Wer vor 20 Jahren ein Automobil leaste oder finanzierte, erntete dafür häufig verständnislose Blicke. Im Laufe der letzten Jahre hat sich das „Asset-Management“ der privaten Haushalte stark verändert. Nur wenige sind noch bereit das gesamte Kapital für einen Neuwagen zu binden 1 , wenn sie ihn so günstig finanzieren können, dass selbst die klassische Parallel-Anlage bei der Hausbank noch Gewinne abwerfen würde. Dementsprechend sind mittlerweile mehr als 75% der neu zugelassenen Fahrzeuge geleast oder über monatliche Raten finanziert. 2 Mit 40% Neuwagenpenetrationsrate (Anteil der finanzierten Fahrzeuge an der Gesamtheit der verkauften Fahrzeuge eines Jahres) 3 sind die Leasings- und Finanzierungsgesellschaften der Autohersteller in diesem Segment Marktführer vor allen anderen Kreditinstituten und beschränken sich bei ihrem „Siegeszug“ auch nicht mehr nur auf die Finanzierung von Kraftfahrzeugen, sondern entwickeln sich nach und nach zu Vollbanken. Dabei überbieten sie ihre Konkurrenz deutlich an Wirtschaftlichkeit. Mit einer Cost-Income-Ratio (Aufwands- / Ertragsverhältnis) von 40% bis 55% 4 arbeiten sie wesentlich effizienter als der Durchschnitt der deutschen Kreditbanken mit 74% 5 und erreichen so eine Eigenkapitalrendite von über 40% (VW-Bank und GMAC-Bank) 6 , einige sogar von mehr als 100% (BMW Financial Services) 7 , mit der sie den RoE 8 der Sparkassen (11,07%) und Kreditgenossenschaften (10,55%) im Mittel vervierfachen. 9 Mit durchschnittlich 10% Wachstum pro Jahr heben sie sich stark vom innerdeutschen Wirtschaftswachstum ab und gestalten dabei das Selbstverständnis ihrer Mutterkonzerne von Produzenten zu Mobilitätskonzernen um 10 . [...]
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Überblick
1.2 Zielsetzung
1.3 Vorgehensweise
2 Die herstellerverbundenen Autobanken
2.1 Markt und Umfeld
2.2 Aufgabe und Aufbau herstellerverbundener Autobanken
2.3 Produkte
2.3.1 Leasing und Finanzierung
2.3.2 Versicherungen
2.3.3 Fahrzeugunabhängige Bank- / Versicherungsleistungen
2.4 Refinanzierung
2.5 Wertschöpfung
2.5.1 Provisionen
2.5.2 Selbsterstellte Bankleistungen
2.5.3 Zinsdifferenz und Steuerstundungseffekt
2.6 Wettbewerbsvorteile und Chancen
2.7 Nachteile und Risiken
3 Fazit und Ausblick
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Überblick
Wer vor 20 Jahren ein Automobil leaste oder finanzierte, erntete dafür häufig verständnislose Blicke. Im Laufe der letzten Jahre hat sich das „Asset-Management“ der privaten Haushalte stark verändert. Nur wenige sind noch bereit das gesamte Kapital für einen Neuwagen zu binden[1], wenn sie ihn so günstig finanzieren können, dass selbst die klassische Parallel-Anlage bei der Hausbank noch Gewinne abwerfen würde. Dementsprechend sind mittlerweile mehr als 75% der neu zugelassenen Fahrzeuge geleast oder über monatliche Raten finanziert.[2]
Mit 40% Neuwagenpenetrationsrate (Anteil der finanzierten Fahrzeuge an der Gesamtheit der verkauften Fahrzeuge eines Jahres)[3] sind die Leasings- und Finanzierungsgesellschaften der Autohersteller in diesem Segment Marktführer vor allen anderen Kreditinstituten und beschränken sich bei ihrem „Siegeszug“ auch nicht mehr nur auf die Finanzierung von Kraftfahrzeugen, sondern entwickeln sich nach und nach zu Vollbanken. Dabei überbieten sie ihre Konkurrenz deutlich an Wirtschaftlichkeit. Mit einer Cost-Income-Ratio (Aufwands- / Ertragsverhältnis) von 40% bis 55%[4] arbeiten sie wesentlich effizienter als der Durchschnitt der deutschen Kreditbanken mit 74%[5] und erreichen so eine Eigenkapitalrendite von über 40% (VW-Bank und GMAC-Bank)[6], einige sogar von mehr als 100% (BMW Financial Services)[7], mit der sie den RoE[8] der Sparkassen (11,07%) und Kreditgenossenschaften (10,55%) im Mittel vervierfachen.[9] Mit durchschnittlich 10% Wachstum pro Jahr heben sie sich stark vom innerdeutschen Wirtschaftswachstum ab und gestalten dabei das Selbstverständnis ihrer Mutterkonzerne von Produzenten zu Mobilitätskonzernen um[10].
