Seit Prinzhorns Werk „Bildnerei der Geisteskranken“ (1922) erfahren Bilder und Plastiken von Randgruppen, insbesondere psychisch behinderter Personen, eine breitere Akzeptanz in der Öffentlichkeit. Durch eine steigende Zahl von Veröffentlichungen in Museen und Galerien und die wissenschaftliche Beschäftigung mit der so genannten l´art brut oder zustandsgebundenen Kunst siedelte sich dieser Bereich in den letzten Jahrzehnten in der Kunstszene an.
Einer anderen Randgruppe wird jedoch bis in die heutige Zeit hinein die Fähigkeit zur künstlerisch wertvollen Gestaltung abgesprochen. Künstlerische Äußerungen von Menschen mit geistiger Behinderung wurden, wenn überhaupt, nur als „Patientenkunst“ wahrgenommen. Die bildnerischen Qualitäten blieben von der Forschung weitestgehend unbeachtet.
Erst in den letzten Jahrzehnten hat sich diese Kunst aber soweit etabliert, dass sie in ihrer Ausdruckskraft, Symbolik und ästhetischen Fülle keinen Vergleich zu scheuen braucht.
Mit dieser Arbeit soll anhand einer Einordnung des Teilgebietes „Kunst geistig behinderter Personen“ in die gegenwärtige Kunstszene, Betrachtungen zu Begabung und bildnerischem Denken sowie einigen stilistischen Eigenarten der Bildnerei geistig behinderter Menschen gezeigt werden, dass diese wirklich „Kunst“ ist und daher Anerkennung durch die Öffentlichkeit verdient. Außerdem wird ein geistig behinderter Künstler vorgestellt und anhand eines seiner Werke die theoretischen Ausführungen beispielhaft erläutert.
Die Arbeit bezieht sich vorwiegend auf Max Kläger, der einen entscheidenden Beitrag zur Etablierung der Kunst geistig behinderter Menschen geleistet hat.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Versuch einer Einordnung der Kunst geistig behinderter Menschen
3. Der geistig behinderte Mensch als Künstler
4. Betrachtungen zu Begabung und bildnerischem Denken
4.1 Begabung
4.2. Darstellung bildnerische Denkvorgänge
5. Stilistische Eigenarten
5.1 Aspektivität
5.2 Verschmelzung
5.3 Das triadische System
5.4 Bezüge zur Kinderzeichnung
5.5 Vergleiche mit der Bildnerei psychisch behinderter Menschen
6. Willibald Lassenberger – ein geistig behinderter Künstler
7. Schlussbemerkung
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Seit Prinzhorns Werk „Bildnerei der Geisteskranken“ (1922) erfahren Bilder und Plastiken von Randgruppen, insbesondere psychisch behinderter Personen, eine breitere Akzeptanz in der Öffentlichkeit. Durch eine steigende Zahl von Veröffentlichungen in Museen und Galerien und die wissenschaftliche Beschäftigung mit der so genannten l´art brut oder zustandsgebundenen Kunst siedelte sich dieser Bereich in den letzten Jahrzehnten in der Kunstszene an.
Einer anderen Randgruppe wird jedoch bis in die heutige Zeit hinein die Fähigkeit zur künstlerisch wertvollen Gestaltung abgesprochen. Künstlerische Äußerungen von Menschen mit geistiger Behinderung wurden, wenn überhaupt, nur als „Patientenkunst“ wahrgenommen. Die bildnerischen Qualitäten blieben von der Forschung weitestgehend unbeachtet.
Erst in den letzten Jahrzehnten hat sich diese Kunst aber soweit etabliert, dass sie in ihrer Ausdruckskraft, Symbolik und ästhetischen Fülle keinen Vergleich zu scheuen braucht.
