Jedem Arbeitnehmer kann selbst bei noch so großer Sorgfalt, Genauigkeit oder Konzentration einmal ein Fehler oder ein Missgeschick bei der Arbeit unterlaufen. Dabei kann bereits eine Sekunde der Unaufmerksamkeit zu nicht erwähnenswerten, aber auch zu Schäden in Millionenhöhe führen. Solche Schäden reichen vom Verlust von Schlüsseln und Werkzeugen, über die Virenverseuchung der EDV-Anlage, Kassenfehlbestände, Herstellung minderwertiger Waren, bis zu Schäden an Fahrzeugen und Anlagen, aber auch die Verletzung von Personen, wie Arbeitskollegen und Dritten. Würde der Arbeitnehmer für jeden von ihm verursachten Schaden in die Pflicht genommen, würde er sich permanent der Angst ausgesetzt fühlen, sich finanziell zu ruinieren. Somit stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitnehmer haftbar gemacht werden kann.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einführung
1.1 Einleitung
1.2 Problemstellung
1.3 Ziel und Gang der Arbeit
1.4 Grundlegendes zur Arbeitnehmerhaftung zum Verständnis
2 Haftung gegenüber dem Arbeitgeber
2.1 Haftung auf vertraglicher Grundlage
2.1.1 Pflichten des Arbeitnehmers
2.1.2 Verletzung der Pflichten des Arbeitnehmers
2.1.2.1 Nichtleistung der Arbeitspflicht
2.1.2.2 Schlechtleistung der Arbeitspflicht
2.1.2.3 Verletzung von Nebenpflichten
2.1.3 Sanktionen bei Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers
2.1.3.1 Ermahnung und Abmahnung
2.1.3.2 Minderung des Entgeltanspruchs
2.1.3.3 Kündigung
2.1.3.4 Vertragsstrafe und Betriebsbuße
2.1.3.5 Klage auf Erfüllung.
2.1.3.6 Sonstige Sanktionen
2.2 Haftung auf deliktischer Grundlage
2.3 Schadensersatz als Haftungsfolge von Pflichtverletzungen und unerlaubten Handlungen
2.3.1 Voraussetzungen der Schadensersatzpflicht
2.3.1.1 Pflicht- oder Rechtsgutverletzung
2.3.1.2 Schaden.
2.3.1.2.1 Schadensbegriff.
2.3.1.2.2 Ermittlung des Vermögensschadens
2.3.1.2.3 Beispiele für Vermögensschäden
2.3.1.3 Zurechnungszusammenhang zw. Schaden und Pflicht- bzw. Rechtsgutverletzung
2.3.1.4 Verschulden
2.3.1.4.1 Vorsatz
2.3.1.4.2 Grobe Fahrlässigkeit.
2.3.1.4.3 Mittlere Fahrlässigkeit
2.3.1.4.4 Leichte Fahrlässigkeit
2.3.2 Haftungsgrundsatz
2.3.3 Rechtsprechung zu Haftungsbeschränkungen
2.3.3.1 Rechtsprechung zur „gefahrgeneigten Arbeit“ als Voraussetzung für die Haftungsbeschränkung
2.3.3.2 Rechtsprechung zu den Verschuldensgraden.
2.3.3.3 Rechtsprechung zur „betrieblich veranlasste Tätigkeit“ als Voraussetzung für Haftungsbeschränkungen
2.3.4 Haftungsverteilung bei Haftungsbeschränkungen.
2.3.4.1 Grundlage für Haftungsbeschränkungen
2.3.4.2 Geltungsbereich von Haftungsbeschränkungen
2.3.4.3 Innerbetrieblicher Schadensausgleich
2.3.4.4 Ausgewählte Kriterien für den Schadensaugleich auf der Arbeitnehmerseite im Detail
2.3.4.4.1 Höhe des Schadens
2.3.4.4.2 Grad des Verschuldens
2.3.4.4.3 Höhe des Arbeitsentgelts
2.3.4.4.4 Versicherbarkeit des Schadens
2.3.4.4.5 Bisheriger Verlauf des Arbeitsverhältnisses
2.3.4.4.6 Stellung des Arbeitnehmers im Unternehmen
2.3.4.5 Kriterien für den Schadensausgleich auf der Arbeitgeber- seite im Detail
2.3.4.5.1 Versicherbarkeit des Schadens
2.3.4.5.2 Mitverschulden des Arbeitgebers
2.3.4.6 Ausnahme: Haftungsbeschränkung auch bei grober Fahrlässigkeit
2.3.5 Abdingbarkeit einer Haftungsbeschränkung
2.4 Darlegungs- und Beweislast
2.5 Ausschlussfristen
2.6. Beachtung von Pfändungsgrenzen
2.7 Sonderfall: Mankohaftung
2.7.1 Gegenstand der Mankohaftung
2.7.2 Mankovereinbarungen
2.7.3 Art und Umfang der Haftung
2.7.3.1 Haftung bei vorliegender Mankovereinbarung
2.7.3.2 Haftung ohne vorliegende Mankovereinbarung
2.7.4 Darlegungs- und Beweislast
2.7.4.1 Darlegungs- und Beweislast bei vorliegender Mankovereinbarung
2.7.4.2 Darlegungs- und Beweislast ohne vorliegende Mankovereinbarung
2.8 Haftung für Personenschäden.
3 Haftung gegenüber Dritten
3.1 Freistellungsanspruch
3.2 Probleme im Zusammenhang eines Freistellungsanspruchs.
4 Haftung gegenüber Arbeitskollegen.
5 Eigenschäden des Arbeitnehmers
6 Vorbeugung von Schäden.
6.1 Vorbeugende Möglichkeiten des Arbeitgebers.
6.2 Vorbeugende Möglichkeiten des Arbeitnehmers
7 Schlusswort.
7.1 Zusammenfassung
7.2 Schlussfolgerungen
7.3 Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Aufteilung der Verfahren des BAG nach Rechtsgebieten
Abbildung 2: Die Haftung des Arbeitnehmers
Abbildung 3: Haftungskonstellationen und in Frage kommende Schäden
Abbildung 4: Sanktionsmöglichkeiten gegenüber dem Arbeitnehmer.
