1.0 Warum diese Arbeit ?
In der heutigen Zeit scheint die multimediale Vermittlung von Inhalten zuweilen wesentlicher als ihr Inhalt - umso wenig verwunderlicher ist, dass viele Menschen eher Filme kennen, als jene Literatur, auf denen sie basieren. Zog doch beispielsweise die Verfilmung der Sagen-Trilogie J.R.R. Tolkiens „Der Herr der Ringe“ durch den Regisseur Peter Jackson viele Bundesbürger in die Kinos und rang der einen oder anderen Jury verschiedenster Filmpreisverleihungen so manche Trophäe ab - es herrschte allenthalben große Begeisterung - enttäuscht waren jedoch jene, die die Jahrzehnte vorher geschriebenen Werke des Schriftstellers Tolkien gelesen hatten. Figuren wie auch Handlungen war in Teilen weggefallen, umgestellt oder ganz weggelassen worden. Es gab somit eine starke Diskrepanz zwischen der Vorlage des Buches und dem Film. Ebenso gab es plötzlich viele, die den „Herrn der Ringe“ nur noch als das Werk Peter Jacksons ansahen - und nicht als die visuelle Umsetzung des literarischen Epos von John Reginald Reuel Tolkien. Ebenso lebt heute manche akademische Lehrveranstaltung mehr von ausgefeilter Methodik und Didaktik denn von substantiellem Inhalt - und wird dennoch in vielen Fällen als hochwertig oder gar besser angesehen. Hier schlägt sich die Brücke zu dieser Arbeit. Die Nationalpolitischen Erziehungsanstalten, auch NPEA oder im Volksmund NAPOLA genannt, stellten sich in der Realität in einigen Dingen bewiesenermaßen anders dar, als sie wahrgenommen oder schlussendlich in einem Film nachgestellt wurden. Geschichtsschreibung ist bereits die Interpretation etwas Geschehenen durch den Verfasser - und beinhaltet verfälschende Selektion. Kann ein Film, welcher auf Geschichtsschreibung beruht und diese mit darstellerischen Mitteln neu interpretiert, kann, wenn er den Schwerpunkt auf Inszenierung und Unterhaltung legt, einen ähnlich guten Eindruck vermitteln - wo kann man den Bildern glauben? [...]
Inhaltsverzeichnis:
