Der Mensch als Gemeinschaftswesen ist darauf angewiesen, mit seinen Mitmenschen in Kommunikation zu treten. Diese Kommunikation kann zum einen nonverbal ablaufen, sich also auf Gestik und Mimik beschränken, oder aber verbal, also durch den Gebrauch von Sprache. Die Fähigkeit des Menschen, Sprache zu artikulieren und zu verstehen, ist in der gesamten Natur einzigartig. Sowohl die Produktion von Lauten als auch das Hören, Verarbeiten und Verstehen zählen zu den komplexesten Vorgängen, zu denen das menschliche Gehirn in der Lage ist. Beim Erwerb der Erstsprache im ungefähren Alter von zwei bis vierzehn Jahren werden sämtliche Bereiche wie z.B. Grammatik, Pragmatik oder Semantik erlernt und gefestigt. Der Vorgang des Erstspracherwerbs (L1-Erwerb) soll hier nicht weiter untersucht werden, aber es muss betont werden, dass die Erstsprache in jedem Fall das Sprachverständnis eines jeden Menschen prägt und einen nicht unerheblichen Einfluss auf den Zweitspracherwerb (L2-Erwerb) hat. Ein Sprecher wird ihm unbekannte Wörter seiner Muttersprache in der Regel richtig aussprechen können und durch den Zusammenhang auch dessen semantische Bedeutung erfassen können, da er unbewusst ein Verständnis über das eigene Sprachsystem besitzt. Soll er aber unbekannte Wörter einer Zweitsprache aussprechen oder deren Bedeutung verstehen, wird er zuerst auf das Sprachsystem seiner Muttersprache zurückgreifen, bevor er das fremde System ausreichend verinnerlicht hat. Solange ihm dies noch nicht gelungen ist, werden ihm z.B. in der Grammatik und auch in der Aussprache immer wieder Fehler unterlaufen, die mehr oder weniger gravierend sind und eine Auswirkung auf das erwünschte Ziel des Sprechens haben können: die Kommunikation. Ein falscher Satzbau oder die Verwendung falscher Vokabeln ist eine Verletzung des strukturellen Systems der Sprache, also eine Missachtung explizit festgelegter Regeln. Bei der Aussprache allerdings ist eine Festlegung auf bestimmte Regeln nicht so einfach zu handhaben, wodurch dem Ausspracheerwerb eine besondere Bedeutung zukommt.
Ziel dieser Arbeit ist es, die Rolle der Aussprache am Beispiel des Erwerbs des Englischen als Zweitsprache in einem gewissen Rahmen näher zu beleuchten. Ausgehend vom Deutschen als Erstsprache soll, anhand einzelner Fragestellungen, unter anderem auch der Aspekt der „falschen Aussprache“ behandelt werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Kann eine Aussprache fehlerhaft sein?
2.1. Fehlerbereiche
2.2. Fehlerarten
2.3. Fehlerursachen
3. Tragen die neuen Medien zu einer Verbesserung der Aussprache bei?
3.1. Fernsehen
3.2. Computer
3.3. Internet
4. Sollten bestimmte phonetische Realisierungen ersetzt werden, um die Aussprache im Zweitspracherwerb zu vereinfachen?
4.1. Der Lingua Franca Core
4.2. Begründungen und Gegenargumente
5. Zusammenfassung / Conclusion
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Der Mensch als Gemeinschaftswesen ist darauf angewiesen, mit seinen Mitmenschen in Kommunikation zu treten. Diese Kommunikation kann zum einen nonverbal ablaufen, sich also auf Gestik und Mimik beschränken, oder aber verbal, also durch den Gebrauch von Sprache. Die Fähigkeit des Menschen, Sprache zu artikulieren und zu verstehen, ist in der gesamten Natur einzigartig. Sowohl die Produktion von Lauten als auch das Hören, Verarbeiten und Verstehen zählen zu den komplexesten Vorgängen, zu denen das menschliche Gehirn in der Lage ist. Beim Erwerb der Erstsprache im ungefähren Alter von zwei bis vierzehn Jahren werden sämtliche Bereiche wie z.B. Grammatik, Pragmatik oder Semantik erlernt und gefestigt. Der Vorgang des Erstspracherwerbs (L1-Erwerb) soll hier nicht weiter untersucht werden, aber es muss betont werden, dass die Erstsprache in jedem Fall das Sprachverständnis eines jeden Menschen prägt und einen nicht unerheblichen Einfluss auf den Zweitspracherwerb (L2-Erwerb) hat. Ein Sprecher wird ihm unbekannte Wörter seiner Muttersprache in der Regel richtig aussprechen können und durch den Zusammenhang auch dessen semantische Bedeutung erfassen können, da er unbewusst ein Verständnis über das eigene Sprachsystem besitzt. Soll er aber unbekannte Wörter einer Zweitsprache aussprechen oder deren Bedeutung verstehen, wird er zuerst auf das Sprachsystem seiner Muttersprache zurückgreifen, bevor er das fremde System ausreichend verinnerlicht hat. Solange ihm dies noch nicht gelungen ist, werden ihm z.B. in der Grammatik und auch in der Aussprache immer wieder Fehler unterlaufen, die mehr oder weniger gravierend sind und eine Auswirkung auf das erwünschte Ziel des Sprechens haben können: die Kommunikation. Ein falscher Satzbau oder die Verwendung falscher Vokabeln ist eine Verletzung des strukturellen Systems der Sprache, also eine Missachtung explizit festgelegter Regeln. Bei der Aussprache allerdings ist eine Festlegung auf bestimmte Regeln nicht so einfach zu handhaben, wodurch dem Ausspracheerwerb eine besondere Bedeutung zukommt.
