Der Odol-Fabrikant Karl August Lingner (1861-1916) gehörte zu den erfolgreichen Unternehmern, die einen erheblichen Teil ihres Vermögens für gemeinnützige Zwecke zur Verfügung stellten. Mit Hilfe bedeutender Persönlichkeiten und Wissenschaftlern seiner Zeit, genannt seien hier lediglich Robert Koch, Paul Ehrlich, Emil von Behring, Wilhelm Ostwald, Albert Neisser, Gustav Stresemann, Karl Sudhoff, Giacomo Puccini, Richard Strauss, Enrico Caruso und Franz von Stuck, verstand er es, neue Erkenntnisse der Bakteriologie, der Sozialhygiene und des Desinfektionswesens aufzugreifen und für die Allgemeinheit nutzbar zu machen. Seiner Weitsicht und seinem Organisationstalent verdankt die Stadt Dresden auch die Entstehung des Deutschen Hygiene-Museums und des Sächsischen Serumwerkes. Lingner ging als Pionier der deutschen Markenartikelindustrie und als Mitbegründer der hygienischen Volksbelehrung in die allgemeine Industrie- und Medizingeschichte ein. Dabei war und ist die Persönlichkeit Lingners nicht unumstritten. Bereits für viele Zeitgenossen war der Aufstieg Lingners vom Handlungsgehilfen zum Multimillionär suspekt. Unbestritten kann Lingner als visionärer Realist bezeichnet werden. Schon vor einhundert Jahren erkannte er die Notwendigkeit einer Europäischen Union, warnte vor dem Geburtenrückgang in Deutschland und der zunehmenden Wirtschaftsmacht Asiens. Die Vorstellungen Lingners zu diesen Problemfeldern sind heute aktueller denn je. Die vorliegende Biographie unterscheidet sich von bisherigen Veröffentlichungen neben der reichhaltigen Bebilderung auch dadurch, dass sie die von Lingner unterstützen bzw. begründeten Einrichtungen ausführlich darstellt. Dazu gehören das Deutsche Hygiene-Museum, die Internationale Hygiene-Ausstellung 1911, die Kinderklinik mit Säuglingsheim, die Zentralstelle für Zahnhygiene, die Zentralstelle für Desinfektion, die Dresdner Lesehalle, das Sächsische Serumwerk und das Politisch-wissenschaftlichen Archiv in Berlin und nicht zuletzt die Lingner-Stiftung. Das Buch vermittelt ein anschauliches Bild vom oft mühsamen, aber auch erfolgreichen und widersprüchlichen Werdegang eines Mannes, der die gesamtgesellschaftliche Entwicklung im Deutschen Kaiserreich nachhaltig beeinflusst hat.
Inhaltsverzeichnis
Einführung
I. Die Biographie von K. A. Lingner
Soziale Herkunft, Kindheit und Schulbildung
Lingners kaufmännische Lehre und seine ersten beruflichen Jahre
Vom Korrespondenten zum ersten Versuch als Unternehmer
Lingners Aufstieg zu einem bedeutenden Unternehmer
Gemeinnütziges Wirken und unternehmerischer Erfolg
Lingners letztes Lebensjahr
II. Das gemeinnützige Wirken K. A. Lingners
Die Kinderpoliklinik mit Säuglingsheim in der Johannstadt
Die Zentralstelle für Zahnhygiene und Schulzahnklinik
Die Öffentliche Zentralstelle für Desinfektion und die Desinfektorenschule
Die Dresdner Lesehalle
Lingner und die Kunst
Das Sächsische Serumwerk und Institut für Bakteriotherapie
Die Internationale Hygiene-Ausstellung 1911 und die Entwicklung des National Hygiene-Museums
Die Lingner-Stiftung
Lingner als Verleger und seine Bibliographie
III. Wissenschaftlicher Hintergrund
IV. Quellen -und Literaturverzeichnis
Verzeichnis der Quellen
Medizinhistorische und sonstige Literatur
V. Personen-, Vereins- und Produkteverzeichnis
Personenverzeichnis
Vereinsverzeichnis
Produktverzeichnis
Einführung
Der Odol-Fabrikant Karl August Lingner (1861-1916) gehörte zu den erfolgreichen Unternehmern, die einen erheblichen Teil ihres Vermögens für gemeinnützige Zwecke zur Verfügung stellten. Mit Hilfe bedeutender Wis- senschaftler seiner Zeit verstand er es, neue Erkenntnisse der Bakteriologie, Hygiene und des Desinfektionswesens aufzugreifen und für die Allgemein- heit nutzbar zu machen. Seiner Weitsicht und seinem Organisationstalent verdankt die Stadt Dresden auch die Entstehung des Deutschen Hygiene- Museums und des Sächsischen Serumwerkes. Lingner ging als Pionier der Markenartikelindustrie und als Mitbegründer der hygienischen Volks- belehrung in die allgemeine Industrie- und Medizingeschichte ein. Dabei war und ist die Persönlichkeit Lingners nicht unumstritten. Bereits für viele Zeitgenossen war der Aufstieg Lingners vom Handlungsgehilfen zum Mul- timillionär suspekt. W. Büchi schreibt dazu treffend: „Der schnelle Erfolg prägt das Lingnerbild auf Dauer. Moneymaker, Schoßkind des Glücks, Reklameheld. Was immer Lingner künftig tut, es wird durch diese Brille gesehen. Von nun an wird Mammon stets neben ihm auftauchen, hinter ihm hocken, durch die Nebentüre ins Spiel kommen: Ein Mammonmechanismus, der es dem Zeitgenossen wie dem Historiker schwer macht, Lingners Leis- tungen im Einzelfall gerecht zu werden.“[239].
Unbestritten kann Lingner als visionärer Realist bezeichnet werden. Bereits vor einhundert Jahren erkannte er die Notwendigkeit einer Europäischen Union, warnte vor dem Geburtenrückgang in Deutschland und der zunehmenden Wirtschaftsmacht Asiens. Die Vorstellungen Lingners zu diesen Problemfeldern sind heute aktueller denn je.
Der Förderverein Lingnerschloss bewahrt mit seinem Engangement nicht nur Lingners herrliches Anwesen in Dresden, sondern damit auch sein lebendiges Vermächtnis, für die Sicherung der Zukunft Deutschlands einen Beitrag zu leisten. Das zunehmende Interesse an der Person Lingners, ge- weckt auch durch eine Reihe von Vorträgen des Autors, ließen den Wunsch nach einem „Buch zum Vortrag“ immer lauter werden, dem hiermit nachge- kommen werden soll.
Dresden, im August 2007 Dr. Ulf-Norbert Funke
Kindheit u.Schulbildung
I. Die Biographie von Karl August Lingner
Soziale Herkunft, Kindheit und Schulbildung
Lingners Elternhaus.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Taufschein Lingners
Schulische Ausbildung.
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Lingner verläßt als Pri- maner die Schule 1877.
Karl August Lingner wurde am 21. Dezember 1861 als dritter Sohn des Kaufmanns August Bernhard Lingner (geb. 25. 7. 1828 in Hermsdorf bei Magdeburg - gest. 13.11.1878 in Nietleben bei Halle) und dessen Ehe- frau Caroline Augusta geborene Herzog (geb. 11. 08. 1828 in Leipzig - gest. 21. 09. 1910 in Dresden) in Magdeburg geboren. Sein Geburtshaus befand sich mit großer Wahrscheinlichkeit am Alten Fischerufer Nr. 42 [125]. Lingner stammte väterlicherseits aus einer alten Lehrers- und Pfarrersfami- lie, die 1936 vom Verein für Sippenforschung bis ins 17. Jahrhundert zu- rückverfolgt werden konnte [150]. Zur Familie gehörten die älteren Brüder Oscar (1855-1927) und Emil (1857-1925), die jüngere Schwester Anna (ver- heiratete Fischer-Peckel, 1864-1930) und die im Alter von acht Wochen 1858 verstorbene Johanna [150]. Lingners Vater arbeitete als “Handelsagent und Kommissionär” in Magdeburg. Die Lebensverhältnisse der Familie wa- ren eher bescheiden [215].
Am 26. Januar 1862 erhielt Lingner in der evangelischen Gemeinde St. Jacobi in Magdeburg die Taufe [15]. Im Jahre 1866 begann seine schulische Ausbildung in der “Städtischen Vorbereitungsschule”, Große Schulstraße Nr. 1. Von hier wechselte er 1871 in die Sexta der “Städtischen Höheren Gewerbeschule”, bis 1874 ebenfalls Große Schulstraße Nr. 1, ab 1875 Ra- vensberger Straße 1 [16]. Seine schulischen Leistungen bewegten sich im hinteren Drittel der damaligen Bewertungsbreite. Lediglich im Fach Singen erreichte er ein “befriedigend”.
Im Jahr 1873 zog die Familie Lingner auf die Stephansbrücke Nr. 38 [125]. Lingners Vater verstarb 1878 in der Irrenanstalt Nietleben. Bereits seit 1876 wurde Lingners Mutter im Adressbuch von Magdeburg als allein- stehend geführt. Durch Wegfall des Vaters mußte Lingner seinen Lebensun- terhalt selbst verdienen. So beendete er 1877 mit Abschluss der 11.Klasse die Schule, um sich “dem kaufmännischen Berufe zu widmen” [16]. Seinen damals schon vorhandenen künstlerischen Neigungen konnte er aufgrund der bescheidenen Familienverhältnisse nicht nachgehen [223]. Lingners zu- künftige Glück lag also nicht in der Wiege. Wenn er später soziale Armut als Ursache vieler Erkrankungen reflektiert, so sprach er aus eigenem Erleben.
Lingners kaufmännische Lehre und seine ersten beruflichen Jahre
1877 - 1883 Handlungsgehilfe in einem Laden, keine Berufsausbildung nach- weisbar.
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1883 - 1896 Lingner in Paris als Handelsvertreter, Versuch Musik zu studieren scheitert.
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1885 Lingners Rück- kehr nach Deutschland.
Lingners kaufmännische Ausbildung begann 1877 in Gardelegen. Prof.J.F.Wollf (1871-1935), Herausgeber der “Dresdner Neuesten Nach- richten” und Freund Lingners, berichtete von einer Ausbildung in einem Warenladen [223]. Andere Autoren schrieben von einer Drogistenlehre Lingners [204]. Belege für eine berufliche Qualifikation liegen nicht vor. Sicher ist nur Lingners spätere Mitgliedschaft im “Deutschen Drogisten Ver- band von 1873 e.V.”. Auch über Lingners erste Arbeitsjahre in Gardelegen, wo er von 1879-1883 in einem Ladengeschäft als “Handlungsgehilfe” ange- stellt war, fehlen ausführliche Angaben. Es sollen entbehrungsreiche Jahre gewesen sein mit dem Ziel, das Geld für einen Parisaufenthalt zusammenzu- sparen [223]. Im Herbst 1883 begab sich Lingner nach Paris, wo er am Konservatorium Musik studiert haben soll [223]. Für eine Aufnahmeprü- fung Lingners gibt es keine Hinweise. Das Pariser Konservatorium stand damals unter der Leitung von A.Thomas (1811-1896) und galt als exklusive Ausbildungsstätte. Berühmte Musiker Frankreichs wie M.Ravel (1875-1937), C.Debussy (1862-1918), F.Schmitt (1870-1958) und V. D‘ Indy‘ (1851- 1931) erhielten hier ihre Ausbildung. Es scheint unwahrscheinlich, dass ein einfacher “Handlungsgehilfe” Zugang zum Konservatorium hatte, auch ent- hielten die Schulzeugnisse Lingners keinen Hinweis auf eine außergewöhn- liche musikalische Begabung. Seinen Lebensunterhalt verdiente Lingner als Vertreter deutscher Firmen in Paris [197]. Er wohnte in der Rue de la Tour d‘Auvergne. Zu seinem Pariser Freundeskreis zählten Wilhelm Rikkers, der Sohn eines holländischen Bankiers, ein Stettiner Kaufmannssohn Namens Lindemann und der Dresdner Karl Lange [223].