1.0 Warum diese Arbeit ?
2.0 Zum Hintergrund der NPEA bzw. Napola
2.1 Die Idee und Entstehung
2.2 Lehrpersonal und Schülerauswahl
2.3 Standorte
2.4 Erziehungsanstalt versus Schule
3.0 Zum Hintergrund des Kinofilmes
„NAPOLA – Elite für den Führer“
3.1 Über Dennis Gansel
3.2 Die Idee des Filmes
4.0 Kritische Vergleiche einzelner Darstellungen
4.1 Der Protagonist
4.2 Kleidung und Einrichtung
4.3 Führungsstruktur
4.4 Sport
4.5 Wehrausbildung
4.6 Mut und Härteproben
5.0 Fazit
Literaturverzeichnis
1.0 Warum diese Arbeit ?
In der heutigen Zeit scheint die multimediale Vermittlung von Inhalten zuweilen wesentlicher als ihr Inhalt – umso wenig verwunderlicher ist, dass viele Menschen eher Filme kennen, als jene Literatur, auf denen sie basieren. Zog doch beispielsweise die Verfilmung der Sagen-Trilogie J.R.R. Tolkiens „Der Herr der Ringe“ durch den Regisseur Peter Jackson viele Bundesbürger in die Kinos und rang der einen oder anderen Jury verschiedenster Filmpreisverleihungen so manche Trophäe ab - es herrschte allenthalben große Begeisterung - enttäuscht waren jedoch jene, die die Jahrzehnte vorher geschriebenen Werke des Schriftstellers Tolkien gelesen hatten. Figuren wie auch Handlungen war in Teilen weggefallen, umgestellt oder ganz weggelassen worden. Es gab somit eine starke Diskrepanz zwischen der Vorlage des Buches und dem Film. Ebenso gab es plötzlich viele, die den „Herrn der Ringe“ nur noch als das Werk Peter Jacksons ansahen – und nicht als die visuelle Umsetzung des literarischen Epos von John Reginald Reuel Tolkien. Ebenso lebt heute manche akademische Lehrveranstaltung mehr von ausgefeilter Methodik und Didaktik denn von substantiellem Inhalt – und wird dennoch in vielen Fällen als hochwertig oder gar besser angesehen. Hier schlägt sich die Brücke zu dieser Arbeit. Die Nationalpolitischen Erziehungsanstalten, auch NPEA oder im Volksmund NAPOLA genannt, stellten sich in der Realität in einigen Dingen bewiesenermaßen anders dar, als sie wahrgenommen oder schlussendlich in einem Film nachgestellt wurden. Geschichtsschreibung ist bereits die Interpretation etwas Geschehenen durch den Verfasser – und beinhaltet verfälschende Selektion. Kann ein Film, welcher auf Geschichtsschreibung beruht und diese mit darstellerischen Mitteln neu interpretiert, kann, wenn er den Schwerpunkt auf Inszenierung und Unterhaltung legt, einen ähnlich guten Eindruck vermitteln – wo kann man den Bildern glauben?
2.0 Zum Hintergrund der Napola / NPEA
Einen relativ guten Überblick über die Hintergründe der NAPOLA findet sich in jedem größeren Nachschlagewerk – ich favorisiere die Darstellung der thematisch nahverwandten Datenbank zum Nationalsozialismus, die jedoch einiger Unterfütterung im Sinne dieser Arbeit bedürfen.
2.1 Die Idee und Entstehung
Die nationalsozialistische Erziehungspolitik entstand, ohne neue Ideen zu entwickeln. Sie setzte letztlich nur die längst in Hitlers Kopf[1] entstandenen und in der Gesellschaft vorhandenen Gedanken in die Praxis um. Die Nationalsozialisten übernahmen verschiedene Elemente der Jugendbewegung, so zum Beispiel das Lagerfeuer, das Volkslied, das Wandern in der Natur, die Verachtung der Demokratie und nach 1918 auch in der Jugendbewegung durchaus ausgeprägt vorhandenen Antisemitismus und institutionalisierten mit der NPEA das Umfeld, in welchem sich dieses Gedankengut bisher informell festigte. Die Kernaufgabe der NPEA war, den Worten Adolf Hitlers folgend, die “Erziehung zu Nationalsozialisten, tüchtig an Leib und Seele für den Sieg an Volk und Staat”. Die Schüler sollten die kommende Führergeneration der nationalsozialistischen Deutschen, vor allem aber der SS bilden. Doch im Gegensatz zu den Schülern der “Adolf-Hitler-Schulen” hatten die Schüler der NPEA freie Berufswahl – man verließ sich darauf, dass die nicht offensichtlich Indoktrination und Durchdringung des Educandus ihn dazu brächte, aus Überzeugung heraus schon nur die nach nationalsozialistischer Sicht angemessenen Berufe ergreifen zu wollen. Die NPEA begriffen sich selbst als Eliteschulen. Bevor der Aufbau und die Funktion der Nationalpolitische Erziehungsanstalten beleuchtet werden, ist der Begriff der „Eliteschule“ hier im Kontext zu betrachten. Sofern dieser Begriff der Eliteschule so wird, dass hier eine Gruppe aus der Masse herausgehoben ist, trifft dieser zu. Der oft zugeschriebene Aspekt der höheren Leistungsfähigkeit der Schule und damit auch deren Schüler ist hier dagegen nicht übertragbar.
