Die Zukunft der Gesellschaft liegt in den Händen der Jugend. Sie soll aus den Fehlern der Gegenwart lernen und doch ihre Errungenschaften weitertragen. Sie soll Traditionen bewahren und doch fortschreiten in neue Erkenntnisse. Sie soll den Gedanken weiterleben und doch die Welt verändern. Soviel Hoffnung, aber auch so wenig Vertrauen wird oftmals in sie gesetzt. Doch in einer Zeit, wo das gesellschaftliche Leben von Zwängen, Unfreiheit, Lügen und Einschränkung bestimmt ist, wird die Jugend zur Waffe gegen die Unterdrückung und zum Sprachrohr für Frieden und Freiheit. Denn die Jugend ist die Zeit der Rebellion, Unangepasstheit und der Suche. Die Jugend möchte sich bewegen, möchte ausprobieren und entdecken. Aber wenn dieser Drang wie in der DDR durch den Staat unterdrückt wird, braucht die Jugend einen anderen Raum und diesen fand sie in der Zeit zwischen 1949 und 1989 oftmals in der Kirche.
Auch wenn sich das Verhältnis zwischen Kirche und Staat im Laufe der Zeit in einigen Bereichen besserte, gab es auf der anderen Seite immer wieder Auseinandersetzungen, die für die Kirchen zur Folge hatten, dass sich die Menschen, oftmals durch massives Drängen des Staates, aus ihr zurückzogen. Doch die Jugendarbeit in den Kirchen ließ sich trotz militanter Zurückdrängung nicht gänzlich unterdrücken, wie in dieser Arbeit über die Jugendarbeit der evangelischen Kirche in der Zeit der DDR gezeigt werden soll.
Anfangs geht es dabei um die traditionelle Jugendarbeit der evangelischen Kirche, ihre Entwicklung und Angebote. Anschließend findet eine Ausführung zu der Ende der 60er Jahre entstandene Offene Arbeit statt. Wie kam es dazu und wie sah dieses aus, sind dabei die wesentlichen Fragen. Einige wichtige Ereignisse, welche die Jugendarbeit stark beeinflussten, werden im Weiteren erläutert. Dies sind zum einen die in den 50er Jahren beschlossenen Maßnahmen gegen die Junge Gemeinde, die Einführung der Jugendweihe als Gegenstück zur Konfirmation, die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht 1962 sowie die Friedensdekaden. Darauf folgt eine Problemanalyse der kirchlichen Jugendarbeit.
Die Arbeit beschränkt sich auf wesentliche Punkte und stellt damit nur einen Überblick dar.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Traditionelle Jugendarbeit
2.1 Entwicklung
2.2 Angebote
3. Offene Jugendarbeit
3.1 Entstehung
3.2 Merkmale und Formen
4. Beeinflussende Ereignisse auf die Jugendarbeit
4.1 Maßnahmenbeschlüsse gegen die Junge Gemeinde
4.2 Einführung der Jugendweihe 1954
4.3 Einführung der allgemeinen Wehrpflicht 1962
4.4 Friedensdekaden
5. Probleme der Jugendarbeit
6. Schlussbemerkung
7. Anmerkungsteil
8. Abkürzungsverzeichnis
9. Literatur – und Quellenverzeichnis
1. Einleitung
Die Zukunft der Gesellschaft liegt in den Händen der Jugend. Sie soll aus den Fehlern der Gegenwart lernen und doch ihre Errungenschaften weitertragen. Sie soll Traditionen bewahren und doch fortschreiten in neue Erkenntnisse. Sie soll den Gedanken weiterleben und doch die Welt verändern. Soviel Hoffnung, aber auch so wenig Vertrauen wird oftmals in sie gesetzt. Doch in einer Zeit, wo das gesellschaftliche Leben von Zwängen, Unfreiheit, Lügen und Einschränkung bestimmt ist, wird die Jugend zur Waffe gegen die Unterdrückung und zum Sprachrohr für Frieden und Freiheit. Denn die Jugend ist die Zeit der Rebellion, Unangepasstheit und der Suche. Die Jugend möchte sich bewegen, möchte ausprobieren und entdecken. Aber wenn dieser Drang wie in der DDR durch den Staat nicht befriedigt wird, braucht die Jugend einen anderen Raum und diesen fand sie in der Zeit zwischen 1949 und 1989 oftmals in der Kirche.
