Globalisierung, Multikulturalismus und Risikogesellschaft sind wohl die Schlagworte des 21. Jahrhunderts. Migration ist zu einem alltäglichen Phänomen in der heutigen Zeit geworden. Der Wandel von einer nationalen hin zu einer multikulturellen Gesellschaft erfordert tief greifende Reformen im gesamten deutschen System. Sowohl für Politik und Staat, als auch für das Bildungssystem und die Soziale Arbeit ergeben sich daraus neue Herausforderungen.
Deutschland ist ein Einwanderungsland. Gemäß der Statistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge betrug der Wanderungssaldo von Ausländern im Jahr 2004+ 55.217 Personen. Aufgrund der strengeren Einreisevoraussetzungen für Ausländer nach Deutschland sind die Zahlen der Asylerstanträge stark gesunken. Waren es 1995 rund 128.000 Antragsteller, registrierte die Statistik von 2005 noch rund 29.000 Asylbewerber. Als die sechs häufigsten Herkunftsländer der ausländischen Zuwanderer wurden erfasst: Polen, die Russische Förderation, Kasachstan, die Türkei, Serbien, Montenegro und Italien. Bei den Zuwanderern der Russischen Förderation und Kasachstan handelt es sich besonders um Spätaussiedler. Die Zahl der in Deutschland lebenden Ausländer beträgt ca. 6,7 Mio. (Stand 2004). Ein Drittel von ihnen (fast 2,3 Mio.) lebt mittlerweile zwanzig Jahre und länger in Deutschland. Es handelt sich dabei um die so genannten Gastarbeiter und deren Familienangehörigen, die in den 1950er bis 1970er Jahren nach Deutschland kamen. Nur wenigen der MigrantInnen gelingt der soziale Aufstieg. Im Vergleich zu Einheimischen sind sie bzgl. ihrer Wohn-, Arbeits- und Bildungssituation wesentlich schlechter gestellt. In der Regel müssen sie Ausländerzuschläge für Wohnraum zahlen. Vielen von ihnen werden ihre Qualifikationen aberkannt, sodass sie allenfalls Hilfsarbeiten ausführen dürfen. Ausländer sind ca. doppelt so oft von Arbeitslosigkeit betroffen wie Deutsche.
Auch im deutschen Bildungssystem ist eine durchschnittliche Schlechterstellung junger MigrantInnen gegenüber einheimischen Gleichaltrigen zu erkennen. Studien zufolge erschwert der überwiegend monolingual ausgerichtete Unterricht den schulischen Erfolg. Hier kann nicht von Chancengleichheit gesprochen werden.
Aufgrund unzureichender Sprachkenntnisse wird Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund der Besuch an Schulen mit höheren Bildungsabschlüssen verwehrt. Sie besuchen zunehmend Haupt- und Förderschulen.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Interkulturelles Lernen
2.1 Ausländerpädagogik vs. Interkulturelle Pädagogik
2.2 Begriffsklärung zum Interkulturellen Lernen
2.3 Bedeutung für ein friedliches Zusammenleben
2.4 Möglichkeiten, Ziele und Grenzen
2.5 Methoden vs. Pädagogische Prinzipien
3 Kindersprachbrücke Jena e.V
3.1 Zum Verein
3.2 Spiel- und Sprachnachmittage – ein interkulturelles Projekt
3.3 Zusammenfassung
4 Ausblick
Literaturverzeichnis
Bücher
Internetquellen
1 Einleitung
Globalisierung, Multikulturalismus und Risikogesellschaft sind wohl die Schlagworte des 21. Jahrhunderts. Migration ist zu einem alltäglichen Phänomen in der heutigen Zeit geworden. Der Wandel von einer nationalen hin zu einer multikulturellen Gesellschaft erfordert tief greifende Reformen im gesamten deutschen System. Sowohl für Politik und Staat, als auch für das Bildungssystem und die Soziale Arbeit ergeben sich daraus neue Herausforderungen.
Deutschland ist ein Einwanderungsland. Gemäß der Statistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge betrug der Wanderungssaldo[1] von Ausländern im Jahr 2004 + 55.217 Personen.[2] Aufgrund der strengeren Einreisevoraussetzungen für Ausländer nach Deutschland sind die Zahlen der Asyl erst anträge stark gesunken. Waren es 1995 rund 128.000 Antragsteller, registrierte die Statistik von 2005 noch rund 29.000 Asylbewerber. Als die sechs häufigsten Herkunftsländer der ausländischen Zuwanderer[3] wurden erfasst: Polen, die Russische Förderation, Kasachstan, die Türkei, Serbien, Montenegro und Italien. Bei den Zuwanderern der Russischen Förderation und Kasachstan handelt es sich besonders um Spätaussiedler.
