Die Bundesrepublik Deutschland ist weltbekannt für ihre einzigartige Theaterlandschaft. Nahezu jede größere Stadt verfügt über ein Schauspielhaus oder Theater, die zu einem großen Teil öffentlich finanziert sind. Hieraus ergibt sich die Fragestellung meiner Arbeit: Ist die staatliche Finanzierung der öffentlichen Theater legitim? Zunächst werde ich in Kapitel 2 den Umfang der staatlichen Theaterfinanzierung schildern und in Kapitel 3 kurz die unterschiedlichen Rechtsformen der Theaterbetriebe erläutern. In den dann folgenden Kapiteln 4, 5 und 6 werde ich die juristischen, soziologischen und ökonomischen Gründe für und gegen eine staatliche Theaterförderung gegeneinander abwägen.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Zahlen und Daten – der Umfang staatlicher Theaterförderung
3 Rechtsformen öffentlicher Theater
4 Juristische Legitimation der staatlichen Theaterförderung
4.1 Juristische Argumente für eine staatliche Theaterförderung
4.2 Juristische Argumente gegen eine staatliche Theaterförderung
4.3 Zwischenfazit
5 Soziologische Legitimation der staatlichen Theaterförderung
5.1 Soziologische Argumente für eine staatliche Theaterförderung
5.2 Soziologische Argumente gegen eine staatliche Theaterförderung
5.3 Zwischenfazit
6 Die ökonomische Legitimation staatlicher Theaterförderung
6.1 Das Meritorisierungsargument
6.2 Ökonomische Argumente für eine staatliche Theaterförderung
6.3 Ökonomische Argumente gegen eine staatliche Theaterförderung
6.4 Zwischenfazit
7 Schlussfolgerung
8 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Die Bundesrepublik Deutschland ist weltbekannt für ihre einzigartige Theaterlandschaft. Nahezu jede größere Stadt verfügt über ein Schauspielhaus oder Theater, die zu einem großen Teil öffentlich finanziert sind. Hieraus ergibt sich die Fragestellung meiner Arbeit: Ist die staatliche Finanzierung der öffentlichen Theater legitim?
Zunächst werde ich in Kapitel 2 den Umfang der staatlichen Theaterfinanzierung schildern und in Kapitel 3 kurz die unterschiedlichen Rechtsformen der Theaterbetriebe erläutern. In den dann folgenden Kapiteln 4, 5 und 6 werde ich die juristischen, soziologischen und ökonomischen Gründe für und gegen eine staatliche Theaterförderung gegeneinander abwägen.
2 Zahlen und Daten – der Umfang staatlicher Theaterförderung
Gemäß einer Statistik des deutschen Bühnenvereins (2003) hatten die 150 öffentlichen Theater einen Jahresetat von ca. 2,5 Mrd. Euro. Die Betriebseinnahmen machen dabei nur ca. 16,4 % der gesamten Betriebsausgaben aus. Die restlichen ca. 83,6 % bestehen aus öffentlichen Zuschüssen. Der Umfang der staatlichen Theaterförderung beträgt dementsprechend 2,13 Mrd. Euro oder ca. 25,66 Euro pro Bundesbürger. Unterschiede bestehen zwischen den Bundesländern bezüglich der Höhe der öffentlichen Theaterförderung. Die Bundeshauptstadt Berlin ist dabei der Krösus unter den Bundesländern: ihre neun öffentlichen Theaterunternehmen erhalten 208.305.000 Euro Bezuschussung. Das entspricht einer Pro-Kopf-Förderung von 61,31 Euro. Zu dieser Summe hinzuzurechnen ist noch ein Teil der 25 Mio. Euro aus dem bundesfinanzierten Hauptstadtkulturfonds. Das Land Nordrhein-Westfalen fördert 26 öffentliche Theaterunternehmen mit lediglich 26.570.000 Euro, was einer Pro-Kopf-Quote von 1,48 Euro entspricht. Einschränkend muss jedoch erwähnt werden, dass Berlin zum einen, als Stadtstaat alleiniger Träger und daher auch Finanzier aller Theater ist, und zum anderen als Hauptstadt einen Sonderstatus inne hat. Das Land Nordrhein-Westfalen verfügt hingegen über keine Trägerschaft eines Theaters, diese wird hauptsächlich von Kommunen (18) oder mehreren Trägern (8) übernommen was die niedrige Landesfördersumme erklärt.
Den größten Teil der Theaterausgaben machen entsprechend dem Deutschen Bühnenverein mit ca. 75 % die Personalausgaben aus. Etwa 20 % der Ausgaben eines Theaters sind sachliche Betriebsausgaben für Verwaltung, Bühnenbau, Veröffentlichungen etc. die restlichen 5 % für sonstiges.
