Diese Arbeit beschäftigt sich im Folgenden mit der Verfassungsgeschichtlichen Entwicklung Österreichs nach dem Ersten Weltkrieg. Heutzutage wird sowohl in Schule als auch Universität ein großer Wert auf die Beleuchtung der Weimarer Republik und ihrer Schwächen gelegt. Dies ist bei den Folgen, der Abschaffung der Demokratie und der Errichtung eines Diktatorischen Systems, dass die Welt mit Krieg überzog, nur zu verständlich.
Betrachtet man aber politische Systeme des zwanzigsten Jahrhunderts und ihren Wandel, so stellt eben das politische Systems Österreichs einen nicht zu verachtenden Reiz dar. Ebenso wie Deutschland ging Österreich als Kriegsverlierer aus dem Ersten Weltkrieg hervor und musste im Vergleich zu Deutschland wesentlich größere Gebietsverluste verkraften. Nach dem Zerfall der Habsburgermonarchie waren Industrie und Gewerbetreibende des Neuentstehenden Kleinstaates von sechs Siebteln ihrer alten, Zollgeschützten Absatzgebiete abgeschnitten. Dies führte unumgänglich zu wirtschaftlichen Reorganisierungsprozessen, die letztlich, unter der in den zwanziger Jahren aufkommenden weltweiten wirtschaftlichen Depression, nicht bestehen konnten.
Wichtige Integrationsfiguren, wie der Kaiser und die Armee, die den Vielvölkerstaat Jahrhunderte lang zusammengehalten hatten, waren beseitigt oder entmachtet worden. Ebenso stammte das so genannte Herz des Staates, seine Bürokratischen Organisationen und deren Mitglieder, aus der Kaiserzeit. Sie waren somit überwiegend kaisertreu, katholisch, konservativ und vor allem obrigkeitstreu. Vom Abbau bedroht entwickelte sich unter der Beamtenschaft jedoch kaum ein wirkliches Loyalitätsverhältnis zur neuen Republik.
Gliederung
1. Einleitung
2. Die Kriegsniederlage Österreich-Ungarns
3. Gründung Deutschösterreichs
3.1 Oktober und Märzverfassung der Republik Deutschösterreich
4. Entstehung der demokratischen Republik Deutschösterreich
4.1 Probleme des B-VG 1920
4.2 Die Verfassungsnovelle von 1929
5. Das Ende der Ersten Republik
5.1 Errichtung der austrofaschistischen Diktatur
6. Schluss
7. Anhang
8. Literaturverzeichnis
9. Internetliteratur/Quellen/Kartenmaterial
1. Einleitung
Diese Arbeit beschäftigt sich im Folgenden mit der Verfassungsgeschichtlichen Entwicklung Österreichs nach dem Ersten Weltkrieg. Heutzutage wird sowohl in Schule als auch Universität ein großer Wert auf die Beleuchtung der Weimarer Republik und ihrer Schwächen gelegt. Dies ist bei den Folgen, der Abschaffung der Demokratie und der Errichtung eines Diktatorischen Systems, dass die Welt mit Krieg überzog, nur zu verständlich.
Betrachtet man aber politische Systeme des zwanzigsten Jahrhunderts und ihren Wandel, so stellt eben das politische Systems Österreichs einen nicht zu verachtenden Reiz dar. Ebenso wie Deutschland ging Österreich als Kriegsverlierer aus dem Ersten Weltkrieg hervor und musste im Vergleich zu Deutschland wesentlich größere Gebietsverluste verkraften. Nach dem Zerfall der Habsburgermonarchie waren Industrie und Gewerbetreibende des Neuentstehenden Kleinstaates von sechs Siebteln ihrer alten, Zollgeschützten Absatzgebiete abgeschnitten. Dies führte unumgänglich zu wirtschaftlichen Reorganisierungsprozessen, die letztlich, unter der in den zwanziger Jahren aufkommenden weltweiten wirtschaftlichen Depression, nicht bestehen konnten.[1]
Wichtige Integrationsfiguren, wie der Kaiser und die Armee, die den Vielvölkerstaat Jahrhunderte lang zusammengehalten hatten, waren beseitigt oder entmachtet worden. Ebenso stammte das so genannte Herz des Staates, seine Bürokratischen Organisationen und deren Mitglieder, aus der Kaiserzeit. Sie waren somit überwiegend kaisertreu, katholisch, konservativ und vor allem obrigkeitstreu. Vom Abbau bedroht entwickelte sich unter der Beamtenschaft jedoch kaum ein wirkliches Loyalitätsverhältnis zur neuen Republik.[2]
Österreich-Ungarn hörte 1918 auf zu existieren und ähnlich wie in Deutschland wurde die Monarchie abgeschafft und durch ein demokratisches System ersetzt. Von primärem Interesse ist die Ausgestaltung dieser Demokratie. Aus diesem Grunde liegt die Betrachtung hauptsächlich auf der Österreichischen Verfassungsentwicklung. Unter Verfassung versteht man die Grundordnung eines Staates oder Staatsverbandes. In ihr sind alle, für den Bestand und das Funktionieren des Staates, grundlegenden Ordnungselemente vereinigt.[3]
Im Folgenden soll dieses Gebilde, sowie seine Entwicklung und seine Ausprägung dargestellt und untersucht werden. Inwiefern z.B. die Verfassung die politischen Parteien begünstigte oder einschränkte ihre Ziele zu erreichen. Gab es auch in Österreich einen Notstandsartikel, wie er in der Weimarer Republik und deren Verfassung verankert gewesen ist und mit dessen Hilfe das ungeliebte Parlament umgangen werden konnte?
