Erich Feifel, der Mitbegründer einer wissenschaftlich fundierten Symboldidaktik, hat erstmals die Bedeutung, ja die Bedingtheit der Glaubensfähigkeit durch die Verknüpfung von Lebenserfahrungen und der überlieferten Bibeltradition thematisiert. Er war einer der Pioniere, der die christliche Tradition aufgrund ihrer „Abgehobenheit“ vom Alltag des Einzelnen kritisierte und der ein Wirksamwerden des christlichen Glaubens unter Einbeziehung der konkreten menschlichen Erfahrungen postulierte. Grund genug, ihn hier kurz mit seinen wichtigsten Lebensdaten und „Denkstationen“ vorzustellen.
Erich Feifel wurde am 27. September 1925 als eines von sieben Kindern in Lauchheim, Baden-Württemberg, geboren. Seine Kindheit verlief nicht idyllisch, wie er selbst schrieb.1Sie war geprägt von Inflation, Nationalsozialismus und vom Tod dreier Geschwister. Aufgrund der Inflation schon zu einem kargen Dasein und zu zeitweiser Armut verbannt, wetterte sein Vater, ein katholischer Lehrer, öffentlich gegen den Führer und dessen unkritische und gottähnliche Huldigung durch das Volk, was ihm eine Strafversetzung nach der anderen einbrachte. Es drohte sogar die Einweisung ins Konzentrationslager. Dank einflussreicher Freunde und eines nach dem ersten Weltkrieg verliehenem Ritterkreuzes, eine der höchsten Auszeichnungen damals, entging er zwar knapp der Inhaftierung, durfte aber seine Lehrtätigkeit nicht mehr ausüben. Hinzu kam, dass Feifel innerhalb von sechs Jahren drei seiner Geschwister verlor: Zwei Brüder starben an der Front, eine Schwester starb im Alter von 18 Jahren an einer Blutvergiftung.
Feifels Adoleszenz war geprägt vom Krieg. Er wuchs mit einer allgegenwärtigen, menschenfeindlichen Ideologie auf und die Situation spitzte sich mit Kriegsausbruch 1939 noch weiter zu. Der kleine Erich musste erleben, wie seine Heimat zum Kriegsschauplatz wurde und die Bedrohung für sein Leben und das seiner Familie zunahm. Mit 18 Jahren wurde er zum Reichsarbeitsdienst abkommandiert, anschließend musste auch er an die Front, von wo aus er in Kriegsgefangenschaft geriet, die mit Ende des Krieges endete.
Inhaltsverzeichnis
1 Glaubenssymbole und Lebenserfahrung
1.1 Erich Feifel – (Denk-) Phasen seines Lebens
1.2 Die Bedeutsamkeit der Erfahrung für Leben, Glauben und Religionspädagogik
1.2.1 Was ist ein „erfahrener“ Mensch?
1.2.2 Erfahrungen, Leben und Glaube
1.2.3 Die Bedeutung der Erfahrung für die Religionspädagogik
1.3 Feifels Symbolverständnis
1.4 Welt- und Glaubenserfahrung in der Schule: Wie können sie sinnvoll zusammen kommen?
2 Struktur der Seminarsitzung
3 Reflexion der Seminarsitzung
4 Literaturverzeichnis
5 Anhang
1 Glaubenssymbole und Lebenserfahrung
1.1 Erich Feifel – (Denk-) Phasen seines Lebens
Erich Feifel, der Mitbegründer einer wissenschaftlich fundierten Symboldidaktik, hat erstmals die Bedeutung, ja die Bedingtheit der Glaubensfähigkeit durch die Verknüpfung von Lebenserfahrungen und der überlieferten Bibeltradition thematisiert. Er war einer der Pioniere, der die christliche Tradition aufgrund ihrer „Abgehobenheit“ vom Alltag des Einzelnen kritisierte und der ein Wirksamwerden des christlichen Glaubens unter Einbeziehung der konkreten menschlichen Erfahrungen postulierte. Grund genug, ihn hier kurz mit seinen wichtigsten Lebensdaten und „Denkstationen“ vorzustellen.
Erich Feifel wurde am 27. September 1925 als eines von sieben Kindern in Lauchheim, Baden-Württemberg, geboren. Seine Kindheit verlief nicht idyllisch, wie er selbst schrieb.[1] Sie war geprägt von Inflation, Nationalsozialismus und vom Tod dreier Geschwister. Aufgrund der Inflation schon zu einem kargen Dasein und zu zeitweiser Armut verbannt, wetterte sein Vater, ein katholischer Lehrer, öffentlich gegen den Führer und dessen unkritische und gottähnliche Huldigung durch das Volk, was ihm eine Strafversetzung nach der anderen einbrachte. Es drohte sogar die Einweisung ins Konzentrationslager. Dank einflussreicher Freunde und eines nach dem ersten Weltkrieg verliehenem Ritterkreuzes, eine der höchsten Auszeichnungen damals, entging er zwar knapp der Inhaftierung, durfte aber seine Lehrtätigkeit nicht mehr ausüben. Hinzu kam, dass Feifel innerhalb von sechs Jahren drei seiner Geschwister verlor: Zwei Brüder starben an der Front, eine Schwester starb im Alter von 18 Jahren an einer Blutvergiftung.
