Etwa Mitte der 80er Jahre hat der Computer seinen Einzug in die Kinoproduktion gehalten. Mittlerweile können fast alle Bereiche der Filmherstellung auf computergestützte Systeme zugreifen, sei es in der Bildbearbeitung, im Schnitt, in der Synchronisation oder Kamerasteuerung, um nur einige zu nennen. Besonderes Augenmerk liegt auf der Computeranimation und ihrer Verbindung mit Realfilmaufnahmen. Die Fortschritte, die in diesem Bereich seit dem Beginn der 90er Jahre gemacht wurden, sind gewaltig, und das Tempo dieser Entwicklung scheint immer noch weiter anzusteigen.
Die neue Technologie gewinnt aber nicht nur für das Kino an Bedeutung: Die ‚Neuen’ – digitalen – Medien dringen zunehmend in alle Lebensbereiche vor und sind Zeichen einer globalen Entwicklung zur Informationsgesellschaft und des damit einhergehenden fortschreitenden Abstraktionsprozesses der Kommunikation. In starker Wechselwirkung mit einer massiven Expansion des Wirtschaftsfaktors leitet die zunehmende elektronische Durchdringung der Gesellschaft neue Strukturen im Herstellungs- und Distributionsverfahren ein und wirkt sich nachhaltig in einer spezifisch technischen Ästhetik und einer entsprechend technisch orientierten Wahrnehmung aus.
Dieser Trend löst auf der einen Seite eine Welle der Euphorie aus, die im Technokult v.a. junger Leute aber auch in den hoffnungsvollen Wirtschaftsprognosen des Medienbereichs ihren Ausdruck findet. Auf der anderen Seite beobachten Kritiker mit Sorge und Mißtrauen die unaufhaltsamen Veränderungsprozesse, die der Computer in Kultur und Gesellschaft herbeiführt: Veränderungen des Weltbildes, zunehmende Schnelllebigkeit, Erfahrungsverlust des Körpers zugunsten einer Immaterialisierung von Arbeitsmitteln und -prozessen, was Buckminster Fuller das „Ephemerwerden der Arbeit“ nannte. An der Schnittstelle der Extreme führt die Auseinandersetzung mit der neu enstehenden Medienumwelt, zu der auch das digitale Kino gehört, zu einer Fülle von ethischen, anthropologischen und kulturellen Konflikten.
Die notwendige Interdisziplinarität, die sich bei der wissenschaftlichen Betrachtung der Neuen Medien zwangsweise ergibt, bringt eine Komplexität mit sich, die zugleich die steigende Unübersichtlichkeit und Ungreifbarkeit dieser neuen Medienwelt reflektiert.
Ziel der folgenden Arbeit ist es, einige der zentralen wissenschaftlichen Thesen aus bereits vorliegenden Publikationen aufzugreifen und einander gegenüberzustellen, sowie [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zur Evolution der Technologie: Merkmale des digitalen Bildes
- Die Virtualität digitaler Existenz
- Der Computer als inneres Auge
- Ästhetik und Wahrnehmung der digitalen Medien
- Der Doppelcharakter der elektronischen Medien
- Die Verschmelzung der Medien
- Soundtrack
- Digitale Medien im gesellschaftlich-kulturellen Kontext
- Industrialisierung der Kultur
- Das Paradox des technologischen Fortschritts
- Schluß
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem digitalen Kino im Kontext der Neuen Medien und analysiert dessen technologische, ästhetische und gesellschaftliche Auswirkungen. Dabei wird das digitale Kino nicht als isoliertes Kulturphänomen betrachtet, sondern als Teil des gesamten medialen Funktionskomplexes. Die Arbeit zielt darauf ab, zentrale wissenschaftliche Thesen aus bereits vorliegenden Publikationen gegenüberzustellen und neue mögliche Untersuchungsfelder zu erschließen.
- Die Natur des Digitalen und die Besonderheit des Computers gegenüber herkömmlichen (Ab-)Bildverfahren
- Die Auswirkungen der technischen Besonderheit digitaler Artefakte auf ihre Ästhetik und die Wahrnehmung durch den Zuschauer
- Die Beurteilung digitaler Medien im kulturellen und gesellschaftlichen Kontext, insbesondere die Frage nach der Produktivität des Zuschauers
- Die Industrialisierung der Kultur durch die zunehmende Verkettung von Ökonomie, Technologie und Ästhetik
- Das Paradox des technologischen Fortschritts und die Frage nach der Entmündigung oder Emanzipation des Menschen durch die neuen Medien
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik des digitalen Kinos ein und erläutert die Bedeutung der neuen Technologie im Kontext der Informationsgesellschaft. Die Arbeit konzentriert sich auf die spezifischen Merkmale des Digitalen, die Auswirkungen auf die Ästhetik und die Wahrnehmung sowie die Einordnung der digitalen Medien in den gesellschaftlich-kulturellen Kontext.
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit der Evolution der Technologie und den Merkmalen des digitalen Bildes. Es werden die Begriffe „analog" und „digital" gegenübergestellt und die Immaterialität und Virtualität des digitalen Bildes im Vergleich zum analogen Film erläutert. Der Computer wird als „inneres Auge" betrachtet, das durch seine Fähigkeit zur Simulation neue Möglichkeiten der Bildproduktion eröffnet.
Das dritte Kapitel analysiert die Ästhetik und Wahrnehmung der digitalen Medien, insbesondere im Kontext des Science-Fiction-Films. Es wird der Doppelcharakter der elektronischen Medien betrachtet, die sowohl als digitale Kunstgriffe als auch auf einer stark emotionalen Ebene wirken. Die Verschmelzung der Medien auf technologischer und ästhetischer Ebene wird diskutiert, und die Rolle des Soundtracks im digitalen Kino wird beleuchtet.
Im vierten Kapitel wird die Einordnung der digitalen Medien in den gesellschaftlich-kulturellen Kontext thematisiert. Die Industrialisierung der Kultur und das Paradox des technologischen Fortschritts stehen im Mittelpunkt. Es werden die Argumente für und gegen die Entmündigung des Zuschauers durch die neuen Medien diskutiert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen das digitale Kino, die Neuen Medien, die Informationsgesellschaft, die Virtualität, die Immaterialität, die Ästhetik, die Wahrnehmung, die Industrialisierung der Kultur, das Paradox des technologischen Fortschritts und die Produktivität des Zuschauers. Die Arbeit beleuchtet die technischen Besonderheiten des digitalen Bildes und die Auswirkungen auf die Filmindustrie, die Medienlandschaft und das gesellschaftliche Leben.
- Citation du texte
- Anna Purath (Auteur), 2000, Digitales Kino im Kontext der Neuen Medien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6866
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