In Paris trat Lingner als Chefredakteur einer Musikzeitschrift auf, an der ein gewisser Horaz Herzog als “Idealist, Illusionist, Pianist und Kompo- nist” mitarbeitete. Erhalten geblieben ist die handschriftlich verfasste Num- mer 3 der Zeitschrift “L‘Ami” vom 25. Januar 1885. Es könnte sich möglicherweise um eine Zeitschrift für Studenten gehandelt haben[17]. Ein Zitat aus dieser Zeitschrift verdeutlicht Lingners Jugendideale: „Nur das nehmen die Reichen mit ins Grab, was sie den Armen gegeben haben.“ Eine schwere Krankheit soll Lingner 1885 bewogen haben, nach Deutschland zurückzukehren. Die Natur der Erkrankung bleibt unklar, wenn auch die Beschreibung einer “schweren Erschöpfungskrankheit” [150] auf Überar- beitung, Überforderung bzw. Mittellosigkeit schließen lässt. Lingner zog die kaufmännische Laufbahn der eines Künstlers vor, nachdem er die Unwägbarkeiten letzterer selbst kennengelernt hatte [223]. In der Ausein- andersetzung mit dieser Krankheit und in der sich anschließenden Gene- sungsphase soll Lingner erstmalig Gedanken über “Vorbeugungsmittel ge- gen das Entstehen von Krankheiten” entwickelt haben. Berichte von Wollf [223] und Seiring [216], wonach Lingner vor seiner Rückkehr nach Deutsch- land eine Reise nach London unternahm, relativieren die Schwere seiner Erkrankung und es sind andere, unbekannte Gründe für die Rückkehr nach Deutschland zu vermuten. Inwieweit Lingner von der 1884 in London veran- stalteten Hygieneausstellung Kenntnis genommen hat, bleibt unbekannt.
Vom Korrespondenten zum ersten Versuch als Unternehmer
1885 kurzer Aufenthalt in London.
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1885 - 1888 Lingner als Korrespon- dent bei Seidel & Nau- mann.
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Lingner lernt Methoden der Werbung kennen.
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6.7.1888 Firma Lingner & Kraft, Wölf- nitzstr.16 (heute 11!)
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Finanzierung der Firma Lingner & Kraft.
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Produkte der Firma Lingner & Kraft bis 1892.
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Auslandsvertrieb der Firma Lingner & Kraft.
Erste Werbeanzeige er- scheint 1888.
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1890 Erweiterung der Firma Lingner&Kraft, jetzt Freiberger Platz 8.
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1892 G.W. Kraft scheidet aus dem Unter- nehmen.
Von 1885 bis 1888 arbeitete Lingner als “Korrespondent” in der Nähmaschinenfabrik Seidel & Naumann in Dresden auf der Hamburger Straße [223]. Hier verfasste er Geschäftsbriefe in deutscher und französischer Spra- che, in welchen er für die Nähmaschinen seiner Firma warb. Nach Wollf [223] bediente er sich dabei eines neuen Werbestiles: Waren die bisherigen Reklameschriften durch eine “von den herkömmlichen Redensarten einer von kaufmännischem Aktenstaub bepuderten, langweiligen Liebenswürdig- keit” gekennzeichnet, so bediente sich Lingner einfacher und verständlich gewählter Worte. Lingner vertauschte die “seriöse Geschäftssprache” durch ein “intimes Zwiegespräch” und versuchte seinen Kundinnen nahezubrin- gen, “warum gerade die Maschine von Seidel & Naumann [ihnen] sicher viel Mühe abnehmen [werde] und warum just diese Maschine so dauerhaft sei und so vorteilhaft im Gebrauch” [223]. Es war nicht möglich, Geschäfts- unterlagen der Firma Seidel & Naumann vor 1900 zu beschaffen, so dass von Lingners erster Werbetätigkeit keine Belege vorliegen. Durch die Tä- tigkeit bei Seidel & Naumann angeregt, befasste sich Lingner intensiv mit Methoden der Werbung. Dabei soll er auch Erfahrungen aus den Lebenser- innerungen ”amerikanischer Industriekapitäne und Finanzleute” analysiert und berücksichtigt haben [223]. Berichte der zeitgenössischen Presse, wo- nach Lingner von einer Amerikareise die Kunst der Werbung nach Deutsch- land gebracht habe [49, 50], können jedoch aufgrund des vorhandenen Quel- lenmaterials nicht bestätigt werden.
Am 6. Juli 1888 wurde Lingner als Mitinhaber eines technischen Ge- schäftes, Wölfnitzer Straße 16, beim Gewerbeamt A in Dresden registriert [90]. Gemeinsam mit Georg Wilhelm Kraft (25.12.1855-1929?) gründete er am 13. Juli 1888 die Firma Lingner & Kraft auf der Wölfnitzstr. 16 im Erd- geschoss rechts und in einem Gartenhäuschen im Hinterhof. Lingner be- schäftigte anfangs drei Arbeiter [71]. Die Gartenlaube wurde von der “Kauf- manns-Ehefrau” Emma-Auguste Bernhardt vermietet [130]. Kraft betrieb vor seiner Zusammenarbeit mit Lingner ein technisches Geschäft auf der Löbtauer Straße 15, wo er auch bis 1888 wohnte [128]. Als Berufsbezeichnungen führte Kraft die Titel Werksführer [127], Tech- niker [129] und Ingenieur [106]. Lingner selbst wohnte bis 1887 in der Ferdinandstraße 3 und zog 1889 nach der Wölfnitzstr.14 um [127]. Über die Finanzierung der Firma äußerte die zeitgenössischen Presse vor allem drei Vermutungen, die jedoch wenig glaubhaft erscheinen: So sollte Lingner von seinem zukünftigen Schwiegervater, einem Zimmermann, 300 Mark geliehen haben, Heiratsabsichten aus dieser Zeit sind von Lingner nicht be- kannt [64]. Auch die Annahme, Kraft habe “etliche zehntausend Mark” in die Firma investiert, erscheint bei Krafts vorausgegangener Tätigkeit eher unwahrscheinlich [63]. Auch für eine Kreditaufnahme bei dem Berliner Ver- leger Rudolf Mosse fehlen eindeutige Hinweise [59]. Die Firma Lingner & Kraft beschäftigte sich mit der Fertigung und dem Verkauf technischer Arti- kel nach eigenen, von Kraft stammenden Patenten [202]. Zu den auch im eigenen Geschäft verkauften Produkten zählten der “Patent-Wasch- Frottierapparat mit dem Luffakissen (bereits 1884 von Kraft verkauft), der Stiefelknecht “Famos” (seit 1889), ein Dochtputzer für Petroleumlampen (seit 1890), ein biegsames, nicht klecksendes Metalllineal (seit 1891), ein Schreibfederreiniger, eine dem Körper des Menschen angepasste Scheuer- bürste, ein hygienischer Senfborn-Pumpbrunnen (seit 1892) und andere. Der Senfborn-Pumpbrunnen bestand “...aus weißem, mit blauem Zwiebelmus- ter versehenen Porzellan, mit dem durch Betätigung des Pumpenschwengels Senf auf den Teller gepumpt werden konnte.”. Da eine vollständige Ab- dichtung des Pumpkolbens nicht gelang, war das Produkt letztendlich ein Reinfall. “Der noch vorhandene Vorrat wurde im Hofe vergraben, rechts von der Stelle, wo der Ekonomiser steht, wo gelegentlich, wenn aufgegraben wird, noch einzelne Stücke zum Vorschein kommen.” [226,S.5]
Neben dem Direktverkauf der Waren existierte bereits 1888 ein Ver- triebssystem: für Österreich durch J. Stieber in Wien I, Grünangergasse 20 und für Holland durch E. Rikkers (Lingners Freund aus Paris). In Deutsch- land wurden “bessere Haushaltungs-, Toiletten-, Badeartikel- u.s.w. Ge- schäfte” beliefert [91]. In der Folge konnten Firmen in der Schweiz, Italien, Frankreich, Belgien, England und Russland für den Vertrieb der Artikel von Lingner&Kraft interessiert werden[226,S.6].
Im Jahr 1888 bediente sich Lingner erstmalig der Reklame zum Ver- trieb von “Gesundheits-Hilfsmitteln”. Als “unentbehrlich für Jedermann” und auf den “Waschtisch jedes Gebildeten” gehörend, warb die Firma Lingner & Kraft für ihren “Patent- Wasch- und Frottierapparat”. Eine der offensicht- lich ersten Werbeanzeigen veröffentlichten 1888 die “Lustigen Blätter”. Die dazu gehörenden Bildillustrationen fertigte ein gewisser Reisenbach an [91]. Aufgrund der Bezeichnung “Patent-Frottierapparat” musste die Firma Ling- ner & Kraft 1888 wegen der Vortäuschung eines Patentbesitzes 50 Mark Strafe an das Gewerbeamt Dresden zahlen [92].
Die Firma Lingner & Kraft erweiterte sich 1889 um das Grundstück Bauhofstraße 10. Die Wölfnitzstr. 16 diente nur noch als Kontor [134]. Die Räume Bauhofstraße 10 mietete die Firma Lingner & Kraft von dem Kauf- mann Nikolaus Jos. Duchesne [133]. Im Jahre 1890 verlegte Lingner sei- nen Wohnsitz auf die Wölfnitzstr. 18 und Krafts neue Adresse wurde An der Ziegelscheune Nr. 10 [132]. Ab 1890 befanden sich die Fabrikation und das Kontor auf dem Freiberger Platz Nr. 8 [170], und Lingner zog im gleichen Jahr nach der Reichenbachstraße 5 um [171]. Die Räume auf dem Freiberg- er Platz Nr. 8 übernahm er von der Firma Harz und Wöllfert [170]. Seinerzeit beschäftigte die Firma Lingner&Kraft bereits 18 bis 20 Personen. Insbesondere der Absatz von Frottier-Apparaten mit dem “Luffa-Kissen” entwickelte sich sehr gut. Der Luffa-Schwamm besteht aus dem gebleichten Gefäßbündelnetz einer in Ägypten und Japan beheimateten Gurkenart. Die Bleichung nahm die Firma Lingner&Kraft selbst vor und es konnte eine “führende Stellung” auf dem “Luffa-Markt” erreicht werden [226,S.7].