Wie war es möglich oder besser formuliert welche Möglichkeiten bot die Österreichische Verfassung und wie gelang es letztlich das Demokratische System abzuschaffen?
Diesen Fragen soll in dieser Arbeit auf den Grund gegangen werden. Der Einstieg geschieht über überblicksartige Darstellung der Gesamtsituation nach dem ersten Weltkrieg. Daran wird sich eine Darstellung der Epoche der Gründung der Republik Deutschösterreich am 30.10.1918 anschließen. Die darauf folgende Phase beginnt 1920 mit dem Inkrafttreten des B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz) und endet mit der Einführung des austrofaschistischen Einparteienstaates am 01.05.1934.[4] Auf dieser Zeit liegt das Hauptaugenmerk der Betrachtung und geht weiter ins Detail, wie man auch der Gliederung entnehmen kann.
2. Die Kriegsniederlage Österreich-Ungarns
Als Einstieg ist natürlich die Frage zu klären, wieso in Österreich überhaupt ein neues politisches System installiert werden musste. Welche gesellschaftlichen, wirtschaftlichen oder andersartig gelagerten Prozesse und Ereignisse machten eine Neuorientierung und Neustrukturierung des Staatswesens notwendig?
Das Kaiserreich Österreich-Ungarn war, wie der Name schon sagt, ein monarchisch aufgebauter Vielvölkerstaat. Infolge der Julikrise 1914[5] steuert ganz Europa und letztlich die ganze Welt auf den Ersten Weltkrieg zu. Am Ende stehen die Mittelmächte um Österreich-Ungarn, dem Deutschen Reich, Bulgarien und dem Osmanischen Reich als Kriegsverlierer fest. Infolge dessen zerbricht das Osmanische Reich, das Deutsche Reich verliert zahlreiche Ostgebiete, aber territorial am stärksten betroffen ist die KuK Monarchie Österreich-Ungarns. Ungarn wird zwar selbständig, aber muss als Kriegsschuldiger die Slowakei und die Karpato-Ukraine an die Neugegründete Tschechoslowakei, Kroatien Slawonien und Teile des Banats an Jugoslawien und zuzüglich dazu Siebenbürgen an Rumänien, als auch das Burgenland an Österreich abtreten.[6]
Österreichs Territorium wurde mit dem Friedensvertrag von St. Germain-en-Laye vom 10.09.1919 maßgeblich beschnitten (siehe auch Anlage 1 und Anlage 2 zum Vergleich).[7] Für die politische Neuorganisation nach dem verlorenen Weltkrieg ist aber eine andere Tatsache von Bedeutung. Am 03.11.1918 wurde offiziell von Österreichischer Seite der Waffenstillstand ausgerufen und am 11.11.1918 verzichtete der damalige Kaiser Franz I. auf jeden Anteil an der Regierung. Der wenig erfolgreiche Krieg hatte in Österreich-Ungarn für viel Unmut gesorgt. Ab 1916 gab es Nahrungsmittelengpässe und die Strapazierfähigkeit der Bevölkerung war über alle Maßen beansprucht. Auch der militärische Erfolg im Spätherbst 1917, in dem die italienische Front bis an die Piave zurückgeworfen werden konnte, änderte nichts an dieser Tatsache. Die Situation wurde für die KuK Monarchie, spätestens mit der Kriegserklärung der USA zu Jahresbeginn 1918, ausweglos, da dieser Schritt auch als Angriff auf die monarchischen Strukturen begriffen wurde.
