Auslöser für die Beschäftigung mit der Fragestellung, wie Werbung und kulturelle Globalisierung
zusammenhängen, war ein Artikel in der Desktop-Publishing-Zeitschrift PAGE (1999), in dem
über die Diplomarbeit der Designstudentin Irma Schick berichtet wurde. Diese hatte in Indien alltägliche
Gegenstände und Verpackungen genauso wie religiöse Postkarten und Abbildungen
handgemalter Werbeposter an Häuserwänden gesammelt, um damit zu Aussagen über spezifisches
indisches visuelles Design zu kommen. Auf besonderes Interesse stieß bei mir dabei der
Teil dieses Artikels, der näher auf handgemalte Plakatwerbung einging. Im Westen1 werden Werbeplakate
längst mit Desktop-Publishing (also computerunterstütztem Layout) gefertigt und dann
auf für den Werbedruck spezialisierten Druckmaschinen ausgedruckt. Der hierfür zuständige Teil
der Kulturindustrie ist hochgradig spezialisiert und professionalisiert. Den Ergebnissen dieses Prozesses
begegnen wir täglich an Plakatwänden und auf Bahnhöfen.
Im Gegensatz dazu warben die in dem Artikel gezeigten Plakatwände zwar auch für moderne
Produkte – sowohl im High-Tech-Bereich, als auch im Consumer-Bereich, sprich Waschmittel –,
wurden aber auf sehr viel traditionellere Weise hergestellt, nämlich einzeln von Hand gemalt;
ebenfalls ein hochgradig professionalisiertes und spezialisiertes Tätigkeitsfeld, aber doch
offensichtlich anders als im Westen. Anscheinend ist es sogar so, dass die Vorlagen für die
Plakatwände – ebenso wie Anzeigenvorlagen für Werbung in Zeitungen und Zeitschriften –
durchaus mit »westlichen« Methoden wie Desktop-Publishing hergestellt wurden, dass diese dann
aber für die Verwendung in der Plakatwerbung eben nicht gedruckt, sondern an Werbemaler
übergeben wurden, die nach diesen Vorlagen die Plakatwände gestalteten. Das führt dazu, dass
die Produkte und Markenzeichen der globalisierten Moderne – z.B. das Logo von IBM – auch in
Indien im öffentlichen Raum in Erscheinung treten, im Gegensatz zum Westen aber in einer
traditioneller Machart, die jedem einzelnen Plakat etwas Individuelles gibt – und die an eine lange
Tradition der Plakatmalerei anschließt. Dieses Fallbeispiel kann genauso wie seine beiden Gegenstücke2 als ein Beleg dafür genommen
werden, dass kulturelle Globalisierung – sofern es sich hier um solche handelt – alles andere als
ein geradliniger Prozess ist, und dass es vor allem auch alles andere als ein nur in eine Richtung
verlaufender Prozess ist. [...]
Inhaltsverzeichnis
- 0 Das empirische Fallbeispiel
- 1 Exkurs und Klärung: Werbung, Kultur und Soziologie
- 1.1 Werbung als Massenmedium
- 1.2 Der zugrundeliegende Kulturbegriff
- 1.3 Kultur und Gesellschaft oder: Wer hat Kultur?
- 1.4 Werbung als Teil der Kultur
- 2 Rolle der Werbung in älteren Theorien internationaler Kommunikation
- 2.1 Back to the 70s! Die Theorien im Überblick
- 2.2 Rolle der Werbung
- 2.3 Abschließende Bewertung der Rolle der Werbung in den älteren Theorien
- 3 Rolle der Werbung in neueren Theorien globaler Kommunikation
- 3.1 Globalisierung als Thema der 90er Jahre
- 3.2 Rolle der Werbung
- 3.3 Kurzes Fazit zur Rolle der Werbung
- 4 Vergleich, Ausblick und weitere Fragen
- 4.1 Vergleich der Rolle der Werbung – Reflektion
- 4.2 Wie könnte eine empirische Untersuchung aussehen, was wären ihre Folgen?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Rolle der Werbung in Theorien globaler Kommunikation, von den 1970er Jahren bis heute. Sie analysiert, wie Werbung in älteren Theorien internationaler Kommunikation und neueren Globalisierungstheorien betrachtet wird. Der Fokus liegt auf dem Vergleich dieser Perspektiven und der Überlegung, wie die Ergebnisse für ein empirisches Forschungsprojekt nutzbar wären.
- Die Rolle der Werbung als Massenmedium
- Der Einfluss von Kultur und Gesellschaft auf Werbung
- Werbung im Kontext von Modernisierungs- und Entwicklungstheorien
- Werbung in Theorien der kulturellen Globalisierung
- Der Vergleich verschiedener theoretischer Ansätze zur Rolle der Werbung in globaler Kommunikation
Zusammenfassung der Kapitel
0 Das empirische Fallbeispiel: Der Ausgangspunkt der Arbeit ist ein Artikel über handgemalte Werbeplakate in Indien. Im Gegensatz zu westlichen, computergestützten Werbeplakaten, zeigt dieses Beispiel eine traditionelle Herstellungsweise für moderne Produkte. Dieser Kontrast verdeutlicht die Komplexität kultureller Globalisierung als nicht-linearen und multidirektionalen Prozess und wirft Fragen nach den Ursachen, der Zielgruppe und den Entwicklungstrends dieser Werbeform auf. Der Artikel dient als Ausgangspunkt für eine breitere Diskussion über Kultur, Werbung und Globalisierung.