Abbildung 5: Vertragsstrafe für unentschuldigtes Fehlen
Abbildung 6: Anspruchsgrundlagen für Schadensersatzansprüche des
Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer.
Abbildung 7: Voraussetzungen für eine Pflicht des Arbeitnehmers zum
Schadensersatz
Abbildung 8: Haftungsumfang des Arbeitnehmers je nach
Verschuldensgrad
Abbildung 9: Kriterien auf der Seite des Arbeitnehmers und Arbeitgebers zur Abwägung im innerbetrieblichen Schadensausgleich
Abbildung 10: Praxisfälle grober Fahrlässigkeit
1 Einführung
1.1 Einleitung
Jedem Arbeitnehmer kann selbst bei noch so großer Sorgfalt, Genauigkeit oder Konzentration einmal ein Fehler oder ein Missgeschick bei der Arbeit unterlaufen. Dabei kann bereits eine Sekunde der Unaufmerksamkeit zu nicht erwähnenswerten, aber auch zu Schäden in Millionenhöhe führen. Solche Schäden reichen vom Verlust von Schlüsseln und Werkzeugen, über die Virenverseuchung der EDV-Anlage, Kassenfehlbestände, Herstellung minderwertiger Waren, bis zu Schäden an Fahrzeugen und Anlagen, aber auch die Verletzung von Personen, wie Arbeitskollegen und Dritten. Würde der Arbeitnehmer für jeden von ihm verursachten Schaden in die Pflicht genommen, würde er sich permanent der Angst ausgesetzt fühlen, sich finanziell zu ruinieren. Somit stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitnehmer haftbar gemacht werden kann.
1.2 Problemstellung
Ein erster Blick in die Arbeitsgesetze, die sich mit wichtigen arbeitsrechtlichen Themen auseinandersetzen, bietet wenig Aufschluss für eine Beantwortung der Haftungsfrage des Arbeitnehmers. Bedauerlicherweise schweigen die Arbeitgesetze dazu völlig. Die folgende Grafik des Bundesarbeitsgerichtes mit allen im Jahr 2006 verhandelten Verfahren dieses Gerichtes zeigt zwar, dass sich lediglich 3,35 % mit Schadensersatzforderungen innerhalb des Arbeitsverhältnisses beschäftigten.1
Jedoch kommt diesem Thema in der Praxis ebenso eine große Bedeutung zu, wie beispielsweise dem gesetzlich verankerten Kündigungsschutz, den Arbeitzeitregelungen oder den Bestimmungen zur Entgeltfortzahlung, da die Auswirkungen in vielen Fällen für den Arbeitnehmer gravierend sein können.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Aufteilung der Verfahren des BAG nach Rechtsgebieten
Ein weiterer Blick in das BGB zeigt, dass auch hier keine gesonderten Vorschriften zur Arbeitnehmerhaftung existieren, außer den mit in Kraft treten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 01.01.2002 aufgenommenen § 619a BGB. Diese Vorschrift beschäftigt sich jedoch lediglich mit der Darlegungs- und Beweislastfrage bei entstandenen Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Arbeitnehmer. Fragen über die Gründe, die Voraussetzungen und dem Umfang der Haftung des Arbeitnehmers werden in § 619a BGB nicht beantwortet. Vielmehr finden die Vorschriften aus dem Schuldrecht analog Anwendung, weil der Arbeitsvertrag als Sonderfall des Dienstvertrages gemäß § 611 BGB einen schuldrechtlichen Vertrag zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber darstellt, bei dem der Arbeitnehmer seine Arbeitsdienste zur Verfügung stellt und der Arbeitgeber diese als Gegenleistung entsprechend vergütet. Aufgrund der Anwendung des Schuldrechts wäre der Arbeitnehmer für
jeden von ihm zu vertretenden Schaden uneingeschränkt haftbar zu machen, also bereits für leichte Fahrlässigkeit. Da somit das gesamte Arbeitsrisiko allein auf den Schultern des Arbeitnehmers lasten würde, war die Arbeitnehmerhaftung immer wieder Teil der Rechtsprechung und hat für den Arbeitnehmer verschiedene Stufen und Arten einer Haftungserleichterung erfahren, die die Haftung der Höhe und dem Verschulden nach beschränkt.
