Ramón, galizischer Seemann, ist als Tetraplegiker an sein Bett „gefesselt“ und auf die Hilfe von Freunden und im Speziellen auf die seiner Familie (hier insbesondere auf Schwägerin und Neffe) angewiesen. Er brach sich im Alter von 25 Jahren bei einem Sprung von einem Felsen ins Meer sein Genick und „lebt“ seitdem im Hause seines Bruders und dessen Familie. Seit 26 Jahren ist es sein sehnlichster Wunsch in Würde zu sterben. Ihm zur Seite steht dazu die Anwältin Julia, die Ramón vor Gericht zum Tod verhelfen möchte – nicht ganz uneigennützig, denn auch sie leidet an einer Krankheit, die sie früher oder später zum Pflegefall werden lässt. Die beiden haben von Anfang an eine besondere Beziehung, die über das schlichte Begehren hinweggeht. Ramon erzählt Julia, dass er sich gerne ans Meer träumt, weil das trotz allem sein Lieblingsplatz sei. Und jetzt, wo sie da ist, kommt auch sie plötzlich in einem seiner Träume vor.
1. Einordnung in die Geschichte
Ramón, galizischer Seemann, ist als Tetraplegiker an sein Bett „gefesselt“ und auf die Hilfe von Freunden und im Speziellen auf die seiner Familie (hier insbesondere auf Schwägerin und Neffe) angewiesen. Er brach sich im Alter von 25 Jahren bei einem Sprung von einem Felsen ins Meer sein Genick und „lebt“ seitdem im Hause seines Bruders und dessen Familie. Seit 26 Jahren ist es sein sehnlichster Wunsch in Würde zu sterben. Ihm zur Seite steht dazu die Anwältin Julia, die Ramón vor Gericht zum Tod verhelfen möchte - nicht ganz uneigennützig, denn auch sie leidet an einer Krankheit, die sie früher oder später zum Pflegefall werden lässt. Die beiden haben von Anfang an eine besondere Beziehung, die über das schlichte Begehren hinweggeht. Ramon erzählt Julia, dass er sich gerne ans Meer träumt, weil das trotz allem sein Lieblingsplatz sei. Und jetzt, wo sie da ist, kommt auch sie plötzlich in einem seiner Träume vor.
2. Analyse der Schlüsselsequenz „Der Traum von Ramón“
Zunächst ist zu erwähnen, dass „On-Ton“ verwendet und die Sequenz durch „Nessun Dorma“, einer Arie aus Puccinis Oper Turandot von 1926, begleitet wird. Diese musikalische Begleitung wirkt im ganzen Verlauf unterstützend und dient der dramatischen Akzentuierung.
Die Sequenz beginnt mit einer Nahaufnahme von Ramón im Bett, wobei sich die Kameraperspektive in Normalsicht befindet und Ramón durch normales Tageslicht beleuchtet wird. Er liegt dort mit einem leichten Lächeln im Gesicht und mit den wie immer verkrampften Händen. Der Zuschauer kann anhand seiner Augen und Gesichtsmimik den Eindruck gewinnen, als ob Ramón irgendetwas bestimmtes in der Ferne mit seinem Blick fixieren würde und sich danach sehnt, an jenem Ort zu sein. Kleine Schatten bewegen sich und „fliegen“ über seine Brust (0:39'09''13 - 0:39'15''75).
Die Kamera wechselt in die subjektive Einstellung und man schaut mit Ramóns Augen von leicht unten aus dem offen stehenden Fenster seines Zimmers. Dahinter ist eine hügelige Landschaft mit Felsen und Grünflächen zu sehen. Man hört leises Vogelgezwitscher, und ein sanfter Wind dringt in das Zimmer und lässt die weißen Vorhänge tanzen. Danach wird eine kurze Detailaufnahme des Schallplattenspielers gemacht, der die zu der Sequenz begleitende Musik liefert.
Die Kamera nimmt dann die gleiche Position wie am Anfang ein und die Aufnahme ähnelt der ersten. Jedoch befindet sich die Kamera jetzt in einer Traumperspektive von Ramón. Er löst fast unmerklich, als ob es das normalste der Welt wäre, seine linke Hand und stützt sich auf dieser ab um aufzustehen. Die Kamera fokussiert diese Bewegung und schwenkt leicht mit. Auch die Bewegung der rechten Hand wird im Detail aufgenommen. Ramón schiebt seine Bettdecke bei Seite und streckt seine Beine aus dem Bett (0:39'24''56 - 0:39'46''03).
Die nächste Aufnahme zeigt, wie Ramón seine Füße auf dem Boden abzustellen versucht und sein Gleichgewicht zu finden. Dabei befindet sich die Kamera unter dem Bett und nur der untere Teil seiner Beine und die Füße sind zu sehen.
In der darauf folgenden Einstellung steht die Kamera im Flur vor dem Zimmer und ist in der Halbtotalen und in Normalsicht. Ramón sitzt mit dem Rücken zur Kamera gerichtet auf dem Bett, während dieses parallel zum Fenster steht, und richtet sich auf. Diese Bewegung wird von der Kamera nachgeahmt. Für einen kurzen Augenblick hält er inne und schaut aus dem Fenster hinaus. Er dreht sich langsam um, richtet seinen Blick auf das Bett und kurz auch in Richtung der Kamera. Noch ein wenig unsicher auf den Beinen, geht Ramón an das Fußende des Bettes und schiebt es vom Fenster weg, wobei er aber von der Kamera nicht erfasst wird und sich diese langsam rückwärts bewegt.
