Digestenexegese, D 6, 1, 59
I. Digestentext: D 6, 1, 59 - De rei vindicatione 1
Iulianus libro sexto ex Minicio. Habitator in aliena aedificia fenestras et ostia imposuit, eadem post annum dominus aedificiorum dempsit: quaero, is qui imposuerat possetne ea vindicare. respondit posse: nam quae alienis aedificiis conexa essent, ea quamdiu iuncta manerent, eorundem aedificiorum esse, simul atque inde dempta essent, continuo in pristinam causam reverti.
II. Übersetzung
Julian im 6.Buch aus Minicius. Ein Bewohner setzte in fremde Gebäude Fenster und Türen ein; nach einem Jahr baute sie der Eigentümer der Gebäude wieder aus. Ich frage, ob der, der sie eingebaut hatte, vindizieren kann. Er antwortete, er könne das. Was nämlich mit fremden Gebäuden verbunden ist, gehört zu diesen Gebäuden nur, solange es verbunden bleibt; sobald es aber von dort wieder ausgebaut wird, kehrt es sofort in seine ursprüngliche Rechtslage zurück. [...]
Inhaltsverzeichnis:
I. Digestentext: D 6, 1, 59 – De rei vindicatione
II. Übersetzung
III. Inskription
IV. Exegese
A. Die juristischen Probleme des Falles – Die Eigentumsfeststellung und die Frage nach
einem möglichen Herausgabeanspruch
B. Die responsa des Julian
1) Der Eigentumserwerbs durch Verbindung: Abweichung von der Formbedürftigkeit
des Eigentumerwerbs im römischen Recht
2) Formlose Eigentumsübertragung durch Verbindung unter auflösender Bedingung
C. Der Vergleich mit dem geltenden Recht – Wie würde der geschilderte Fall aus den
Digesten nach dem BGB gelöst werden?
1) Der Eigentumsübergang durch Verbindung, § 946 BGB
2) Die Endgültigkeit der Eigentumsübertragung durch Verbindung: Lediglich
Entschädigung nach Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung, §§ 951, 812
BGB
V. Literatur
Digestenexegese, D 6, 1, 59
I. Digestentext: D 6, 1, 59 – De rei vindicatione
Iulianus[1] libro sexto ex Minicio. Habitator in aliena aedificia fenestras et ostia imposuit, eadem post annum dominus aedificiorum dempsit: quaero, is qui imposuerat possetne ea vindicare. respondit posse: nam quae alienis aedificiis conexa essent, ea quamdiu iuncta manerent, eorundem aedificiorum esse, simul atque inde dempta essent, continuo in pristinam causam reverti.
II. Übersetzung
Julian im 6.Buch aus Minicius. Ein Bewohner setzte in fremde Gebäude Fenster und Türen ein; nach einem Jahr baute sie der Eigentümer der Gebäude wieder aus. Ich frage, ob der, der sie eingebaut hatte, vindizieren kann. Er antwortete, er könne das. Was nämlich mit fremden Gebäuden verbunden ist, gehört zu diesen Gebäuden nur, solange es verbunden bleibt; sobald es aber von dort wieder ausgebaut wird, kehrt es sofort in seine ursprüngliche Rechtslage zurück.
III. Inskription
Julian gehört zu den Juristen der Hochklassik (von 96 bis 180 n. Chr., also von Nerva bis Mark Aurel) aus dem 2. Jahrhundert nach Christus. Er ist mit Kelsus der bekannteste und berühmteste römische Jurist der Hochklassik. Er entstammte der sabinianischen Rechtsschule, dessen Vorsteher er war. Die Hochklassik zeichnet sich gegenüber der Frühklassik (etwa Zeitenwende – 100 n.Chr.) durch das besonders elaborierte Fallrecht aus. Diesem gelang es einerseits, die spezifischen Probleme eines Falles frei von jeglichem dogmatischen Doktrinarismus auf sachgemäß- pragmatische Weise zu lösen. Andererseits wurde aus dem Fallrecht in der Hochklassik ein fein ausgearbeitetes System juristischer Begriffe, vor allem im Bereich des Sachenrechtes, entwickelt.
IV. Exegese
A. Die juristischen Probleme des Falles – Die Eigentumsfeststellung und die Frage nach einem möglichen Herausgabeanspruch
Der Fall, der an Julian herangetragen wird, enthält zwei juristische Probleme. Einerseits geht es um die Feststellung wer der Eigentümer der Fenster und Türen ist, die, nachdem sie ursprünglich von einem Bewohner in das ihm nicht gehörende Haus eingebaut wurden, nach einem Jahr wieder vom Hauseigentümer ausgebaut werden. Gehören sie nun dem Hauseigentümer oder dem Bewohner? Zum anderen schließt sich an dieses Problem die Frage an, ob der Bewohner, nachdem die Fenster und Türen wieder vom Gebäude getrennt wurden, das Eigentum an ihnen vom Eigentümer des Gebäudes herausverlangen kann.
[...]
[1] Digesten, 6,1,59. – De rei vindicatione, http://webu2.upmf-grenoble.fr/Haiti/Cours/Ak/, Based on the edition of Th. Mommsen & P. Krueger, Corpus Iuris Civilis , I, Berlin, 1954.
- Citar trabajo
- Sebastian Dregger (Autor), 2005, Exegese der Digestenstelle: D 6, 1, 59 - De rei vindicatione, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/69025