1.3 Ziel und Gang der Arbeit
Für die Haftung des Arbeitnehmers existiert keine umfassende und einheitliche gesetzliche Kodifikation. Aus diesem Grund soll diese Arbeit entsprechend der wenigen gesetzlichen und auch vertraglichen Regelungen sowie der entsprechenden Rechtssprechungen einen Überblick verschaffen, inwieweit und wem gegenüber ein Arbeitnehmer für verursachte Schäden bei der Verrichtung seiner betrieblichen Tätigkeit zur Verantwortung gezogen werden kann.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Die Haftung des Arbeitnehmers
Der zweite Abschnitt beschäftigt sich mit der umfangreichsten und wichtigsten Thematik, die Haftung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber. Da diese Haftungsform in der Praxis zum größten Teil vorzufinden ist, soll darauf verstärkt eingegangen werden. Es werden die Gründe für das Entstehen von Schäden und die eventuell daraus resultierenden Schadensersatzansprüche
gegenüber dem Arbeitnehmer, die Haftungsvorrausetzungen, die Haftungserleichterungen, der letztendliche Umfang der Haftung und andere interessante aufgeworfene Fragestellungen umfassend erläutert. In den darin anschließenden Abschnitten wird die Haftung des Arbeitnehmers gegenüber außenstehenden Dritten und Arbeitskollegen dargestellt. Bevor im Punkt 6 eine Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten zu einer Schadensverhütung durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber erfolgt, verdeutlicht Abschnitt 5 den Umgang mit Eigenschäden des Arbeitnehmers. Der letzte Abschnitt fasst die wichtigsten Aussagen der darlegten Haftungskonstellationen zusammen und nimmt kritisch Stellung zum Problem der unzureichend gesetzlich geklärten Arbeitnehmerhaftung.
1.4 Grundlegendes zur Arbeitnehmerhaftung zum Verständnis
Die Arbeitnehmerhaftung gehört zu einem der größten und auch wichtigsten Themen des Individualarbeitsrechts. Sie beschäftigt sich mit den rechtlichen Folgen, die aus der Verletzung und Nichtbeachtung der Arbeitnehmerpflichten sowie der Verursachung von Sach- und Personenschäden resultieren. Dabei bezieht sie sich nicht ausschließlich auf die in dieser Arbeit dargestellte Haftung innerhalb eines Arbeitsverhältnisses, sondern umfasst auch die Vor- und Nachvertragshaftung des Arbeitnehmers.
Nicht nur theoretisch ist die Arbeitnehmerhaftung ein vieldiskutiertes Thema, sondern auch in der Praxis stellt es ein alltägliches Problem dar. Aus diesem Grund ist es von erheblicher Bedeutung, dass der Arbeitnehmer seine Rechte und Pflichten im Falle einer möglichen Haftungssituation kennt. Die eigenständige Information sollte zum eigenen Schutz nicht erst nach Verursachung eines Schadens erfolgen. Wer hier schlecht informiert ist, läuft Gefahr bereits bei Vertragsschluss durch unzulässige Haftungsvereinbarungen im Arbeitsvertrag sowie bei Schadenseintritt durch ungerechtfertigte oder überhöhte Schadensersatzforderungen vom Arbeitgeber getäuscht zu werden.
Unbegründete oder haltlose Schadensersatzansprüche des Arbeitgebers können durchaus entstehen, wenn die Klärung nicht über kundige Rechtsvertreter oder entsprechende Arbeitsgerichte durch Abwägung aller Faktoren und Kriterien für die Arbeitnehmerhaftung in der jeweiligen Situation erfolgt.
Während seines Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitnehmer sowohl seinen Arbeitgeber als auch Arbeitskollegen und betriebsfremde Dritte2 durch Sach- und Personenschäden beeinträchtigen beziehungsweise verletzen. Auf der Arbeitgerbseite sind zudem Vermögensschäden denkbar.3 Im äußersten Fall ist der Arbeitnehmer zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Haftungskonstellationen und in Frage kommende Schäden
2 Haftung gegenüber dem Arbeitgeber
Grundlage für die Haftung des Arbeitnehmers können sowohl sein Arbeitsvertrag als auch deliktische Ansprüche sein. Der Arbeitgeber kann Schadensersatz aus der Verletzung des Arbeitsvertrages vom Arbeitnehmer verlangen, wenn dieser durch Verletzung der vertraglichen Pflichten Schäden verursacht. Haftungsrelevante Umstände, die nicht dem Arbeitsvertrag zuzuordnen sind, fallen in das Deliktsrecht gemäß § 823 ff. BGB.
Wenn auch beide im Folgenden dargestellten Haftungsnormen unterschiedlichen Ursprungs sind, werden die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung in gleicher Weise angewandt.
2.1 Haftung auf vertraglicher Grundlage
Die Haftung auf vertraglicher Grundlage resultiert aus der Verletzung und Missachtung arbeitsvertraglicher Pflichten und Bestimmungen. Infolge des Fehlens anderer Rechtsgrundlagen, kommt der Dienstvertrag gemäß § 611 BGB als Grundlage für jegliche Arbeitsverträge zur Anwendung. Aus dem Dienstvertrag ergeben sich für den Arbeitnehmer neben zahlreichen Rechten auch eine Reihe von Pflichten, die zu erfüllen sind, und bei Missachtung schadensersatzrechtliche Forderungen nach sich ziehen können.
2.1.1 Pflichten des Arbeitnehmers
Aufgrund des arbeitsvertraglichen Verhältnisses zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gemäß § 611 BGB hat der Arbeitnehmer Haupt- und Nebenpflichten zu erfüllten. Seine Hauptleistungspflicht besteht in der Erbringung der vertraglich vereinbarten Arbeitsleistung entsprechend seines individuellen Leistungsvermögens.4
Die Arbeit ist gemäß § 613 Satz 1 BGB persönlich zu erbringen, also nicht übertragbar. Neben der Erfüllung der Arbeitpflicht hat der Arbeitnehmer zahlreiche Nebenpflichten einzuhalten, die sich einerseits dem Gesetz und andererseits dem Arbeitsvertrag entnehmen lassen. Ebenso in entsprechenden Betriebsvereinbarungen oder auch im Tarifvertrag sind solche Nebenpflichten enthalten.5 Aus § 242 BGB lassen sich Unterlassungs-, Handlungs-, Sorgfalts-, Verschwiegenheits- und Anzeigepflichten herleiten, die durch § 241 Abs. 2 BGB unterstrichen werden.6 Weitere gesetzliche Nebenpflichten sind beispielsweise die Verpflichtung zur Unterlassung von Wettbewerb (§ 60 f. HGB)7, das Verbot zur Annahme von Schmiergeldern (§ 299 StGB)8, die Pflicht zur unverzüglichen Krankmeldung (§ 5 EntgeltfortzahlungsG) und das Verbot der Erwerbstätigkeit während des Erholungsurlaubs (§ 8 BundesurlaubsG). Aus dem Arbeitsvertrag oder betrieblichen Vereinbarungen könnten sich außerdem zum Beispiel Alkoholverbote oder Verbote zur Internetnutzung ergeben.