1 Exkurs und Klärung: Werbung, Kultur und Soziologie: Dieses Kapitel klärt grundlegende Begriffe wie Werbung als Massenmedium, den hier verwendeten Kulturbegriff und die Beziehung zwischen Kultur und Gesellschaft. Es wird die Werbung als integraler Bestandteil von Kultur betrachtet und die Komplexität der Interaktion zwischen globalen und lokalen kulturellen Einflüssen im Kontext von Werbung beleuchtet.
2 Rolle der Werbung in älteren Theorien internationaler Kommunikation: Dieses Kapitel untersucht die Rolle der Werbung in den Theorien internationaler Kommunikation der 1970er und 1980er Jahre. Es analysiert verschiedene Ansätze und deren jeweiligen Einschätzungen der Wirkung und des Einflusses von Werbung in einem globalisierten Kontext. Es wird eine kritische Bewertung der älteren Theorien im Hinblick auf ihre Relevanz für die heutige Zeit vorgenommen.
3 Rolle der Werbung in neueren Theorien globaler Kommunikation: Dieses Kapitel befasst sich mit der Rolle der Werbung in den neueren Theorien globaler Kommunikation, insbesondere im Kontext der Globalisierung der 1990er Jahre. Es analysiert, wie die Globalisierung die Rolle der Werbung verändert hat und welche neuen Perspektiven sich ergeben haben. Es wird eine kritische Auseinandersetzung mit diesen neueren Theorien geführt.
4 Vergleich, Ausblick und weitere Fragen: Dieses Kapitel vergleicht die Rolle der Werbung in den älteren und neueren Theorien. Es reflektiert die Ergebnisse und diskutiert die Anwendbarkeit der Ergebnisse auf ein mögliches empirisches Forschungsprojekt. Es werden offene Fragen und zukünftige Forschungsrichtungen aufgezeigt.
Schlüsselwörter
Werbung, kulturelle Globalisierung, Massenmedien, Globalisierungstheorien, Modernisierungstheorien, Entwicklungstheorien, Indien, visuelle Kommunikation, Mediensoziologie, Kultur, Gesellschaft.
Häufig gestellte Fragen zum Dokument: Rolle der Werbung in Theorien globaler Kommunikation
Was ist das Thema des Dokuments?
Das Dokument untersucht die Rolle der Werbung in Theorien der globalen Kommunikation, von den 1970er Jahren bis heute. Es analysiert, wie Werbung in älteren Theorien der internationalen Kommunikation und neueren Globalisierungstheorien betrachtet wird und vergleicht diese Perspektiven. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Anwendbarkeit der Ergebnisse für ein empirisches Forschungsprojekt.
Welche Kapitel umfasst das Dokument?
Das Dokument besteht aus fünf Kapiteln: Einem einführenden Kapitel mit einem empirischen Fallbeispiel (handgemalte Werbeplakate in Indien), einem Exkurs zu Werbung, Kultur und Soziologie, einem Kapitel zur Rolle der Werbung in älteren Theorien internationaler Kommunikation (1970er/80er), einem Kapitel zur Rolle der Werbung in neueren Theorien globaler Kommunikation (ab 1990er) und einem abschließenden Kapitel mit Vergleich, Ausblick und weiteren Forschungsfragen.
Welche Zielsetzung verfolgt das Dokument?
Die Zielsetzung ist die Analyse der Rolle der Werbung in verschiedenen Theorien der globalen Kommunikation über die Zeit hinweg. Es soll ein Vergleich der Perspektiven ermöglicht und die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf ein empirisches Forschungsprojekt untersucht werden.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die wichtigsten Themenschwerpunkte sind die Rolle der Werbung als Massenmedium, der Einfluss von Kultur und Gesellschaft auf Werbung, Werbung im Kontext von Modernisierungs- und Entwicklungstheorien, Werbung in Theorien der kulturellen Globalisierung und der Vergleich verschiedener theoretischer Ansätze zur Rolle der Werbung in der globalen Kommunikation.
Was ist das empirische Fallbeispiel?
Das empirische Fallbeispiel ist ein Artikel über handgemalte Werbeplakate in Indien. Der Kontrast zu westlichen, computergestützten Plakaten verdeutlicht die Komplexität kultureller Globalisierung als nicht-linearen und multidirektionalen Prozess und dient als Ausgangspunkt für die Diskussion über Kultur, Werbung und Globalisierung.
Welche Theorien werden im Dokument behandelt?
Das Dokument behandelt sowohl ältere Theorien der internationalen Kommunikation aus den 1970er und 1980er Jahren als auch neuere Theorien der globalen Kommunikation, die insbesondere die Globalisierung der 1990er Jahre berücksichtigen. Es werden verschiedene Ansätze und deren Einschätzungen der Wirkung und des Einflusses von Werbung analysiert.
Welche Schlussfolgerungen zieht das Dokument?
Das Dokument vergleicht die Rolle der Werbung in den älteren und neueren Theorien, reflektiert die Ergebnisse und diskutiert deren Anwendbarkeit auf ein mögliches empirisches Forschungsprojekt. Es werden offene Fragen und zukünftige Forschungsrichtungen aufgezeigt.
Welche Schlüsselwörter sind relevant für das Dokument?
Wichtige Schlüsselwörter sind: Werbung, kulturelle Globalisierung, Massenmedien, Globalisierungstheorien, Modernisierungstheorien, Entwicklungstheorien, Indien, visuelle Kommunikation, Mediensoziologie, Kultur, Gesellschaft.
- Quote paper
- Till Westermayer (Author), 2000, Werbung in Theorien globaler Kommunikation. Von den 70er Jahren bis heute, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6810