Ziel dieser Arbeit ist es, die Rolle der Aussprache am Beispiel des Erwerbs des Englischen als Zweitsprache in einem gewissen Rahmen näher zu beleuchten. Ausgehend vom Deutschen als Erstsprache soll, anhand einzelner Fragestellungen, unter anderem auch der Aspekt der „falschen Aussprache“ behandelt werden.
2. Kann eine Aussprache fehlerhaft sein?
Wie eingangs schon erwähnt wurde, gibt es in einer Sprache bestimmte Konventionen u.a. bezüglich der Grammatik, Pragmatik oder Semantik. Desgleichen besteht auch eine gewisse Norm für die Aussprache, welche aber vergleichsweise weniger starre Grenzen aufweist. Besonders auffällig wird dies, wenn man die Vielzahl der Dialekte in einer Sprache wie z.B. im Deutschen betrachtet: Das Bayerische unterscheidet sich in der Aussprache erheblich vom Sächsischen, oder dem Hamburger Dialekt. So findet zum Teil eine Vokalverschiebung statt oder stimmlose Plosive werden zu stimmhaften abgewandelt. Trotz dieser Unterschiede zählt man alle diese Varietäten zur deutschen Sprache und bezeichnet sie nicht als fehlerhaft. Gleiches gilt auch für das Englische, wenn man die Mundarten Schottlands, Englands, Irlands, Australiens oder Amerikas mit ihren jeweils eigenen regionalen Akzenten untereinander vergleicht.
Auf den ersten Blick scheint es somit schwierig zu sein, einen Aussprachefehler zu identifizieren, wenn man den Blick lediglich auf die immense Vielfalt der Akzente richtet. Bei genauerem Hinsehen aber fällt auf, dass diese „Abweichungen“ Regeln folgen, die der Muttersprachler bzw. der Sprecher eines Dialekts unbewusst verinnerlicht hat. Folglich würde man einen Aussprachefehler erst dann als solchen bezeichnen, wenn sich das ausgesprochene Wort in dieser Form in keiner „natürlichen“ Varietät finden lässt. Daher kann man durchaus von einer „fehlerhaften Aussprache“ sprechen.
Eine eher schwierige Frage, die sich bei der Vermittlung der Englischen Sprache stellt, ist demzufolge die des Aussprachestandards. Die Vielzahl der englischen Dialekte im Sprachunterricht unterbringen zu wollen, ist utopisch; man kann den Lernern höchstens bewusst machen, dass sie existieren. Außerdem müssen für Lerner gewisse Regeln und Normen gelten, an denen sie sich orientieren können. Folglich besteht die Forderung für den Englischunterricht darin, sich auf eine Standardvarietät des Englischen zu einigen, welche vermittelt werden soll. Erst wenn dieser Standard besteht, kann man von Abweichungen, also von Fehlern sprechen. In Deutschland ist dies meist das British English (BE) mit der received pronunciation (RP) bzw. dem BBC English oder die amerikanische Aussprache general American (GA).
2.1. Fehlerbereiche
Fehler in der Aussprache können sowohl auf der segmentalen Ebene (falsche Verwendung von Phonemen) oder auf der suprasegmentalen Ebene (Akzent, Betonung) geschehen. Dass die „Aussprache des Englischen weitgehend von der Betonung bestimmt“ (Friederich, 1967: 5) wird, darf bei der Vermittlung von Englisch als Zweitsprache nicht übersehen werden. Vor allem deutschsprachigen Lernern bereitet der Wortakzent im Englischen Mühe, da dieser im Deutschen eindeutig festgelegt ist, so dass Muttersprachler auch unbekannte deutsche Wörter in der Regel richtig betont aussprechen. Im Englischen scheint es, wie in vielen Bereichen, diesbezüglich eher Ausnahmen als Regeln zu geben. Letztere existieren zwar, allerdings sind sie doch relativ komplex und umfassend, so dass sie an dieser Stelle nicht näher erläutert werden sollen.[1]
2.2. Fehlerarten
Dem Lerner können im Grunde zwei verschieden Arten von Fehlern unterlaufen. Dies sind zum einen die Kompetenzfehler (errors) und die Performanzfehler (mistakes). Erstere entstehen durch Unwissen des Lerners, treten also in einem Gebiet auf, in dem er noch keine oder nur unzureichende Kenntnisse hat, letztere sind Fehler, die nur in einigen Sprachhandlungen auftreten und dem Lerner als Fehler bewusst sind. So könnte es sein, dass ein deutschsprachiger Englischlerner für hole statt [həl] falsch [ho:l] oder [hole] artikuliert. Dies würde darauf hinweisen, dass er die Ausspracheregel noch nicht kennt, welche besagt, dass der Vokal „o“ vor einem Konsonanten und auslautendem, stummen „e“ als [ə] / [o] ausgesprochen wird. Der fehlerhafte Gebrauch des dentalen Frikativs dagegen ist eher als Performanzfehler zu sehen, wenn dem Lerner die Aussprache des „th“ als [θ] bzw. [ð] schon bekannt ist, er aber [f] oder [t] artikuliert.