2.1.2 Verletzung der Pflichten des Arbeitnehmers
Verstößt der Arbeitnehmer gegen seine Hauptverpflichtung zur Erbringung der Arbeit oder eine der genannten Nebenpflichten entsteht eine so genannte Pflichtverletzung9. Pflichtverletzungen und somit eventuelle Haftungsgründe kommen in Betracht, wenn der Arbeitnehmer seine Hauptleistungspflicht nicht oder schlecht erfüllt oder eine seiner Nebenpflichten verletzt.10 § 280 BGB stellt für jegliche Pflichtverletzung und die eventuell daraus resultierenden Schadensersatzansprüche gegenüber dem Arbeitnehmer die zentrale Haftungsnorm dar.
Sanktionen und haftungsrechtliche Folgen aus den im Folgenden dargestellten Pflichtverletzungen sind in den Punkten 2.1.3 und 2.3 dargestellt.
2.1.2.1 Nichtleistung der Arbeitspflicht
Die schuldhafte Nichterfüllung der Arbeitspflicht liegt vor, wenn keine vertraglichen oder gesetzlichen Gründe, wie Urlaub, Krankheit oder Freistellung für besondere private Anlässe, gegeben sind, die das Fernbleiben vom Arbeitsplatz rechtfertigen. Erscheint ein Arbeitnehmer ohne Information nicht an seinem Arbeitsplatz, verlässt diesen ohne Absprache vor Ende der Arbeitszeit, hält die gesetzlich vorgeschriebene Kündigungsfrist nicht ein11 oder verweigert die Arbeit12 spricht man von Nichterfüllung der Arbeitspflicht.
Bei der Nichtleistung der Arbeitspflicht muss unterschieden werden zwischen der Unmöglichkeit der Arbeitsleistung gemäß § 275 BGB und der Verzögerung der Leistungserbringung gemäß § 286 BGB. Verzug bedeutet, dass die Arbeitsleistung nicht zur vereinbarten Arbeitszeit erbracht wurde, aber nachgeholt werden könnte. Bei der Unmöglichkeit ist eine Nachholbarkeit der Arbeitsleistung ausgeschlossen und führt somit zu einer Befreiung des Arbeitnehmers von seiner Arbeitspflicht. Die Unterscheidung zwischen Unmöglichkeit und Verzug hat in erster Linie Auswirkungen auf die Pflicht des Arbeitgebers zur Gegenleistung gemäß § 326 BGB. Dazu mehr im Punkt 2.1.3.2.
Ein Teil der Literatur ist der Meinung, dass durch die Nichterfüllung der Arbeitspflicht generell eine Unmöglichkeit gemäß § 275 Abs. 1 BGB eintritt.13 Das lässt sich folgendermaßen erklären. In der Regel ist die Erbringung der Arbeitspflicht an fest vorgegebene Arbeitszeiten bzw. auch Arbeitszeitpunkte gebunden.14 Man spricht in diesem Zusammenhang vom absoluten Fixschuldcharakter.15 An einem Beispiel soll dies veranschaulicht werden: Ein Arbeitnehmer verschläft morgens und kommt demzufolge drei Stunden zu spät zur Arbeit. Innerhalb seiner verbleibenden Arbeitszeit schafft er das vorgesehene Arbeitspensum nicht mehr. Die Konsequenz aufgrund der dargestellten Auffassung ist, dass das vom Arbeitnehmer geschuldete Arbeitspensum nicht nachholbar ist, weil die vorgesehene Zeit verstrichen ist.16 Daraus ergibt sich gemäß § 275 Abs. 1 BGB eine Unmöglichkeit, die den Arbeitnehmer von seiner Erfüllungspflicht befreit.17 Ihm wird somit auch die Möglichkeit genommen, die geschuldete Arbeit nachzuleisten, um somit seinen Entgeltanspruch gemäß § 326 Abs. 1 BGB nicht zu verlieren.
Ein anderer Teil der Auffassung geht mit diesen Aussagen zur Unmöglichkeit konform, aber gibt zu Bedenken, dass die Nichterfüllung der Arbeitspflicht nicht zwangsläufig in jedem Fall gleichbedeutend mit Unmöglichkeit ist.18 Es liegt eine relative Fixschuld vor, denn nicht alle Unternehmen bestimmen einen starr festgelegten Arbeitszeitraum. Vielmehr bieten sie ihren Mitarbeitern beispielsweise durch Gleitzeitmodelle die Möglichkeit ihre Arbeitszeiten teilweise oder voll flexibel einzuteilen.19 Somit könnte die Arbeitsleistung nachgeholt werden. Im obigen Beispiel befindet sich die geschuldete Leistung vielmehr im Verzug i. S. v. § 286 BGB. Wenn der Arbeitgeber auf Grundlage des § 323 Abs. 1 BGB20 die Nacherfüllung der versäumten Arbeitspflicht nicht ausschließt, kann die zwar verzögerte, aber nicht unmöglich gewordene geschuldete Leistung somit innerhalb einer angemessenen Frist - der Einfachheit halber nach Dienstende - nachgeholt werden.