Im Jahr 2002/2003 wurden in Deutschland 4539 Inszenierungen organisiert, Entsprechend der Angaben der einzelnen Theaterunternehmen fanden Opern mit 6. Mio. Besuchern den größten Zuspruch, gefolgt von Schauspielen mit etwa 5,5 Mio. Besuchern. Konzerte, Ballettaufführungen und sonstige Veranstaltungsformen besuchten weniger als 3 Mio. Besucher pro Jahr. Die Auslastung liegt dabei im Schnitt um etwa 70 %.
Anhand der Besucherzahlen ergibt sich ein durchschnittlicher Betriebszuschuss pro Besucher von 94,02 Euro. Anhand dieser Zahlen pauschal das Theater als „Subventionstheater“ anzuklagen, wäre eine Vereinfachung der komplexen deutschen Theaterlandschaft, da auch Privattheater in Deutschland geringe Subventionen erhalten (Institut für Kultur und Medienmanagement.1995: 4). Bevor ich die Legitimation der staatlichen Theaterförderung diskutiere, möchte ich in einem kurzen Abschnitt die häufigsten Rechtsformen des Theaters zusammenfassend erläutern.
3 Rechtsformen öffentlicher Theater
Das Augenmerk dieses Beitrags liegt auf den öffentlich-rechtlichen Theaterbetrieben. Da das föderale System der Bundesrepublik Deutschland verschiedene Gliederungsebenen aufweist, können entweder Bund (Staatstheater), Länder (Landestheater) oder Gemeinden Träger eines öffentlichen Theaters sein. Möglich ist auch eine Mehrträgerschaft zwischen zwei Trägern.
Öffentliche Theater können in unterschiedlichen Rechtsformen organisiert sein. Die Wahl der Rechtsform kann dabei Einfluß ausüben auf die Wirtschaftlichkeit eines Theaterunternehmens (Mühlenkamp. 1998: 3).
Der Regiebetrieb stellt mit 65 Theatern in Deutschland die häufigste öffentlich –rechtliche Rechtsform dar. Das Theater ist als Regiebetrieb eingebunden in die Ämterorganisation und weder rechtlich, rechnungsgemäß noch organisatorisch unabhängig. Die Finanzplanung erfolgt im Rahmen des kommunalen Haushaltplanes. Personelle und organisatorische Entscheidungen werden im Gemeinderat entschieden, da das Theater Teil der öffentlichen Verwaltung ist (Heinrichs und Klein. 2001: 337). Die Nähe zu Querschnittsämtern der Verwaltung kann dabei häufig zu Problemen der Arbeitsteilung führen (Boerner. 2002: 336).
Zu den Rechtsformen der öffentlich-rechtlich organisierten Theaterbetriebe gehört außerdem noch der Zweckverband nach welchem acht Theater in Deutschland organisiert sind. Er stellt einen Zusammenschluß von Gemeinden und Gemeindeverbänden dar zur Erfüllung bestimmter Aufgaben wie eben dem gemeinsamen Betrieb eines Theaters. Das oberste Organ des Zweckverbandes stellt die Verbandsversammlung dar, in der alle Gemeinden vertreten sein müssen (Heinrichs und Klein. 2001: 412).
Neben den öffentlich-rechtlich organisierten Theaterbetrieben gibt es auch privatrechtliche Rechtsformen öffentlicher Theater. Bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHs) und AG s sind die Träger zu bestimmten Anteilen Gesellschafter am Theater. Die Gesellschafter können dabei staatlich wie auch privat sein. Zur Leitung des Theaters bestimmen die Gesellschafter eine Geschäftsführung. Eingesetzt wird diese Geschäftsführung durch eine Gesellschafterversammlung. Als Kontrollorgan fungiert bei AG s ein Aufsichtsrat, bei GmbHs ist dies fakultativ möglich (Heinrichs und Klein. 2001: 129). Als GmbHs oder AGs sind in Deutschland 43 Theater geführt. Acht Theater in Deutschland existieren als eingetragener Verein. Die Theater sind dabei privatrechtlich organisiert und verfügen über eine eigene Satzung. Geführt wird der Verein von der Vorstandschaft, die von einer Mitgliederversammlung gewählt und kontrolliert (entlastet) wird (Mühlenkamp. 1998:17). Die 26 weiteren öffentlichen Theater sind in unterschiedlichsten Rechtsformen (wie z.B. Gemeinschaften bürgerlichen Rechts und Eigenbetrieben organisiert), die hier jedoch keine Erwähnung finden.
