Thomas Mann verfolgte schon seit längerem den Plan eine Künstler-Novelle zu verfassen:
„[…] meine Gedanken gehen […] manchmal über den nur noch aufzuarbeitenden Joseph hinaus zu einer Künstler-Novelle, dievielleicht mein gewagtestes und unheimlichstes Werk werden wird.“
Dieser Plan wird 1905, im so genannten 3-Zeilen Plan aufgegriffen:
„Der syphilitische Künstler nähert sich von Sehnsucht getrieben einem reinen, süßen jungen Mädchen, betreibt die Verlobung mit der Ahnungslosen und erschießt sich dicht vor der Hochzeit.“
Nachdem Thomas Mann das Volksbuch, auf welches später noch ausführlich eingegangen wird, mit „dem Bleistift studiert hat“ , modifiziert er sein Vorhaben und erweitert es um den Faust-Mythos:
„[…] Figur des syphilitischen Künstlers: als Dr. Faust und dem Teufel Verschriebener. Das Gift wirkt als Rausch, Stimulans, Inspiration; er darf in entzückender Begeisterung geniale, wunderbare Werke schaffen, der Teufel führt ihm die Hand. Schließlich aber holt ihn der Teufel: Paralyse. Die Sache mit dem reinen jungen Mädchen, mit der er es bis zur Hochzeit treibt, geht vorher.“
Der paralytische Zusammenbruch rekurriert auf das Geholtwerden auf das Versinken in den Wahnsinn und spiegelt die ewige Verdammnis des alten Faust wieder.
Die folgende Arbeit soll Aufschluss über die von Thomas Mann verwendeten literarischen Vorlagen und Quellen bezüglich des Faust-Mythos geben. Einleitend wird das Volksbuch von 1587, die Historia von D. Johann Fausten, vorgestellt. Es folgen einige Eckdaten des Werks, die eine Vorstellung des Protagonisten und dessen Verschreibung mit dem Teufel einschließen. In einem weiteren Schritt werden Parallelen und Differenzen der Historia und des Doktor Faustus aufgezeigt.
Inhalt
1. Einleitung
2. Literarische Vorlagen
2.1. Die Historia von D. Johann Fausten
2.2. Goethes Faust
2.3 Weitere Vorlagen
3. Diabolische Elemente
3.1. Romanfiguren
3.2. Orte dämonischer Aktivitäten
4. Mythisches Erzählen
5. Schlussbemerkung
6. Literatur
1. Einleitung
Thomas Mann verfolgte schon seit längerem den Plan eine Künstler-Novelle zu verfassen:
„[…] meine Gedanken gehen […] manchmal über den nur noch aufzuarbeitenden Joseph hinaus zu einer Künstler-Novelle, die vielleicht mein gewagtestes und unheimlichstes Werk werden wird.“[1]
Dieser Plan wird 1905, im so genannten 3-Zeilen Plan aufgegriffen:
„Der syphilitische Künstler nähert sich von Sehnsucht getrieben einem reinen, süßen jungen Mädchen, betreibt die Verlobung mit der Ahnungslosen und erschießt sich dicht vor der Hochzeit.“[2]
Nachdem Thomas Mann das Volksbuch, auf welches später noch ausführlich eingegangen wird, mit „dem Bleistift studiert hat“[3], modifiziert er sein Vorhaben und erweitert es um den Faust-Mythos:
„[…] Figur des syphilitischen Künstlers: als Dr. Faust und dem Teufel Verschriebener. Das Gift wirkt als Rausch, Stimulans, Inspiration; er darf in entzückender Begeisterung geniale, wunderbare Werke schaffen, der Teufel führt ihm die Hand. Schließlich aber holt ihn der Teufel: Paralyse. Die Sache mit dem reinen jungen Mädchen, mit der er es bis zur Hochzeit treibt, geht vorher.“[4]
Der paralytische Zusammenbruch rekurriert auf das Geholtwerden auf das Versinken in den Wahnsinn und spiegelt die ewige Verdammnis des alten Faust wieder.
Die folgende Arbeit soll Aufschluss über die von Thomas Mann verwendeten literarischen Vorlagen und Quellen bezüglich des Faust-Mythos geben. Einleitend wird das Volksbuch von 1587, die Historia von D. Johann Fausten, vorgestellt. Es folgen einige Eckdaten des Werks, die eine Vorstellung des Protagonisten und dessen Verschreibung mit dem Teufel einschließen. In einem weiteren Schritt werden Parallelen und Differenzen der Historia und des Doktor Faustus aufgezeigt.
Thomas Mann hat seinen Faustus bewusst gegen Goethes Faust abgegrenzt:
„Mit Goethe’s Faust – das will auch gesagt sein – hat mein Roman nichts gemein, außer der gemeinsamen Quelle, dem alten Volksbuch.“[5]
Dennoch lassen sich Zitate und Verweise aus Goethes Faust im Doktor Faustus finden, die sodann heraus gearbeitet werden.
Nicht nur die Historia und Goethes Faust haben Thomas Mann bei der Verfassung des Faustus inspiriert. Weitere Werke, die im Folgenden aufgeführt werden, haben ihn ebenfalls inspiriert.
Nach dieser ausführlichen Quellenanalyse werden diabolische Elemente, die sich durch den gesamten Roman ziehen, aufgezeigt. Dabei werden die wichtigsten Romanfiguren, die in Verbindung mit dem dämonischen stehen, beleuchtet. Nicht nur in den Romanfiguren, sondern auch in denen von Leverkühn aufgesuchten Orten lassen sich Verweise auf die Existenz des Teufels schließen. Diese werden sodann aufgezeigt. Abschließend wird auf das mythische Erzählen allgemein und danach im speziellen auf das mythische Erzählen Mann im Kontext des Romans eingegangen.