Betrachtet man den § 275 Abs. 1 BGB genauer, lässt sich feststellen, dass dieser zwischen der subjektiven und objektiven Unmöglichkeit unterscheidet. Die subjektive Unmöglichkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer als Schuldner die Arbeitsleistung nicht erbringen kann. Bei der objektiven Unmöglichkeit ist die Erfüllung der Leistung von niemandem, also z. B. auch nicht durch einen Kollegen möglich. Diese Unterscheidung steht in völligem Widerspruch zum § 613 BGB, wonach die Arbeitsleistung ausschließlich vom Arbeitnehmer zu erbringen ist. Denn wenn ab ovo lediglich der Arbeitnehmer zur Erbringung der Arbeitsleistung berechtigt ist, ist bei seiner Leistungsunmöglichkeit auch niemand anderes dazu in der Lage.21 Die Praxis zeigt das Gegenteil. Dort ist es durchaus
üblich, dass bei Leistungsunmöglichkeit des Arbeitnehmers ein Arbeitskollege an dessen Stelle einspringt, um Ausfälle zu verhindern. Dennoch kommt es durchaus in der Praxis vor, dass der Arbeitskollege nicht in jedem Fall der rettende Anker zum Auffangen der geschuldeten Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers ist und somit die Unmöglichkeit gemäß § 275 Abs. 1 BGB aus den verschiedensten Gründen, vielleicht auch weil der Arbeitgeber selbst nach § 323 Abs. 1 BGB die Leistungsannahme verweigert, eintreten kann.
Ergänzt wird der § 275 Abs. 1 BGB durch die Absätze 2 und 3, die dem Arbeitnehmer ein Leistungsverweigerungsrecht zugestehen. Absatz 2 beschäftigt sich mit der faktischen und praktischen Unmöglichkeit. Diese besagt, dass die Arbeitsleistung im Grunde genommen noch möglich wäre, aber nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erfüllt werden könnte, der unter Beachtung des Inhaltes des Arbeitsverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zum Leistungsinteresse des Arbeitgebers stehen würde.22 In Absatz 3 ist die Unzumutbarkeit der Arbeitsleistung für den Arbeitnehmer geregelt. Demnach kann der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung verweigern, wenn sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses und dem Leistungsinteresse des Arbeitgebers nicht zugemutet werden kann.23 Hierunter fallen zum Beispiel die Sängerin, die sich weigert aufzutreten, weil ihr Kind lebensgefährlich erkrankt ist24, sowie die schwangere Mitarbeiterin, die mit gefährlichen Dämpfen und Säuren arbeitet, und ihr Kind nicht gefährden will. Sowohl Absatz 2 als auch 3 führen ebenfalls zu einer Befreiung des Arbeitnehmers von seiner Arbeitspflichterfüllung.
2.1.2.2 Schlechtleistung der Arbeitspflicht
Kommt der Arbeitnehmer seiner Arbeitspflicht nach, aber sind die erbrachten Arbeitsergebnisse unzureichend infolge langsamer oder fehlerhafter Arbeit, spricht man von Schlechtleistung. Die Schlechtleistung ist weder durch Verzug oder Unmöglichkeit der Arbeitspflicht gekennzeichnet, noch kommt hier die Möglichkeit der Unzumutbarkeit der Arbeitsleistung in Betracht.
Beispiele für eine Schlechtleistung des Arbeitnehmers sind: Der Kraftfahrer verschätzt sich in der Höhe einer Brücke und beschädigt beim Durchfahren den LKW. Bei der Herstellung von Glaswaren produziert der Glasermeister Ausschuss. Die Verkäuferin beleidigt eine Kundin.
Solche Fälle lassen sich als Schlechtleistung klar abgrenzen von der Nichtleistung der Arbeit. In der Praxis zeigen sich jedoch auch Fälle, bei denen sich die Abgrenzung schwierig gestaltet. Zum Beispiel: Ein Arbeitnehmer trödelt herum und wird mit seiner Arbeit nicht fertig. Der Arbeitnehmer macht unerlaubt immer wieder Pausen. Die Arbeitnehmerin ist nicht bei der Sache und ist aus diesem Grund immer wieder von der Arbeit abgelenkt.25 In den genannten Beispielen könnte man bereits von einer Nichtleistung der Arbeit ausgehen. Dazu müssten aber eine völlige Arbeitsverweigerung oder das Fernbleiben vom Arbeitsplatz vorliegen. Das lässt sich in den vorliegenden Fällen nicht bejahen. Auch eine langsame oder schlechte Arbeitsleistung stellt eine Erfüllung der Arbeitpflicht dar, denn im Sinne des Dienstvertrages gemäß § 611 BGB ist kein bestimmter Leistungserfolg wie bei einem Werkvertrag geschuldet, sondern nur die Arbeitsleistung.26 Um einen bestimmten Leistungserfolg auszuschließen, ist bei der Feststellung und Beurteilung von Mängeln in der Arbeitsleistung nicht eine betrieblich festgelegte Norm- bzw. Durchschnittsleistung als Maßstab anzusetzen, sondern das individuelle Leistungsvermögen des Arbeitnehmers zu
berücksichtigen, wobei den Arbeitnehmer allerdings eine dynamische Leistungspflicht trifft: Ist der Arbeitnehmer in der Lage überdurchschnittliche Leistungen zu erbringen, ist er dazu auch verpflichtet. Erst nachdem der Arbeitnehmer hinter seinen sonstigen erbrachten Normalwerten zurückbleibt, kann von einer Schlechtleistung ausgegangen werden.27
Die Schlechtleistung äußert sich in Qualitäts- und Quantitätsmängel sowie in Leistungs- und Eignungsmängel. Qualitative Mängel zeigen sich durch Defizite in der Güte und Brauchbarkeit der Arbeit. Bei quantitativen Mängeln wird die geforderte Menge durch unzureichende oder langsame Arbeit nicht erreicht. Leistungsmängel entstehen durch das bewusste Zurückhalten der Arbeitskraft des Arbeitnehmers, indem er sich nicht genug anstrengt. Eignungsmängel sind die Folge von fehlender Qualifikation bzw. Befähigung für die entsprechende Arbeit. Der Arbeitnehmer ist der Arbeit nicht gewachsen.28 Die Verursachung von Sachschäden an zur Verfügung gestellten Werkzeugen und anderen Arbeitsmitteln ist ebenfalls als Schlechtleistung anzusehen.29 Diese Form der Schlechtleistung macht den Großteil aller Fälle in der Praxis aus und ist somit häufigster Anlass für arbeitsgerichtliche Entscheidungen.