Im Jahre 1891 wechselte Lingner erneut seinen Wohnsitz, jetzt nach der Reichenbachstraße 5, kurz darauf Reichenbachstr.6 [172]. Am 29. März 1892 schied Kraft aus dem Unternehmen aus [71]. Über die Gründe des Ausscheidens vermeldete die “Berliner Börsen Zeitung” vom 11. Juni 1916: “Die Firma blühte. Er [Lingner] fühlte sein Glück. Da war es sein erstes, den Sozius, der ihm das Fundament des Aufstieges geliefert hatte, zur Seite zu schieben. Er kaufte ihn unter einem nichtigen Vorwand aus. Er sicherte sich den alleinigen Genuss seiner Zukunft”. Diese Darstellung ließ Lingner als skrupellosen, berechnenden Geschäftsmann erscheinen, was ihm auch spä- ter bei eindeutig sozialen Leistungen unterstellt wurde. Gegen diese Dar- stellung spricht die von Kraft und dessen Frau anlässlich des Todes von Lingner 1916 geschriebene Trauerkarte mit herzlichen, anteilnehmenden Worten [35]. Mit großer Wahrscheinlichkeit führte die durch Lingner beab- sichtigte Umprofilierung der Firma zur Herstellung chemisch-pharmazeu- tischer Produkte zum Ausscheiden Krafts, der als Techniker andere Interes- sen verfolgte.
Für Kraft ergab sich nach der Trennung von Lingner die Möglichkeit, in eigener Firma die Fabrikation von Feuerungsanlagen aufzunehmen. Kraft war unter anderem Inhaber von Reichspatenten und Reichsgebrauchsmustern im Bereich der Feuerungstechnik [107]. Auch in England erhielt er für seine Feuerungsanlagen Patentrechte. Die Firma von Kraft befand sich 1892 auf der Annenstraße 44 [173]. 1895 zog er mit Familie und Firma nach Dres- den-Löbtau auf die Plauensche Straße 44 um [107].
Die Bezeichnung “Fa. Lingner & Kraft” blieb als Name eines eigen- ständigen Unternehmens bis zum zweiten Weltkrieg bestehen. Unter diesem Namen baute Lingner um 1910 ein Reklamebureau, 1911 eine Annoncen- expedition und eine Verlagsbuchhandlung auf. Daneben wurden weiterhin patentierte Gebrauchsartikel hergestellt.
Lingners Aufstieg zu einem bedeutenden Unternehmer
G.W.Kraft gründet eine eigene Firma zu Her- stellung von Feuerungs- anlagen.
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3.10.1892 Lingner gründet die Firma„Dresdner Chemi- sches Laboratorium Lingner“.
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Lingners Einstieg in die Chemie als Folge eines Besuches im Kaffee König ?
Was hat der Rücken- kratzer mit Chemie zu tun ?
Die Entwicklung des be- kanntesten Mund- wassers der Welt.
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1892 Vertrag mit der Chemischen Fabrik von Heyden über die Liefe- rung des Odolantisepti- kums.
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Der Odol-Erfinder Prof. R.Seifert.
Odol entsteht 1892.
Kurzbiographie von Prof. R.Seifert. Prof. R. Seifert
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Beschreibung des Odols durch Prof. R.Seifert.
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Die Odolbestandteile.
Prof. R.Seifert unter- sucht Mundwässer nach wissenschaftl.Methoden.
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Prof. R.Seifert öffnet Lingner den Zugang zur modernen Bakterio- logie und Hygiene.
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Prof. R.Seifert, erfolg- reich und merkwürdig zugleich.
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25.6.1919 Prof. R.Seifert verstorben, Grabstelle heute verfallen.
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Die Odolbestandteile.
Die Odolflasche.
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Odolflasche 1893
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Der Odolflaschen- verschluß.
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Die Odolproduktion.
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1894 Verlegung der Odol- fabrikation nach dem Freiberger Platz 17.
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Leubnitzer Str.30, Lingner erwirbt seine erste Villa in Dresden 1897.
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1897 Verlegung der Odol- produktion nach der Nossener Str.2/4.
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Anekdote von Ludwig Renn.
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1898, das Dresdner Chemische Laborato- rium firmiert als „Lingner-Werke“.
Georg Seiring (1883-1972), Lingners Privatsekretär seit 1905.
Lingners Arbeits -und Leitungsstil.
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Umfangreiche Aufgaben für Georg Seiring.
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Dr.med.h.c. für Georg Seiring.
Paul Walther, kauf- männischer Leiter seit 1894.
Dr. Karl Greimer, wiss. Leiter seit 1901.
Richard Zörner, Propa- gandaabt. seit 1896.
Dr.Karl Thies,Personal- abt. seit 1905.
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Erkenntnisse der Bakteriologie.
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Lingner und die Odol- Reklame.
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Lingner gilt als einer der Mitbegründer der Markenartikelindustrie.
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Odol-Reklame und die Kunst.
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Odol als „Nationalge- stank“ der Deutschen.
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Kontroversen um Odol durch Wissenschaftler und Konkurrenten.
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Prof. F.Hueppe bewer- tet Odol 1895 positiv.
Odol-Analyse durch das Sächsische Landes- Medizinal Kollegium 1896.
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Odol als„Geheimmittel“.
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1906, Beginn der Auseinandersetzungen zwischen K.A.Lingner und den Bombastus- werken in Freital.
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Reinhold Gerling und die Flugschrift „Odol- zauber“.
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Die Salolfrage.
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1908 Konkurs der Bombastus-Werke.
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Kapitalbeschaffung der Bombastus - Werke durch spiritistische Sitzungen.
Am 3.Oktober 1892 gründete Lingner die Firma „Dresdner Chemisches Laboratorium Lingner“ zur Herstellung chemisch-pharmazeutischer Produkte auf der Freiberger Straße 8 [70].
Bereits am 10. August 1892 hatte Lingner diese Absicht dem Gewer- beamt mitgeteilt und gleichzeitig die Lagerung von 200 Litern Spiritus zur Herstellung eines “Mundspülwassers” erwogen [93]. Es erscheint daher sehr wahrscheinlich, dass Lingners “Einstieg” in die chemisch-pharmazeutische Branche wesentlich von dem Vorhaben zur Herstellung eines Mundwassers beeinflusst war.
Wie kam es nun zum Branchenwechsel ? Lernte Lingner bei Kaffee und Kuchen im Kaffee König einen Chemiker kennen ? Oder führt der Rückenkratzer zur Chemie ? Für letztere Vermutung spricht, dass das Gar- tenhaus eher ein chemisches Laboratorium als eine Werkstatt war. Hier wurde der Luffa-Schwamm für den Rückenkratzer hergestellt. Durch die Behand- lung der Luffa-Gurke mit Natriumbisulfat, Salzsäure und Kaliumpermanga- nat konnte das Fruchtfleisch entfernt und das übrig gebliebene schwamm- artige Fasernetz der Gurke gebleicht werden. Von daher musste sich Lingner frühzeitig mit chemischen Fragen auseinandersetzten, dass er dazu Kontakt zu Chemikern suchte ist naheliegend.
Eine ausführliche Beschreibung zur Entstehung des Odols stammt von Dr. Karl Greimer, dem wissenschaftlichen Direktor der Lingner-Werke. In einem Dr. Ernst Schneider (seit 1933 Generaldirektor der Lingner-Werke) gewidmeten Buch [226] schildert Greimer 1936 die Entwicklung der Lingner- Werke und geht dabei auf die Odolentstehung ein. Demnach wurde Lingner “durch seine Bekanntschaft mit den maßgebenden Personen der Chemischen Fabrik von Heyden in Radebeul, Dr. Kolbe und Dr. Seifert ...” auf die Pro- blematik der Hygiene und Bakteriologie aufmerksam gemacht “und als Dr. Seifert nun gar mit positiven Vorschlägen für die Lancierung einschlägiger Produkte kam...”, “... gründete [Lingner] das Dresdner Chemische Labo- ratorium Lingner, das sich speziell mit der Herstellung und dem Vertrieb chemischer Präparate zu hygienischen Zwecken befassen sollte” [226].
Im Juni 1892 wurde mit der Chemischen Fabrik von Heyden-Radebeul ein Vertrag geschlossen, wonach sich diese verpflichtete, dem Dresdner Chemischen Laboratorium Lingner zur Herstellung von hygienischen und kosmetischen Präparaten eine flüssige Substanz ´Salicylogen´ zu liefern, die die Firma bis dahin nicht in den Handel gebracht hatte. Der Forderung Lingners, dass diese Substanz nur ihm allein geliefert wurde, sonst aber nie- mandem, entsprach die Chemische Fabrik von Heyden am 10. Juni 1892 mit der Einschränkung, dass das Roh-Fabrikat, das in der Fabrik als Nebenpro- dukt gewonnen wurde, zunächst auf fünf Jahre zum Preis von 8 Mark pro kg excl. Verpackung ab Fabrik geliefert werde. Preis, Art und Dauer der Abmachung sollten streng geheimgehalten werden ...”. Über die Verwen- dung des Salicylogens war man sich vorerst noch nicht im klaren. Man dachte an die Herstellung einer Hautcreme, einer Toilettenseife sowie an ein Mund- wasser. Letztendlich entschied man sich zunächst für die Herstellung eines Mundwassers [226].
Einen weiteren entscheidenden Hinweis auf den Odolerfinder gibt ein Artikel in der Werkszeitschrift der von Heyden AG von 1941. In diesem Artikel wird über den Chemiker Prof. Richard Seifert (1861-1919) berich- tet. Es heißt von ihm, dass “sein ältester und ihm am nächsten stehender Freund ... K. A. Lingner, der Begründer der Lingner-Werke in Dresden [war]. Aus der Zusammenarbeit der beiden Freunde entstand im Jahre 1892 das Odol, dessen Riesenerfolg seinem Fabrikanten die Möglichkeit gab, die glän- zende Hygiene-Ausstellung in Dresden im Jahre 1911 zu organisieren und dadurch die Grundlage zu dem großartigen Deutschen Hygiene-Museum in Dresden zu schaffen” [213].
Diese frühe Freundschaft mit Lingner wird durch das Beileidsschrei- ben Seiferts anlässlich Lingners Tod belegt, in dem es heißt: “Ich habe mei- nen letzten Freund verloren; den einzigen Jugendfreund, dessen Freund- schaft über das ganze Leben gedauert hat; dem einzigen, mit dem ich im Denken vollständig harmonierte” [33].
Der am 19.10.1861 in Schmorkau (Oberlausitz) geborene Richard Sei- fert erhielt seine Ausbildung von 1880-1885 bei Prof. Rudolf Schmitt (1830- 1898), dem Leiter der chemischen Abteilung des Dresdner Polytechnikums [212]. Als Schmitts Assistent war Seifert entscheidend an der Entwicklung der Salicylsäuresynthese beteiligt, was ihm am 1. Juni 1885 die Anstellung in der “Salizylsäurefabrik von Heyden” ermöglichte. Außerdem brachte Sei- fert das von ihm am Dresdner Polytechnikum entwickelte Salol in das Un- ternehmen ein. Mehrere chemische Analysen des seit 1892 im Dresdner Che- mischen Laboratorium Lingner hergestellten antiseptischen Mundwassers Odol zeigten, dass es sich bei dem im Odol befindlichen Antiseptikum um eine zumindest salolähnliche Substanz handeln musste. Lingner selbst hatte bestätigt, dass Salol und sein Odolantiseptikum die gleichen Spaltprodukte (Salizylsäure und Phenylester) besitzen. Somit wird deutlich, dass die wis- senschaftlichen Vorleistungen zum Odolantiseptikum bereits 1885, ohne Ein- flussnahme Lingners, in “mehrjähriger Forschungsarbeit” durch Prof. Sei- fert erbracht wurden.