1.2 Zielsetzung
Ziel der Arbeit ist es, die Ökonomie der Autobanken zu analysieren und die Erfolgsfaktoren genauer zu beleuchten. Im Weiteren wird ein Ausblick auf die Entwicklung in diesem Markt und mögliche Einflüsse auf die Bankenwelt gegeben. Dabei stehen, wegen der Limitierung auf
zehn Seiten, die herstellerverbundenen Autobanken, sowie der Neuwagenmarkt im Fokus. Gebrauchtwagenmärkte und unabhängige Autofinanzierer werden bewusst vernachlässigt.
1.3 Vorgehensweise
Da zu diesem Thema keine spezielle Literatur vorhanden ist, stütze ich meine Ausführungen auf Artikel aus Fachzeitschriften, Tageszeitungen, Internetrecherche und eigene Angaben der Autobanken. Im Kapitel „Markt und Umfeld“ wird zur Einführung ein Überblick über den Markt der Autofinanzierung gegeben. Im Weiteren gehe ich auf die Stellung der Autobanken und ihre Funktion im Konzern der Automobilhersteller ein und erläutere kurz sowohl die gängigen Produkte, als auch die Refinanzierung. Besonders herausgestellt werden hierbei die Wettbewerbsvorteile, die den Autobanken ihre Sonderstellung am Markt ermöglichen. Abschließend wird in Kapitel 3 ein Ausblick über die mögliche Entwicklung der nächsten Jahre behandelt und die Ergebnisse der Arbeit noch einmal in einem Fazit zusammengefasst.
2 Die herstellerverbundenen Autobanken
2.1 Markt und Umfeld
Trotz schwacher Konjunktur und Konsumflaute in den vergangenen Jahren, hielt sich der Absatz von Neuwagen in Deutschland relativ konstant. Im Jahr 2003 wurden 3,24 Millionen Neuwagen zugelassen und weitere 6,77 Millionen Kraftfahrzeuge wechselten den Besitzer.[11]
Nach Angaben des Arbeitskreises der Autobanken wurden etwa 75% der Neuwagen 2003 geleast oder finanziert, was bei einem durchschnittlichen Neuwagenpreis von 22.360 Euro, über 54 Milliarden Euro Finanzierungsbedarf allein bei den Neuwagen bedeutet. Ein interessanter Markt, den sich in Deutschland vorwiegend vier Gruppen von Unternehmen teilen.
- Den mit Abstand größten Marktanteil in diesem Segment besitzen die herstellerverbundenen Autobanken, so genannte „Captives“, die etwa 40% aller Neuwagen finanzieren.
- Hinzu kommen Unternehmen, die aufgrund ihres Engagements in der Automobilbranche und ihren Kontakten zur Zielgruppe, Kredite vermitteln, die wiederum zu einem großen Teil bei den Autobanken abgeschlossen werden. So bestehen strategische Allianzen zwischen dem ADAC und der VW-Bank, sowie zwischen dem Auto-Club-Europa und der BHW-Bank[12]. Mit weniger als 20.000 vermittelten Verträgen pro Jahr (ADAC) treten diese jedoch eher in den Hintergrund.[13]
- Herstellerunabhängige Autofinanzierer konzentrieren sich vorwiegend auf den freien Gebrauchtwagenmarkt, da dieser für sie, aufgrund gelockerter Beziehungen zum Hersteller, wesentlich leichter zugänglich ist.