2.1.2.3 Verletzung von Nebenpflichten
Die dritte Gruppe der Pflichtverletzungen seitens des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis ist die Zuwiderhandlung von Nebenpflichten. Da viele Nebenpflichten, wie beispielsweise Unterlassungs- und Handlungspflichten, der Vorbereitung, Förderung, Sicherung und Erhaltung der Arbeitspflichterfüllung dienen,30 kommt dieser Gruppe der Pflichtverletzungen eine ebenso große Bedeutung zu wie der Nicht- und Schlechterfüllung der Arbeitspflicht. Bei den Rechtsfolgen für die Verletzung von Nebenpflichten spielt es keine Rolle, ob es sich um vertragliche oder gesetzliche Nebenpflichten handelt.
2.1.3 Sanktionen bei Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers
Der Arbeitgeber hat verschiedene Möglichkeiten, um auf eine Pflichtverletzung in Form der Nicht- oder Schlechtleistung der Arbeitspflicht bzw. der Verletzung von Nebenpflichten seitens des Arbeitnehmers zu reagieren. Dabei ist der Umfang und die Schwere der Pflichtverletzung sowie die jeweilige Situation zu berücksichtigen. Neben der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen - dazu Näheres in Punkt 2.3 - bieten sich auch andere, zum Teil mildere, arbeitsrechtliche Maßnahmen an, die im Folgenden kurz dargestellt sind.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Sanktionsmöglichkeiten gegenüber dem Arbeitnehmer
2.1.3.1 Ermahnung und Abmahnung
Die Ermahnung stellt die mildeste Form einer Reaktion des Arbeitgebers auf eine Pflichtverletzung durch den Arbeitnehmer dar. Sie bietet dem Arbeitgeber bei kleineren Pflichtverletzungen - wie beispielsweise gelegentliches Zuspätkommen zur Arbeit - die Möglichkeit seine Unzufriedenheit gegenüber dem Arbeitnehmer zu äußern ohne weitere rechtliche Konsequenzen im Wiederholungsfall anzudrohen.31
Die Abmahnung dagegen dient nicht nur dem Zweck, den Arbeitnehmer auf Pflichtverletzungen hinzuweisen, sondern übt zudem eine Warnfunktion auf den Arbeitnehmer aus. Mit der Abmahnung, die zur Dokumentation in die Personalakte aufgenommen wird, soll ausdrücklich aufgezeigt, welche Pflichtverletzung begangen wurde, und deutlich gemacht werden, dass dessen Wiederholung zu einer Kündigung führen kann.32
2.1.3.2 Minderung des Entgeltanspruchs
Kommt der Arbeitnehmer schuldhaft seiner Arbeitspflicht nicht nach, steht ihm für die Zeit der Nichtleistung gemäß § 326 Abs. 1 BGB kein Entgeltanspruch zu.33 Nach dem Grundsatz „ohne Arbeit keine Lohn“ entfällt durch die gemäß § 275 BGB unmöglich gewordene Leistung die Gegenleistungsverpflichtung des Arbeitgebers.34 Ausnahmen von diesem Grundsatz sind in den Fällen von Krankheit, Urlaub, Mutterschutz, Feiertagen, Wehrdienst, persönliche Verhinderung gemäß § 616 BGB (z. B. Eheschließung) und Betriebsrisiko35 geboten.
Der Wegfall der Arbeitsvergütung kommt ausschließlich bei der Nichtleistung der Arbeitspflicht in Betracht. In den Fällen der Schlechtleistung bleibt der Entgeltanspruch weiter bestehen, da wie bereits angesprochen der Dienstvertrag gemäß § 611 BGB keinen Erfolg, sondern lediglich die Arbeitsleistung schuldet. Ist ein Schaden durch die Schlechtleistung des Arbeitnehmers entstanden, bleibt für den Arbeitgeber die Möglichkeit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen.
2.1.3.3 Kündigung
Die Nicht- bzw. Schlechtleistung der Arbeitspflicht oder auch die Verletzung von Nebenpflichten berechtigen den Arbeitgeber unter Umständen sogar zur ordentlich fristgerechten oder auch zur außerordentlich fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses.36 Voraussetzung dafür ist die vorherige Abmahnung.
Bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen ist eine außerordentliche fristlose Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB sogar ohne vorherige Abmahnung möglich.37
Fälle, die eine Kündigung rechtfertigen, sind die fortwährende Internetnutzung, trotz ausdrücklichen Verbots38, Computernutzung für das Begehen von Straftaten im Internet39, wiederholte Verletzung der Arbeitspflicht40 oder auch fortwährende Schlechtleistungen41.