In dem folgend wiedergegebenen Brief von 1892 an Lingner [das genaue Datum ist leider nicht mitgeteilt] beschreibt Seifert die von ihm erfundene Odolformel:
„Lieber Freund !
Wiege 30g Antiseptikum ab, löse es in ½ Liter Spiritus und tue 3-5g Pfefferminzöl dazu. Hierauf schickst Du je eine Hälfte an Fresenius und Bischoff mit der Etikette Odol (100 ccm Spiritus,6g Salicylogen,3g Pfefferminzöl). Schreibe an beide den beiliegenden Brief und lege das folgende Gutachten dem Brief bei:
Gutachten (Entwurf)
Odol ist eine alkoholische Lösung des neuen Antiseptikums Salicylogen. Salicylogen ist ein Stoff von neutraler Reaktion, welcher durch die Schleimhäute und durch Gärungs- und Fäulniserreger Sali- cylsäure bildet. Diese wirkt bekanntlich antiseptisch und hemmt Gä- rungs- und Fäulnisvorgänge. Tröpfelt man Odol in Wasser, so entsteht eine feine Salicylogen-Emulsion, welche wegen ihrer neutralen Reak- tion für Mund und Zähne absolut unschädlich ist. Diese Emulsion wirkt trotz ihrer Milde sicher antiseptisch, da die darin schwimmenden Tröpf- chen von Salicylogen in allen Vertiefungen der Schleimhäute und an den Zähnen hängen bleiben und somit noch mehrere Stunden nach Gebrauch nachwirken. Salicylogen und das daraus dargestellte Odol scheinen sich deshalb besonders zur Desinfektion von Körperhöhlungen zu eignen, welche mit Schleimhäuten ausgekleidet sind.
Die nochmalige Herstellung parfümierten Odols führe ich bei mei- ner nächsten Anwesenheit selbst aus. Sorge für eine kleine Waage, kleine Fläschchen, ein kleines Becher-Gläschen oder Reagenzgläschen zum Abwiegen.
Schreibe an Schimmel&Co., Fabrik ätherischer Öle, Leipzig um gefl. Übersendung des neuesten Preisverzeichnisses und von je 25g eini- ger guter, aber nicht zu teurer Sorten von Pfefferminzöl, da Du in guten billigen Sorten großen Bedarf haben würdest.
Herzlichen Gruß
Gez. Dein Seifert.”[226,S.12].
Professor Seifert lässt sich daher als Erfinder der kompletten Odolrezeptur benennen. In den ersten Produktionsjahren soll das Odolantiseptikum ein Gemisch aus Phenylsalizylsäureester (Salol), einer roten öligen Substanz mit einem Schmelzpunkt von 43 Grad und Salizysäurementholester (Wintergrün), einer wohlriechenden Substanz mit einem Schmelzpunkt von -8,6 Grad, gewesen sein [234]. Dadurch wurde der Schmelzpunkt des Salols herabgesetzt und es gelang dadurch nicht, aus Odol das kristalline Salol darzustellen. Eine andere Vermutung geht davon aus, dass das von Lingner geheim gehaltene Odol-Antiseptikum eine Ver- bindung aus jeweils zwei Salol-Molekülen (Bisalo) war. Diese Verbindung liegt primär in flüssiger Form vor.
In einer Veröffentlichung von 1894 stellte Seifert Kriterien und Metho- den zur Untersuchung von Mundwässern auf. Einleitend begründete er die Notwendigkeit einer Mundpflege durch die “epochemachenden Arbeiten Millers über die Mikroorganismen der Mundhöhle”. Dann ging er auf die Anforderungen an ein modernes Mundwasser ein: Dieses sollte ungiftig, neutral, nicht ätzend, desodorierend, erfrischend, frei von eklem Geschmack und antiseptisch sein. Auf die Anforderung antiseptisch legte Seifert beson- deren Wert und verwies erneut auf Miller, der forderte, dass ein Mundwas- ser innerhalb kürzester Zeit die Bakterien der Mundhöhle abtöten müsste. In der Folge beschreibt Seifert die “Methode zur Prüfung von Mundwäs- sern auf ihren antiseptischen Werth” ausführlich. Als Modell der Mund- schleimhaut verwendete er Schabefleisch, welches mit dem zu überprüfen- den Mundwasser begossen wurde. Anschließend wurden die Schabefleisch- proben auf die Entstehung von Gärung und Fäulnis in Abhängigkeit von der Zeit untersucht. Diese Versuchsanordnung verwendete Seifert, um sieben bekannte Mundwässer zu überprüfen. Als Ergebnis stellte er fest: “Aus die- sen mehrmals mit dem gleichen Resultate wiederholten Versuchen folgt, dass man durch Ausspülen mit dem milden und unschädlichen Odol die Fäulniss- processe im Munde längere Zeit verhindert, als selbst mit der giftigen, schäd- lichen Sublimat-Benzoesäure-Lösung [nach Miller], welche bisher als das stärkste antiseptische Mundwasser galt” [164]. Diese Veröffentlichung Sei- ferts zeigt, dass das Mundwasser Odol nach wissenschaftlichen Kriterien entwickelt wurde und gegenüber den “Mitbewerbern” scheinbar konkur- renzlos war.
Andere Forscher, z.B. Karl Roese, kommen zum gleichen Ergebnis. Von daher war der Ausspruch „Bestes Mundwasser“ nicht ganz aus der Luft gegriffen.
Neben dem Odol entwickelte Seifert die Phenolkarbonate Guayakol- und Kresolkarbonat, die günstige Wirkungen bei Erkrankungen der Atem- wege wie Lungenentzündung und Tuberkulose zeigten. Als 1892 eine schwe- re Choleraepidemie Hamburg heimsuchte, entwickelte Seifert das Tribrom- phenolwismut, um die Seuche zu bekämpfen [212]. Durch seine pharmako- logische Forschungstätigkeit könnte Seifert den Kaufmann Lingner für me- dizinische Fragen interessiert und Kontakte zu Ärzten beziehungsweise Na- turwissenschaftlern vermittelt haben. Nach Wollf [223] öffnete ein befreun- deter Chemiker Lingners dessen “tieferes Verständnis” für die “maßgeben- den Arbeiten Robert Kochs”. Inwieweit die Arbeit Seiferts bei der Bekämp- fung der Choleraepidemie in Hamburg Lingner zusätzlich zur Beschäfti- gung mit Fragen der Hygiene anregte, bleibt dahingestellt. Seifert beriet Lingner auch nach der Einführung des Odols mündlich und schriftlich. In Vertretung Lingners nahm er die Mischung des Odols selbst vor und be- sorgte und prüfte die verwendeten Rohmaterialien [226]. Wohnte Seifert 1892 noch in Taubenhein bei Meißen, so verzog er 1895 nach der Schildenstr.79 in Radebeul. 1899 wurde er technischer Direktor der von Heyden AG und verzog 1900 nach der Albertstr.6b (heute Ecke Wichern- und Rathenaustraße). Diese Villa war im maurischen Stil ausgestaltet und die Türen und Wände mit auffällig grellen und bunten Blumen bemalt. 1905 beginnt Seifert mit dem Aufbau der Indigoherstellung in Weißig und wird im gleichen Jahr zum Professor ernannt. Bis 1907 wird dann seine neue Wohn- adresse das Terrassenufer 29 in Dresden, bevor er eine Villa in den Bergen der Lößnitz in Wahnsdorf erwirbt.
Nach Prof.Dr.Dr.h.c.Richard Müller (1903-1999) wurden in der von Heyden AG folgende Gerüchte über Seifert erzählt: “Seine Beziehungen zu Lingner seien homosexuell und er schließlich geisteskrank gewesen. Er habe einmal zahlreiche Gäste zu einem Essen nach Wahnsdorf eingeladen. Es habe aber nur ein Essbesteck gegeben, das sei reihum gegangen. Er habe (in der Fir- ma, d.Verf.) ein mit Blumen geschmücktes Podium aufbauen lassen, von dem aus er dann einem Dr. Koch,..., feierlich gekündigt hätte, was natürlich ungültig war. Er sei überzeugt gewesen, dass man schon zu Zeiten des Alten Testamentes Salicylsäure gekannt habe. Nach seinem Tod habe Seifert einen Kasten mit vielen Notizen hinterlassen, was man alles noch erfinden könne. Im übrigen hatte ich nicht den Eindruck, dass man ihm wegen seiner mensch- lichen Eigenschaften besonders nachtrauerte. Man war offenbar froh, dass die Angelegenheit glimpflich abgelaufen war, und man wollte nicht darauf angesprochen werden. Wer weiß, was da noch vorgekommen ist.” [233].
Lingner gewährte seinem Freund Seifert für dessen Grundstück in Wahnsdorf um 1915 eine Hypothek von 30.000 Mark [41]. Zur gleichen Zeit erwarb Lingner von ihm das Wohnhaus Terrassenufer Nr. 29, das Sei- fert seit 1907 besaß [146]; auch bedachte Lingner seinen Freund testamen- tarisch mit fünfzig Lingner-Aktien im Wert von 50.000 Mark [31]. Der von seinem Lehrer, Prof. R. Schmitt, als “Chemiker von Gottes Gnaden” bezeich- nete Seifert verstarb am 25. Juni 1919 und wurde am 28. Juni 1919 auf dem Alten Annenfriedhof in Dresden beigesetzt. Leider ist die Grabstelle des Mannes, der Lingner die Grundlagen für dessen Geschäftserfolg legte und der die Heyden AG (heute Arzneimittelwerk Dresden GmbH) “groß und bedeutend” machte, verfallen [Grabstelle M10.15a/b].
Die Urheberschaft des Namens Odol (gr./lat. odous = Zahn / oleum = Öl) für das wohl bekannteste deutsche Mundwasser wird Lingner zugeschrie- ben. Die Inhaltsstoffe des Odols waren nach A. Neisser 1898: Salol 3,5 Prozent; Alkohol 90,0 Prozent; Aqua dest. 4,0 Prozent; Saccharin. 0,2 Pro- zent und Ol. menth. piper. -anisi -foenciculi -caryophyllor. -cinnamom [154]. Auch soll die eigenwillige Form der Odolflasche (Gebrauchsmusterschutz Nr. 89 258) Lingners Erfindung sein [223]. Andere Quellen berichten, dass die Odolflasche “vom ersten Bildhauer dieser Zeit” entworfen wurde. Auch eine weniger spektakuläre Entstehungsgeschichte scheint möglich. Allen Chemikern sind Rundkolben mit gebogenem Kolbenhals bekannt. Verkürzt man den Hals des Kolbens und verändert den kugelförmigen Kolbenbauch in Richtung einer flachen Flasche, so entsteht ebenfalls eine Odolflasche. Unbestritten ist jedoch, dass die charakteristische und einmalige Flaschen- form wesentlich zum Erfolg von Odol beigetragen hat. Sie wurde in der Folgezeit in mindestens 110 Fällen von Konkurrenten nachgeahmt [226,S.17].