2. Literarische Vorlagen
Wie schon in der Einleitung erwähnt hat Thomas Mann aus verschiedenen Quellen bezüglich des Faust-Mythos geschöpft. Das Volksbuch von 1587, die Historia von D. Johann Fausten wird im Folgenden als Volksbuch aufgeführt.
2.1. Die Historia von D. Johann Fausten
Das Volksbuch von 1587, die Historia von D. Johann Fausten, dessen Verfasser unbekannt ist, beschwört die reale Macht des Teufels in der Welt, die schon im 1. Petrusbrief (1. Petr. 5, 8) explizit genannt wird:
Seid nüchtern und wacht; denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge. Dem widersteht, fest im Glauben, und wißt, daß ebendieselben Leiden über eure Brüder in der Welt gehen.[6]
Dieses Bibelzitat leitet das Ende der Historia, wenn auch nicht vollständig zitiert, ein.[7]
Der Protagonist D. Johann Fausten wendet sich nach seiner Promotion von der Theologie ab und der Zauberei zu. Dies hat Thomas Mann in der Einleitung in der vor ihm verwendeten Ausgabe der Historia von Robert Petsch gelesen:
„Faust verschreibt sich dem Teufel, weil er die ‚Elemente spekulieren’ will, in seinem Kopf aber ‚solche Geschicklichkeit nicht befindet und solches von den Menschen nicht erlernen mag.’“[8]
So verstrickt sich Johann Fausten in die Fänge des Teufels und kann aus eigener Kraft nicht mehr zurück zu Gott.[9] Indem er sich den „Götzen und Teuffeln“[10] hingab, hat er „die gröste vnnd schwereste Sünde“ begangen.
Große Teile der Historia bestehen aus der Gattung des Schwanks und Reiseberichten, was gewährleisten solle, dass das Volk „beide Ohren auff [hat], ist still und horet fleissig zu“.[11]
Mit Fausten wird so ein Exempel statuiert, welches jeden davor warnt, sich mit dem Teufel einzulassen.
Für Mann sind lediglich einige Passagen des Volksbuches interessant. So sind zunächst die Anfangskapitel zu nennen, die von der Kindheit und Jugend Fausten handeln, sowie jene Kapitel, die mit Beschreibung, Verschwörung und Disputation zusammenhängen. Des weiteren das Kapitel, in dem die Zeit der Verschreibung zu Ende geht. Abschließend orientiert er sich an den Kapiteln, die Fausts verzweifelte Klagen, und das Gespräch Oratio Fausti ad Studiosos aufgreifen. Mann lässt sich vom eigentlichen Ende der Historia inspirieren, um es im Doktor Faustus zu verarbeiten.[12]
Im Folgenden werden die Namen der oben beschriebenen Kapitel aufgezählt:
„Doktor Fausti Weheklag, daß er noch in gutem Leben vnd jungen Tagen sterben müsste.“ – „Wiederumb eine Klage D. Fausti.“ – Wie der böse Geist dem betrübten Fausto mit seltzamen spöttischen Schertzreden vnd Sprichwörtern zusetzt. Doctor Fausti Weheklag von der Hellen, vnd jrer vnaußsprechlichen Pein und Qual.“[13]
Durch die eben genannten Kapitel lassen sich Parallelen zwischen dem Doktor Faustus und der Historia herstellen. Leverkühn, sowie Fausten beschäftigen sich zunächst mit der Theologie. Beide kehren aber davon ab, indem sie „die heilige Schrift unter die Bank legen.“ Damit verlassen beide die „bürgerliche Lebenswelt“[14]. Leverkühn wendet sich der Musik zu, die ebenfalls dämonische Elemente aufweist.
„Und der Teufel, Luthers Teufel, Faustens Teufel, will mir als eine sehr deutsche Figur erscheinen, das Bündnis mit ihm […] als etwas dem deutschen Wesen eigentümlich Naheliegendes. […] Es ist ein großer Fehler der Sage und des Gedichts, daß sie Faust nicht mit der Musik in Verbindung bringen […] Die Musik ist dämonisches Gebiet […] Soll Faust Repräsentant der deutschen Seele sein, so müßte er musikalisch sein; denn abstrakt und mystisch, d. h. musikalisch, ist das Verhältnis des Deutschen zur Welt.“[15]
[...]
[1] Voss, Lieselotte: Die Entstehung des Doktor Faustus S.7.
[2] Voss, Lieselotte: Die Entstehung des Doktor Faustus S.7.
[3] Voss, Lieselotte: Die Entstehung des Doktor Faustus S.7.
[4] Voss, Lieselotte: Die Entstehung des Doktor Faustus S.8.
[5] Gockel, Heinz: Faust im Faustus. S. 133.
[6] Bibel online net
[7] Voss, Lieselotte: Die Entstehung des Doktor Faustus. S. 209.
[8] Voss, Lieselotte: Die Entstehung des Doktor Faustus. S. 25.
[9] Füssel, Stephan: Die literarischen Quellen der Historia von D. Johann Fausten. S.16.
[10] Könneker, Barbara: Der Teufelspakt im Faustbuch. S. 4.
[11] Füssel, Stephan: Die literarischen Quellen der Historia von D. Johann Fausten. S.27.
[12] Voss, Lieselotte: Die Entstehung des Doktor Faustus. S. 34.
[13] Voss, Lieselotte: Die Entstehung des Doktor Faustus. S. 34.
[14] Könneker, Barbara: Der Teufelspakt im Faustbuch. S. 9.
[15] Schneider, Thomas: Das literarische Porträt. S. 136.
- Arbeit zitieren
- Natalie Wennekes (Autor:in), 2007, Der Faust-Mythos im Doktor Faustus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68473
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