- Die klassischen Kreditbanken als vierte Gruppe, bieten ihre Kredite unabhängig vom Finanzierungsobjekt an und bewegen sich somit undifferenziert auf beiden Märkten. Aufgrund ihrer Größe und ihrer etablierten Rolle im Kreditgeschäft stellen sie jedoch die größte Konkurrenz für Autobanken dar.
2.2 Aufgabe und Aufbau herstellerverbundener Autobanken
Die Autobanken wurden von den Automobilherstellern zum Zwecke der Absatzförderung und vorerst nicht als zusätzliche Ertragsquelle gegründet und gehören rechtlich meistens als eigenständige AG oder GmbH vollständig dem Mutterkonzern. Der Einfachheit halber werden die Leasing- und Finanzierungsgesellschaften der Hersteller hier als „Autobanken“ bezeichnet, auch wenn sie in den letzten Jahren häufig rechtlich ausgegliedert und in einen Financial Services-Konzern mit einer Bank und einer Leasinggesellschaft unterteilt wurden. Die typische Unternehmensorganisation ist ein stark zentralisierter Aufbau mit nicht mehr als zwei bis drei Außenstellen. Die Struktur der Mitarbeiter wird dabei bewusst schlank gehalten und konzentriert sich auf strategische Unternehmensführung, Produktgestaltung und Kapitalmanagement. Ein gesondertes Vertriebs- oder Filialnetz ist für die Autobanken überflüssig, da den Kunden die Produkte direkt im Autohaus vom Händler angeboten werden.
2.3 Produkte
2.3.1 Leasing und Finanzierung
Die von den Autobanken angebotenen Basis-Produkte weichen nur selten voneinander ab.
„Serienmäßig“ gibt es bei allen drei Finanzierungsformen mit denen der Kunde sich aussuchen kann, ob er das Fahrzeug nur dauerhaft mieten, oder erwerbsvorbereitend finanzieren möchte. Im ersten Fall bezahlt er nur für den voraussichtlichen Wertverlust und steuert die Höhe seiner Raten zusätzlich durch Vertragslaufzeit, Kilometerleistung und eventuelle Leasingsonderzahlungen. Nach Ablauf des Vertrages gibt der Kunde das Fahrzeug zurück und least gegebenenfalls das nächste. Bei der Finanzierung sind die Raten etwas höher und es gibt eine Anzahlung und eine Schlussrate, die noch einmal um ein Vielfaches höher ist als die normalen Raten. Drittens besteht auch noch die Möglichkeit sich den endgültigen Erwerb des Fahrzeuges bis zum Schluss vorzubehalten und bei der Schlussrate zu wählen, ob man das Fahrzeug zurückgibt, die Schlussrate bezahlt, oder sie mit einem neuen Vertrag finanziert.
[...]
[1] Vgl www.mygalleria.de 22.10.04 „Autofinanzierung im Autohaus voll im Trend“
[2] Vgl Arbeitskreis der Autobanken www.autobanken.de 02.11.04
[3] Vgl Arbeitskreis der Autobanken www.autobanken.de 18.11.04
[4] Vgl Automobilwoche 05.07.04 „Autobanken: Sterntaler als Lockmittel“
[5] Statistik der Dt.Bundesbank: „Aufwand-/Ertrag-Relation nach Bankengruppen“
[6] Vgl Capital 26.05.04 „Autobanken: In voller Fahrt“
[7] Vgl Capital 26.05.04 „Autobanken: In voller Fahrt“
[8] Return on equity (Eigenkapitalrendite)
[9] Statistik der Dt.Bundesbank: „Eigenkapitalrentabilität einzelner Bankengruppen“
[10] Vgl Capital 26.05.04 „Autobanken: In voller Fahrt“
[11] Vgl Arbeitskreis der Autobanken www.autobanken.de 06.11.04
[12] Vgl Automobilwoche 05.07.04 „Autobanken: Sterntaler als Lockmittel“
[13] Vgl Peter Köhler, Handelsblatt 14.10.04 „VW-Finanztochter plant eigene Versicherungstarife“
- Citation du texte
- Diplom-Betriebswirt Jan-Hendrik Boerse (Auteur), 2004, Ökonomie von Autobanken. Erfolgsfaktoren, Entwicklung und Einflüsse, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/69181
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