Auch die auf den Odolflaschen verwendeten patentierten Etiketten behielten über Jahrzehnte ihr charakteristisches Aussehen durch den quer- gestellten Schriftzug “Odol” auf hellblauen Grund bei. Lediglich die Zusatz- informationen wurden mehrfach verändert. Die ersten Odolflaschen sind an einer Fabrikmarke erkennbar. Diese stellt in der rechten oberen Ecke den Planeten Saturn mit dem Buchstaben L auf der Kugel dar [226,S.26].
Die Odolflaschen wurden anfangs in der Glashütte von Münzel & Pal- me in Röhrsdorf, ab 1895 in der Glashütte Trassel in Ober-Warmensteinach und in Schönthal (Böhmen) sowie ab 1906 in Immenreuth hergestellt. Seit nunmehr einhundert Jahren wird die Odolflasche in nahezu unveränderter Form angeboten. Der Odol-Flaschenverschluß bestand anfangs aus einer kleinen Zinnkapsel, die mit erwärmter Guttapercha aufgekittet wurde. Lingners Werksmeister Kirschen entwickelte später einen Verschluss aus Metall ohne jede Dichtung, der den Druck von einer Atmosphäre aushielt und aus drei Teilen reinem Nickelblechs bestand. Da Nickel sehr teuer war, mußte das Unterteil des Verschlusses durch Aluminium ersetzt und die Fla- sche zum Schutz vor Korrosion mit einem aufgeklebten Pergamentplätt- chen versehen werden. Die Herstellung des Odolverschlusses erfolgte zu- erst durch die Firma Gäbler in Radebeul und später in einer eigenen Ver- schlussabteilung der Lingner-Werke [226].
Die Odolproduktion begann Lingner mit ca. 20 Mitarbeitern, das Odolantiseptikum bezog er durch die Chemische Fabrik von Heyden A.G. Radebeul. Hier war bis 1898 Dr.Gentsch und bis 1902 Dr. Osborne für die Herstellung des Odolantisepticums verantwortlich. Im Dresdner Chemischen Laboratorium Lingner erfolgte die Mischung des Antiseptikums mit Spiri- tus und ätherischen Ölen. Zu diesem Zweck lagerte die Firma bereits 1892 ca. 200 Liter Spiritus in den Räumen am Freiberger Platz 8 [93]. Die zur Odolherstellung verwendeten Materialien untersuchte der Nahrungsmittel- Chemiker Dr. Hefelmann († 1903) in seinem Untersuchungslaboratorium Schreibergasse 6, später im Hause der Marien-Apotheke an der Kreuzkirche. Dr. Hefelmann beriet Lingner auch zu wissenschaftlichen Fragen und veröf- fentlichte grundlegende Arbeiten über die antiseptische Wirkungsweise von Odol. So 1894 ”Über die Einwirkung der gebräuchlichsten Mundwässer auf die Zahnsubstanz” und 1899 “Über die Wirkung des Odols im Munde”[226, S.15]. Die Massenproduktion des Odols zwang schon 1894 zu einer Verle- gung der Fabrikation in das Gebäude Freiberger Platz Nr. 17, wo auch Lingner seine Privatwohnung bezog [175].
1896 verlegte Lingner seinen Wohnsitz in die Barbarossastraße 9. Noch im gleichen Jahr mietete er die Villa Leubnitzer Straße 30, die er im darauf- folgenden Jahr von der in Paris lebenden Bankiers Ehefrau Elise-Carolina Adler kaufte und somit seinen ersten Immobilienbesitz in Dresden erwarb [136]. Diese Villa wurde 1880 von Max Gutmann erbaut und um 1900 nach den Vorstellungen Lingners von Prof. Wilhelm Kreis (1873-1955) umge- staltet. Besonderen Wert legte er auf die Innenarchitektur des großen Saa- les. Lingners geschäftliche Erfolge spiegelten sich, für alle sichtbar, in der Repräsentanz dieser Villa wider. Noch heute hat die Villa etwas von ihrem einstigen Glanz erhalten.
In einer Anzeige an das Gewerbeamt Dresden vom 26. Oktober 1897 teilte Lingner die Verlegung der Produktion vom Freiberger Platz Nr. 17 nach der Nossener Str. 2/4 (vormals Klavierfabrik “Apollo-Ascherberg”) mit [94]. Dieser Standort ermöglichte Lingner, die Fabrikation und Verwal- tung nach neuesten Erkenntnissen einzurichten und die Produktion unter anderem mit Hilfe einer 100 PS starken Dampfmaschine erheblich zu erwei- tern [180]. Lingner beschäftigte nun 40 Arbeiterinnen und 20 Arbeiter zur Herstellung des Odols [94]. Die Lagerhaltung von Spiritus musste nun von bisher 200 auf 1.000 Liter erweitert werden. Im Erdgeschoss der neuen Fabrikationsstelle befand sich eine mechanische Werkstatt und ein großer heller Raum für einen mechanisch angetriebenen Mischkessel, in dem das Odol hergestellt wurde. In Nebenräumen richtete man Lager für Rohmate- rialien ein. Im ersten Stock des Gebäudes Nossener Straße 2/4 befand sich seit 1897 das Chemische Laboratorium und die Verschlußfabrikation. Im zweiten Stock wurde die Propaganda-Abteilung und das Privat-Kontor Lingners untergebracht. Das Obergeschoß diente der Fertigstellung der ein- zelnen Artikel. In einem großen Holzschuppen an der Zwickauer Straße befand sich die Packerei- und Versandabteilung sowie Lager- und Spülräume für die Flaschen. Im ersten Stock war die Personalgaderobe und ein schönes Atelier für Zeichner und Maler untergebracht [226,S.31].
Anhand dieser Beschreibung lässt sich eine Anekdote, aufgezeichnet von Ludwig Renn, nicht bestätigen. Er schreibt: “Eines Tages besuchte ein Fremder Lingners Fabrik. Man ging durch die Räume und besah sich dann das stattliche Haus, in dem die rührige Propagandaabteilung arbeitete. Man schritt durch die Hallen, in denen das fertige Produkt verpackt wurde. Und was ist in diesem Schuppen da ?, fragte der Gast, Ach dort ?, antworte- te Lingner geringschätzig, da wird das Odol selbst hergestellt.” [229].Unab- hängig von dieser Anekdote sollte Ludwig Renn als Quelle in Bezug auf Lingner nur mit äußerster Zurückhaltung betrachtet werden, denn auch sei- ne Berichte über ein Schloss Lingners in Bayern sind falsch.
Neben dem Dresdner Chemischen Laboratorium Lingner wurde 1897 auch die Firma Lingner & Kraft zur Herstellung patentierter Gebrauchs- artikel vom Freiberger Platz Nr. 17 nach der Nossener Straße 2/4 verlegt. Die Eintragung des neuen Firmensitzes in das Handelsregister erfolgte aller- dings erst am 23. Juli 1902 [70]. Bis dahin arbeitete die Firma aufgrund einer vorläufigen Zusage des Ministeriums des Innern [95]. Mit dem Jahr 1898 firmierte das Dresdner Chemische Laboratorium als Lingner-Werke, wobei noch längere Zeit beide Bezeichnungen Anwendung fanden [180].
An dieser Stelle sollen die engsten geschäftlichen Mitarbeiter Lingners vorgestellt werden. Georg Seiring (1883-1972) war die “rechte Hand” Lingners. Aufgrund finanzieller Not musste er ein kaufmännisches Studium an der Universität Leipzig abbrechen. Er fand 1905 eine Anstellung in der kaufmännischen Verwaltung der Lingner-Werke. Innerhalb kurzer Zeit ge- wann er Lingners Vertrauen und wurde dessen Privatsekretär. Zu seinen Arbeitsbereichen zählten die Geheimbuchhaltung, die Verwaltung sozialer Unternehmen und des privaten Besitzes von Grundstücken. Seiring charak- terisierte Lingners Arbeits- und Leitungsstil wie folgt: “Lingner verlangte viel von seinen engsten Mitarbeitern. Eine Arbeitszeiteinteilung war ihm fremd. Gegen die Hygiene der Arbeit hat kaum einer mehr gesündigt als Lingner. Gewöhnt, die Nacht zum Tag zu machen, blieb er am Schreibtisch oder bei Verhandlungen solange sitzen, als es ihm gefiel, oder andere Teil- nehmer nicht mehr folgen konnten und versagten. So fand er es als selbst- verständlich, dass ich ihm dauernd zur Verfügung stand. Er liebte keine be- tonte Unterwürfigkeit, aber auch keine Schmeicheleien. Er verlangte enor- me Leistungen und versprach Gegenleistungen, deren Erfüllung man sich aber immer wieder erkämpfen musste. Sonst blieb er seinen Mitarbeitern gegenüber karg in der Anerkennung, nur in der Arbeitszuteilung konnte man seine Einschätzung erkennen.” In Vorbereitung der Internationalen Hygie- ne-Ausstellung 1911 war Seiring ab 1909 für die Organisation der Büros und der Werkstätten und für das Personalwesen verantwortlich. Unter sei- ner Leitung arbeiteten monatelang bis zu 500 Personen. Darüber hinaus übernahm er die Geschäftsführung des Deutschen Verlages für Volkswohl- fahrt, der Deutschen Desinfektionszentrale und des Sächsischen Serum- werkes. Zusätzlich leitete er eine von Lingner geschaffene Meisterschule für Gesang und den Wiederaufbau von Lingners Schloss Tarasp im Engadin. Im Jahr 1916 wurde Seiring zum Regierungsrat im sächsischen Innenministeri- um berufen. Nach Lingners Tod gelang Seiring als Geschäftsführer der Er- halt und der weitere Aufbau des Deutschen Hygiene-Museums. Nachdem das Museum die Inflationszeit überlebte, gelang auch der Museumsneubau und das Deutsche Hygiene-Museum erlangte nationale Bedeutung und welt- weites Ansehen auf dem Gebiet der hygienischen Volksbelehrung. Seiring wurde zum Präsidenten des Museums auf Lebenszeit gewählt. In Anerken- nung seiner Leistungen beim Aufbau des Deutschen Hygiene-Museums er- hielt Seiring 1927 die Ehrenpromotion zum Dr.med.h.c. der Universität Leipzig, 1930 ernannte ihn die Technische Hochschule Dresden zu ihrem Ehrensenator. Am 24.12.1947, der Wiederaufbau des im Krieg zerstörten Museums war in vollem Gange, erhielt Seiring die fristlose Kündigung. Er ging nach Köln und baute hier gemeinsam mit ehemaligen Mitarbeitern des Deutschen Hygiene-Museums das Deutsche Gesundheits-Museum e.V. auf [232].