Feifels Adoleszenz war geprägt vom Krieg. Er wuchs mit einer allgegenwärtigen, menschenfeindlichen Ideologie auf und die Situation spitzte sich mit Kriegsausbruch 1939 noch weiter zu. Der kleine Erich musste erleben, wie seine Heimat zum Kriegsschauplatz wurde und die Bedrohung für sein Leben und das seiner Familie zunahm. Mit 18 Jahren wurde er zum Reichsarbeitsdienst abkommandiert, anschließend musste auch er an die Front, von wo aus er in Kriegsgefangenschaft geriet, die mit Ende des Krieges endete.
Diese Kriegserlebnisse und das Überleben des Krieges ganz allgemein haben Feifel verändert. Er selbst nannte es eine „sensible Unsicherheit, wenn nicht ein Erschrecken“[2], die inzwischen Teil seines Theologieverständnisses war. Die Umstände und seine veränderte Gemütslage ließen ihn nach neuen theologischen Antworten suchen. Die wollte er zwar durchaus, wie seine Eltern, ebenfalls im Glauben finden, ahnte aber schon, dass sein Gottesverständnis sich ändern musste, um weiterhin Bestand haben und befriedigende Antworten geben zu können.
So begann er 1945 in Tübingen ein Theologie-, Philosophie- und Pädagogikstudium; in der Stadt und ihrer Fakultät also, der er „Entscheidendes zu danken“[3] habe auf seinem Lebensweg, wie er selbst sagt. Nach Beendigung dieses Studiums wurde Feifel 1950 zum Priester geweiht und fungierte anschließend als Religionslehrer sowie als Klinik- und Gefängnisseelsorger. Sieben Jahre später promovierte er in Pastoraltheologie bei Prof. Dr. Franz-Xaver Arnold, 1963 wurde er im Fachgebiet Religionspädagogik habilitiert. Von 1965 an war er Professor für Religionspädagogik und Kerygmatik an der pädagogischen Hochschule München, die 1968 zur katholisch-theologischen Fakultät umfirmierte und damit Teil der Münchner Universität wurde. Von 1970-1971 war er deren Dekan und von 1972-1980 Vorsitzender der Studienreformkommission „Curricula in Theologie“ des Westdeutschen Fakultätentages.
Die in Tübingen vermittelte „Theologie nach dem Überleben“[4] ließ Feifel allmählich erahnen und in ihm die Erkenntnis heranreifen, dass der christliche Glaube den Menschen auf keine andere Weise zugänglich ist, als in seiner geschichtlichen Manifestation.[5] Seine Kernfolgerung und –forderung daraus war eine „’Zweisprachigkeit’“[6] zwischen Theologie und den Humanwissenschaften, womit er einen gleichberechtigten Austausch zwischen der weisen göttlichen Überlieferung, ausgedrückt in den Symbolen, und den inneren menschlichen Konflikten meinte. Aber dazu mehr im nächsten Kapitel.
Professor Feifel gehörte zu den Wegbereitern der Religionspädagogik im deutschsprachigen Raum seit den 60er Jahren und hat entscheidend zur Weiterentwicklung des Faches durch zahlreiche Publikationen und durch seine lange Lehrtätigkeit beigetragen. Am 05. April 2003 starb er.
1.2 Die Bedeutsamkeit der Erfahrung für Leben, Glauben und Religionspädagogik
1.2.1 Was ist ein „erfahrener“ Mensch?
Feifel forderte eine Einbeziehung biografischer Vorgaben in die Religionspädagogik. Mit biografischen Vorgaben meinte er die konkreten menschlichen Erfahrungen, die den Menschen in Summe erst zu dem machen, was er ist. Sein Wissen, sein Können und seine Kenntnisse verdankt der Mensch diesen Erfahrungen. Aber was macht einen Menschen denn zu einem „erfahrenen“ Menschen? Nach Feifel hat ein erfahrener Mensch die Wirklichkeit bereits kennen gelernt, er hat sowohl positive als auch negative Erfahrungen gemacht. Daraus hat er seine Lehre gezogen und ist daran gereift, er ist nun bereit und gestärkt für neue Erfahrungen. „Erst muss der Mensch sich der Wirklichkeit beugen, bevor er aus ihr lernen kann.“[7], so Feifels einfache Formel. Ausgestattet mit diesem Fundus an durchlebten Erfahrungen, könnten dann mutig und gestärkt neue gemacht werden.