„Dem SED – Staat waren die Kirchen von Anfang an [...] ein Dorn im Auge.“1 Auch wenn sich das Verhältnis zwischen Kirche und Staat im Laufe der Zeit in einigen Bereichen besserte2, gab es auf der anderen Seite immer wieder Auseinandersetzungen, die für die Kirchen zur Folge hatten, dass sich die Menschen, oftmals durch massives Drängen des Staates, aus ihr zurückzogen. Doch die Jugendarbeit in den Kirchen ließ sich trotz militanter Zurückdrängung nicht gänzlich unterdrücken3, wie in dieser Hausarbeit über die Jugendarbeit der evangelischen Kirche in der Zeit der DDR gezeigt werden soll.
Anfangs geht es dabei um die traditionelle Jugendarbeit der evangelischen Kirche, ihre Entwicklung und Angebote. Anschließend findet eine Ausführung zu der Ende der 60er Jahre entstandene Offene Arbeit statt. Wie kam es dazu und wie sah dieses aus, sind dabei die wesentlichen Fragen. Einige wichtige Ereignisse, welche die Jugendarbeit stark beeinflussten, werden im Weiteren erläutert. Dies sind zum einen die in den 50er Jahren beschlossenen Maßnahmen gegen die Junge Gemeinde4, die Einführung der Jugendweihe als Gegenstück zur Konfirmation5, die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht 19626 sowie die Friedensdekaden7. Darauf folgt eine Problemanalyse der kirchlichen Jugendarbeit.
Sicherlich könnte der Bericht über die kirchliche Jugendarbeit in der DDR noch sehr viel mehr Seiten füllen, doch um nicht ganz den Rahmen der Hausarbeit zu sprengen, beschränke ich mich auf wesentliche Punkte und versuche einen Überblick zu geben.
2. Traditionelle Jugendarbeit
2.1 Entwicklung
Nach dem Zweiten Weltkrieg, seinen zahlreichen Gefallenen, der Zerstörung und Verwirrung baute sich die Kirche und damit auch ihre Jugendarbeit langsam wieder auf. Auch wenn Arbeitsmaterial fehlte, wussten sich die haupt – und ehrenamtlichen Jugendmitarbeiter zu helfen, indem sie Vorkriegsmaterial verwendeten und besonderes Augenmerk auf die Erzählung biblischer Geschichten richteten. Doch die Möglichkeit zur Wiederaufnahme von Formen der Jugendarbeit vor dem Krieg hatte die Jugendarbeit in Ostdeutschland nicht so wie es in Westdeutschland der Fall war. Auch erlangte die Aufgabe den Jugendlichen in seiner jeweiligen Situation wahrzunehmen und die Schaffung eines starken Zusammenhalts eine wichtiger Stellung in der Jugendarbeit wie Programme und äußerlicher Aufbau. Besondere Bedeutung kam neben den Kreis - und Ephoraljugendpfarrern, den Landesjugendpfarrern dabei zu, welche vor der Nazizeit nur geringe Bedeutung erhalten hatten und nun meist Männer aus der Bekennenden Kirchen waren. Ihre koordinierende Funktion in der Jugendarbeit vergrößerte sich und sie wählten anknüpfende an die aus der Bekennenden Kirchen gemachten Erfahrungen eine Jugendarbeit, welche eng an die Ortsgemeinde gebunden war, also zusammenhängend mit Kirche und Gemeinde. Sie durfte jedoch nicht ein vereinsmäßiger Zusammenschluss sein, da es keine in Vereinen und Verbänden organisierte Jugendarbeit neben der des Staates geben durfte. Die Veranstaltungen sollten demzufolge einen offenen Charakter erhalten und der Beteiligung aller Jugendlichen bereitstehen.