Zu den engsten geschäftlichen Mitarbeitern Lingners zählte ab 1894 Paul Walther. Er war der kaufmännische Leiter der Lingner-Werke bis 1921. Als wissenschaftlicher und technischer Leiter fungierte ab 1901 bis 1934 Dr.Karl Greimer. Im Jahr 1902 übernahm er kurzzeitig die Leitung der bak- teriologischen Abteilung der Lingner-Werke und der von Lingner begrün- deten Desinfektionszentrale mit Desinfektorenschule. Die Propagandaab- teilung stand seit 1896 unter der Leitung von Richard Zörner, der 1921 aus dem Unternehmen ausschied. Für Verwaltungs- und Personalangelegenheiten war ab 1905 Dr. Karl Thies verantwortlich, der ebenfalls 1921 die Lingner- Werke verließ. Lingner wurde als Aufsichtsratsvorsitzender ab 1912 von Justizrat Dr. Popper vertreten, der schon zuvor als Lingners juristischer Berater fungierte. Nach Lingners Tod übernahm Dr. Popper den Aufsichts- ratsvorsitz bis 1930 und schied 1931 aus dem Unternehmen aus. Als Testa- mentsvollstrecker hatte er 1916 wesentlichen Anteil am Aufbau der Lingner- Stiftung, darüber hinaus war er erster stellvertretender Vorsitzender des ge- schäftsführenden Ausschusses des Deutschen Hygiene-Museums.
Der Aufstieg des Odols zu einem führenden Markenprodukt hatte viel- fältige Ursachen. Der Absatz eines antiseptischen Mundwassers wurde durch die seinerzeit verbreitete Furcht vor krankmachenden Bakterien gefördert. Vor allem die Entdeckungen Kochs führten zu einer Überbewertung der Gefährlichkeit von Bakterien. Mund und Nase galten als Haupteintrittspfor- ten besonders gefährdet. Das Odol konnte dank der wissenschaftlichen Kom- petenz seines Erfinders die Erwartung nach ausreichender antiseptischer Wir- kung bei gleichzeitig guter Allgemeinverträglichkeit erfüllen. Die öko- nomische Situation in Deutschland Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhun- derts ermöglichte Lingner den Aufbau eines gewinnträchtigen Unternehmens. So stand die Monopolisierung der Leichtindustrie in Deutschland noch am Anfang als Lingner bereits begann, eine Odolmassenproduktion zuerst in Dresden, später in ganz Europa und Übersee aufzubauen. Lingners geschäft- licher Erfolg basierte auch zu einem großen Teil auf dem Einsatz der Wer- bung. Dabei waren der Umfang, aber auch die Art und Weise der Werbung für die damalige Zeit in Deutschland einmalig. Lingner setzte beispielsweise 1,5 Millionen Mark ein, damit an einem Tag das Wort Odol in sämtlichen Blättern der Welt erschien. Vergleichsweise investierte die in den USA in Sachen Werbung führende American Tobacco Co. eine Million Dollar für das Jahr 1903. Etwa 10 bis 14 Prozent des jährlichen Gesamtumsatzes wen- dete Lingner für Werbezwecke auf [220]. Als weitere Ursache des Rekla- meerfolges seien der einprägsame, in allen Kultursprachen gleichklingende Name des Mundwassers und die außergewöhnliche Flaschenform genannt. Nicht zu Unrecht wird Lingner zu den Mitbegründern der Markenartikel- industrie in Deutschland gezählt. Auf Einheitlichkeit und Unverwechselbarkeit der Reklame legte Lingner besonderen Wert. Aufgrund ihrer weiten Ver- breitung bevorzugte er Reklameanzeigen in Zeitschriften. Der reine Reklame- charakter konnte meist geschickt verwischt werden. Neu war auch die Nut- zung wissenschaftlicher Argumente und Forschungsergebnisse zu Reklame- zwecken. So belegte Seifert bereits 1894 die hervorragenden Eigenschaften des Odols anhand bakteriologischer Untersuchungen, zum Vergleich ver- wendete er die gängigen Mundwässer seiner Zeit. So entsprach die Auf- schrift auf den Odolflaschen “Nach dem heutigen Stand der Wissenschaft ist Odol nachweislich das beste Mittel zur Pflege der Zähne und des Mundes” durchaus belegbaren Untersuchungen. Neu in der Reklame war auch die Verbindung der Werbung mit der Gesundheitserziehung und Aufklärung der Bevölkerung. Es gibt eine Reihe von Reklamebildern um die Jahrhundert- wende, auf denen die Odolflasche neben einem mahnenden Zeigefinger abgebildet war. Ergänzt wurden diese Abbildungen durch Texte wie: “Be- denke, daß Gesundheit regelmäßige Zahnpflege bedingt” [220]. Es kann behauptet werden, daß die Odol-Werbung durchaus künstlerischen Ansprü- chen genügte; so konnten bekannte Künstler wie der Komponist Giacomo Puccini (1858-1924) gewonnen werden, der eine Odol-Ode komponierte [180]. Über die künstlerische Wertigkeit der Odol-Reklame gibt die kultur- historische Dissertation von H. Väth-Hinz [220] umfassende Auskunft.
Schon zu Lingners Lebzeiten standen Zeitgenossen der Popularität des Odols und seiner Werbung ziemlich fassungslos gegenüber. In einem Zei- tungsartikel von 1913 heißt es: “Wie kommt es, dass der bloße Umstand, dass auf allen Felsen, in allen Klosetts, in allen Witzblättern, über allen Wip- feln und neben allen Gummiartikeln der Lapidarsatz ´Odol ist das beste Mund- wasser der Welt´ steht, verschuldet, dass diese schauderhafte Flüssigkeit mit ihrem geringen Materialwert zum Nationalgestank der Deutschen gewor- den ist? Alle Mundgläser aller Gasthäuser Deutschlands, von Idioten auf den Kopf gestellt, damit sie nur ja nicht auslüften können, stinken aus ihren Öffnungen nach Odol und Menschen gibt`s, die sich damit sogar parfümie- ren und dafür Eau de Cologne trinken” [220].
Mit der Einführung von Odol in Deutschland begann für das Dresdner Chemische Laboratorium die Auseinandersetzung sowohl mit der Konkur- renz als auch mit wissenschaftlichen Stellungnahmen gegen das Odol. Von der Bakteriologischen Abteilung, die ab 1902 unter der Leitung des wissen- schaftlichen Direktors der Lingner-Werke, Dr. Karl Greimer, stand, wurden Stellungnahmen zu Angriffen gegen das Odol verfasst. Dabei wurden auch Untersuchungsergebnisse auswärtiger Wissenschaftler genutzt. So veröffent- lichten die Lingner-Werke auch eine vom Direktor des Hygiene-Instituts der Universität Prag, Prof. Ferdinand Hueppe (1852-1938), durchgeführte Analyse des Odols. Prof. Hueppe schreibt 1895:
“Die neutrale Reaktion zeichnet das Odol vor allen direkt bak- terientötenden Mund- und Zahnwässern aus. Infolge dieser neutralen Reak- tion ist ein schädlicher Einfluss auf die Kalksalze der Zähne unmöglich, was außerdem durch genaue vergleichende Versuche sicher gestellt ist. Die anti- septischen Eigenschaften, welche neben dem Schutze der Zähne gegenüber der Entkalkung das Wesentliche in einem brauchbaren Mund- und Zahn- wasser sind, sind nach den vergleichenden bakteriologischen Prüfungen sehr groß, so dass Odol selbst den besten sauren antiseptischen Zahnmitteln, welche zum Beispiel Benzoesäure, Saccharin, Salicylsäure enthalten, mindestens gleichwertig ist. Infolge beider Eigenschaften, großer und aus- reichender antiseptischer Wirkung, wie neutraler Reaktion, ist praktisch das Odol ein sehr wirksames, aber unschädliches Zahnreinigungsmittel, welches in dieser Vereinigung der beiden wichtigsten, sonst nur getrennt vorhandenen Eigenschaften einen großen Vorzug vor den analogen Mitteln besitzt und welches wegen seiner guten antiseptischen Leistungen und seiner Unschäd- lichkeit möglichst verbreitet werden sollte” [152]. In der Folgezeit lernten sich Lingner und Hueppe näher kennen, was nicht zuletzt Einfluss auf Lingners soziales Wirken haben sollte.
Im Jahre 1896 veranlasste das Sächsische Landes-Medizinal-Kollegi- um bei der Königlichen Centralstelle für öffentliche Gesundheitspflege eine Analyse des Odols. Diese Gesundheitsbehörde stand seinerzeit unter der Leitung von Prof.Friedrich Renk (1850-1928), einem später engen Mitstreiter Lingners im Bereich der hygienischen Volksbelehrung. Die Odolanalyse er- brachte als Inhaltsstoffe Alkohol, Wasser, Saccharin und Mineralstoffe. Daneben fand man zu 1,95% Menthol, 0,018% Salicylsäure und zu 0,051% eine Substanz, bestehend aus 2/3 Salol und 1/3 salicylsaurem Menthol-Äther. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass eine Abtötung aller Bakterien nicht erreichbar und der Verkaufspreis sicher zu hoch sei. Aufgrund der fehlenden Deklarierung der Inhaltsstoffe müsse Odol darüber hinaus als “Geheimmit- tel” eingestuft werden. Lingner reagierte auf diese Ausführungen mit einem Protest beim Ministerium des Innern und veröffentlichte mit Hilfe von Dr.Hefelmann und Dr.Seifert noch 1896 die Broschüre “Widerlegung der von der Kgl. sächsischen Zentralstelle für öffentliche Gesundheitspflege ver- öffentlichten Behauptung Odol betreffend”.
Als maßgeblicher Gegner der Lingner-Werke traten seit 1906 die Bombastuswerke Freital-Potschappel auf, die ebenfalls ein bekanntes Mund- wasser herstellten. Diese Firma, im Volksmund “Geisterfabrik” genannt, wurde von führenden Mitgliedern eines okkulten Zirkels geführt. Ein Mitin- haber der Bombastuswerke, Emil Bergmann, behauptete, als Medium Kon- takt zu den Geistern der Evangelisten Petrus und Paulus, den Erzengeln Michael und Gabriel, den Geistern Luthers, Goethes, Schillers und Bismarcks zu haben. Auch der berühmte Arzt Theophrastus Bombastus von Hohen- heim (1493/94-1541) hätte Kontakte mit dem Bund aufgenommen und ihm Rezepte für Schönheitsmittel (u. a. Mundwässer) und Arzneien hinterlassen. Der Bund finanzierte sich einerseits durch Mitgliedsbeiträge, andererseits wurden Abschriften von Botschaften verkauft, die angeblich Christus für den Bund angefertigt und in der Cheops-Pyramide niedergelegt hätte. Die Bombastuswerke begannen ihre Kampagne gegen die Lingner-Werke mit der Flugschrift “Odolzauber”. Dieser Artikel stammte ursprünglich von Rein- hold Gerling, einem bekannten Naturheilkundler, Redakteur des “Naturarz- tes” , der “Neuen Heilkunst” und Mitarbeiter der W. Anhalt GmbH, Colberg. Diese Firma stellte selbst ein Mundwasser namens Kosmodont her und stand somit auf der Konkurrentenliste der Lingner-Werke. In dem Artikel “Odolzauber” wurde unter anderem die “Odolwerbung gegen jede Vernunft”, das als Salol vermutete Odolantiseptikum und Lingners persönliche Eig- nung zur Durchführung einer geplanten Hygiene-Ausstellung angegriffen. Der Hintergrund des Vorwurfes bestand darin, dass Salol nach damals gül- tigen Bestimmungen in Deutschland nur in Apotheken verkauft werden durfte. Auch die königlich sächsische Zentralstelle für öffentliche Gesundheitspflege gab bereits 1896 Analysen heraus, die Salol als Odolbestandteil nachwiesen. In aufwendigen Gerichtsverhandlungen zwischen 1906 und 1911 konnte sich Lingner durchsetzen, ohne das Geheimnis des Odolantiseptikums preisge- ben zu müssen. Dabei führten die Bombastus-Werke den Chemiker Dr. Os- borne als Hauptbelastungszeugen auf. Dieser war bis 1902 in der Chemi- schen Fabrik von Heyden Leiter der Herstellung des Odol-Antiseptikums. Seiner Aussage, dass Salol das Antiseptikum sei, begegneten die Lingner- Werke mit dem Hinweis, dass das Herstellungsverfahren des Odol-Anti- septikums ständig verbessert worden sei.
