In der Antike, als Demokratie erstmals als Idee der Verwaltung größerer Einheiten aufkam, war diese in erster Linie direkt organisiert, und repräsentative Formen, wie der Rat der 500, waren nur zur Erstellung der Tagesordnung und zur Entscheidungsvorbereitung eingerichtet worden1. In der griechischen Polis traf man sich auf dem Marktplatz und es wurde durch Handzeichen abgestimmt. Diese Art der Versammlungsdemokratie hat natürlich ihre Grenzen gefunden und war dementsprechend auch nur in relativ kleinen Gebilden wie eben dem Athenischen Stadtstaat tatsächlich praktikabel. In der Folge dessen wurde die direkte Demokratie zunehmend durch repräsentative Formen des Regierens ersetzt, die zugleich aber auch zu einer Machtkonzentration bei den Vertretern des Volkes geführt haben, die es einem nicht länger erlaubten von einer Demokratie zu sprechen. Im Verlauf der Geschichte kam die Demokratie zunehmend aus der Mode und wurde durch entsprechende diktatorische Formen des Regierens ersetzt, was zunächst als eine Folge der Ablösung von direkter durch repräsentative Formen der Demokratie angesehen werden kann. Erst mit dem „Mayflower Compact“ leben demokratische Ideale wieder im westlich-abendländischen Kontext auf und gipfeln schließlich in der Declaration of Independence 1776, die durch die Lossagung von der Unterdrückung durch den Englischen König den Weg für einen durch das Volk direkt und demokratisch konstituierten Staat frei macht, indem zwar aufgrund seiner Größe nicht alles, aber doch einiges in vielen Bundesstaaten demokratisch entschieden wird. Auf dem europäischen Kontinent hingegen sind die Anfänge durch die französische Revolution e
er dürftig und es wird außer zur Festigung eines diktatorischen Regimes durch Plebiszite kein Gebrauch von den durch die Verfassung verankerten direktdemokratischen Entscheidungsmöglichkeiten gemacht. In Deutschland, wo alleine die Weimarer Verfassung Plebiszite, Bürgerbegehren und Bürgerentscheide zuließ und tatsächlich auch zwei Bürgerentscheide zustande kamen allerdings aufgrund von Beteiligungsquoren nicht Gesetz wurden2, gibt es auf Bundesebene bis heute keine Möglichkeit der direktdemokratischen Entscheidung durch das Volk3. Dennoch hat sich seit den 60er Jahren beständig eine direktdemokratische Kultur entwickelt, die an den durch die Verfassung vorgegeben Grenzen weiterhin zurückgehalten wird.
Inhalt
I Einleitung
II Die Beweggründe für mehr direkte Demokratie
II.I Direkte Demokratie zur Steigerung der Zufriedenheit mit politischen Entscheidungen
II.II Direkte Demokratie zur Bereicherungund Förderung des Pluralismus
II.III Direkte Demokratie als Kontrollintrument
III Die Argumente gegen direkte Demokratie
III.I Das Problem der Finanzierbarkeit
III.II Die Unvorhersehbarkeit und damit Gefährdung von Stabilität
III.III Die Inkompetenz des Bürgers
IV Fazit
V Bibliographie
I Einleitung
In der Antike, als Demokratie erstmals als Idee der Verwaltung größerer Einheiten aufkam, war diese in erster Linie direkt organisiert, und repräsentative Formen, wie der Rat der 500, waren nur zur Erstellung der Tagesordnung und zur Entscheidungsvorbereitung eingerichtet worden[1]. In der griechischen Polis traf man sich auf dem Marktplatz und es wurde durch Handzeichen abgestimmt. Diese Art der Versammlungsdemokratie hat natürlich ihre Grenzen gefunden und war dementsprechend auch nur in relativ kleinen Gebilden wie eben dem Athenischen Stadtstaat tatsächlich praktikabel. In der Folge dessen wurde die direkte Demokratie zunehmend durch repräsentative Formen des Regierens ersetzt, die zugleich aber auch zu einer Machtkonzentration bei den Vertretern des Volkes geführt haben, die es einem nicht länger erlaubten von einer Demokratie zu sprechen. Im Verlauf der Geschichte kam die Demokratie zunehmend aus der Mode und wurde durch entsprechende diktatorische Formen des Regierens ersetzt, was zunächst als eine Folge der Ablösung von direkter durch repräsentative Formen der Demokratie angesehen werden kann. Erst mit dem „Mayflower Compact“ leben demokratische Ideale wieder im westlich-abendländischen Kontext auf und gipfeln schließlich in der Declaration of Independence 1776, die durch die Lossagung von der Unterdrückung durch den Englischen König den Weg für einen durch das Volk direkt und demokratisch konstituierten Staat frei macht, indem zwar aufgrund seiner Größe nicht alles, aber doch einiges in vielen Bundesstaaten demokratisch entschieden wird. Auf dem europäischen Kontinent hingegen sind die Anfänge durch die französische Revolution eher dürftig und es wird außer zur Festigung eines diktatorischen Regimes durch Plebiszite kein Gebrauch von den durch die Verfassung verankerten direktdemokratischen Entscheidungsmöglichkeiten gemacht. In Deutschland, wo alleine die Weimarer Verfassung Plebiszite, Bürgerbegehren und Bürgerentscheide zuließ und tatsächlich auch zwei Bürgerentscheide zustande kamen allerdings aufgrund von Beteiligungsquoren nicht Gesetz wurden[2], gibt es auf Bundesebene bis heute keine Möglichkeit der direktdemokratischen Entscheidung durch das Volk[3]. Dennoch hat sich seit den 60er Jahren beständig eine direktdemokratische Kultur entwickelt, die an den durch die Verfassung vorgegeben Grenzen weiterhin zurückgehalten wird[4]. Im Rahmen dieser Arbeit werde ich die Beweggründe und Argumente derjenigen, die gegen mehr direkte Demokratie und derjenigen die sich für mehr direkte Demokratie einsetzen und eingesetzt haben darstellen und kritisch beleuchten.