Viele Arbeitszweige der kirchliche Jugendarbeit mussten sich nach der Zeit des Nationalsozialismus umstellen, einige verloren an Stellung wie etwa die Schülerarbeit, während sich andere in neue Richtungen entwickelten.8
Von der Gründung der DDR an herrschte eine Distanz zwischen der Kirche mit ihren Gliedern und der aufgezwungenen Staats - und Gesellschaftsordnung, welche in der Bevölkerung eine durch Atheismus geprägte Weltanschauung durchsetzen wollte und dies auch mit staatlichen Gewaltmitteln tat. Die Distanz verfestigte sich durch die negativen Erfahrungen, welche die Kirche mit den staatlichen und gesellschaftlichen Entscheidungen machen musste.9 Zwar gab die Kirchenleitung dem Druck des Staates und der Partei oftmals nach10 und 1971 wurde sogar die Selbstbezeichnung „Kirche im Sozialismus“ geprägt, welche die Bedeutung hatte, dass sich die Kirche weder gegen noch neben dem Sozialismus befindet, sondern mitten in ihm sein möchte11, aber dennoch lehnten die meisten Gemeinden und ihre Glieder diese Zusammenarbeit von Kirche und Staat ab, was sich auch in zahlreichen Initiativen gegen diesen Kurs zeigte12. Besonders betroffen von dem Kampf zwischen Kirche und Staat war allerdings die Jugendarbeit, da die Erkenntnis bei beiden Seiten zu existierte schien, dass das Für – sich - Gewinnen der Jugend die Zukunft für das eigene Fortbestehen bedeutete. Durch mehrere Maßnahme gegen den Zulauf der Jugendlichen zur Jungen Gemeinde versuchte daher der Staat die jungen Menschen für sich und sein System zu gewinnen. Dies geschah allzu oft mit Zwang, wogegen sich viele von ihnen wehrten und dadurch in noch größerem Masse die Kirche als Schutzraum aufsuchten. Der Zulauf unterlag demzufolge großen Schwankung. Wuchs er am Anfang der 50er13, unterbrachen die Repressionen des Staates diese Entwicklung, die auch nicht nach deren Einstellung wieder so hergestellt werden konnte14. Erst in den 60er Jahren bereitet vor allem die offen Jugendarbeit der Kirche wieder größeren Zulauf von jungen Menschen.15
In den 70er Jahren änderte der Staat dann seine Einstellung zu Religion und Sozialismus. Die Kirchenpolitik hatte nicht mehr das Ziel die Religion im Sozialismus absterben zu lassen und die Kirche wurde als eigenständige gesellschaftliche Kraft anerkannt.16
2.2 Angebote
Von großer Bedeutung für die kirchliche Jugendarbeit in den Nachkriegsjahren waren die Jugendstunden, welche durch Bibelarbeiten, geistliche Lieder, Laienspiel und Bastelarbeiten bestimmt wurden.17 Dies änderte sich auch in den darauffolgenden Jahren nicht, auch wenn die Zusammenkünfte später als Junge Gemeinden bezeichnet wurden. Die Junge Gemeinde, welche alle Gruppen der kirchlichen Jugendarbeit in sich einbezog, gab es in nahezu jeder Gemeinde, welche durch ihr unterschiedliches Umfeld, ihre Bedingungen und Traditionen diese prägte. Sie war somit ein Teil der Gemeinde, welche eine bestimmte Altersgruppe in sich vereinigte18 und wurde vom Pfarrer, Gemeindehelferinnen, Jugendwart oder Katechetin beziehungsweise Katechet geleitet. Auch die Jugendlichen engagierten sich teilweise sehr intensiv in ihr, indem sie Abende oder Morgenwachen hielten. Einige kümmerten sich um die Jungschar, Laienspielgruppen oder halfen auf Rüstzeiten.19 Diese Bezeichnung erhielten die kirchlichen Freizeiten, welche meist mehrere Tage dauerten und besonderen Wert auf Bibelarbeiten legten. Nach anfänglich schweren Bedingungen konnte diese Form immer mehr ausgebaut werden und das Angebot wurde sehr vielfältig, es gab zum Beispiel spezielle Rüstzeiten für Schüler und Laienspielgruppen. 20