Lingners Taktik in der nun folgenden Prozessflut bestand darin, nie selbst bei Verhandlungen anwesend zu sein. So dirigierte er aus dem siche- ren Hintergrund seine juristischen Vertreter, insbesondere Justizrat Popper. Auch verstand es Lingner, vermeintliche Belastungszeugen der Gegenseite unglaubwürdig zu machen bzw. deren Zulassung vor Gericht zu verhindern. Darüber hinaus sammelte er über seine Gegner, auch unter Auslobung ent- sprechender Erfolgsprämien, belastendes Faktenmaterial. Dieses nutzte er, um seine Widersacher in die Enge zu treiben. Die nun von Lingner angebo- tenen Vergleiche setzten seine Gegner ins Abseits.
Im Januar 1907 erreichte Lingner eine einstweilige Verfügung, wonach die weitere Verbreitung der „Odolzauber-Artikels“ untersagt wurde.Mit Gerling und Ramm (Geschäftsführer der Kolberger Anstalten) schloss Lingner 1908 einen geheimen Vergleichsvertrag, wonach diese alle Vorwürfe gegen- über Lingner zu unterlassen hatten. Ein Konkursverfahren gegen die Bombastus-Werke, als Hintermann konnte man Lingner vermuten, endete mit einer Verurteilung Bergmanns wegen einfachen Bankrottes. Vom Vor- wurf des Betruges wurde er freigesprochen. Zwar sei die Behauptung, dass Geister durch lebende Menschen als Medien sich zu offenbaren vermögen reiner Aberglauge, jedoch hatte man bei Bergmann „somnambule Trancezu- stände“ festgestellt, weswegen man Bergmann nicht verantwortlich ma- chen könne. (siehe Prof. Dr. H.Obst: Lingner ein Volkswohltäter ?, 2006).
Um 1920 ging aus dem einstigen spiritistischen Zirkel ein religiöser Geheimbund, der „Bund der Kämpfer für Glauben und Wahrheit“ hervor. Diese christliche Gruppe versuchte weiter über Offenbarungen aus dem Jensteits die Christenheit und Gesllschaft zu reformieren.
Mit unternehmerischem Geschick und neu investiertem Kapital des Bundes der Kämpfer für Glauben und Wahrheit überlebten die Bombastuswerke.
Noch 1929 nahm der Bund in seiner Zeitschrift “Horpena” Bezug auf Lingner wenn er schreibt: “...die Stunde der Vergeltung wird Euch kom- men, wie sie gekommen ist für jenen heimtückischen Konkurrenten, dem die Zunge bei lebendigem Leibe im Munde verfault ist, und der an ihrem Stumpf erstickte”.
Ein erneutes Strafverfahren gegen die Bombastus-Werke wegen Be- truges wurde 1930 zurückgewiesen, “... weil die Beziehung zu einer Geister- welt von vornherein als unglaubwürdig zu erkennen gewesen wäre, und daher ein Betrug nicht vorliege !”. Um 1930 hatte der Bund ca. 10000 Mit- glieder in Deutschland. Von der NS-Diktatur wurde er verboten, nach 1945 trat er nicht mehr an die Öffentlichkeit.
Im Jahre 1972 wurden die Bombastus-Werke verstaatlicht und in der weiteren Folge zu einem Betriebsteil des Volkseigenen Betriebes Pharma- zeutisches Werk Halle/Saale. Seit 1990 stellt die wieder selbständige Bombastus-Werke GmbH bewährte Arzneimittel, Arzneitees und Gesundheitspflegemittel her.
Gemeinnütziges Wirken und unternehmerischer Erfolg
Der „Bund für Glauben und Wahrheit“ über- lebt, die Bombastus - Werke bleiben bestehen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Lingners soziales Wir- ken beginnt 1897 mit Säuglingen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Soziale Einrichtungen der Lingner-Werke.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Pausengymnastik in den Lingner-Werken.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Lingners Weg vom Kaufmann zum Sozial- hygieniker.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Lingners Zusammen- arbeit mit Schloßmann.
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Deutscher Verein für Volkshygiene.
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Prof. Friedrich Hueppe
Lingner und die bürger- liche Sozialhygiene.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dr. Alfred Grotjahn.
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Prof. Max Rubner
Lingner im Vorstand des Vereins Kinder- poliklinik mit Säuglings- heim.
Lingners Ansichten zur Rassenhygiene.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Prof. Friedrich Renk
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Prof. Albert Neisser und dessen Artikel zu Odol.
Odol und die Ekzem- frage.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Prof. F. Hueppe und sein Einfluß auf Lingners soziales Wirken.
Die Zentralstelle für Zahnhygiene 1900.
Lingners gemeinnütziges Wirken begann 1897 als Vorstandsmitglied des Vereins “Kinderpoliklinik mit Säuglingsheim in der Johannstadt”, zu einer Zeit, da es ihm finanziell möglich war, beträchtliche Teile seines Ver- mögens für gemeinnützige Zwecke zu verwenden. Wenn Lingners soziales Wirken vor allem mit mehreren namhaften gemeinnützigen Einrichtungen in Verbindung gebracht wird, so darf in diesem Zusammenhang das Verhältnis des Großindustriellen zu seinen Arbeitern und Angestellten nicht übersehen werden.
Die in Lingners Unternehmen beschäftigten Arbeiter hatten Anspruch auf Ferien und Urlaubsentschädigung (zehn Tage im Jahr). Darüber hinaus existierte eine betriebseigene Sparkasse, die die Spareinlagen der Arbeiter mit fünf Prozent verzinste. Die Werksangehörigen erhielten eine Weihnachts- gratifikation: Arbeiter bis 50 Mark und Angestellte bis zu einem Monatsge- halt. Eine betriebliche Unterstützungskasse gewährte finanzielle Beihilfen für Werksangehörige bei plötzlich eingetretenen Notfällen. Die Lingner- Werke richteten zehn Wannen- und Brausenbäder ein, die einmal wöchent- lich während der Arbeitszeit benutzt werden konnten. Für jeden Arbeiter gab es zweimal täglich einen viertel Liter Milchkaffee, um damit dem Alkohol- genuss während der Pausen entgegenzuwirken [45]. Des weiteren existierte im Dresdner Chemischen Laboratorium seit 1903 ein Kantinenbetrieb zum Verkauf von Speisen und Getränken zum Selbstkostenpreis. Diese Betriebs- kantine muss 1903 in Dresden eine Ausnahme gewesen sein, denn das Gewerbeamt ließ erst eine Inspektion durchführen, um sich über den Sinn und Zweck der Verkaufsstelle zu informieren. In einer Stellungnahme des Stadtbezirksinspektors heißt es hierzu: “Die Firma will mit der Einrichtung bezwecken, dass Arbeiter jederzeit billige, gute und frische Speisen bekom- men und ihre Pausen nicht mit dem Einholen solcher verlaufen müssen” [99]. Mit der Einführung von Pausengymnastik um 1900 betraten die Ling- ner-Werke ebenfalls Neuland. Vermutlich regte Hueppe Lingner dazu an. Im Dresdner Journal vom 17.6.1905 wurde von einem Sommerfest der Be- legschaft der Lingner-Werke berichtet. Mit einem gemieteten Dampfschiff fuhr man bis nach Alt-Tolkewitz und kehrte in dem bekannten Ausflugslokal Donaths Neue Welt ein. Als Höhepunkt der Feier überreichte Lingner 50000,- Mark für den bereits bestehenden Wohlfahrtsfond der Belegschaft.
Was bewog nun aber den Kaufmann Lingner, zum Förderer der hygie- nischen Volksbelehrung, des Desinfektionswesens und der Säuglingspflege zu werden? Lingner beantwortete diese Frage in seiner Veröffentlichung “Einige Leitgedanken zu der Sonderausstellung Volkskrankheiten und ihre Bekämpfung”, erschienen 1903 in Dresden [4]: “Mich selbst hat ein Zufall auf das Gebiet der Sozialhygiene geführt. Meine geschäftlichen Unterneh- mungen machten es vor mehreren Jahren notwendig, mich eingehend mit dem in voller Entwicklung befindlichen Desinfektionswesen zu beschäfti- gen, und so kam ich zu dem Studium der sozialhygienischen Literatur. Das Gebiet hat mich dermaßen begeistert, dass ich zu dem Entschluss gelangt bin, mich in jeder nur möglichen Weise auf demselben zu betätigen und an- dere Bestrebungen, die dieser herrlichen Idee zweckmäßig dienen, fördern zu helfen.”
Die von Lingner angesprochenen “geschäftlichen Unternehmungen” begannen 1897 mit der Konstruktion des “Lingnerschen-Desinfektionsap- parates”. Das für diesen Apparat verwendete tiefenwirksame Desinfektionsmittel Glykoformal entwickelte Lingner gemeinsam mit dem Kinderarzt Dr. Arthur Schloßmann (1867-1932) und Prof. Reinhold Freiherr von Walther (1866-1941), erster Assistent am organisch-chemischen Laboratorium der Technischen Hochschule.