Die russische Revolution vor Augen organisierte sich auch die Innerstaatliche Bevölkerung und führte Aufstände durch, die zuerst noch niedergeschlagen werden konnten. Nach dem Frieden von Brest Litowsk und dem Ausscheiden Russlands aus der Koalition der Gegner, setzte man in Österreich alles auf eine letzte Offensive, um die Italiener über die Piave zurückzutreiben und militärisch niederzuwerfen. Diese Offensive gelang allerdings nicht, vielmehr wurden die österreichisch ungarischen Truppenverbände immer weiter zurückgedrängt. Die Aussicht auf eine erfolgreiche Beendigung des Krieges und damit auch die Hoffnung auf eine Stabilisierung der innenpolitischen Lage waren damit zerstört.[8]
3. Gründung Deutschösterreichs
Ende Oktober 1918 trat erstmalig die Provisorische Nationalversammlung (Prov. NV) zusammen. Die drei großen Machtblöcke der Nationalversammlung setzten sich aus Angehörigen der Sozialdemokraten, der Christlichsozialen und der Deutschnationalen zusammen.[9]
Dieses Treffen fußte nicht auf der noch geltenden Dezemberverfassung aus dem Jahre 1867. Somit wurde auf revolutionäre Weise und unter Bruch der Verfassungskontinuität ein neuer Staat geschaffen. Noch während der Phase des Waffenstillstands wurde der Nationalstaat Deutschösterreich am 12. November 1918 ausgerufen. Bis zum Ende des altösterreichischen Staates, existierten also zwei Staaten auf ein und demselben Territorium.[10]
Der Zerfall Österreich-Ungarns hatte zu einer schweren Legitimationskrise für die Monarchie und das dynastische Herrscherhaus der Habsburger geführt. Durch die Ausrufung der Republik und den ständig wachsenden Druck, sowie die fortschreitende Emanzipation der Bevölkerung, sah sich Kaiser Karl I. am 11. November 1918 gezwungen, auf seine herrschaftlichen Rechte in Deutschösterreich zu verzichten.[11]
[...]
[1] Maderthaner, Wolfgang, 12. Februar 1834: Sozialdemokratie und Bürgerkrieg, in: Österreich im 20. Jahrhundert. Von der Monarchie bis zum Zweiten Weltkrieg, Band 1, Steiniger, Rolf u. Gehler, Michael (Hrsg.), Wien 1997, S. 153.
[2] Im Friedensvertrag von St. Germain-en-Laye vom 10.09.1919 wird Österreich gezwungen zahlreiche Gebiete abzutreten. Der territoriale Verlust wird auf den Karten im Anhang 1 und 2 verdeutlicht.
Des Weiteren wird das Heer auf insgesamt 30.000 Mann begrenzt, wo es doch zur Zeit der ersten Mobilmachung 1914 ganze 1,3 Millionen Mann umfasst hatte.
dtv-Atlas Weltgeschichte, Hilgemann, Werner und Kinder, Hermann (Hrsg.), München 200025, S. 411.
[3] Lehner, Oskar, in: Handbuch des politischen Systems Österreichs. Erste Republik 1918-1933, Wien 1995, S. 45.
[4] Lehner, Oskar, ebd., S. 56.
[5] Am 28.06.1914 wurde in Sarajewo der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand, Opfer eines serbischen Attentäters. Österreich-Ungarn forderte daraufhin Serbien auf stärker gegen die Umtriebe, die sich gegen Österreich-Ungarn richteten vorzugehen und die Schuldigen zu bestrafen. Serbien pocht dahingegen auf seine Souveränitätsrechte und reagiert mit einer Teilmobilmachung der Truppen. Russland stellt sich auf die Seite Serbiens, da es seine panslawistische Rolle in Gefahr geraten sieht, während das Deutsche Reich Österreich-Ungarn die unbedingte Bündnistreue zusichert.
[6] Diese Abtretungen und Neuorganisierung wurden im Friedensvertrag der Siegermächte mit Ungarn am 04.06.1920 in Trianon festgeschrieben.
dtv-Atlas Weltgeschichte, ebd., S. 411.
[7] Fellner, Fritz, Der Vertrag von St. Germain, in: Österreich 1918-1938. Geschichte der Ersten Republik, Band 1, Weinzierl, Erika u. Skalnik, Kurt (Hrsg.), Wien 1983, S. 88ff.
[8] Rauchensteiner, Manfried, Österreich im Ersten Weltkrieg 1914-1918, in: Österreich im 20. Jahrhundert. Von der Monarchie bis zum Zweiten Weltkrieg, Band 1, ders., S. 76-78.
[9] Lehner, Oskar, ebd., S. 46.
[10] Lehner, Oskar, ebd., S. 46.
[11] In der Erklärung des Kaisers heißt es: “Im Voraus erkenne Ich die Entscheidung an, die Deutschösterreich über seine zukünftige Staatsform trifft. Das Volk hat durch seine Vertreter die Regierung übernommen. Ich verzichte auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften.“ Da er sich damit aber explizit auf Deutschösterreich bezog und auch kein direkter Verzicht auf den Thron zu erkenne war bestand noch immer die Gefahr einer späteren Restauration der monarchischen Strukturen. Wenn schon nicht in Deutschösterreich, dann zumindest in seinen Nachbarländern. Aus diesem Grunde erließ die Konstitutionierende Nationalversammlung am 03. April 1919 ein Gesetz, nach welchem die Besitztümer des Hauses Habsburg beschlagnahmt und alle Mitglieder, sofern sie nicht ausdrücklich auf ihre Herrschaftsansprüche verzichteten, des Landes verwiesen wurden.
Lehner, Oskar, ebd., S. 47, vgl. auch Ableitinger, Alfred, Grundlegung der Verfassung, in: Österreich 1918-1938. Geschichte der Ersten Republik, Band 1, ders., S. 163.
- Citation du texte
- Magister Axel Klausing (Auteur), 2005, Verfassungsgeschichtliche Entwicklung der österreichischen Ersten Republik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/69627
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