Trotz staatlicher militanter Zurückdrängung und dem daraus folgenden personellen, programmatischen und materiellen Verlustes blieb die Junge Gemeinde sehr vielfältig. Unter anderen gab es das Jungmännerwerk, die Mädchenbibelkreise, die Gemeinschaftsjugend, die „Jugend auf dem Land“ und die Schülerarbeit. Alle waren geprägt durch unterschiedliche pädagogische und theologische Konzepte.21
Die Inhalte der Jungen Gemeinde waren demzufolge auch durch eine große Bandbreite ausgezeichnet. Einige Kreise zeigten diakonisches Engagement indem sie sich um körperlich Behindere kümmerten, andere brachten sich in der Gottesdienstgestaltung und bei Gemeindeveranstaltungen ein, wieder andere betätigten sich auf musikalischer Ebene. Es gab Gruppen, wo die Bibelarbeit die zentrale Rolle spielte, solche, wo gesellschaftliche und politische Themen stärker betont wurden, Gruppen, in denen das Gemeinschaftserleben und die gemeinsame Feier im Mittelpunkt standen und auch ökumenische Gruppen waren keine Seltenheit. Trotz allem blieben aber Fundament der Arbeit die Bibel und das Gebet.22
In den 60er Jahren zeigte sich immer mehr der Trend hin zur aktiven Mitgestaltung, nicht mehr nur Zuhören, sondern Beteiligung und Unterhaltung waren die Wünsche der Jugendlichen.23 Es entwickelte sich eine neue Form der kirchlichen Jugendarbeit, die offene Arbeit.
3. Offene Jugendarbeit
3.1 Entstehung und Entwicklung
Dietmar Linke schrieb in seinen 10 Thesen zur kirchlichen Jugendarbeit in der DDR folgendes: „Je enger der Spielraum der Gesellschaft wird, in dem der einzelne sich entfalten kann, um so stärker wird der Zulauf von Fragenden und Suchenden in den alternativen Raum der Kirche.“24 Dieser Zulauf wurde in der Zeit der 60er Jahre tatsächlich immer stärker und zwar vor allem von solchen Jugendlichen, welche nicht in den normalen Rahmen der Gesellschaft passten. Die kirchliche Jugendarbeit in verschiedenen Orten der DDR wie etwa Leipzig, Jena und Rudolstadt nahm sich diesen auffälligen Jugendlichen an und es entwickelten sich Veranstaltungen, welche immer mehr von ihnen anzogen.25 Das staatliche Angebot war für sie nicht von Interesse und Alternativen gab es dazu nicht, aus diesem Grund wählten sie den offenstehenden Raum der Kirche,26 welcher ihrer Meinung nach frei war von der SED- Gesellschaft. Der Kontakt zur kirchlichen Jugendarbeit und einzelnen Pfarrern wurde teilweise von ihnen selbst gesucht. Eine besonders wichtige Anlaufperson war damals der Leipziger Pfarrer Claus-Jürgen Wizisla, welcher den Begriff der Offenen Arbeit prägte. Diese Bezeichnung bürgerte sich in den 70er Jahren immer fester ein und wurde zum Synonym für das widerständische Milieu, denn die Veranstaltungen nahmen öfters einen politischen Charakter an, meist aber ungewollt. Auch wurden sie immer größer und nahmen teilweise überregionalen Charakter an. Dies war nicht nur ein Problem für den Staat, sondern auch für die Kirche. Für den Staat waren die Jugendlichen aus den Anfang der 60er Jahre entstandenen jugendlichen Subkulturen, welche nun die Kirche bevölkerten, Kriminelle