Mit meiner Arbeit möchte ich anhand einer Einordnung des Teilgebietes „Kunst geistig behinderter Personen“ in die gegenwärtige Kunstszene, Betrachtungen zu Begabung und bildnerischem Denken sowie einigen stilistischen Eigenarten der Bildnerei geistig behinderter Menschen zeigen, dass diese wirklich „Kunst“ ist und daher Anerkennung durch die Öffentlichkeit verdient. Außerdem werde ich einen geistig behinderten Künstler vorstellen und anhand eines seiner Werke die theoretischen Ausführungen beispielhaft erläutern.
Dabei beziehe ich mich vorwiegend auf Max Kläger, der einen entscheidenden Beitrag zur Etablierung der Kunst geistig behinderter Menschen geleistet hat.
2. Versuch einer Einordnung der Kunst geistig behinderter Menschen
Es ist ein bedeutender Beitrag des 20. Jahrhunderts, dass Werke psychisch kranker sowie auch behinderter Menschen Eingang in die gegenwärtige Kunstszene gefunden haben und immer mehr von der Öffentlichkeit wahrgenommen werden (Kläger 2002, S.2).
Zugleich wird sichtbar, dass wenige Gemeinsamkeiten zwischen der Bildnerei der geistig Behinderten und der der psychisch Kranken existieren.
Der Unterschied ist von grundlegender Bedeutung. Menschen mit geistiger Behinderung sind nicht krank. Sie sind keine Patienten. Ihre Arbeiten sind - in Gegensatz zu den verzweifelten, quälenden und deshalb so beeindruckenden Versuchen Psychisch Kranker, ihre Probleme zu bewältigen – zumeist in sich stimmig, heiter und lebensfroh. Wir werden nicht mit einer völlig fremden Welt konfrontiert, eher mit einer neuen Sicht auf die uns vertrauten, uns umgebenden Dinge jenseits der Grenzen von Kultur und Schemata. Es geht weniger um Abeichungen von der Norm, als vielmehr darum, dass die Norm gar nicht erst erreicht wird. (Künstler aus Stetten 1991, S.9f)
Aufgrund dieser Abgrenzung zur Kunst psychisch kranker Menschen eignen sich Begriffe wie l`art brut, outsider art, zustandsgebundene Kunst oder The art of the insane nicht zur Benennung der Kunst geistig Behinderter im wissenschaftlichen Diskurs. Auch würden Begriffe wie Laienkunst oder Freizeitkunst nicht dem künstlerischem Wert der Werke gerecht.
Max Kläger hält „naive Kunst“ für den am ehesten zutreffenden Begriff und beschreibt naiv mit „angeboren, natürlich, ungekünstelt, urtümlich, spontan, authentisch“ (Kläger 2002, S.4). Er stellt die Brauchbarkeit des Begriffes jedoch weiter infrage, indem er auf einen Text von Oto Bihalij-Merin im Katalog zur Ausstellung Kunst der Naiven (1975) im Münchner Haus der Kunst verweist. Innerhalb der Ausstellung wurden Kinderkunst und die Bildnerei der Geisteskranken als eigene Sektionen präsentiert. Es war aber keine Kunst „geistig“ behinderter Personen vertreten und hätte nach Bihalij-Merins Meinung zusätzlich als weiterer Bereich aufgenommen werden müssen.
Kläger zitiert nach Bihalij-Merin, dass Kinderbilder und die Werke geistig behinderter Menschen viele gleiche Wesensmerkmale, wie z.B. das Unanatomische und das Aperspektivische, besitzen. Sie zeigen trotz eines begrenzten Erkenntnisstandes einen ganzheitlichen Ausdruck, eine bildhafte Ursprünglichkeit und strahlen eine faszinierende Unmittelbarkeit aus. Jedoch handelt es sich bei letzteren inhaltlich, formal und vor allem auch handwerklich eindeutig um die Arbeiten Erwachsener. Im Unterschied zur Kinderkunst besitzen die Werke der geistig behinderten Menschen die Möglichkeit des Dauerhaften und Museumswürdigen.
Demnach umfasst „naive“ Kunst also einen Bereich, in dem die Kunst der geistig behinderten Menschen angesiedelt werden kann, der aber auch noch andere Zweige beinhaltet, die davon abzugrenzen sind. (Kläger 2002, S.3f)
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