Ramón geht aus dem Zimmer, sich mehrmals umschauend, in den Flur der, sich in der Rückwärtsbewegung und in der Halbnahen befindlichen, Kamera entgegen. Als Ramón sich das letzte Mal umschaut und sich am Ende des Flures aufstellt, wechselt die Kamera die Position um 180 Grad und er blickt in sie hinein.
Die Kamera wechselt dann wieder in die subjektive Einstellung und mit den Augen von Ramón sieht man über den Flur, durch sein Zimmer und Fenster geradewegs auf die hügelige Landschaft. Danach befindet sich die Kamera wieder in der Halbnahen und Ramón nimmt, ihr entgegengehend und schwer atmend, Anlauf. Die Kamera wechselt ein weiters Mal in die Subjektive. Ramón läuft noch immer und springt dann aber aus dem Fenster, hinab aus dem Haus. Er schwebt und fliegt über die kleine Farm seines Bruders und die galizische Landschaft, über Felder, Wälder, Felsen und Flüsse. Er fliegt. Auf und ab, über Täler und Hügel, hinaus aufs Meer und zu Julia an den Strand (0:40'26''36 - 0:41'55''00).
Während dieser ganzen Zeit hört man das befreite Atmen Ramóns und weiterhin die Musik, die geradezu den Flugbewegungungen Ramóns unterstützend folgt.
Aus der Vogelperspektive sieht er Julia am Strand spazieren gehen und nähert sich ihr aus der Luft an, bis er landet und sie an ihrer linken Schulter fasst. Julia dreht sich zu Ramón um. Er meint, dass man ihm gesagt habe, sie sei am Strand und deshalb sei er hierher geflogen. Daraufhin lächelt sie. Die Montage verwendet an dieser Stelle den Schuss/Gegenschuss und die Kamera befindet sich in der Großaufnahme. Während Julia mit ihrer Hand Ramóns Gesicht sanft und zärtlich streichelt und Ramón das gleiche erwidert, bewegt sich die Kamera, die sich in Normalsicht befindet, in einem kleinen Halbkreis zwischen den beiden hin und her. Als Lichtquelle dient dabei das gegeben Sonnenlicht. Im Hintergrund ist das ruhige und flache Meer zu sehen. Mit wechselnden Großaufnahmen wird gezeigt, wie sich Ramón und Julia innig küssen, liebkosen und sich fest umarmen. Die beiden werden dabei von den Sonnenstrahlen regelrecht umrandet und eingefangen (0:41'55''00 - 0:43'10''79).
Als die Musik zu Ende ist, kehrt die Kamera aus der Traumperspektive Ramóns in die Realität zurück und in Detailaufnahme wird gezeigt, wie der Plattenspieler aufhört zu spielen. Die letzte Einstellung ist eine Großaufnahme von Ramón im Bett. Seine Gesichtszüge, insbesondere sein Mund und die Augen, verraten einen sehr traurigen und fast leblosen, Eindruck (0:43'10''80 - 0:43'19''98).
3. Funktion der Sequenz im Film
Diese Sequenz verdeutlicht dem Zuschauer, dass Ramón nur noch in der Lage ist, sich seine Liebe zu erträumen und nicht mehr wahrhaftig leben zu können. Hier wird der Wunsch Ramóns nach einem friedlichen und würdigen Tod abermals unterstrichen. Jedes Mal, wenn er aus seinen Träumen erwacht und sich daran erinnert fühlt, dass er nie wieder mit Fleisch und Blut lieben können wird, würde er lieber sterben um seinen Qualen und seiner persönlichen „Hölle“ zu entgehen.
Das Gedicht „Mar Adentro“ von Ramón Sampedro, welches auch zum Teil am Ende des Films zitiert wird, steht wahrscheinlich am besten „pars pro toto“ für die Sequenz an sich, deren Aussagekraft für den Film, wie auch für die Liebe zu Julia und den sehnlichen Wunsch nach dem Tod:
Ins Meer hinein, ins Meer, in seine schwerelose Tiefe, wo die Träume sich erfüllen, und Zwei in einem Willen sich vereinen, um zu stillen eine große Sehnsucht. Ein Kuss entflammt das Leben mit einem Blitz und einem Donner, und sich verwandelnd ist mein Körper nicht mehr Körper, als Dräng ich vor zum Mittelpunkt des Universums.
Die kindlichste Umarmung und der reinste aller Küsse, bis wir beide nicht mehr sind als nur noch eine große Sehnsucht.
Dein Blick und mein Blick wortlos hin und her geworfen, wie ein Echo wiederholend: tiefer, tiefer, bis weit jenseits allen Seins, aus Fleisch und Blut und Knochen.
Doch immer wach ich auf und immer wär ich lieber tot, um endlos mich mit meinem Mund in deinem Haaren zu verfangen. Ramón Sampedro
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- Citation du texte
- Christian Rodiek (Auteur), 2006, Schlüsselsequenzanalyse: "Der Traum von Ramón" aus dem Film "Mar Adentro" von Alejandro Amenábar, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68150