2.3. Fehlerursachen
Um beschreiben zu können, auf welche Weise Lernern Fehler unterlaufen, muss gleichzeitig darauf eingegangen werden, wie sich das Ausspracherepertoire der Lerner entwickeln kann. Dazu sollen kurz drei Hypothesen[2] vorgestellt werden:
Die Kontrastiv-Hypothese beschreibt, dass sich das neue Sprachsystem parallel zum System der Erstsprache entwickelt, der Lerner also Vorkenntnisse und Gewohnheiten aus seiner Muttersprache auf die Zielsprache überträgt. Sind die Strukturen beider Sprachen an bestimmten Stellen ähnlich, funktioniert dort die Übernahme relativ problemlos. Fehler erklären sich nach dieser Hypothese dadurch, dass beispielsweise die Relationen zwischen Schrift und Aussprache je nach Sprache divergieren können, der Lerner also mit den Vorkenntnissen über seine Muttersprache an Grenzen stößt. So kann ein „a“, welches im Deutschen [Y:] oder [a] ausgesprochen wird, im Englischen sowohl [Y:], als auch [æ], [e] oder []] artikuliert werden; die Bildung von Diphthongen kommt dabei noch dazu. Der Lerner stößt quasi auf „phonetisches Neuland“ und muss sich diese Inhalte bewusst aneignen. Die Kernaussage der Kontrastiv-Hypothese, der Zweitspracherwerb würde allein auf der Muttersprache basieren, ist allerdings mit Vorsicht zu betrachten, denn „Analysen von Lernersprachen-Korpora sowohl aus Situationen des natürlichen Spracherwerbs als auch aus schulischen Lernsituationen [...] zeigen“ (Macht 1998: 355), dass sich die wenigsten Fehler auf den Einfluss der Muttersprache zurückführen lassen.
Nach der Identitäts-Hypothese entwickelt sich die Zweitsprache beim Lerner genauso wie seine Muttersprache nach „natürlichen“ Gesetzmäßigkeiten. Nach dieser Hypothese haben externe Faktoren wie z.B. die „Reihenfolge und Intensität der Präsentation von Grammatikstoffen [...] keinen Einfluss auf die Entwicklung der Zielsprache.“ (ibid.: 355) In diesem Falle sind Fehler unvermeidbare Begleiterscheinungen, die anzeigen, in welchem Stadium des Spracherwerbs sich der Lerner befindet. Der Lerner ist allein durch vermehrten Input und durch gesteigerte Motivation in der Lage, eine höhere Kompetenz in der Zweitsprache zu erreichen.
Dem stehen allerdings Erfahrungen aus der Praxis des Fremdsprachenunterrichts gegenüber, die den Erfolg der didaktischen Aufbereitung von Sprache nicht von der Hand weisen können.
Die Interimsprachen-Hypothese dagegen geht davon aus, dass sich das neue Sprachsystem als eine eigenständige Sprache bzw. interlanguage zwischen der Ausgangssprache und der Zielsprache entwickelt. So ist diese
die Summe der fremdsprachlichen Hypothesen und Verhaltensweisen eines Individuums, die weder mit den Gesetzmäßigkeiten der Ausgangssprache noch mit denen der Zielsprache in vollem Umfang identisch sind.
(idid.: 356)
Diese Interimsprache zeichnet sich dadurch aus, dass sie in sich schlüssige Äußerungen hervorbringt, also im jeweiligen Lernstadium eine relativ hohe Konsistenz aufweist. Dennoch ist sie so variabel, dass sie vom Lerner unaufhörlich weiterentwickelt wird, da er sich der Zielsprache anzunähern versucht. Der Lerner muss dabei allerdings bereit sein, bisher „unausgereifte“ Elemente seiner Interimsprache als solche zu erkennen und seine Hypothesen über die Zielsprache auszutauschen oder auszubauen. Vergleicht man diese Hypothese mit den vorherigen beiden im Bezug auf den Aspekt des sprachlichen Fehlers, liegen hier die Ursachen weder bei strukturellen Unterschieden noch bei einem natürlichen Entwicklungsprozess. Fehler nach der Interimsprachen-Hypothese sind von der „Art und Weise [abhängig], wie ein Lernender die ihm verfügbaren Informationen [...] benutzt, um eigene Hypothesen aufzustellen.“ (ibid.: 356)
[...]
[1] Eine detaillierte Aufschlüsselung findet sich hier: Friederich (1967), 24-26.
[2] Vgl.: Macht (1998), 355-357.
- Quote paper
- Matthias Gebhardt (Author), 2005, Die Aussprache des Englischen im Zweitspracherwerb, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67261
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