4 Juristische Legitimation der staatlichen Theaterförderung
Die Voraussetzung für eine juristische Überprüfung der Legitimation der staatlichen Theaterförderung, setzt eine Definition des Begriffes Kunst voraus unter welchem sich auch das Theater einordnen lässt.
Kunst gehört ebenso wie die Wissenschaft und die Bildung zum Bereich der Kultur. Geißler (2000) definiert Kultur als „(...) die raumgebende Gesamtheit der typischen Lebensformen einer Bevölkerung einschließlich der sie tragenden Werteinstellungen (...)“ Da nun jedoch nicht die abstrakte Kultur zu schützen sei, müsse man auch die sogenannten konkreten Erscheinungsformen von Kultur schützen- die Kunst. Zu den Künsten zählt unter anderem auch das Theater. Eine Aussage darüber wie staatliche Kulturförderung oder Kunstförderung gestaltet sein soll und eine Begründung für eine staatliche Kulturförderung ist daraus jedoch nicht abzuleiten. Es führt uns vielmehr zur Frage der Legitimation zurück.
4.1 Juristische Argumente für eine staatliche Theaterförderung
Begibt man sich auf die Suche nach einer Begründung für eine staatliche Kunstförderung, ergibt sich diese hauptsächlich aus Art. 5 Abs. 3 S.1 des Grundgesetzes: „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.“ Durch Art. 1 Abs.3 GG ist der Staat gebunden die Freiheit der Kunst zu garantieren. Kirchhoff (1987) betont unter Berufung auf ein Urteil des Bundesverfassungsgericht, dass zudem die veröffentlichte Kunst „(...)losgelöst von privatrechtlicher Verfügbarkeit, ein geistiges und kulturelles Allgemeingut“ sei. Diese Gemeinwohldienlichkeit der Kunst verlange, daher den besonderen staatlichen Schutz. Grundvoraussetzung der Kunst und damit auch der Gemeinwohldienlichkeit ist wiederum die Freiheit (Hoffmann. 1974:21).
Der Künstler brauche daher seine Freiheit. Er ist dabei in einer besonderen Situation. Er nutzt seine Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs.3 GG um Einkommen und Vermögen (Art.14 GG) zu erwerben (vgl. Kirchhoff. 1998: 13). In einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur Kunstfreiheit der sogenannten „Mephisto-Entscheidung“ wurde hervorgehoben, dass der Staat auch die Schaffensbedingungen („Werkbereich“) für freie Kunst garantieren müsse (Hufen. 1982. 113; Kirchhoff . 1987: 13; Henschel. 1993: 12). Die freien Schaffensbedingungen könne der Staat dabei über die Künstlerförderung gewährleisten (Lutter-Günther. 1987: 135), welche daher ein juristisch legitimes Mittel darstellt.
Die staatliche Gewalt ist gemäß Art.1 Abs.3 GG auch den demokratischen (Art.20 Abs.1 GG) und den sozialen Prinzipien (Art.20 Abs.1) GG verpflichtet. Aus dem Sozialstaatsprinzip ergibt sich auch die Verpflichtung des Staates eine kulturelle Daseinsvorsorge für jeden Bürger sicherzustellen (Palm. 1998: 146). Aus dem Demokratie –Prinzip ist abzuleiten, dass „eine Kunst- und Kulturpflege als Kultivierung einer Bildungs- und Herrscherelite verfassungswidrig ist“ (Palm. 1998: 154). Daraus ergibt sich wiederum, dass Kunst allen zugänglich und der Künstler vor allem finanziell unabhängig sein muss. Dort wo diese Prinzipien gefährdet sind, muss der Staat eingreifen.
Hoffmann (1981) sieht diese Prinzipien durch den sich entfaltenden Konkurrenzkapitalismus gefährdet. Er verweist darauf, dass unter anderem das Theater als eine besondere Form der demokratischen Kunst gefährdet sei. Die „zunehmende Durchdringung des gesellschaftlichen Lebens durch das Kapital“ würde dabei nicht nur das Publikum begrenzen sondern auch den Schaffensprozess. Der Schutzbereich von Art. 5 Abs.3 GG ist also angegriffen. Staatliches Handel kann dem wirksam entgegenwirken, wenn die Kunst und die Schaffung der Kunst den Mechanismen des Konkurrenzkapitalismus entzogen würde. Und dies kann geschehen durch eine Staatliche Kunst- und Kulturförderung.
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- Citar trabajo
- Matthias Kreutzer (Autor), 2005, Kritische Untersuchung der Legitimation staatlicher Theaterförderung, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/69234
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