Feifel grenzt die Erfahrungen von den Erlebnissen dadurch ab, dass er der Erfahrung eine Mitteilbarkeit attestiert. Die Erfahrung gehe über sich hinaus und stelle eine Kommunikation zum Menschen und zur Welt her, so seine Definition. Durch entsprechend verändertes Handeln wird die menschliche Erfahrung zur praktisch gelebten Überzeugung. Aber wie können Erfahrungen der Außenwelt mitgeteilt werden? Durch Symbole, in denen sich die Erfahrungen verdichtet wieder finden![8]
1.2.2 Erfahrungen, Leben und Glaube
Die Theologie ist, noch mehr als jede andere Wissenschaft, an die Menschen selbst und deren Lebensgeschichte geknüpft. Sie besteht einerseits aus der aktiven christlichen Überlieferung dessen, was wir die Quelle, den Ursprung des Seins, das Göttliche nennen. Andererseits ist der Mensch selbst Mittelpunkt theologischer Überlegungen: Seine Gottesebenbürtigkeit und seine „Wertschätzung“ seitens Jesus Christus durch seine eigene Menschwerdung werden studiert, es wird versucht, daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. Zugleich wollen die Vertreter der Kirche dem Menschen Hilfestellung und Anlaufstelle bei Fragen und Schwierigkeiten des alltäglichen Lebens sein. Ziel ist es nun, „das Erfahrungspotential der Bibel und der christlichen Glaubensüberlieferung mit der Welterfahrung des heutigen Menschen zu vermitteln.“[9]
Glaube und Leben in Form von Erfahrungen bedingen sich gegenseitig, somit sind die Lebenserfahrungen auch theologisch legitimiert. Denn für Feifel ist eine Glaubenserfahrung das „Wirksamwerden des Glaubens in menschlicher Erfahrung“[10], also Teil der Welterfahrung. Das Glaubensbewusstsein bildet sich aus der objektiven Glaubenslehre und dem subjektiven Glaubensleben. In der altkirchlichen Tradition herrschte eine stillschweigende Symbiose zwischen den beiden. Im Hochmittelalter wurde die Glaubenslehre sukzessive vom Glaubensleben getrennt, die eigenen Erfahrungen verloren enorm an Bedeutung. In der katholischen Tübinger Schule versuchte man schließlich, die alte Tradition wieder aufleben zu lassen: Eine Vermittlung von Theorie und Praxis, von Lehre und Leben wurde wieder angestrebt.
Für Feifel sollten die Lebenserfahrungen des Einzelnen nicht bloß als lästiges Anhängsel an einen wie auch immer gearteten Religionsunterricht fungieren, sondern sie sollten wesentliches Element und eine Grundkategorie der Religionspädagogik werden. Denn er postulierte, dass „Glaube nicht anders interpretierbar ist als in Relation zur Erfahrung“[11] (reflexes Erfahrungsverständnis). Konkret bedeutet dies, dass die gemachten bisherigen Glaubenserfahrungen Ausgangspunkt beim Schüler sein sollen. Durch einen interpretierend-erhellenden und kritisch-befreienden Prozess, dessen in Gangsetzung Aufgabe der Religionspädagogik respektive des Religionslehrers sei, werden neue, tiefere Glaubenserfahrungen möglich. Aber wie gelingt dieser Prozess? Wie kann man die Welterfahrungen der Schüler und die überlieferte Weisheit in einen sinnvollen und hilfreichen Zusammenhang setzen? Für Feifel war die Antwort eindeutig: Durch die Symbole! Sie sind idealerweise in der Lage, den inneren Konflikt des Menschen und die christliche Überlieferung miteinander zu verknüpfen. Er spricht also den Symbolen eine (Ver-) Mittlerfunktion zu, nicht mehr als das, aber auch nicht weniger. Die Symbole tragen die christliche Erfahrung und Weisheit komprimiert in sich, die Lebenserfahrungen der Schüler sollen damit zusammentreffen. Aber dazu mehr im nächsten Punkt.
[...]
[1] Vgl. Feifel (1989), Erbe und Auftrag. Leben lernen. Glauben lernen, in: Lachmann/Rupp, Lebensweg und religiöse Erziehung. Religionspädagogik als Autobiographie, Bd. 1, Weinheim 1989, 100.
[2] Ebd., 101.
[3] Ebd.
[4] Ebd.
[5] Vgl. ebd., 102.
[6] Ebd.
[7] Feifel (1979), Erfahrung. Symbol. Ritual, in: Stachel (Hg.), Sozialisation. Identitätsfindung. Glaubenserfahrung, Zürich/Einsiedeln/Köln 1979, 174.
[8] Vgl. ebd., 175.
[9] Ebd., 174.
[10] Ebd.
[11] Feifel (1989), Erbe und Auftrag, a. a. O., 105.
- Citation du texte
- Mirjam Rothenbacher (Auteur), 2006, Glaubenssymbole und Lebenserfahrung - Erich Feifel, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68048
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