Die frühzeitige Zusammenarbeit mit Schloßmann kann man als einen entscheidenden Ausgangspunkt für Lingners späteren Einsatz im Bereich der hygienischen Volksbelehrung sehen, nicht zuletzt gilt Schloßmann als einer der Mitbegründer der bürgerlichen Sozialhygiene [183]. Er berichtet von einem „engen und regelmäßigen Gedankenaustausch“ mit Lingner zu einer Zeit, da dieser noch sein Geschäft auf dem Freiberger Platz betrieb. Über ein wichtiges Treffen mit Lingner schreibt Schloßmann folgendes: „Ich erinnere mich eines Abends, an dem wir spät im Cafe König zusammen- saßen - unser gemeinsamer Freund Galewsky hatte sich uns zugesellt - und uns über die Pflichten unterhielten, die großer Besitz demjenigen auferle- gen, der in der heutigen Zeit durch Tüchtigkeit und Glück in die Höhe kommt. Für manches, was Lingner später geschaffen hat, ist in dieser Nacht der Samen gelegt worden.“ [238]. In der Folgezeit arbeitete Schloßmann an fast allen von Lingner geschaffenen gemeinnützigen Einrichtungen mit. Lingner und Schloßmann waren gemeinsam Mitglieder im Deutschen Ver- ein für Volkshygiene, welcher von Lingner als der “kraftvollste Bahnbrecher der Sozialhygiene” bezeichnet wurde [223]. Die Gründung des Vereins er- folgte 1899 auf Anregung des praktischen Arztes K. Beerwald in Berlin. Den Vorsitz führten Dr. Bödiker, Prof. Dr. E. v. Leyden, Graf Douglas und Prof. Max Rubner. Zu den Zielen des Vereins gehörten die Verbreitung der persönlichen Gesundheitspflege sowie die Aufklärung über eine gesundheits- gemäße Lebensweise und Hygiene, um damit die Volksgesundheit zu heben. Zu diesem Zweck organisierte der Verein öffentliche, allgemeinverständliche Vorträge und brachte populäre Schriften wie “Blätter für Volksgesund- heitspflege” (Berlin, seit 1902) und “Veröffentlichungen des Deutschen Ver- eins für Volksgesundheitspflege” (München, seit 1902) heraus. Gleichfalls unterstützte der Verein praktische Maßnahmen wie Volksbrausebäder und die Beschaffung einwandfreier Säuglingsmilch für die ärmeren Klassen [182]. Die Ortsgruppe Dresden des Deutschen Vereins für Volkshygiene förderte Lingners gemeinnütziges Wirken, so zum Beispiel die Ausstellung “Volks- krankheiten und ihre Bekämpfung” 1903 und die I.Internationale Hygiene- Ausstellung 1911 in Dresden [223]. Ein weiterer Hygieniker, Prof. Friedrich Hueppe, stand zumindest als Referent dem Verein zur Verfügung. Er propa- gierte den besonderen Wert von Leibesübungen. Möglicherweise war er es, der Lingner zur Einführung der Pausengymnastik in den Lingner-Werken veranlasste.
Dass Lingners gesundheitspropagandistisches Wirken nicht un- wesentlich durch die sich eben emanzipierende bürgerliche Sozialhygiene beeinflusst worden ist, lässt sich nach G. Heidel vor allem aus Lingners 1904 erschienener Schrift “Einige Leitgedanken zu der Sonderausstellung Volks- krankheiten und ihre Bekämpfung” vermuten. Zumindest sei “der medizini- sche Laie Lingner ... von dem außerordentlich häufig benutzten Begriff So- zialhygiene in einem solchen Maße fasziniert, dass er ihn geradezu als Sig- natur seines Wirkens verwendet” [191]. Da “Großes auf dem Gebiet der Sozialhygiene nur dann zu erreichen ist, wenn nicht nur die Gebildeten aller Kreise, sondern auch das Volk freiwillig mitarbeitet” und weil “der Schwer- punkt aller sozialhygienischer Tätigkeit in der Belehrung der Bevölkerung liegt”, ist nach Lingner “kein Gebiet ... zur Betätigung ... idealen Strebens [Vermögender, Anm. d. Verf.] besser als die Sozialhygiene” geeignet [191]. Auch während der Vorbereitungen zur Internationalen Hygiene- Ausstel- lung durch Lingner lassen sich nach Heidel Belege für den Einfluss der Sozial- hygiene finden. In einem 1906 in Dresden gedruckten Programmvorschlag zur Internationalen Hygiene-Ausstellung lässt Lingner “seiner Vorliebe für den Terminus Sozialhygiene freien Lauf”. Auch wird der Mitbegründer der bürgerlichen Sozialhygiene, Dr. Alfred Grotjahn (1869-1931), in einer Liste von Vorbereitern der Ausstellung geführt, ohne jedoch später an der Aus- stellungsvorbereitung beteiligt gewesen zu sein. Als Gründe hierfür sieht Heidel sowohl die Beziehungen des jüngeren Grotjahn zur Sozialdemokra- tie als auch die absolute Dominanz der Hygieneordinarien, darunter die des engagierte Grotjahn- und Sozialhygienegegners Prof. Max Rubner (1854- 1932), in den Vorbereitungsgremien der Hygieneausstellung [191]. Offen- sichtlich war Lingner von den heftig geführten Attacken gegen die ursprüng- lich angestrebte sozialhygienische Orientierung der Hygiene-Ausstellung stark beeindruckt, so dass er in seiner 1912 erschienenen “Denkschrift zur Errich- tung eines National-Hygiene-Museums in Dresden” zwar zahlreiche Pas- sagen des erwähnten Programmvorschlages nahezu wortgetreu übernahm, jedoch den Gebrauch des Begriffes Sozialhygiene streng vermied.
Lingner wurde 1897 Vorstandsmitglied im Verein Kinderpoliklinik mit Säuglingsheim in der Johannstadt, der aus der 1894 von Schloßmann be- gründeten Kinderpoliklinik hervorgegangen war. Das Hauptanliegen des Vereins bestand in der Senkung der Säuglings- und Kindersterblichkeit [112].
Lingners Anschauungen zur Rassenhygiene, welche durch sozial- darwinistisches Gedankengut beeinflusst waren, lassen unter anderem ver- stehen, warum sich gerade ein Kaufmann für Säuglingspflege engagierte. Seiner Meinung nach entscheidet sich die “Güte” einer Rasse in deren Wirtschaftsmacht, die es ermöglicht, andere Rassen zu unterdrücken, “denn nicht nach Gleichgewicht, sondern nach Übermacht strebt jede Rasse, das liegt in ihrer Natur ... eine Rasse, die nicht nach Übergewicht strebt, ist von vornherein schon zur Unterordnung verdammt”. Um in diesem Wirtschafts- kampf bestehen zu können “ist es vor allem erforderlich ... die drohende Degeneration aufzuhalten. Bei uns Deutschen ist es besonders die ungeheu- re Säuglingssterblichkeit und der auffällige Rückgang der Gebur- tenhäufigkeit” [5]. Später wurde unter der nationalsozialistischen Diktatur die sozialdarwinistische Rassenhygiene zur Leitideologie der öffentlichen Gesundheitspflege erhoben und die Sozialhygiene als Leitwissenschaft zer- schlagen.
Zu den Mitbegründern des Vereins zählte auch Prof. Friedrich Renk (1850-1928), Inhaber des Lehrstuhls für Hygiene an der Technischen Hoch- schule und Leiter der Zentralstelle für Öffentliche Gesundheitspflege. In Folge hatte er bedeutenden Anteil bei der Durchführung der ersten Hygie- ne-Ausstellung [229]. Mitglieder des Vereins Kinderpoliklinik mit Säuglings- heim in der Johannstadt waren außerdem der Hautarzt Dr. Eugen Galewsky (1864-1935) und der Chemiker Prof. R. v. Walther, die in später beim Auf- bau von Lingners sozialen Einrichtungen mitarbeiteten. Es lässt sich daher annehmen, dass dieser Verein wesentlich Lingners soziales Engagement be- einflußte. Über Galewsky soll Lingner den damals schon bekannten Der- matologen Prof. Albert Neisser (1855-1916) kennengelernt haben. Neisser ist unter anderem durch die Entdeckung der Gonokokken (1879) in die Medizingeschichte eingegangen. Galewsky arbeitete bis zu seiner Rückkehr nach Dresden (1891) bei Neisser in Breslau. Über das Zustandekommen der Freundschaft ist nur bekannt, dass Lingner “hart um die Freundschaft dieses großen Arztes ringen musste” [223]. Inwieweit dabei ein Artikel Neissers in der wissenschaftlichen Fachpresse eine Rolle spielte, bleibt ungewiss. Unter dem Titel “Lippenekzeme und Mundwässer, insbesondere Odol-Mund- wasser” berichtet Neisser 1898 von Ekzemen der Lippenschleimhaut nach dem Gebrauch von Odol [154]. Aufgrund eines Schreibens des Dresdner Chemischen Laboratorium Lingner von 1901, unterzeichnet von Greimer, sah sich Neisser veranlasst, “die Frage noch einmal, auch experimentell zu prüfen”. Er konnte die bereits 1898 dargestellte Tatsache bestätigen, dass eine “besondere Idiosynkrasie” einzelner Personen gegenüber ätherischen Ölen die Ekzeme hervorrufen können. Ausdrücklich verneinte Neisser je- doch eine allgemeine Schädlichkeit des Odols, so dass es ihm “richtig er- schien, wenigstens grundlosen Verdächtigungen eines, so weit ich sehe, gu- ten Präparates, entgegenzutreten“. Diese Stellungnahme veröffentlichte Neisser im August 1902 in der Allgemeinen Medicinischen Central-Zeitung [155]. Auch Galewsky kam nach entsprechenden Untersuchungen zu dem Schluß, daß ein allgemeiner seborrhoischer Status, beziehungsweise eine ekzematöse Diathese, als Ursache der Erkrankungsfälle anzusehen sei. Gleichzeitig beschrieb er ähnliche Ekzeme nach Anwendung von acht ande- ren Mundwässern beziehungsweise Zahnpasten [184].
Beide, Neisser und Galewsky, unterstützen Lingner bei seinen späte- ren Bemühungen um die hygienische Volksbelehrung. Auch die Freundschaft zu Prof. Hueppe, die wohl nicht zuletzt mit dessen positiver Beurteilung des Odols ihren Anfang genommen hatte, könnte ebenfalls Lingners soziales Wirken beeinflusst haben. 1898, ein Jahr nach der Entwicklung des Lingner- schen-Desinfektionsapparates, besuchte Lingner Hueppe erstmals in Prag, wo er sich für Sammlungen “von Reinkulturen der Krankheiten und Gärung erregenden Bakterien und Pilze” interessierte [199]. Laut Hueppe soll Lingner durch die “Besichtigung von Bakterienkulturen an hygienischen Universi- tätsinstituten” zur Durchführung der Ausstellung “Volkskrankheiten und ihre Bekämpfung” 1903 in Dresden angeregt worden sein [199]. Es ist anzuneh- men, dass Lingners Einsatz auf dem Gebiet der hygienischen Volksbeleh- rung ebenfalls durch Hueppe beeinflusst war. In seiner Autobiographie be- schreibt Hueppe auch seine Bemühungen zur Hebung der Volksgesundheit. In über 300 Veröffentlichungen widmete er sich überwiegend dem “sozialen Moment der Hygiene”. Diesen Arbeitsumfang begründete er damit, “dass zur Ein- und Durchführung der Hygiene überall Material gesucht werden musste, dass weite Kreise zu belehren und zu gewinnen waren, dass Stadt, Staat und Industrie Rat suchten” [189]. In einem Beileidsbrief Hueppes zum Tode Lingners wird ersichtlich, dass beide Männer freundschaftlich verbunden waren und einen regen Erfahrungsaustausch zu Fragen der Hygiene geführt hatten.
Mit der Gründung der Zentralstelle für Zahnhygiene am 1. Oktober 1900 begann Lingner den Aufbau einer Reihe gemeinnütziger Einrichtun- gen in Dresden. Es erscheint naheliegend, dass sich der Mundwasserfabrikant zu Beginn seines sozialen Wirkens mit Fragen der Zahnhygiene auseinan- dersetzte. Zu den Aufgaben der Zentralstelle gehörten Untersuchungen be- kannter Mittel und Methoden zur Verhütung von Karies.
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- Citation du texte
- Dr. med. Ulf-Norbert Funke (Auteur), 2007, Karl August Lingner. Leben und Werk eines sächsischen Großindustriellen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67931
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