2.1.3.4 Vertragsstrafe und Betriebsbuße
In vielen Fällen der Praxis wählt der Arbeitgeber nicht den Weg der Kündigung oder die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen, da diese Reaktionen unverhältnismäßig bei kleineren verschuldeten Pflichtverletzungen wären.42 Der Arbeitgeber wird vielmehr auf die Möglichkeiten der Vertragsstrafe oder Betriebsbuße zurückgreifen.
Die Vereinbarung einer Vertragsstrafe ist oftmals in vorformulierten bzw. standardisierten Arbeitsverträgen enthalten. Verstößt der Arbeitnehmer gegen eine der darin vereinbarten Pflichten, hat er eine Geldstrafe zu zahlen.43 In Abbildung 5 ist eine beispielhafte Vertragsstrafe für ein unentschuldigtes Fehlen des Arbeitnehmers zu sehen. Die Verankerung solcher Klauseln in Arbeitsverträgen wurde vom BAG nicht generell für unzulässig nach § 309 Nr. 6 BGB erklärt. Nach Ansicht des BAG ist die Vereinbarung von Vertragsstrafen erforderlich, um die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten nach § 310 Abs. 4 Satz 2 1. Halbsatz BGB zu berücksichtigen. Allerdings können Vertragsvereinbarungen gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sein, wenn Sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen. Die Unangemessenheit kann daraus resultieren, dass der Arbeitnehmer durch die Zahlung der Vertragsstrafe den Arbeitgeber in einer Höhe entschädigen würde, die nicht dem tatsächlich eingetretenen Schaden entspräche.44
Unentschuldigtes Fehlen
a) Fehlen Sie an einzelnen Tagen oder zusammenhängend unentschuldigt, fällt eine Vertragsstrafe in Höhe von ... Euro für jede unentschuldigt versäumte Schicht an. Für einzelne Stunden errechnet sich ein entsprechender anteiliger Geldbetrag. Die Vertragsstrafe ist sofort fällig und wird bei der nächsten Lohnabrechnung verrechnet.
b) Für Arbeitsverweigerungen bis zu 5 Arbeitstagen gilt das Doppelte der entgangenen Bruttovergütung als Vertragsstrafe vereinbart.
Abbildung 5: Vertragsstrafe für unentschuldigtes Fehlen45
Zu unterscheiden von der Vertragsstrafe ist die Betriebsbuße, mit deren Hilfe Verstöße gegen die betriebliche Ordnung und Sicherheit geahndet werden, wie beispielsweise das Zuspätkommen oder Diebstahl. Strafen, die sich aus der Betriebsbuße ergeben, können eine Geldbuße, ein schriftlicher Verweis, eine Verwarnung oder eine Rüge sein.46
2.1.3.5 Klage auf Erfüllung
Eine Klage auf Erfüllung kommt lediglich bei der Nichtleistung der Arbeitspflicht in Betracht. Die vom Arbeitnehmer nicht erbrachte Arbeit kann durch Klage vor dem Arbeitsgericht geltend gemacht werden. Das würde sich anbieten, wenn der Arbeitnehmer ohne ordnungsgemäße Kündigung nicht mehr zur Arbeit erscheint.47 Die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil ist jedoch nicht möglich gemäß § 888 Abs. 3 ZPO, wenn es sich um eine unvertretbare Arbeitsleistung handelt, also wenn die geschuldete Arbeitsleistung nur vom Arbeitnehmer selbst und nicht von einem Dritten erbracht werden kann.48 Wie bereits angesprochen ist die vom Arbeitnehmer geschuldete Arbeitsleistung gemäß § 613 BGB nicht übertragbar und somit unvertretbar.
[...]
1 Zu beachten ist hierbei, dass diese Statistik lediglich die Verfahren des BAG umfasst. Verfahren der ArbG und LAG, die keine Revision nach sich führten, sind hier nicht einbegriffen.
Vgl. O. V. : „Statistiken: Aufteilung der Verfahren nach Rechtsgebieten“ (2006), http:// www.bundesarbeitsgericht.de/statistik.html.
2 Betriebsfremde Dritte sind alle Personen, die über das Unternehmen hinaus mit diesem in vertraglicher oder anderer Verbindung stehen, wie beispielsweise Lieferanten, Kunden und Besucher.
3 Vgl. Hromadka, Arbeitrecht Handbuch für Führungskräfte (2004), § 17, Rn. 12.
Haftung gegenüber dem Arbeitgeber 6
4 BAG v. 17.03.1988, 2 AZR 576/87, AP Nr. 99 zu § 626 BGB; Vgl. Gotthardt, Arbeitsrecht nach der Schuldrechtsreform (2002), Rn. 9.
5 Vgl. Joussen, in: Beck’scher Online-Kommentar Arbeitsrecht, § 611 BGB, Rn. 291.
6 Vgl. Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, § 611 BGB, Rn. 870.
7 Vgl.ebenda, Rn 882.
8 Vgl.ebenda, Rn 884.
9 Mit Einführung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 01.01.2002 ist der Begriff der „Pflichtverletzung“ als Oberbegriff für alle Leistungsstörungen seitens des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers anzusehen. Leistungsstörungen treten auf, wenn Arbeitnehmer oder Arbeitgeber ihre jeweiligen Pflichten verletzen.