Die Zahl der in Deutschland lebenden Ausländer beträgt ca. 6,7 Mio. (Stand 2004). Ein Drittel von ihnen (fast 2,3 Mio.) lebt mittlerweile zwanzig Jahre und länger in Deutschland. Es handelt sich dabei um die so genannten Gastarbeiter und deren Familienangehörigen, die in den 1950er bis 1970er Jahren nach Deutschland kamen.
Nur wenigen der MigrantInnen gelingt der soziale Aufstieg. Im Vergleich zu Einheimischen sind sie bzgl. ihrer Wohn-, Arbeits- und Bildungssituation wesentlich schlechter gestellt. In der Regel müssen sie Ausländerzuschläge für Wohnraum zahlen. Vielen von ihnen werden ihre Qualifikationen aberkannt, sodass sie allenfalls Hilfsarbeiten ausführen dürfen. Ausländer sind ca. doppelt so oft von Arbeitslosigkeit betroffen wie Deutsche.
Auch im deutschen Bildungssystem ist eine durchschnittliche Schlechterstellung junger MigrantInnen gegenüber einheimischen Gleichaltrigen zu erkennen. Studien zufolge erschwert der überwiegend monolingual ausgerichtete Unterricht den schulischen Erfolg. Hier kann nicht von Chancengleichheit gesprochen werden.
Aufgrund unzureichender Sprachkenntnisse wird Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund der Besuch an Schulen mit höheren Bildungsabschlüssen verwehrt. Sie besuchen zunehmend Haupt- und Förderschulen.[4]
Bei vielen Jugendlichen aus Familien mit Migrationshintergrund ist ein verstärkter Nationalstolz zum Herkunftsland ihrer Eltern und Großeltern spürbar. Sie selbst beherrschen meist weder dessen Sprache, noch haben sie einen realen Bezug zu diesem Land. In den Medien werden sie immer wieder als schwer erziehbar, rebellisch, besonders gewalttätig und als nicht bereit, sich integrieren zu wollen, abgebildet. Das fördert das Unverständnis gegenüber ausländischen Mitbürgern in der Aufnahmegesellschaft im Allgemeinen und birgt neue Gefahren rechtsextremer Übergriffe.
An diesem Punkt knüpft die Soziale Arbeit an. Mithilfe pädagogischer Angebote unterstützt sie zum einen diese jungen Menschen bei ihrer erschwerten Identitätssuche zwischen den Kulturen. Zum anderen trägt Soziale Arbeit entscheidend zur Vermittlung zwischen Einheimischen und Ausländern bei.
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Konzept des Interkulturellen Lernens (IL). Es wird zugleich als Chance und Notwendigkeit der Integration von MigrantInnen gesehen. Mittels verschiedenster Methoden werden Menschen mit und ohne Migrationserfahrung zusammengeführt, um Vorurteilen beiderseits entgegenzuwirken bzw. diese abzubauen. Je nach Zielgruppe hat Interkulturelles Lernen zahlreiche Facetten aufzuweisen. Zur thematischen Eingrenzung steht IL mit Kindern und Jugendlichen im Vordergrund. Beginnend wird im nachfolgenden Kapitel auf die theoretischen Grundlagen des Interkulturellen Lernens eingegangen. Das praktische Beispiel für IL stammt aus der sozialpädagogischen Praxis mit ausländischen/ einheimischen Kindern und Jugendlichen.
Es handelt sich dabei um die Kindersprachbrücke Jena e.V. (Kapitel 3)
2 Interkulturelles Lernen
2.1 Ausländerpädagogik vs. Interkulturelle Pädagogik
Ausländer bleibt Ausländer! – so die Orientierung der damaligen Ausländerpädagogik, die nach Meinung von Prof. Dr. Hans Barkowski zum Teil noch heute wirksam ist.[5]
Der Verbleib tausender Gastarbeiter und ihrer Familien in Deutschland und damit verbunden ein erhöhter Anteil ausländischer Kinder an deutschen Schulen, bewirkte jedoch einen Betrachtungswandel. In den 1970er Jahren wurden zahlreiche Konzepte entwickelt, so genannte Fördermaßnahmen, die sich allerdings vorrangig auf die (sprachlichen) Defizite der ausländischen Kinder konzentrierten und ihnen mit zusätzlichem Muttersprachenunterricht begegneten. Dadurch sollte die Option der Rückkehr ins Herkunftsland aufrechterhalten werden. Die Ausländerpädagogik wollte stets, dass sich die MigrantInnen assimilieren[6] .