II Die Beweggründe für mehr direkte Demokratie
Es ist ohne Frage, dass die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern am politischen Prozess eine der Grundvoraussetzungen für eine funktionierende Demokratie ist[5]. Direkte Demokratie bedeutet dabei die „unmittelbare Einwirkung von Bürgerinnen und Bürgern in einem demokratisch-legitimierten Gemeinwesen [...] auf eine bestimmte Entscheidung“[6]. Direkte Demokratie entspricht dementsprechend am ehesten dem Grundsatz Abraham Lincolns einer „Regierung des Volkes, durch das Volk, für das Volk“.
Die deutsche Verfassung sieht dennoch in ihrer stark repräsentativen Ausrichtung fast keine direkt demokratische Entscheidungsmöglichkeiten vor, abgesehen von der durch Artikel 29 GG vorgesehenen und äußerst unwahrscheinlichen Neugliederung des Bundesgebietes. Der Fokus der deutschen Verfassung liegt vielmehr, wie in Artikel 20 GG festgelegt auf Wahlen und Abstimmungen, die jedoch weniger mit direkter Demokratie denn mit repräsentativer Demokratie zu tun haben. Schiller macht schließlich deutlich, dass, entgegen der Auffassung von Kost, auch die direkte Wahl von Repräsentanten wie Bürgermeister und Präsidenten, nicht unter den Deckmantel der direkten Demokratie fällt, da nur direkt Sachentscheidungen den Charakter direkter Demokratien ausmachen[7].
Die repräsentative Ausrichtung von politischen Systemen, wie dem der Bundesrepublik zeigt sich dabei primär darin, dass Parlamentarier als per „Wahl verantwortliche repräsentative Akteure“ beauftragt worden sind mittels der durch das Volk übereigneten politischen Herrschaft, kollektiv bindende Entscheidungen treffen zu dürfen[8].
Bereits in den 60er und 70er Jahren regten sich jedoch Debatten darüber ob diese Form des Regierens tatsächlich den Königsweg angesichts der Fülle von gesellschaftlichen Problemen, mit denen sich Regierungen konfrontiert sehen, darstellt[9]. In diesen Debatten trat bereits zu Tage, dass durch eine Beteiligung der Bevölkerung an den Entscheidungen nicht nur Unzulänglichkeiten beseitigt werden könnten, sondern auch der Unzufriedenheit mit dem politischen System entgegengewirkt werden könnte.
II.I Direkte Demokratie zur Steigerung der Zufriedenheit mit politischen Entscheidungen
Eines der häufig vorgebrachten Argumente für mehr direkte Demokratie befasst sich damit, dass die Bürger - als die Betroffenen von Entscheidungen - auch über diese mitbestimmen sollen[10]. Mitbestimmung dient somit vor allem einer breiteren Legitimation von Gesetzen. Die erhöhte Legitimation und Akzeptanz[11] von direktdemokratisch gefällten Entscheidungen führt dazu, dass Unzufriedenheit mit dem politischen System sinkt, da nicht länger eine „politische Klasse“ sondern der Bürger für die durch ihn geschaffene Welt von Gesetzen und Verordnungen verantwortlich ist. Direkte Demokratie entspricht folglich dem gewachsenen „bürgerlichen Selbstbewusstsein“[12] und erlaubt eine Reduktion der gestiegenen Komplexität gesellschaftlicher Probleme auf das Abstimmbare bei gleichzeitiger Reduktion der Unzufriedenheit mit dem politischen System von Parteien, Politikern und Parlamenten, dessen Undurchsichtigkeit und scheinbare Ignoranz gegenüber den Problemen der Bürgern zu einer nie dagewesenen Politikverdrossenheit geführt haben, die wohl alleine dadurch bekämpft werden kann, indem man den Bürgern mehr Verantwortung übermittelt und es dem Volk erlaubt über die Dinge abzustimmen, die es berührt. Die Parteiendemokratie mit ihren „Selbstinszenierungsritualen“ und ihrer starren Organisation steht vor allem auch im Widerspruch zu dem enorm gestiegenen Bildungsniveau, dass ein ungenutztes „politisches Kompetenzpotential“ zur Verfügung stellt[13]. Aus diesem Grunde kommt auch die Zeitung „Die Zeit“ zu dem Schluss, dass gegen den „Parteienstaat [...] nur noch Volksentscheide“ helfen[14].
[...]
[1] Schiller, S. 36
[2] Jung / Knemeyer, S. 21-25
[3] Abgesehen von der heute unwahrscheinlichen Neugliederung des Territoriums der Bundesrepublik durch Artikel 29 GG
[4] Vgl. Kost S. 10
[5] Kost, S. 7
[6] Kost, S. 8
[7] Schiller, S. 13
[8] Kost, S. 7
[9] Kost, S. 7
[10] Schiller, S. 34
[11] Vgl. Schiller, S. 47
[12] Vgl. Kost, S. 7
[13] Schiller / Mittendorf, S. 11
[14] Vgl. Zitat in Jung / Knemeyer, S. 15
- Quote paper
- Timm Gehrmann (Author), 2007, Direkte Demokratie - Für und Wider in der deutschen Debatte, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68976
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