10 Vgl. Dütz, Arbeitsrecht (2002), § 5, Rn. 184.
11 Vgl. Ott / Schwarze / Krause, Die Haftung des Arbeitnehmers (1998), Rn. 86.
12 Vgl. Taube, Die Haftung des Arbeitnehmers nach der Schuldrechtsreform (2005), Seite 44.
13 Vgl. Marschollek, Arbeitsrecht (2005), S. 156; Vgl. Rolfs, in: Arbeitsrecht -Studienkommentar-, § 611 BGB, Rn. 109; Vgl. Hesse, in: Beck’scher Online-Kommentar Arbeitsrecht, § 619a BGB, Rn. 3a; Vgl. Henssler RdA 2002, Rn. 132; Vgl. Maschmann NZA-Beilage 2006, Rn. 13, 16.
14 Vgl. Reichold, Arbeitsrecht (2002), § 8, Rn 43.
15 Vgl. Weber, Haftung im Arbeitsverhältnis: Schadensersatzpflichten in der Betriebspraxis (2002), S. 18.
16 Vgl. Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, § 611 BGB, Rn. 837.
17 Vgl. Rolfs, in: Arbeitsrecht -Studienkommentar-, § 611 BGB, Rn. 109.
18 Vgl. Weber, Haftung im Arbeitsverhältnis: Schadensersatzpflichten in der Betriebspraxis (2002), S. 18; Vgl. Busemann, Die Haftung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber und Dritten: Haftung im Vorvertragsstadium, während des Arbeitsverhältnisses und im Nachvertragsstadium (1999), Rn. 24; Vgl. O tto / Schwarze / Krause, Die Haftung des Arbeitnehmers (1998), Rn. 87; Vgl. Gotthardt, Arbeitsrecht nach der Schuldrechtsreform (2002), Rn. 32; Vgl. Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, § 611 BGB, Rn. 838 f.; Vgl. R eichold, Arbeitsrecht (2002), § 8, Rn. 43.
19 Vgl. Weber, Haftung im Arbeitsverhältnis: Schadensersatzpflichten in der Betriebspraxis (2002), S. 18.
20 § 323 BGB wurde mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 01.01.2002 in das BGB eingefügt.
21 Vgl. Richardi NZA 2002, Rn.1006.
22 Vgl. Joussen, in: Beck’scher Online-Kommentar Arbeitsrecht, § 611 BGB, Rn. 352.
23 Vgl. ebenda, Rn. 353.
24 Vgl. ebenda, Rn. 355.
25 Vgl. Maschmann NZA-Beilage 2006, Rn. 14.
26 BAG v. 11.12.2003, 2 AZR 667/02, http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/recht sprechung/document.py?Gericht=bag&Art=en&Datum=2003-12-11&nr=9846&pos=3&anz=11.
27 BAG v. 11.12.2003, 2 AZR 667/02, http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/ document.py?Gericht=bag&Art=en&Datum=2003-12-11&nr=9846&pos=3&anz=11.
28 Vgl. Maschmann NZA-Beilage 2006, Rn. 14.
29 Vgl. Otto / Schwarze / Krause, Die Haftung des Arbeitnehmers (1998), Rn. 104.
30 Vgl. Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, § 611 BGB, Rn. 870.
31 Vgl. O. V., „Abmahnung oder Ermahnung : Was ist der Unterschied ?: Was ist eine Ermahnung“ (2006), http://www.verdi-bub.de/p_tipps/archiv/abmahnung/.
32 Vgl. Müller-Glöge, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, § 626 BGB, Rn. 45.
33 Vgl. Küffner-Schmitt, Arbeitsrecht Basiswissen (2002), S. 65.
34 Vgl. Gotthardt, Arbeitsrecht nach der Schuldrechtsreform (2002), Rn. 103.
35 Das Betriebsrisiko beschäftigt sich mit den Umständen, in denen die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers aufgrund von Risiken, die im Bereich des Arbeitgebers liegen, unmöglich wird, wie z. B. Stromausfall, Naturkatastrophen, Rohstoffmangel. Vgl. Reichold, Arbeitsrecht (2002), Rn. 52.
36 Vgl. Blomeyer, in: Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, § 57, Rn. 72 f., § 58, Rn. 27; Vgl. Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, § 611 BGB, Rn. 910.
37 Vgl. Preis, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, § 611 BGB, Rn. 868.
38 LAG Rheinland/Pfalz v. 09.05.2005, 7 Sa 68/05.
39 ArbG Frankfurt/M. v. 02.01.2002 - 2 Ca 5340/01.
40 LAG Köln v. 17.06.2003, 13 (3) Sa 1043/02, NZA-RR 2004, 531.
41 LAG Kamm v. 23.08.2000, 18 Sa 463/00, NZA-RR 2001, 138.
42 Vgl. Dütz, Arbeitsrecht (2002), § 5, Rn. 209.
43 Vgl. Blomeyer, in: Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, § 57 Rn. 56.
44 BAG v. 04.03.2004, 8 AZR 196/03, http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document. py?Gericht=bag&Art=en&Datum=2004-3-4&nr=9850&pos=2&anz=5.
45 Vgl. O. V., „Vertragsstrafen: Typ 3: Unentschuldigtes Fehlen“, http://www.aus-portal.de/datenbanken/ muster/ 125_193.htm.
46 Vgl. Brox / Rüthers / Henssler, Arbeitsrecht (2004), Rn. 273; Vgl. Kraft NZA 1989, Rn. 783.
47 Vgl. Kraft NZA 1989, Rn. 778.
48 Vgl. Brox / Rüthers / Henssler, Arbeitsrecht (2004), Rn. 242.
- Quote paper
- Manuela Urbich (Author), 2007, Haftung im Rahmen von Arbeitsverhältnissen - Eine Darstellung der Haftungssituation von Arbeitnehmern gegenüber Arbeitgeber, Arbeitskollegen und Dritten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68109
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