„1933 wurden die ersten drei NPEA von Reichserziehungsminister Bernhard Rust gegründet. Es waren staatliche Einrichtungen, die dem Reichsminister unmittelbar unterstellt waren.“[2] Der Begriff staatliche Einrichtungen muss hier dahingehend deutlich präzisiert werden, dass bei den NPEA der schulische Charakter im Hintergrund stand. Sie verstanden sich nicht als Schulen mit Bildungsauftrag sondern Anstalten mit dem Auftrag junge Menschen im Sinne und zum Nutzen des Nationalsozialismus zu formen, doch mehr hierzu im Folgenden.
2.2 Lehrpersonal und Schülerauswahl
„Die NPEA unterstanden seit 1936 dem Inspektor der Nationalpolitischen Erziehungsanstalten, SS-Obergruppenführer August Heißmeyer und waren ab 1939/40 der nunmehrigen Dienststelle Heißmeyer überstellt. Mit dieser Überstellung der NPEA zur Dienststelle Heißmeyer gelangten diese Anstalten unter den unmittelbaren Einfluss der SS. Heißmeyer drängte ferner die Lehrerschaft zum aktiven Eintritt zur SS. So war es von Heißmeyer geplant, dass die NPEA-Schüler und die Lehrerschaft SS-ähnliche Uniformen und Dienstgradbezeichnungen zu tragen hätten. So wäre z. B. aus einem SS-Hauptscharführer ein NPEA-Hauptscharführer geworden.“[3] Zu Lehrpersonal und Schülerauswahl ist vorab zu sagen, dass es so etwas wie „die Napola“ nie gegeben hat, denn diese unterschieden sich in vielen Dingen je nach Zeitraum der Betrachtung und je nach Anstaltsstandort. Einige Dinge besitzen jedoch universelle Gültigkeit. Die NPEA unterstand rein formal der SS[4] demzufolge war der Anstaltsleiter ein ranghoher Offizier der SS – pädagogische oder akademische Eignung war für diesen Dienstposten sekundär. Während des Krieges unterschied sich der Lehrkörper von dem in Friedenszeiten nur unwesentlich, jedoch stieg die Anzahl der SS nicht nur an- sondern sogar zugehörigen Lehrkräfte prozentual am Gesamtlehrkörper im Rahmen des Kriegsfortganges - und da einer der Schwerpunkte der Ausbildung und Erziehung neben der Schule die Vorbereitung auf den Einsatz in der Armee war, verrichteten häufig auch kriegsversehrte Offiziere der Wehrmacht, die von Haus aus Studienräte waren, wie auch Unteroffiziere den allgemein schulischen Unterricht. Ihnen oblag auch ein großer Teil der außerschulischen Erziehung und Ausbildung. Im Gegensatz zu den Schülern der Adolf-Hitler-Schulen, die überwiegend direkt in die Waffen-SS eintraten, stellten die Angehörigen der NPEAs (während des Krieges) den Offiziernachwuchs für die Wehrmacht.
Die Neuzugänge wurden, ähnlich den Kriterien der Adolf-Hitler-Schulen, nicht nach kognitiver Leistungsfähigkeit ausgewählt. Der typische Neuzugang erreichte die NPEA, unabhängig von bis dato besuchter Schule oder elterlicher Klassenherkunft, sofern diese nur arisch genug war, aufgrund persönlicher Merkmale im durchschnittlichen Kindesalter von 10 Jahren – Neuzugänge älter als 14 Jahre wurden nur in äußerst seltenen Fällen zugelassen. Die Begründung hierin lag darin, dass ein bereits zu weit gefestigtes Selbstbild der Erziehung abträglich gewesen wäre. Die politische Einstellung oder gar Stellung der Eltern konnte jedoch in diesen Fällen wie auch im Bereich der Tauglichkeitskriterien hinsichtlich körperlicher Robustheit / einwandfreier Gesundheit zu Ausnahmeregelungen durchaus beitragen.