und sie wurden von der SED und dem MfS besonders beobachtet. Und auch die Kirche war irritiert. Sie stand einer ganz neuen Entwicklung gegenüber, welche sie aber im besonderen Maß betraf. Es wurde ein theologische Legitimierung von den verantwortlichen Pfarrern gefordert. Wizisla schrieb in den 70er Jahren Grundsatzpapiere, in denen er sich zur Offenen Arbeit äußerte, sie begründete und ihre Zielsetzung darlegte, auch legitimierte er diese Arbeit, in dem er auf das Leben und Wirken Jesus verwies, welcher sich ebenso Außenseitern zuwandte und ihnen das Evangelium nahe bringen wollte. Seine Überlegungen in Verweigerung und Widerspruch legitime Bestandteile zu sehen für die Sozialisation junger Menschen, wurden allerdings nicht in die offizielle kirchliche Pädagogik aufgenommen.27
1981 fand eine Konsultation über die Probleme der offenen Jugendarbeit und die Großveranstaltungen statt, woraus sich ein jährliches Treffen von Verantwortlichen der Offenen Jugendarbeit überall aus der DDR entwickelte, welches eine Vernetzung der Arbeit ermöglichte. Dies sollte den Maßnahmen des Staates entgegenwirken, welcher Jugendliche auf den Weg zu kirchlichen Veranstaltungen abfing, diese behinderte und verbot. Mit der Zeit aber versuchten der Staat das immer größer werdende Problem zu bagatellisieren oder zu ignorieren, da seiner Meinung nach die einzelnen Jugendlichen, für die der Sozialismus ausnahmsweise keinen Platz und keine Perspektiven bot, durch bestimmte Maßnahmen korrigiert werden konnten.
Im Jahre 1983 stellte sich dann auch die Synode des Bundes der Evangelischen Kirchen insgesamt hinter diese Form der Jugendarbeit und entzog sich nicht mehr dieser wichtigen Aufgabe. Doch unproblematisch verlief die Arbeit durchweg nicht, da die Atmosphäre zwischen kirchlichen Leitungsgremien und den Gruppen der Offenen Arbeit durch immer wieder auftretende Vorkommnisse gespannt blieb.28
3.2 Merkmale und Formen
Zwei wesentliche Merkmale der Offenen Jugendarbeit waren, dass sie ersten mit Jugendlichen zusammenarbeitet, welche sich von der traditionellen kirchlichen Jugendarbeit nicht angesprochen fühlten und zweitens, dass sie angesehen wurde als eine Organisation gegen den Staat. Dies spiegelt sich auch in den Veranstaltungsformen wieder. Da vieler dieser Jugendlichen einer Gruppe angehörten, welche eine bestimmt Musikrichtung bevorzugten, entstanden sogenannte Bluesmessen und Beatmessen. Sie waren organisiert als eine Mix aus Musik und Lesung biblischer Texte und gingen erstmalig von dem Berliner Pfarrer Rainer Eppelmann aus.29 Aber es gab auch Jugendtreffen, bei denen der besondere Schwerpunkt nur auf dem gemeinsames Miteinander beim Musik hören und Reden lag. In einige Orten wurden in den Räumen der Jugendarbeit Tischtennis, Brettspiele und Billard angeboten. Neben einen sicheren Raum, wo man sich aufhalten konnte, war den Jugendlichen auch die freie Meinungsäußerung besonders wichtig. Es wurde demzufolge viel diskutiert, über alltägliche, gesellschaftliche, politische und kirchliche Fragen.30 Die Aktionen der Jugendarbeit und der Jugendlichen blieben aber nicht nur in der Kirche, die unter anderem mit den „Gottesdienst einmal anders“31, welcher eine Modernisierung der kirchlichen Angebote seien sollte, oftmals ungewollt politisch wurde. Sie unternahmen diese ebenso aus den Gottesdiensten heraus, was natürliche Auseinandersetzungen mit dem Staat zur Folge hatte. Wie auch die großen überregionalen Veranstaltungen der kirchlichen Jugendarbeit.32 Es entstand eine regelrechte Reisebewegung der Jugendlichen zu den einzelnen Veranstaltungen.33
