuil und André Leroi-Gourhan.
Das zweite Kapitel befasst sich mit dem Schamanismus, der als eine Form des Animismus betrachtet wird. Es beschreibt die Rolle des Schamanen als Vermittler zwischen Menschen und Geistern, die in der Natur leben und diese beeinflussen können. Außerdem wird die Bedeutung des Tieres im Schamanismus als Schutzgeist und Hilfsgeist hervorgehoben.
Das dritte Kapitel widmet sich dem Totemismus, der eine enge Identifizierung von Mensch und Tier beinhaltet. Es werden die verschiedenen Arten des Totemismus (Geschlechtstotemismus, Individualtotemismus, Gruppentotemismus) erläutert und die Bedeutung des Totems als Schutzgeist und Begleiter des Menschen hervorgehoben.
Das vierte Kapitel untersucht die Rolle des Tieres als Schöpfer und Ahne in verschiedenen Schöpfungsmythen aus verschiedenen Jägerkulturen. Es werden einige Beispiele aus verschiedenen Kulturen, wie den Giljaken, den Achomavi, den Haida und den Cherokees, vorgestellt, die zeigen, wie das Tier in diesen Mythen als Ursprung der Menschheit und der Natur angesehen wird.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Stellung des Tieres in Jägerkulturen, Höhlenmalerei, Schamanismus, Totemismus, Schöpfungsmythen, Animismus, Mensch-Tier-Beziehung, Natur, Jagdwild, Artenvielfalt, Umweltschutz.
- Arbeit zitieren
- Uwe Janatzek (Autor:in), 2002, Die Stellung des Tieres in prähistorischen und neueren Jägerkulturen in Europa, Asien, Australien und Amerika, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6977
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