Im Laufe der 1980er Jahre setzte die Diskussion über die Angemessenheit der defizitorientierten Pädagogik ein. Deren Mitstreiter vertraten die Ansicht, dass Kinder mit Migrationserfahrung auch zukünftig deutsche Schulen besuchen werden und dass demzufolge interkulturelle Bildung und Erziehung zum festen Bestandteil des Bildungssystems werden müsse. Zur damaligen Zeit verblieben jene Gedanken jedoch auf der akademischen Diskussionsebene.
Ende der 1980er Jahre vollzog sich mit der Abkehr vom defizitären Blick auf MigrantInnen ein Prozess der „Hinwendung zur Differenz“[7], d. h. die Kulturenvielfalt in Deutschland wurde als eine Bereicherung propagiert. Dieser Meinung waren jedoch nicht alle: Anfang der 1990er Jahre ereigneten sich mehrere gewalttätige Übergriffe von Seiten rechtsextremistischer Anhänger auf ausländische Bürger. Die Rassismusforschung beschäftigte sich mit den Sozialisationsbedingungen der zumeist noch jugendlichen Täter und versuchte, anhand dessen auf Motive für die Gewalttaten zu schließen. Parallel dazu bildeten sich antirassistische Ansätze heraus. Diese wurden hinsichtlich ihrer Wirksamkeit zur Abwendung zukünftiger Ausschreitungen gegenüber MigrantInnen diskutiert.
In der Kultusministerkonferenz von 1996 wurde zum einen auf die kulturelle und sprachliche Heterogenität in Deutschland hingewiesen, zum anderen die interkulturelle Bildung als ein Bestandteil allgemeiner Bildung und somit als eine Qualifikation für Schüler mit und ohne Migrationserfahrung herausgestellt.[8] Schließlich lag der Fokus der Interkulturellen Pädagogik auf den vorherrschenden Lernbedingungen in den Bildungseinrichtungen. Nicht die MigrantInnen galt es zu verändern, sondern das Bildungssystem. Des Weiteren gab es Bestrebungen bzgl. der interkulturellen Öffnung sozialer Dienste. Ein Versuch, die Sonderstellung der MigrantInnen infolge der Errichtung eigenständiger Ausländersozialdienste zu minimieren, die institutionelle Diskriminierung aufgrund der für sie kaum oder nur schwer überwindbaren Zugangsbarrieren zu Behörden u. a. abzubauen sowie deren marginale Lebenssituation zu verbessern.
Bis zum heutigen Tag hat sich die Interkulturelle Pädagogik zu einem selbständigen erziehungswissenschaftlichen Fachgebiet herausgebildet.[9] Der Erwerb und Ausbau interkultureller Kompetenzen erhält in besonderem Maße Aufmerksamkeit.
2.2 Begriffsklärung zum Interkulturellen Lernen
Zum besseren Verständnis der Thematik dieser Arbeit wird zunächst der Begriff des Interkulturellen Lernens (IL) näher definiert. Es werden unterschiedliche Auffassungen von Fachleuten aus der Theorie und Praxis dargestellt, um die Vielschichtigkeit hinsichtlich der Begriffsdeutung und der praktischen Umsetzung des IL zu verdeutlichen.
Dr. Werner Müller engagiert sich seit vielen Jahren im Rahmen des internationalen Jugendaustauschs. Er ist Geschäftsführer und Projektkoordinator des Transfer e. V.[10] Zur Begriffsklärung des IL bedient er sich der Breitenbach-Studie[11], deren zentrale Aussage er wie folgt formuliert:
[...]
[1] Zuzüge abzüglich Fortzüge aller Ausländer, einschließlich Asylbewerber
[2] http://www.bamf.de
[3] Zeitraum 1999 bis 2004
[4] Mecheril, Paul (2004), S. 151; vlg. sechster Familienbericht 2000, S. 176
[5] Barkowski, Hans: Prinzipien interkulturellen Lernens für die multikulturelle und mehrsprachige Schule, S. 3 In: Odense (1996)
[6] bedeutet hier, die deutsche Kultur als Leitkultur zu übernehmen
[7] Mecheril 2004, S. 85 f.
[8] ebd., S. 86
[9] Mecheril 2004, S. 87
[10] http://www.transfer-ev.de
[11] Buch von Diether Breitenbach zum Thema Kommunikationsbarrieren in der internationalen Jugendarbeit (1980)
- Quote paper
- Nicole Beck (Author), 2006, Interkulturelles Lernen in der Sozialen Arbeit , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68344
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