4. Beeinflussende Ereignisse auf die Jugendarbeit
4.1 Maßnahmenbeschlüsse gegen die Junge Gemeinde
Ein genauer Grund für die starke Repression des Staates in den 50er Jahren gegen die Jugendarbeit ist nicht klar zu benennen34. Überwiegend wird aber eine Begründung für die Verschärfung des Verhältnisses von Staat und Junger Gemeinde in den Verhältnisses zwischen Freier Deutscher Jugend und Junger Gemeinde gesehen.35 Die FDJ wurde 1946 gegründet und diente der SED als Kontrollorgan von Schule und Erziehungswesen. Darüber hinaus erfolgte in deren Rahmen die vormilitärische Ausbildung.36 Im Gegensatz zur FDJ konnte der Staat die Junge Gemeinde in solchen Maße nicht kontrollieren und auch die Abneigung gegen den Militarismus bei vielen Mitgliedern der Jungen Gemeinde entsprach nicht den gewünschten Bild der Staatsführung.37 Doch die Zahl der Teilnehmer in der Jungen Gemeinde stieg, sie erhielt immer mehr Zulauf. Die FDJ allerdings erfreute sich nicht so großer Beliebtheit. Zwar waren ihre Mitgliederzahlen um ein Vielfaches höher als die der Jungen Gemeinde, aber die kirchlichen Aktivitäten sprachen die Jugendlichen mehr an. Von Seiten der FDJ wurde die Junge Gemeinde als starke Konkurrenz angesehen, welche geschwächt werden musste. So kam es zu harten Beschuldigungen gegenüber dieser. Ihr wurde unterstellt unter den Einfluss des kapitalistischen Feindes im Westen zu stehen und diesen für Spionagedienste zu dienen. Die Junge Gemeinde wurde als staatsfeindliche Organisation angesehen und illegalisiert durch die Festlegung, dass es neben der FDJ keine andere Jugendorganisation geben durfte.38 Die Kampagne gegen die Junge Gemeinde mündete in die Ende 1952 und Anfang 1953 festgelegten Maßnahmen zur Auflösung dieser. Im Januar 1953 beschloss das Parteigremium einen detaillierten Plan, welcher dieses Ziel verfolgt.39 Er bestand aus vier Teilen und begann mit den Spionagebeschuldigungen. Im Weitern schloss er die Öffentlichkeitsmobilisierung durch Pressekampagnen und Versammlungen, die Entfernung von Teilnehmer der Jungen Gemeinde aus der FDJ, eine stärker Konkurrenz dieser zur kirchlichen Jugendarbeit sowie zahlreiche administrative Maßnahmen, welche sich gegen die Gemeinde wie auch gegen den Einzelnen wendeten, ein.40 Die Durchführung der Maßnahmen war in den Schulen besonders spürbar. Der Religionsunterricht in den 10-Klassen-Schulen wurde abgesetzt, Teilnehmer der Jungen Gemeinden wurden besonders in den Oberschulen von FDJlern öffentlich bloßgestellt, verhört und zur Kündigung der Junge-Gemeinde-Mitgliedschaft gedrängt. Die Jugendliche hatten die Wahl entweder Mitglied der FDJ oder der Junge Gemeindne zu sein. Entschieden sie sich für die Junge Gemeinde, konnte dies bedeuten, dass der Besuch der Oberschule oder Universität verboten wurde.
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- Citar trabajo
- Christiane Zönnchen (Autor), 2006, Die Jugendarbeit der evangelischen Kirche zur Zeit der DDR, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68049
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