2.3 Standorte
„1941 gab es im Deutschen Reich - einschließlich Österreichs - 30 NPEA mit 6.000 Schülern. Zwei NPEA für Mädchen lagen auf besetztem Gebiet. Zum Kriegsende gab es 43 Napola Schulen, wie viele [sic!] davon für Mädchen waren ist jedoch unklar, da es sie nur inoffiziell gab. Bekannt sind die Schulen in Hubertendorf-Türnitz in Österreich (1938/39 gegründet) und in Colmar-Berg in Luxemburg (1941 gegründet).“[5]
Eine trotz allem anschauliche Übersicht über die Standorte der NAPOLA gibt die Wikipedia mit Berufung auf Harald Scholz und sein Werk NS-Ausleseschulen – ein Begriff, der für die NPEA wesentlich treffender in seiner Semantik ist, als der heute oft anders verstandene Begriff der Eliteschule, wie anfangs angemerkt.[6]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.4 Erziehungsanstalt versus Schule
Wie bereits angemerkt, war es nicht das Ziel der NPEA oder Napola, Akademiker heranzubilden – aufgrund ihres geringen Schwerpunktes auf intellektueller Bildung war das Napola-Abitur auch keine Berechtigung zur Immatrikulation an einer Universität. Berühmte Napola-Schüler wie Hellmuth Karasek, Mainhardt Graf Nayhaus oder Hardy Krüger mussten ihr Abitur zu späterem Zeitpunkt aus diesem Grund erneut ablegen.
Der Alltag einer NPEA war kasernengleich geregelt. In vermeintlicher pädagogischer Freiheit, die skeptische wie rationalistische Züge ebenso enthielt wie ein dialogisches Lehrprinzip, welches die künftigen Führer des tausendjährigen Reiches zu Führungscharakteren prägen sollte, wurde durch Selektion der Lehrinhalte und durch die Sozialisation in einem politisch und ideologisch eben nicht liberalen oder neutralen Umfeld vor allem eines permanent getan: Im Sinne des NS-Bildes erzogen. Hauptfaktoren waren hierbei 3 wesentliche Säulen:
- Der Anreiz höherer Stellung mit mehr Verantwortung innerhalb des sozialen Systems der Napola für jeden Jungmann, wenn er sich dem Code des Systems konform verhielt und die daraus resultierende Selbstüberwachung der Schülerschaft, die sich, da aus dem System selbst rekrutiert, eine hohen Akzeptanz versichert sah
- Der Anreiz der Teilnahme / Teilhabe an ungewöhnlichen bzw. besonderen Aktivitäten wie beispielsweise Segelfliegen
- Die permanente Suggestion etwas besonderes zu sein, die eventuellen Kritikern bzw. systemfremden Diskussionsgegnern vorn vornherein aus Sicht der Jungmannen den Stempel der Unwissenden / Verständnisunfähigen aufdrückte – und sie somit zu ungefährlichen Querulanten werden ließ.
[...]
[1] „Uns schwebt ein Staat vor, in dem jede Stelle vom fähigsten Sohne unseres Volkes besetzt sein soll, ganz gleich, woher er kommt. Ein Staat, in dem Geburt gar nichts ist, und Können alles.“ Adolf Hitler – zit. nach NAPOLA-Elite für den Führer - Hintergründe
[2] Lexikon Nationalsozialismus.de
[3] Lexikon Nationalsozialismus.de
[4] Anmerkung: Und nicht der SA wie leider die Quelle, hier WIKIPEDIA, widersprüchlich behaupten.
[5] Lexikon Nationalsozialismus.de
[6] Grafiken: Wikipedia „Napola“ - Standorte
- Quote paper
- Sven Hosang (Author), 2006, NAPOLA - NPEA - Der Alltag und dessen skeptische Abgrenzung zu Dennis Gansels Kinofilm 'Napola - Elite für den Führer', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67215
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